Rückblick
Digitale Fotografie: Highlights aus 40 Jahren
In den Kodak-Labors wurde 1975 die erste funktionstüchtige Kamera mit CCD-Sensor gebaut. Seitdem hat die Digitaltechnik die Fotografie verändert – und mit ihr unseren Blick auf die Welt. ColorFoto präsentiert die Highlights aus 40 Jahren.
- Digitale Fotografie: Highlights aus 40 Jahren
- weiter von 1997 bis heute

1975 bis 1980 - Die Jahre im Forschungslabor
Steven Sasson und Jim Schueckler entwickelten im Jahr 1975 bei Kodak die erste Kamera mit CCD-Sensor. Sie verwendeten dafür einen Fairchild-CCD-Chip mit einer Auflösung von 100 × 100 Pixeln. Der Sensor steckte in einem massiven Gehäuse von 3,6 Kilogramm Gewicht, die Aufnahme und anschließende Datenspeicherung auf Kassette dauerten 23 Sekunden.
Glaubt man dem Flurgeflüster in den einschlägigen Foren, soll eine Kollegin das erste Fotomodell gewesen sein. Weil das Bild unscharf war, hat sie den beiden gehörig die Leviten gelesen: "Guys, you need REAL work." Das Kodak-Management sah das offenbar ähnlich und verfolgte den innovativen Ansatz erst einmal nicht weiter. Im opulenten Jubiläumsband "The Story of Kodak" zum 100-jährigen Firmenjubiläum 1990 befasst sich ein ganzes Kapitel mit der Zukunft der Fotografie. Sasson und die Digitalkamera kommen darin aber nicht vor ?
Die Wurzeln der digitalen Technik reichen aber noch viel weiter zurück als 1975. Bereits 1679 hat Gottfried Wilhelm Leibniz das binäre Zahlensystem entwickelt, das die Basis für alle digitalen Verfahren ist. In den 1930er-Jahren entwickelten die beiden Mathematiker Raymond Valtat und Konrad Zuse unabhängig voneinander programmgesteuerte Rechenmaschinen. Sie gelten heute als die Vorläufer der heutigen Computertechnik.
Voraussetzung für den Bau der ersten digitalen Kamera war der CCD-Bildsensor (Charge Coupled Device), den Williard Boyle und George Smith 1969 in den Bell Labaratories entwickelt hatten. Sie wollten Chips für den Einsatz als Datenspeicher untersuchen und entdeckten dabei deren Lichtempfindlichkeit. Der erste CCD-Bildsensor wurde bereits 1970 gebaut und in den folgenden Jahren verbessert.
Schon vor dem CCD-Sensor waren zur Erfassung von Bildern Scanner etabliert, mit denen Fotos und Dokumente elektronisch eingelesen und zur Weiterverarbeitung in digitale Dateien umgewandelt wurden. Ihre Geschichte geht bis in die 1950er- und 60er-Jahre zurück. Als Väter dieser Entwicklung gelten der Amerikaner Russell Kirsch und der Deutsche Rudolf Hell, der unter anderem das Telefax erfunden hat.
Für den technischen Durchbruch der digitalen Fotografie sorgten schließlich Informationstechnologie und Telekommunikation. Denn durch ihre breite Anwendung entstand mit der Digitaltechnik die gemeinsame Basistechnologie, die für Speicherung und Bearbeitung digitaler Bilder erforderlich war.

