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Canon EOS R3 im Test

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Das Topmodell der spiegellosen R-Serie von Canon nimmt die letzte Bastion konventioneller Spiegelreflextechnik ins ­Visier: Profikameras mit integriertem Batteriegriff für Sport-, ­Reportage- und Tierfotografen. Mit Stacked-CMOS, Bildserien bis zu 30 B/s, vielseitiger Motiverkennung, Eye-Control-AF und 6K-Video führt die R3 überzeugende Argumente ins Feld.

Autor: Karl Stechl • 3.1.2022 • ca. 11:45 Min

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Januar 2022
Canon-EOS-R3-frontal-Slanted
© Canon

Mit der R3 ist das spiegellose Canon-System nun auch im Profilager der Sport-, Reportage- und Tierfotografen angekommen. Nach Jahren der Alleinherrschaft bekommen SLR-Boliden à la EOS-1D X Mark III oder Nikon D6 jetzt Konkurrenz. Auch Sony hat spiegellose Alternativen für Profis im Markt, di...

Pro

  • AF mit Augensteuerung
  • sehr schneller AF
  • hochauflösender Sucher

Contra

  • hoher Preis

Fazit

Mit der EOS R3 setzt Canon innerhalb der R-Serie einen Meilenstein, um spiegellose Systemkameras auch unter professionellen Sport-, Tier- und Reportagefotografen zu etablieren.

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Mit der R3 ist das spiegellose Canon-System nun auch im Profilager der Sport-, Reportage- und Tierfotografen angekommen. Nach Jahren der Alleinherrschaft bekommen SLR-Boliden à la EOS-1D X Mark III oder Nikon D6 jetzt Konkurrenz. Auch Sony hat spiegellose Alternativen für Profis im Markt, die mit bis zu 20 B/s (A9 II) bzw. 30 B/s (Alpha 1) und schnellen AF-Berechnungen sportlich unterwegs sind. Zudem etablierte die A9-Serie einen wichtigen Systembaustein für schnelle spiegellose Kameras: einen „rückseitig“ belichteten BSI-CMOS mit Stacked-­Architektur. Ein solcher Bildsensor schichtet Fotodioden, Prozessoreinheit und Pufferspeicher wie bei einem Sandwich übereinander. So lässt sich das Auslesen von Daten enorm beschleunigen.

Dies ermöglicht nicht nur eine hohe Serienbildleistung und Videoauflösung, sondern bringt auch den Autofokus ­gehörig auf Touren. Schließlich ist das AF-System bei spiegellosen Kameras auf eine möglichst schnelle Datenzufuhr vom Bildsensor angewiesen. Auch der 24-Megapixel-Sensor der R3 ist ein BSI-Stacked-CMOS, eine Eigenentwicklung von Canon. Die nötige Rechenleistung stellt ein Digic-X-Prozessor bereit, der auch in der R5 und der R6 zum Einsatz kommt.

Zur Markteinführung kostet die R3 rund 6000 Euro.Als dritter Hersteller wird Nikon professionelle Sport-, Reportage- und Tierfotografen mit einem spiegellosen Modell, der Z9, ausstatten und setzt dabei selbstverständlich ebenfalls auf einen Stacked-Sensor. Die zum Jahresende angekündigte aber bis Redaktionsschluss noch nicht lieferbare Nikon Z9 soll wie die Canon 6000 Euro kosten.

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In der Draufsicht überwiegen die Gemeinsamkeiten mit der R5: Dazu gehören das quadratische Schulterdisplay und die Mode-Taste mit Drehring für die Wahl der Belichtungsprogramme.
© Canon

Gehäuse und Zubehör

Das Magnesiumgehäuse der R3 wirkt für ein Profimodell überraschend handlich, vor allem, wenn man die 1D X Mark III danebenstellt. Erfreulich ist auch das moderate Gewicht, denn die R3 wiegt samt Akku und Speicherkarte 1015 g, während das Schwestermodell mit SLR-Technik 1440 g auf die Waage bringt. Etwa 180 g wiegt allein der große Lithium-Ionen-Akku LP-E19 (2700 mAh / 30 Wh), den beide Kameras nutzen. Ein Doppelladegerät für zwei Akkus befindet sich im Liefer­umfang. Anders als bei der EOS-1D X Mark III lässt sich der Strom­speicher mittels USB-Adapter PD-E1 aber auch in der Kamera laden.

