Spiegellose Systemkamera
Fujifilm X-M1 im Praxistest
Mit einem großen Sensor in kompaktem Gehäuse will die Fujifilm X-M1 neue, anspruchsvolle Freunde für das X-System gewinnen. Das könnte klappen. ColorFoto-Autor Horst Gottfried schildert seine ersten Eindrücke mit der Systemkamera.

Dass spiegellose Systemkameras mit Sensor im APS-C-Format nicht größer als die Micro-Four-Thirds-Konkurrenz sein müssen, hat schon Sony mit seinen NEX 3/5-Modellen bewiesen. Auf das gleiche Erfolgsrezept setzt jetzt Fujifilm mit der neuen X-M1. Die Digitalkamera fällt mit 117 x 67 x 39 mm und 330 g Betriebsgewicht merklich kleiner und leichter aus als die vielgelobten großen Schwestern X-Pro1 (140 x 82 x 43 mm, 450 g) und X-E1 (130 x 76 x 39 mm, 350 g), und der Einstiegspreis ist mit 680 Euro für das Kameragehäuse auch noch günstiger.
Dennoch kommt die Fujifilm X-M1 mit dem gleichen 23,6 x 15,6 mm großen 16-Megapixel-X-Trans-CMOS-Sensor mit spezieller Farbfilterstruktur und ohne Tiefpassfilter sowie dem EXR II-Bildprozessor. Damit besitzt sie die Voraussetzungen für die gleiche überdurchschnittliche Bildqualität, die wir von den Systemkamera-Schwestern X-Pro1 und X-E1 kennen. Auch das Kunststoffgehäuse ist wertig verarbeitet und macht keinen billigen Eindruck. Besonders edel wirken die schwarze und braune Variante mit silbernen Top- und Bodenkappen. Gespart wird bei der Fujifilm X-M1 an anderer Stelle.
Die ersten Aufnahmen typisch touristischer Motive mit der Fujfilm X-M1 auf einem Kurz-Trip durch Bilbao im Juli 2013 lassen denn auch bei normaler Betrachtung keinen Unterschied in der Bildqualität gegenüber der hervorragenden X-E1 erkennen. Der Fujifilm-Bildprozessor liefert auch in der X-M1 die gewohnt guten JPG-Fotos.
Der ISO-Vergleich zeigt eindrucksvoll die großen Reserven der bewährten Sensor/Prozessor-Kombination unter schlechten Lichtverhältnissen. ISO-Werte von 200 bis 6.400 lassen sich problemlos fotografisch nutzen. Es fällt beim Betrachten der Bilder nicht auf, dass die Automatik auch in helleren Umgebungen schon gerne zu ISO 400 oder gar ISO 800 wechselt - speziell beim Fotografieren mit der "SR+"-Vollautomatik mit automatischer Motivprogrammwahl, wenn nur ein bewegtes Auto durchs Bild fährt.
Die höheren Werte ISO 12.000 und 25.600 mit dann deutlicher zunehmendem Rauschen eher für Bilder mit dokumentarischem Zweck. Hier unsere ISO-Reihe:
Viel Licht, wenig Schatten
Auch die Belichtungsmessung der Fujifilm X-M1 erwies sich als gewohnt treffsicher. Die automatische, wahlweise auch manuelle Dynamikregulierung sorgte wie bei Fujifilm gewohnt für gute Lichter- und Schattendurchzeichnung. Belichtungsreihen lassen sich bei Bedarf - etwa für HDR-Fotos, für die die Fujifilm X-M1 keine eigene Funktion hat - schnell über die "Drive"-Taste und Menü aktivieren. Die wichtigsten Optionen zur automatischen und manuellen Belichtungssteuerung stehen wie von der X-E1 gewohnt zur Verfügung.
Dazu kommen neu bei der Fujifilm X-M1 als "Advanced Filter" bezeichnete Digital-Effekte wie Miniatur, Tonwert-Dynamik oder Einzel-Farbe. Auch an der bewährten Menüstruktur hält Fujifilm fest. Wo die wichtigsten Einstellungen im Menü liegen, hat man bald raus.