1981 bis 1987 - Die Still-Video-Jahre
Die erste Kamera, die Fotos elektronisch - statt auf einem Silberfilm - speicherte, kam von Sony. Das Magnetic Video Camera System (MAVICA) des Herstellers, der in den frühen 80ern mit dem Walkman bekannt geworden war, speicherte Standbilder auf Disketten.
Die Mavica hatte für die Aufnahme einen CCD-Bildwandler mit 570 x 490 Pixeln und einer Empfindlichkeit von ISO 200 und speicherte das Foto nicht digital, sondern als analoges elektronisches Videostandbild. Zur Weiterverarbeitung musste man das Bildsignal mit einer Analog/Digital-Wandlerkarte digitalisieren. Der PC war gerade erst erfunden worden und noch nicht bildbearbeitungstauglich. Ansehen konnte man sich die Bilder am Fernseher.
Die Mavica war als Spiegelreflexkamera mit Wechselobjektiv aufgebaut, das System umfasste drei Objektive: je eine 25- und 50-Millimeter-Festbrennweite sowie ein 16-65-mm-Zoom. Die Verschlusszeit betrug 1/60 s, die Blende musste den Lichtverhältnissen entsprechend manuell eingestellt werden. Bis zu 50 Farbbilder speicherte die Mavica auf die Mavipak genannten Disketten.
Lesetipp: Fotografie-Ratgeber im Überblick
Auch andere Hersteller sahen das Potenzial der silberlosen Fotografie, und so folgten etliche Still-Video-Kameras auf die Mavica. Canon erprobte schon während der Olympischen Spiele 1984 die drahtlose Übertragung von Fotos über die Telefonleitung an eine japanische Tageszeitung. Das Experiment war erfolgreich und brachte der RC-701 zum Preis von umgerechnet etwa 2000 Euro eine gewisse Popularität - speziell bei Tageszeitungen, für deren grobes Druckraster die Qualität der 187.000 Pixel ausreichte.
Die RC-701 war eine SLR mit mehreren Programmautomatiken, schnellem Serienbildmodus (bis zu 10 Bildern pro Sekunde) und Verschlusszeiten zwischen 1/2000 und 1/8 s. Auch Nikon wollte sich nicht lumpen lassen und brachte wenig später die QV-1000C mit 300.000 Pixeln auf den Markt. Endgültig salonfähig wurde das Still-Video aber erst 1987 mit der Canon ION-Serie, die als erste Still-Video-Kamera den Massenmarkt adressierte.

1988 bis 1990 - Digitales Speichern
Speicherkarten und Komprimierung
Die 1980er-Jahre gingen als letzte große Blütezeit analoger Kameras in die Fotogeschichte ein. Die Elektronik hielt Einzug und löste einen Boom am Markt aus. Schicke Kompakte mit Autofokus und automatischer Belichtungsmessung waren Millionenseller, zum Beispiel die Olympus µ. Analoge SLRs glänzten mit immer weiter verfeinerten Automatiken - bis hin zur TTL-Blitzmessung - und erhielten erstmals ein LC-Statusdisplay.
Die digitale Revolution spielte sich mehr im Hintergrund ab und erreichte ihren Höhepunkt im Jahr 1988. Die Moving Pictures Expert Group (MPEG) erarbeitete einen Standard zur Komprimierung von Audio- und Videodaten: MPEG-1. Daraus wurde wenig später JPEG (nach der Joint Photographic Expert Group) entwickelt, ein Verfahren zur Bildkompression, das bis heute Standard ist.
1988 kam PhotoMac, das erste Bildverarbeitungsprogramm für Macintosh-Rechner, auf den Markt - ähnliche Software für PCs lag noch in weiter Ferne. Den ersten Schritt zur Weiterverwertbarkeit von Fotos auf dem Computer war Canon bereits 1987 mit der RC-470 gegangen. Sie speicherte Bilder zwar analog auf Diskette wie alle Still-Video-Kameras, konnte über ein externes SCSI-Laufwerk aber auch computerlesbare Disketten beschreiben.
Lesetipp: Speicherkarten im Test
Im gleichen Jahr veränderte schließlich eine Erfindung von Fujifilm den Markt unwiderruflich: Auf der xD-Picture-Card wurden Daten tatsächlich digital, und nicht wie bisher analog, magnetisch abgespeichert und konnten damit ohne Klimmzüge am Computer eingelesen werden. Die ersten Kameras mit Speicherkarte kamen 1990 von Fujifilm (DS-X ) und Toshiba (IMC-100).