RollingShutter-und-Vergleichsbild
Rolling Shutter: Verzerrungen des Motivs beim Fotografieren mit dem elektronischen Verschluss ließen sich bei der EOS R3 (links) nicht feststellen. Das Vergleichsbild stammt aus einer anderen Kamera mit Rolling-Shutter-Problem. Die Autos fuhren mit rund 35 km/h pa­rallel zur Sensorfläche vorbei. In beiden Fällen lag die Verschlusszeit bei etwa 1/2000 s, um die Bewegung der Räder einzufrieren.
© Karl Stechl

Das Gehäuse mit integriertem Batteriegriff und einem zweiten Satz an Bedienelementen für das Fotografieren im Hochformat liegt optimal in der Hand; die Oberflächenbeschichtung ist äußerst griffig. Aufgrund ihrer Handlichkeit fühlt sich die Kamera kompakter an, als sie es eigentlich ist. Zweifellos ist sie groß genug, um ein sicheres Handling auch mit schweren Telezooms zu ermöglichen. Ein Sensor-Shift-Bildstabilisator ist eingebaut.Für die Bildspeicherung setzt Canon auf zwei Mediensteckplätze, von denen der eine für SD-Karten nach dem UHS-II-Standard, der zweite für schnelle CFexpress-Karten (Typ B) vorgesehen ist. Die CFe-Karten spielen vor allem bei hochauflösenden Videos und maximaler Serienbildleistung ihre Stärken aus. Dennoch wollten die Konstrukteure nicht auf SD-Karten als weit verbreitete und preisgünstige Speichermedien verzichten. Die Abdeckklappe über den Kartenslots lässt sich öffnen, indem man sie ein Stück nach hinten zieht – eine zusätzliche Verriegelung wäre nicht schlecht.

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Den Blitzschuh hat Canon zu einer multifunktionalen ­Schnittstelle für Zubehör ­weiterentwickelt. Dazu gehört der Smartphone-­ Adapter AD-P1, der 2022 auf den Markt kommen soll.
© Canon

Den obligatorischen Blitzschuh hat ­Canon zu einer multifunktionalen Schnittstelle ausgebaut, über die verschiedene Zubehörteile mit Strom versorgt werden und mit der Kamera kommunizieren können. Einstellungen sind über das Kameramenü möglich. Zum neu vorgestellten Zubehör ge­hören das Stereomikrofon DM-E1D (420 Euro) und der Speedlite-Transmitter ST-E10 (170 Euro). Der Blitzschuhadapter AD-E1 ermöglicht die Verwendung von Geräten, die für den „alten“ Zubehörschuh entwickelt ­wurden, und sorgt gleichzeitig für eine Abdichtung der Zusatzkontakte.Wie von einer Profikamera erwartbar, beherrscht die R3 das gesamte Repertoire moderner Konnektivität auf Basis von WLAN (2,4/5 Ghz) und Bluetooth (5.0).

Standard-App für den drahtlosen Bildtransfer und die Fernsteuerung ­der Kamera mit Smartphone oder Tablet bleibt Canon Camera Connect. Die neue App Canon Mobile File Transfer (MTF) soll mit dem Smart­phone-Adapter AD-P1 zusammenarbeiten, der 2022 auf den Markt kommt. Das Smartphone wird dafür mittels Adapter am Zubehörschuh befestigt und via USB mit der Kamera verbunden. Ziel ist die schnelle Übertragung hochauflösender Bilder an einen Server (FTP, FTPS oder SFTP) über WLAN oder 5G-Mobilfunknetz.Für den kabelgebundenen Datentransfer zu einem FTP-Server findet sich am Anschlussfeld der R3 eine LAN-Netzwerkbuchse. Diese benötigt man unter anderem in Sportarenen, wo die kabellose Datenübertragung aufgrund der vielen Smartphones im Publikum störanfällig ist.

