Lithiumionen-Akkus
Ob Kamera oder Handy - meist liefern Lithium-Akkus den Strom: leicht, kompakt, leistungsstark - und teuer. Malte Neumann erläutert die Technik der Lithiumzellen und vergleicht Original-Akkus mit günstigeren Fremdhersteller-Produkten.

Zwei von drei in ColorFoto getestete Kameras holen ihre Energie aus Lithium-Akkus. Die guten alten Mignonzellen mit NiMH-Technik stecken meist nur noch in Einsteigermodellen oder in größeren Kameras mit genügend Platz für voluminöse Batteriefächer. Das Alkalimetall Lithium ist allein schon des...
Zwei von drei in ColorFoto getestete Kameras holen ihre Energie aus Lithium-Akkus. Die guten alten Mignonzellen mit NiMH-Technik stecken meist nur noch in Einsteigermodellen oder in größeren Kameras mit genügend Platz für voluminöse Batteriefächer. Das Alkalimetall Lithium ist allein schon deshalb ein viel versprechender Kandidat für Akkus, weil es eine hohe Spannung pro Zelle liefert. Außerdem ist es leicht und sollte so zu Zellen führen, die ein optimales Leistungsgewicht bieten. Doch metallisches Lithium ist chemisch sehr aktiv. Es reagiert heftig mit Wasser und Luft, und so scheiterten die Versuche, stabile Lithium-Akkus zu bauen. Erst mit der Verwendung von Lithiumionen als Ladungsträger schaffte es Sony Anfang der neunziger Jahre, auch kommerziell verwendbare Zellen zu bauen. Anstatt des metallischen Lithium steckt in den Lithiumionen-Akkus Lithium-Kobaltat, ein in organischen Lösungsmitteln gelöstes Salz. Innerhalb weniger Jahre traten die Lithiumionen-Akkus ihren Siegeszug als Geräte-spezifische Batterien an. Im Gegensatz zu den eher robusten Nickel-Akkus, die nur noch als Standardzellen eine Rolle spielen, können die Lithiumionen-Akkus mit höherer Energiedichte bei niedrigem Gewicht aufwarten und sie kennen zudem weder Memoryeffekt noch nennenswerte Selbstentladung.

Lithium-Akkus sind jedoch echte Mimosen: Überladung und Tiefentladung sorgen für ein schnelles Ende des Akkulebens und müssen unbedingt vermieden werden. Daher steckt in den Kamera-Batterien fast immer auch eine Elektronik, die den Akku bei bedrohlichen Zuständen abschaltet. Die Ladeendspannung beträgt 4,2 V mit einer zulässigen Toleranz von weniger als 1%. Wenn mehrere Zellen hintereinander geschaltet werden, um höhere Spannungen zu erzielen, müssen die Bedingungen für alle einzeln eingehalten werden. Die Ladung erfolgt immer mit den gleichen Parametern: In einer guten Stunde wird mit konstantem Strom etwa 80 Prozent der Kapazität gefüllt, bevor dann auf konstante Spannung umgeschaltet wird. Nach etwa 150 Minuten sinkt der Ladestrom fast auf Null, und die Zelle ist voll.
Bei Kurzschluss oder Überhitzung können Li-Ion-Zellen platzen und, wenn sich brennbare Gase bilden, in Brand geraten. Neben einer mechanisch stabilen Hülle gehört deswegen zur Standardausstattung auch ein Sicherheitsventil, das vor dem Platzen den Überdruck kontrolliert entweichen lässt. Gegen Überhitzung hilft ferner beim Versagen der Bordelektronik ein Übertemperatur-Schalter nach dem Bimetallprinzip. Ein weiterer Sicherheitsmechanismus ist das Schmelzen der Separator-Folie bei 130 Grad, das im Akku die kleinen Löcher verschließt, die normalerweise die Lithiumionen passieren lassen.