1990 bis 1996 - Erste Werkzeuge
Erste Werkzeuge für Profis und Spieler
Ab 1990 startete die digitale Fotografie durch: Kodak stellte die DCS-100 vor, eine modifizierte Nikon F3, bei der fast die gesamte Elektronik in einem kiloschweren Umhängepack untergebracht war, dem Digital Storage Unit (DSU). Die Daten wurden via Kabel vom 1,3-Megapixel-CCD, der statt des Films in der Rückwand saß, auf die 200 Megabyte große Festplatte gespielt.
Die DCS-100 kostete so viel wie ein Auto der gehobenen Mittelklasse und genoss hohes Ansehen bei Profis, bei denen jede Minute zählt. Schließlich sparten sie die Zeit für Filmentwicklung und das Anfertigen der Abzüge.
Spätere DCS-Modelle kamen ohne DSU aus. Sie hatten integrierte Festplattenlaufwerke und später PCMCIA-Flashspeicherkarten. Erst ab 1994 waren Flashspeicher klein genug für den Bau kompakter Digitalkameras.
Lesetipp: Kostenlose Photoshop-Alternativen
Trendsetter der Digitalfotografie im Massenmarkt war Logitech, bis dahin als Hersteller von PC-Zubehör in Erscheinung getreten. Der Logitech Fotoman konnte für damalige Verhältnisse eine Menge, war einfach zu bedienen und mit seiner Festbrennweite von 55 mm (entsprechend Kleinbild) und dem Fixfokus für Schnappschussfotografen konzipiert. Sie konnten auf das Filtergewinde einen Neutraldichtefilter oder einen Weitwinkelkonverter aufschrauben. -Die Belichtungsmessung und -steuerung erfolgten im Fotoman automatisch, und sogar ein Automatikblitz war mit an Bord.
Der 1/3-Zoll-CCD des Fotoman lieferte Graustufenbilder mit einer Auflösung von 376 x 240 Pixeln und 8 Bit. In seinen integrierten, 4 Megabyte großen DRAM passten bis zu 32 Bilder im herstellerspezifischen Dateiformat, die nach der Übertragung auf den PC mit der mitgelieferten Software in JPEGs umgewandelt wurden. Ein späteres Modell konnte alternativ zu den Graustufenbildern auch 24-Bit-Farbbilder mit einer Auflösung von 496 x 358 Pixeln aufnehmen.

In dieser Zeit wurde auch die elektronische Bildbearbeitung populär. 1990 stellte Adobe seine erste Version von Photoshop vor. In der Folge erschienen schnell weitere Digitalkameramodelle für den Consumermarkt, darunter befanden sich Megaseller wie die Kodak DC40. Auch Apple engagierte sich mit der QuickTake 150 in diesem Feld.
Lesetipp: Photoshop Elements vs. Paintshop Pro
Ab 1992 kamen Digitalkameras von praktisch allen namhaften Herstellern auf den Markt. Casio verzichtete 1995 bei der kompakten Consumerkamera QV-10 als erster Hersteller auf einen Sucher, ein Display mit Live-View war für die Wahl des Bildausschnitts zuständig. Ein konstruktives Novum war ihr schwenkbares Objektiv, das zeitweise auch andere Hersteller aufgriffen.
Zu den Besonderheiten der 1990er-Jahre gehört die Photo CD, die Kodak 1992 vorstellte. Dabei handelte es sich um ein System zur relativ preisgünstigen Digitalisierung und Archivierung von Kleinbildfilmen. Während Profis und engagierte Amateure das System nutzten, um alte analoge Bilderschätze ins digitale Zeitalter zu retten, floppte das System im Consumermarkt und wurde mit der zunehmenden Digitalisierung obsolet