Canon-EOS-R3_JPEG-kontra-RAW
JPEG kontra RAW Die Canon R3 hebt die Farbkontraste bei ISO 100 und 400 stark an, wodurch die Brauntöne der Holztür etwas überzogen und ins Rötliche verschoben wirken. Das RAW mit leicht aufgehellten Tiefen gibt das Motiv natürlicher wieder. Bei ISO 1600 zeigen sich im JPEG Texturverluste, die zwar vertretbar, im RAW-Vergleichsbild bei kaum sichtbarem Rauschen aber nicht vorhanden sind. Der Wechsel zum RAW-Modus lohnt sich also auf jeden Fall.
© Karl Stechl

Sucher und Monitor

Der OLED-Sucher mit einer Auflösung von 1 920 000 RGB-Pixeln spielt in der ersten Liga. Die Bilddarstellung ist bestechend natürlich, was Farben und Kontraste anbelangt. Kantenflimmern oder Moirés glänzen durch Abwesenheit. Im abgedunkelten Raum zeigt sich so gut wie kein Grieseln, nicht einmal dann, wenn die Kamera das Bild­signal gerade erheblich verstärkt. Um Kameraschwenks (auch beim Filmen) besonders flüssig zu gestalten, lässt sich die Sucherbildfrequenz von 60 auf 120 B/s erhöhen. Da diese Option mehr Strom verbraucht, sollte man sie nur wenn nötig nutzen.

Neu bei der R3 ist die Simulation eines optischen Suchers (OVF). Normalerweise gleicht ein elektronischer Sucher (EVF) das Live-Bild dem JPEG an, das der Bildprozessor nach der Aufnahme aus den Rohdaten produziert. Dabei simuliert er nicht nur Belichtungspara­meter, sondern auch die begrenzte Kontrastwiedergabe des JPEGs. Die Dynamikreserven moderner OLED-Sucher bleiben dabei außen vor. Anders, wenn man die OVF-Simulation der R3 aktiviert: Dann zeigt der Sucher mehr Tonwerte in den Lichtern und Schatten, ähnlich wie bei einem HDR-Bild. Das JPEG aus der Kamera kann diese Tonwerte meist nicht adäquat wiedergeben; bei der RAW-Verarbeitung ist das aber durchaus möglich, wenn man Tiefen und Lichter anpasst. Auf die Belichtungssimulation muss man im OVF-Modus ebenso verzichten wie bei einem optischen Sucher.

Der 3,2-Zoll-Monitor auf der Rückseite lockt mit der rekordverdächtigen Auflösung von 1 383 334 RGB-Pixeln. Er lässt sich schwenken und drehen, somit jedem Aufnahmewinkel anpassen. Ein Novum bei professionellen SLR-Kameras, bei denen die Hersteller bisher auf fest eingebaute Displays setzten – vorrangig, um mechanische Schwachstellen zu vermeiden. Filmer werden die neuen Verstellmöglichkeiten sicher noch mehr begrüßen als Fotografen. Ergänzend zum TFT-Monitor findet sich an der R3 ein monochromes Schulterdisplay mit zuschaltbarer Hintergrundbeleuchtung.

Canon_R3_Menue_01
(Links) Das Quick-Menü der R3 zeigt Funktionsfelder links/rechts vom Bildfeld und die dazugehörigen Einstelloptionen in der ­horizontalen Leiste unten. (Rechts) Pfeile am AF-Rahmen signalisieren, dass man auf andere Fahrzeuge umschalten kann. Wenn gewünscht, fokussiert das System auf den Kopf (Helm) des Fahrers.
© Karl Stechl, Abdul Razak Latif / Shutterstock.com

Autofokus

Zum automatischen Scharfstellen verwendet die R3 die von Canon ent­wickelte Technologie „Dual Pixel CMOS AFII“. Alle aktiven Pixel auf der Sensorfläche sind aus zwei separaten Fotodioden aufgebaut, die zur Fokussierung nach dem Phasen-AF-Prinzip separat und zum Erzeugen von Bild­daten gemeinsam ausgelesen werden. Die AF-Empfindlichkeit reicht mit bis zu -7,5 EV noch etwas „tiefer“ als bei der R5 (-6 EV). Die Stacked-CMOS-Architektur, Deap-Learning-Algorithmen und neue Funktionen bringen die AF-System-Leistung auf ein Niveau, das man spiegellosen Systemkameras noch vor wenigen Jahren nicht zugetraut hätte.