Gefallen konnte auch der Autofokus der Fujifilm X-M1. Er verrichtete dank neuester Steuerungs-Algorithmen schnell, unauffällig und sehr sicher seinen Dienst, mit dem neuen bildstabilisierenden Kit-Kompaktzoom 3,5-5,6/16-50 mm OIS (24-75 mm KB) ebenso wie z. B. mit mit dem neuen Zeiss Touit 2,8/12 mm (21 mm KB). Die neue praktische "Focus-Peaking"-Funktion der Fujifilm X-M1 mit der Hervorhebung scharfe Kanten bei manueller Fokussierung steht per Software-Update ab sofort auch für die größeren Fujifilm X-Modelle zur Verfügung.
Die Bedienung der Fujifilm X-M1 erfolgt mit dem typischen Mix aus klassischen Bedienungselementen für den Direktzugriff wie dem zentralen Belichtungswahlrad oben auf der Kamera, den Vier-Richtungs-Tasten, einem zentralen OK-Knopf , "Quick"-Menü- und Direktstart-Taste für Full-HD-Videos mit 30 B/s. Trotz der kompakten Bauweise kommt die X-M1 mit zwei Drehrädern rechts vorn und hinten an der Kamera, wobei das hintere nicht mehr waagerecht, sondern flach senkrecht angeordnet ist, damit die Kamera möglichst kompakt und trotzdem Platz für den gleichen 7,2V/1.260mAh (8,7Wh)-Lithium-Ionen-Akku bleibt, wie er in den größeren Modellen seinen Dienst tut.

Leider hat die Fujifilm X-M1 von der X-E1 auch den sich leicht unbeabsichtigt verstellenden Belichtungskorrekturring geerbt, wobei eine Verstellung an der X-M1 wegen der fehlenden Markierungen auf dem Drehknopf noch weniger auffällt. Das integrierte Mini-Blitzgerät springt aus der kleineren X-M1 weiter heraus als aus der X-E1, um die Gefahr roter Augen zu verringern.
Trotz ihrer kompakten Abmessungen liegt die Fujifilm X-M1 gut in normal großen Händen. Sie erlaubt auch die Bedienung mit nur einer Hand. Mit dem optionalen kleinen Handgriff hält sie sich dabei noch besser. Der simple Griff ohne weiteren Auslöser bietet dann auch ein mittig angeordnetes Stativgewinde, blockiert aber die Klappe für Akku- und Speicherkartenfach.

Sparmaßnahmen
Der Kompaktheit zum Opfer gefallen ist bei der FujifilmX-M1 der integrierte Sucher, womit wir bei der gravierendsten Einschränkung im Vergleich zu X-Pro1 und X-E1 wären. Wer es kompakt will, muss auch bei Fujifilm mit dem Nachteil eingeschränkter Monitor-Erkennbarkeit bei hellen Lichtverhältnissen leben. Leider fehlt auch eine Anschlussmöglichkeit für einen externen elektronischen Sucher, wie man ihn bei Olympus- oder Panasonic-Modellen findet.
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Quasi zum Trost ist der 3-Zoll-LCD-Monitor der Fujifilm X-M1 im 3:2-Format um 90° nach oben oder unten klappbar. Das hat die kleine X-M1 den Größeren voraus. Außerdem wäre mit elektronischem Sucher auch der Preis von 680 Euro für die X-M1 nicht möglich gewesen. Weitere Sparmaßnahmen der Fujifilm X-M1 betreffen die Panorama-Funktion, Weißabgleich-Vorgaben für Unterwasser und Kelvin-Werte sowie die elektronische Wasserwaage.

Neu: WLAN-Konnektivität
Die dezente Markierung "Wi-Fi" neben der vom Nutzer programmierbaren "Fn"-Funktionstaste neben dem Auslöser deutet auf die neue, bei der Fujifilm X-M1 als erste X-Kamera vorhandene Möglichkeit der kabellosen Kommunikation mit Smartphone oder Tablets mit installierter Fujifilm-App. Ebenso ist automatisches Speichern auf PC oder Mac möglich. Auch die GPS-Funktion des Mobilgeräts kann genutzt werden. Eine direkte Internetverbindung über WLAN-Hotspots und eine kabellose Fernbedienungsmöglichkeit per Mobil-Gerät sind (noch) nicht vorhanden.
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Fazit: Reife Leistung
Insgesamt lieferte die Fujifilm X-M1 (680 Euro) schon mit dem neuen Kit-Objektiv XC 3,5-5,6/16-50 mm OIS (Kit-Preis 800 Euro) einen vielversprechenden ersten Eindruck ab. Wenn sich die "gefühlte" Bildqualität im ColorFoto-Labortest bestätigt, macht Fujifilm ambitionierten und qualitätsorientierten Fotografen, die ihren Anspruch nicht durch eine auffällige Vollformat-DSLR vor dem Bauch aller Welt dokumentieren müssen, mit der X-M1 ein nicht zuletzt auch preislich verlockendes Angebot.
Dennoch bleibt unter praktischen Gesichtspunkten festzuhalten: wer nicht so sehr auf den Euro schauen muss, ist mit der rund 220 Euro teureren Fujifilm X-E1 (Test) vor allem wegen ihres guten OLED-Suchers entsprechend noch besser bedient als mit der X-M1 für 680 Euro. Beide bieten einen nicht im Labor zu erfassenden Vorteil: eine handliche spiegellose X-M1 oder auch X-E1 bleibt garantiert seltener zu Hause liegen als eine große Vollformat-SLR.