Zum Inhalt springen
Der Guide für ein smartes Leben.
VG Wort Pixel
Feminismus mit dem Vorschlaghammer

Barbie - Kritik zum filmischen Puppentraum in Pink

Im Barbie-Land ist alles perfekt - ganz anders als in der echten Welt, wo Männer noch immer die ganze Macht für sich beanspruchen.

Autor: Konstantin Grassl • 6.10.2023 • ca. 3:15 Min

Barbie Film
Barbie und Ken machen sich auf in die echte Welt - erst im Auto dann auf Rollerblades.
© Warner

Bei den meisten Filmen ergibt die Paarung von Regisseur und Story einfach Sinn. Michael Bay macht einen weiteren Krach-Bumm-Transformers-Film? Das passt! Wir haben hier ein ausuferndes Skript über eine amerikanische Mafia-Saga? Holt sofort Martin Scorsese ans Telefon! Aber Greta Gerwig und Barbie?D...

Bei den meisten Filmen ergibt die Paarung von Regisseur und Story einfach Sinn. Michael Bay macht einen weiteren Krach-Bumm-Transformers-Film? Das passt! Wir haben hier ein ausuferndes Skript über eine amerikanische Mafia-Saga? Holt sofort Martin Scorsese ans Telefon! Aber Greta Gerwig und Barbie?

Die junge Regisseurin hatte sich zuvor mit "Lady Bird" und "Little Women" einen Namen gemacht - leise, feinfühlige Indie-Filme, die in etwa so weit entfernt von Mattels knallbunter Kultpuppe verortet sind wie Michael Bay von einem dialoglastigen Autorenfilm oder Scorsese von einem Streifen mit einer Laufzeit von unter 90 Minuten.

Was also kommt heraus, wenn man eine Regisseurin mit hohem künstlerischem Anspruch auf ein Projekt über ein Produkt loslässt, das für Viele der Inbegriff von Kommerz und Stereotypen ist?

Barbie Film
Nicht alle Kens kommen gut miteinander aus...
© Warner

Worum geht es in "Barbie"?

Barbie und Ken leben in einer perfekten Welt ohne Sorgen. Alle Barbies haben ihr eigens Traumhaus, an dem jeden Abend eine große Tanzparty gefeiert wird, während die Kens von Barbie-Land zufrieden damit sind, an der Seite zu stehen. Das Land wird ausschließlich von Frauen regiert; Hass, Missgunst und echte Probleme gibt es hier nicht.

Das ändert sich jedoch, als eine der Barbies (Margot Robbie) von Gedanken über ihren Tod und schließlich sogar beginnender Cellulitis(!) heimgesucht wird. Derartige Makel haben in der perfekten Barbie-Welt natürlich nichts zu suchen und so macht sich Barbie mit ihrem treuen Begleiter Ken (Ryan Gosling) auf in die echte Welt, um dort Lösungen für ihre Probleme zu finden.

Kaum im realen LA angekommen, müssen die beiden jedoch feststellen, dass in der echten Welt völlig andere und oftmals schockierende Regeln gelten. Während Barbie versucht, sich den neuen Herausforderungen zu stellen, freundet sich Ken schnell mit dem Gedanken an, dass Männer und nicht Frauen die Macht über das Land haben sollten.

Barbie Film
Barbies Füße machen ihre zur schaffen und auch sonst nehmen die Probleme stetig zu.
© Warner

Wie gut ist "Barbie"?

Zu Beginn ist "Barbie" ziemlich genau das, was man von einem Hollywood-Blockbuster über eine Plastik-Puppe erwarten würde. Großartig gebaute Kulissen, die mit so viel Pink versehen sind, dass es während der Dreharbeiten zu einem weltweiten Mangel an Rosa-Farbe kam, beschwingte Musical-Nummern, versehen mit zwei charismatischen Hauptdarstellern und ein paar lockeren Witzen, die vor allem die Kens in Barbie-Land zum Ziel haben.

Dabei muss man ganz gewiss nicht jeden Seitenhieb den "Barbie" gegen die Männerwelt austeilt auf die Goldwaage legen. Die Darstellung des ausschließlich männlichen Mattel-Firmenvorstands, der buchstäblich zu dumm ist, um eine Tür zu öffnen, sowie die sich auch sonst durch den Film ziehenden Witze über die intellektuell eher einfältig dargestellte Männerwelt, darf man gerade als Mann gerne auch mal ohne Zähneknirschen hinnehmen, zumal "Barbie" gerade in diesen absurden-non-sense Momenten am spaßigsten ist.

Barbie Film
Bevor Barbie und Ken die echte Welt erreichen müssen sie einige Kilometer zurücklegen.
© Warner

Die Leichtfüßigkeit des Anfangs geht Greta Gerwigs Film leider jedoch spätestens nach der Hälfte der Laufzeit immer mehr verloren, wenn "Barbie" die Predigten der eigenen Moral zunehmend wichtiger als die launige Unterhaltung seiner Zuschauer werden.

Während der weibliche Einfluss Fortschritt, Wohlstand und Regenbogen hervorbringt stürzen Männer alles, was sie anfassen, ins Unglück. Das Patriarchat, das die Menschheit beherrscht, wird mit der Pocken-Seuche verglichen. Eine Epidemie, der es Einhalt zu bieten gilt. So ist dann auch jedes Problem ein Geschlechter-Problem, das letztlich von dem korrupten System einer von Männern gesteuerten Gesellschaft hervorgerufen wurde.

Wenn man es schafft die immer aggressiver werdenden politischen Parolen auszublenden, bietet "Barbie" zwar auch in der zweiten Hälfte immer noch ein paar witzige Ideen, der filmische Grabenkampf der Geschlechter macht einem gerade dieses Kunststück jedoch alles andere als leicht.

Barbie Trailer

Quelle: Warner
Im Barbieland zu leben bedeutet ein perfektes Dasein. Außer natürlich, man steckt gerade in einer existenziellen Krise.

"Barbie" - Fazit

Greta Gerwigs pinker Puppentraum beginnt als leichtfüßige Komödie mit optisch herrlich, knallbunten Sets und einem großartigen Cast, der von Margot Robbie und Ryan Gosling perfekt angeführt wird.

Je länger "Barbie" jedoch läuft, desto mehr häufen sich die Moralpredigten, die Männer vornehmlich als einfältige, machtgierige Wächter des Patriarchats zeichnen, welche die Frauenwelt auch im 21. Jahrhundert noch immer unterdrücken und das Ziel der Gleichstellung aktiv zu verhindern suchen.

Diese wenig differenzierte Darstellung wirkt letztendlich weniger wie ein fröhlich beschwingter Aufruf zu einer gerechteren, besseren und vereinten Welt als mehr wie ein spaltender, feministischer Kulturkampf mit dem Vorschlaghammer, der die eigene politische Agenda zu oft über die Unterhaltung seines Publikums stellt.

  • Wertung: 2,5/5 Sterne
  • Verfügbar: ab 26.10 auf 4K UHD, Blu-ray, DVD
  • Dauer: 1 Std. 54 Min
  • Regie: Greta Gerwig