Zum Steuern von AF-Feldern oder -zonen verfügt die Kamera über den obligatorischen Joystick mit Druckfunktion, ergänzt durch den von der EOS-1D X Mark III bekannten Smart-Controller. Dabei handelt es sich um ein Joystick-ähnliches Bedienelement, dessen runde, glatte Oberfläche berührungssensitiv ist. Tipp: Drehen Sie mal Ihre Computermaus um, und fahren Sie mit der Fingerkuppe über den Sensor – ganz ähnlich funktioniert der „Smart Controller“. Er macht das Verschieben von AF-Punkten erheblich schneller als mit dem Joystick, mit dem man ­wiederum präziser arbeiten kann. Wie der Joystick hat der Smart-Controller eine Druckfunktion, die man in der ­Regel als „AF-on“ nutzen wird. Da­rüber hinaus bietet die R3 ein einzig­artiges Ausstattungsmerkmal: Auto­fokus mit Augensteuerung (siehe "Autofokus mit Augensteuerung" am Ende des Artikels).

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Das AF-System arbeitet wahlweise als One-Shot-AF (AF-S) oder kontinuierlich (AF-C, hier Servo-AF genannt). Zum Anpassen der AF-Nachführung an die Bewegungen des Motivs gibt es vier Presets (Case 1-4) und eine Automatik. Die zugrundeliegenden Parameter sind „AI Servo Reaktion“ und „Nachführung – Beschleunigung/Verzögerung“. Ausgehend von einem Preset, lassen sich diese Parameter auch manuell verändern.4779 Messfeld-Positionen sind bei ­Einzelpunkt-AF möglich; beim Filmen reduziert sich die Anzahl auf 3969. Die Auswahl an AF-Modi ist reichlich: Messfeld-Automatik, Einzelfeld- und Spot-AF, AF-Feld-Erweiterung in zwei Stufen und Zonen-AF. Während AF-Zonen bei der R5/R6 „nur“ in drei ­festgelegten Formaten verfügbar sind, erlaubt die R3 auch flexible Zonen. Das heißt, es lassen sich Rechtecke in allen möglichen Größen und mit unterschiedlichen Seitenverhältnissen als Messzone definieren – einfach und schnell mithilfe von zwei Einstell­rädern. Bis zu drei solcher Zonen können eingerichtet werden und stehen dann auf Abruf bereit.

Die Objekterkennung arbeitet auf vier Ebenen – Körper, Kopf, Gesicht und Auge – und das mit hoher Schnelligkeit und Treffsicherheit. Mithilfe des Joysticks kann man ganz leicht zwischen verschiedenen erkannten Gesichtern bzw. Augen umschalten. Priorisieren lassen sich nicht nur Menschen und Tiere, sondern neuerdings auch Fahrzeuge der Abteilung Motorsport: Formel-1-Boliden mit offenem Cockpit, GT- und Ralley-Fahrzeuge sowie Rennmotorräder. Bei aktivierter Spot-Erkennung fokussiert das System gezielt auf den Helm des Fahrers.

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(inks) Die neue flexible AF-Zone erlaubt das Konfigurieren von Rechtecken mit unterschiedlichen Größen und Seitenverhält­nissen zur Anpassung an das Motiv. (Rechts) Das Angebot an Belichtungsprogrammen lässt sich den persönlichen Bedürfnissen anpassen: Was man nicht oder nur selten braucht, wird einfach abgewählt.
© Karl Stechl