Um das flüssige Elektrolyt des Lithiumionen-Akkus mit seinen Problemen zu vermeiden, gibt es seit einiger Zeit Lithium-Polymer-Akkus, in denen die Flüssigkeit des Elektrolyts als Gel in eine Kunststoff-Matrix eingebunden ist. Diese Zellen sind auch bei tiefen Temperaturen belastbar und können sehr hohe Ströme liefern. Sie stecken in den seit einiger Zeit verfügbaren Akkuschraubern mit Lithiumzellen. Dieser Bereich gehörte bisher den Nickel-Akkus. In Kameras gibt es derzeit noch keine Lithium-Polymer-Akkus.
Dass in den meisten Kameras längst Lithiumionen-Akkus stecken, ist im Hinblick auf die hohe Energiedichte ein echter Vorteil. Doch bringen die Lithium-Ionen-Akkus auch Nachteile mit sich. Sie sind teuer und nicht überall erhältlich: Im Gegensatz zu den standardisierten Mignon-Zellen lässt sich jeder Kamerahersteller seine eigenen Lithium-Akkus "maßschneidern" - meist für jede Modellreihe eine andere Zelle -, und mancher wechselt dann beim Nachfolgemodell auch gleich die Akkubauform. Zudem halten die Lithiumionen-Akkus unter üblichen Bedingungen auch nur etwa 300 Ladezyklen oder bei seltenem Gebrauch einige Jahre. Wer also viel fotografiert, braucht schon nach kurzer Zeit einen Ersatzakku, und natürlich ist auch ein Zweitakku sehr praktisch. Doch dieses Zubehör lassen sich die Kamera-Firmen beinahe vergolden. Und wie immer, wenn Fremdhersteller Zubehör anbieten, wird mit blumigen Worten vor Gefahren gewarnt: Wenn der Kunde Risiken vermeiden will, soll er doch lieber die teuren Teile aus dem eigenen Programm kaufen. So findet sich etwa auf der Canon-Website ein Hinweis auf vermutlich durch unsichere Akkus entstandene Schäden an Geräten. Andererseits stellen die Kameraproduzenten ihre Akkus natürlich nicht selber her, sondern kaufen sie zu.

So ist es durchaus nicht unwahrscheinlich, dass im Originalpack dieselben Zellen stecken wie im Nachbau. Unterschiedlich sind auf jeden Fall die Preise: Während der Original-Canon-Akku Typ BP-511, der die populären Modelle Powershot G2-G6 mit Strom versorgt, um die 80 Euro kostet, gibt es "No-Name"-Akkus ab 7 Euro. Da müssen schon gewichtige Gründe für den Kauf des Originals sprechen.
Grundsätzlich besteht die Gefahr, dass das aggressive Innenleben des Akkus austritt oder aber die Zellen platzen und mechanische Schäden verursachen. Neben den eigentlichen Zellen müssen auch die elektronischen Schutzschaltungen, die etwa bei einem Kurzschluss den Strom begrenzen, den Anforderungen entsprechen. Ferner sollte auch ein Überdruckventil zur Ausstattung gehören.

Bei den Billigheimern weiß wahrscheinlich nicht einmal der Importeur, ob alle Voraussetzungen für den sicheren Betrieb erfüllt sind, denn die in China simpel konfektionierten Akkupacks werden gerne auch mal mit gefälschten Prüfzeugnissen geliefert und können von Charge zu Charge aus anderen Fabriken stammen. Unter diesen Vorzeichen lassen sich Schäden an den Akkus, wie sie von den Herstellern reklamiert werden, kaum ins Land der Fabel verweisen. Dennoch haben wir bei unseren Versuchen mit etlichen Billig-Akkus keine schlechten Erfahrungen gemacht: Alle Geräte funktionierten einwandfrei und liefen teilweise auch deutlich länger, wie es die höhere Nenn-Kapazität einiger Testakkus erwarten ließ. Doch das ist keine repräsentative Aussage, und ein Risiko bleibt.
Wer das minimieren möchte und die No-Names scheut, sich aber auch nicht den Luxus eines Originalakkus leisten will, der findet in Markenakkus von Fremdfirmen den Mittelweg. Wer zu Varta, Hama oder Hähnel greift, kann sich auf die Qualität und die Sicherheit verlassen. Die Preisspanne reicht hier von 30-80% der Original-Akkus.

In der Regel werden auch die Akkus der Fremdanbieter mit dem Original-Akkualder der Kamera geladen. Dennoch gibt es ein paar "Fremd-Lader" für gerätespezifische Lithium-Akkus. Hama bietet mit dem "Digi Combi I" für 50 Euro einen raffinierten Universal-Lader an, der sich mittels vieler Kontakte und eines Adapters an eine Unzahl verschiedener Akkutypen anpassen lässt. Allerdings lassen sich die Akkus nur mit Kraft einsetzen, und die langfristige Funktion dieser komplizierten Konstruktion haben wir nicht getestet. Zudem genügt es in der Regel ja, wenn man die Akkus für die eigene Kamera laden kann.
Von Hähnel gibt es für 50 Euro die "Digital Power Station", einen kompakten Steckerlader inklusive Ersatzakku. Der passt mit Adaptern an praktisch jede Steckdose - auch mit 110 Volt Netzspannung - und macht sich deutlich angenehmer im Reisegepäck als ein Ladegerät samt losem Netzkabel, wie es viele Kamerahersteller liefern. Das Gerät ist mittlerweile in acht Varianten für gängige Digitalkameras lieferbar und absolut empfehlenswert.