Fotografieren und Filmen

Der mechanische Verschluss der R3 ­ermöglicht Belichtungszeiten zwischen 1/8000 und 30 s. Er arbeitet dezent und erschütterungsarm; der erste Verschlussvorhang kann auch elektronisch gebildet werden. Erstmals propagiert Canon aber den elektronischen Verschluss als Standardeinstellung. Damit sind ultrakurze Belichtungszeiten bis 1/64 000 s möglich, jedoch beschränkt auf Blendenautomatik (= Zeitvorwahl) und manuelle Einstellung von Blende bzw. Verschlusszeit. Bei Zeit- (= Blendenvorwahl) und Programm­automatik begnügt sich auch der elek­tronische Ver­schluss mit 1/8000 s. Rolling-Shutter-Effekte, die zu Verzerrungen bewegter Objekte führen, konnten wir im Praxistest nicht beobachten.

Während mit dem mechanischen Verschluss 12 B/s möglich sind, schafft der elektronische bis zu 30 JPEGs oder RAWs bei AF/AE-Nachführung und ohne Sucher-Blackout zwischen den Aufnahmen. Einen „Global Shutter“ hat die R3 noch nicht, doch der elek­tronische Verschluss arbeitet dank ­Stacked-CMOS schnell genug, um Blitze mit 1/180 s zu synchronisieren. Der mechanische Verschluss kann das mit bis zu 1/250 s.Zur Vorwahl von Belichtungspro­grammen (P, Tv, Av, Fv, M) oder Indi­vidualspeichern (C1-C3) verwendet man die Mode-Taste mit Drehring. Was ein­gestellt wird, zeigen der TFT-Monitor und das Schulterdisplay. Automa­tische Reihenbelichtungen (Bracketing) erlaubt die R3 mit Blick auf Belichtung, Weißabgleich und Fokus.

Die R3 filmt maximal in 6K-Auflösung mit bis zu 60 B/s und kann die Dateien intern auf CFexpress-Karte speichern. 4K-Filme (UHD/DCI) zeichnet sie mit 6K-Oversampling und bis zu 120 B/s auf. Überhitzungsprobleme wie bei der R5 im 8K-Modus sind laut Canon nicht zu befürchten. Als Anhaltswerte für temperaturbedingte Abschaltung nennt der Hersteller bis zu „60 min. und länger“ für Filme mit 6K 60p; lediglich bei 4K 120p sei die Videodauer mit rund12 Minuten deutlich eingeschränkt. ­Videos können auch mit Canon Log 3 sowie 10-Bit-HDR-PQ-Einstellung aufgenommen werden, um größere Reserven bei der Farbwiedergabe und Dynamik zu erhalten. Die Objekt­erkennung funktioniert bei Filmaufnahmen ebenso wie beim Fotografieren.

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(Links) Als Dateiformate bietet die Kamera neben JPEG auch HEIF an. C-RAW ist ein komprimiertes RAW mit etwa 40 Prozent weniger Speicherplatzbedarf. (Rechts) Der elektronische Verschluss erweitert die Kurzzeitgrenze auf 1/64 000 s, jedoch nur bei Blendenautomatik und manueller Belichtungseinstellung.
© Karl Stechl

Bedienkonzept

Das Bedienlayout an der Rückseite der R3 erinnert sofort an die 1D X Mark III. Das liegt unter anderem am Smart-Controller und den doppelt vorhandenen Bedienelementen für Hochformataufnahmen. Der Foto-/Film-Umschalter mit Videostarttaste rechts vom Suchereinblick gehört ebenso zu den gemeinsamen Merkmalen wie die Funktionstasten unterhalb des TFT-Monitors. Auf ein zusätzliches Status-LCD an der Rückseite wie bei der 1D X Mark III hat man aber verzichtet.

Auf der Oberseite, rechts vom Sucherhöcker, überwiegen die Gemeinsamkeiten mit der R5. Wie bei dieser istdas Schulterdisplay quadratisch und kleiner als bei der 1D X Mark III. Auch das Modusrad mit Drehring zur Vorwahl von Belichtungsprogrammen stammt von der R5. Von den vier Bedientasten, die bei der 1D X Mark III dem Schulter­display zugeordnet sind, behält die R3 die Tasten für die Belichtungskorrektur und Displaybeleuchtung.

Der M-Fn-Taste in Nähe des Auslösers lassen sich entweder eine einzelne Funktion oder ein Auswahlmenü mit bis zu fünf Funktionsfeldern zuordnen. Nach Anwählen eines Funktionsfelds verändert man die Einstellung mittels Einstellrad. Zwei weitere Funktionstasten sitzen – in doppelter Ausführung für Hoch- und Querformataufnahmen – an der Vorderseite der Kamera.

Die Bedienelemente links vom Sucherhöcker erinnern an die 1D X Mark III. Dort kann man über zwei Tasten kombinierte Einstellmenüs für Drive bzw. Autofokus und Belichtungsmessung bzw. Blitzkompensation aufrufen. Drückt man beide Tasten zugleich, öffnet sich ein Einstellfenster für automatische Reihenbelichtungen.

Abgesehen vom Drehring an der Mode-Taste gibt es ein weiteres Einstellrad für den Auslösefinger und das Canon-typische Rändelrad mit Set-Taste an der Rückseite. Ein Steuerring am Objektiv komplettiert das Räderwerk. Die Funktion der Räder ist variabel, das gilt auch für die meisten Bedientasten – separat einstellbar für den Foto- und Videomodus.

Das konfigurierbare Schnelleinstellmenü, aufzurufen über die Q-Taste, ist bei Canon besonders anwenderfreundlich: Links und rechts vom Bildfeld werden Funktionsfelder angezeigt, unterhalb des Bildfelds die Einstellmöglichkeiten. Auch im Hauptmenü verliert man nicht leicht den Überblick: Die oberste Einstellebene bilden sieben Karteireiter mit den Rubriken Aufnahme, Autofokus, Wiedergabe, Konnektivität, Einstellungen, Individualfunktionen und MeinMenü; auch über die Anzahl der Untermenüs pro Rubrik wird man informiert. Maximal sieben Einträge pro Untermenü sind gleichzeitig zu sehen.

Zum Navigieren und Einstellen im Haupt- und Schnelleinstellmenü stehen wahlweise Räder, ein Joystick oder die konsequent ausgebaute Touch-Funktion zur Verfügung. Fehlsichtigen, die ihre Brille nicht zur Hand haben, bietet Canon einen Notanker: Aktiviert man im Einstellungen-Menü den Eintrag „UI-Vergrößerung“, kann man die Menüschrift durch Doppeltippen auf den Bildschirm mit zwei Fingern stark vergrößern. Nochmal Doppeltippen, und die Schrift kehrt wieder zur Normalgröße zurück.

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Die spiegellose EOS R3 (links) ist ­kompakter als ihr SLR-Pendant EOS-1D X Mk III (rechts) und 425 g leichter. Beim Bedienlayout der Rückseite überwiegen die Gemeinsamkeiten. Der Monitor ist nur bei der R3 verstellbar; das zusätz­liche Status-LCD der EOS-1D X Mk III hat die R3 nicht übernommen.
© Canon

Bildqualität

Mit ihrem 24-Megapixel-Sensor erreicht die Canon EOS R3 eine maximale Auflösung von 2031/1854 LP/BH bei ISO 100, die bis ISO 6400 überwiegend auf Werten um 1900 LP/BH, also kon­stant hoch bleibt. Den niedrigsten HC-Wert für die Auflösung verzeichnete das Testlabor überraschenderweise bei ISO 800 mit 1853 LP/BH.

Die Dead-Leaves-Werte erreichen ihr Maximum von 1390/1426 LP/BH bei ISO 100. Erfreulich ist, wie wenig die DL-Werte bis ISO 3200 zurückgehen. Auch der Unterschied zwischen den DL-Werten für hoch- und niedrigkon­trastige Strukturen ist bei allen ISO-Empfindlichkeiten gering.

Das Rauschen bleibt selbst bei ISO 3200 und 6400 mit VN 1,9 bzw. 1,8 moderat. Auswirkungen der Rauschminderung sind bei höheren ISO-Empfindlich­keiten zwar unvermeidlich, doch halten sich Texturverluste bis ISO 1600 in Grenzen. Trotzdem empfehlen wir den Wechsel zum RAW-Modus, auch weil die Bildwiedergabe dann bei niedrigen ISO-Stufen insgesamt natürlicher wirkt.

Autofokus mit Augensteuerung

Mit dem Eye-Control-AF kehrt eine Funktion zurück, mit der Canon schon in den 1990er-Jahren Akzente setzte. Das Prinzip stammt aus der Medizin­technik, die unter anderem der Augenarzt einsetzt: IR-Detektoren verfolgen die Pupillenbewegungen und ermitteln so die Blickrichtung. Die Kamera erkennt, auf welches Motivdetail im Sucher der Fotograf schaut, und markiert diesen Punkt mit einem Pointersymbol in drei möglichen Farben.

Mit Eye-Control-AF setzt man einen Startpunkt für die Fokussierung bzw.die Verfolgung eines Motivs. Passt die Pointer-Position, so bestätigt man den AF-Punkt durch halbes Durchdrücken des Auslösers oder mittels AF-on-Taste. Das System lässt sich auch so konfigurieren, dass man ­etwa mit dem Auslöser-AF-Start die Pointer-Position übernehmen oder mittels Smart-Controller einen alternativen AF-Punkt setzen kann.

Damit Eye-Control-AF gut funktioniert, muss das System kalibriert werden, auch für den Gebrauch mit und ohne Brille. Dafür stehen sechs Speicherplätze bereit. Die Kamera führt den Anwender durch die Kalibrierung.Wir kamen mit dem Eye-Control-AF gut zurecht, allerdings mit sinkender Trefferquote an den Rändern des Bildfelds. Mit Problemen bei der Augensteuerung muss außerdem rechnen, wer harte Kontaktlinsen oder eine Gleitsichtbrille trägt.

1_Canon_R3_EyeControl_AF
Der Pointer im Sucherbild zeigt an, auf welches Detail das Auge gerade blickt, scharfgestellt wird aber noch nicht (oben links). Fixiert man das Hauptmotiv, wandert auch der Pointer dorthin (oben rechts). Durch Ak­tivieren der Fokussierung (AF-on-Taste oder Aus­löser-AF) bestätigt man die Pointer-Position (unten). Auf gleiche Weise setzt man einen Startpunkt für die Objektverfolgung mittels Servo-AF. Dann wechselt der AF-Rahmen beim Fokussieren nicht auf Grün wie beim Einzelbild-AF, sondern auf Blau. Die Sucherbild-Darstellung wurde in Photoshop simuliert.
© Karl Stechl

Fazit

Mit der EOS R3 setzt Canon innerhalb der R-Serie einen Meilenstein, um spiegellose Systemkameras auch unter professionellen Sport-, Tier- und Reportagefotografen zu etablieren. Dabei übertrifft die R3 ihr SLR-Pendant EOS-1D X Mark III in einem wichtigen Punkt: bei der Serienbildleistung mit 30 B/s gegenüber 20 B/s. Dass dafür der elektronische Verschluss benötigt wird, ist nach den bisherigen Erfahrungen offenbar kein Problem mehr, weil Rolling-Shutter-Effekte gegen null tendieren. Im Vergleich zur 1D X Mark III bietet das AF-System klare Vorteile bei der Motiverkennung. Diese reagiert nicht nur auf Menschen, sondern auch auf Tiere und Fahrzeuge (Motorsport). Die AF-Augensteuerung ist ein weiteres Argument für die R3, auch wenn damit nicht jeder gleich gut zurechtkommen dürfte. Beim AF-Tracking ist die spiegellose R3 dem Schwestermodell mindestens ebenbürtig. Ein Vorteil der R3 ist das kompaktere und um gut 400 g leichtere Gehäuse mit exzellenten Handlingeigenschaften. Braucht es da noch Spiegelreflexkameras? Nicht jeder Profi wird diese Frage mit „nein“ beantworten – ob aus Überzeugung oder Traditionalismus. Bei Canon ist die Antwort auf diese Frage pragmatisch: Man werde professionelle Spiegelreflexkameras anbieten, solange sie nachgefragt und gekauft werden.

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