Objektivvergütung
Ein wichtiger Qualitätsfaktor bei Objektiven ist die Vergütung, da sie Kontrast und Bildhelligkeit erhöht.

Wer hat sich nicht schon einmal die Spiegelung des Himmels oder der umliegenden Gegend in einer Glasfassade angesehen oder sich über die Spiegelung in einer Scheibe geärgert, die beim Fotografieren eines Objektes im Weg war? Bei der Fassade ist die Spiegelung insbesondere im Sommer erwünscht, wei...
Wer hat sich nicht schon einmal die Spiegelung des Himmels oder der umliegenden Gegend in einer Glasfassade angesehen oder sich über die Spiegelung in einer Scheibe geärgert, die beim Fotografieren eines Objektes im Weg war? Bei der Fassade ist die Spiegelung insbesondere im Sommer erwünscht, weil sie das Licht und - noch wichtiger - die infrarote Wärmestrahlung heraushält und damit die Aufheizung des Gebäudes durch die Sonne vermindert. Bei der Glasscheibe, durch die man fotografiert, ist die Spiegelung eher unerwünscht, lässt sich aber nicht vermeiden. Normales Fensterglas reflektiert immer einen kleinen Anteil des Lichtes (ca. 4%). Deshalb werden Polarisationsfilter verwendet, mit deren Hilfe sich Spiegelungen ausblenden lassen, die aber viel Licht schlucken. Der Reflexionsgrad an einer Grenzfläche zweier Medien wird beschreiben durch: o=[(n'-n)/(n'+n)]2 Bei einer Brechzahl von n' = 1,00029 für Luft und n = ca. 1,5 für ein durchschnittliches Glas ergibt sich ein Reflexionsgrad von 0,04, also 4%. Das klingt zunächst nicht nach viel, doch stecken in modernen Zooms oft deutlich mehr als ein Dutzend Linsen mit entsprechend vielen Reflexionsflächen.
Bei einem Brillenglas führt der reflektierte Anteil dazu, dass die Augen des Brillenträgers nicht so gut zu erkennen sind und beispielsweise auf einem Foto mit Blitzlicht die Glasfläche weiß erscheint. Um die auch für den Brillenträger störenden Spiegelungen zu vermeiden, werden die teureren Brillengläser entspiegelt.Ähnliche Verhältnisse gibt es auch in der Fotografie. Der reflektierte Anteil des Lichtes stört die optische Abbildung, weil zum einen das reflektierte Licht für die Abbildung verlorengeht und damit Empfindlichkeit kostet. Zum anderen finden die störenden Reflexionen auch an den Luft-/Glas-Übergängen im Objektiv statt. Das reflektierte Licht "vagabundiert" als Streulicht im Objektiv und führt dazu, dass Schwarz im Bild nicht wirklich Schwarz bleibt, sondern durch das Streulicht aufgehellt zu einem dunklen Grau wird. Die aufgenommenen Bilder wirken matschig und nicht so kontrastreich, wie die Bilder, die mit einem vergüteten/entspiegelten Objektiv aufgenommen wurden.

Wie die Entspiegelung funktioniert Um das zu erklären, ein kleiner Exkurs ins Wasser. Zwei Wasserwellen, die aufeinandertreffen, verstärken sich dort, wo zwei Wellenberge zusammenkommen. Sie löschen sich aus, wenn ein Wellental auf einen Wellenberg trifft. Dieses Phänomen kann man sich auch bei Lichtwellen zunutze machen. Wenn man es schafft, dass das reflektierte Licht (genauer gesagt: die reflektierte Lichtwelle) zur einfallenden Lichtwelle genau so verschoben ist, dass die Lichtwellen sich auslöschen, dann wird kein Licht reflektiert, sondern alles geht durch die Glasscheibe. Nach einem sehr ähnlichen Prinzip funktioniert auch die Vergütung. Dabei dampft der Hersteller "dünne Schichten" aus verschiedenen Materialien wie Magnesiumfluorid (Leichtmetallhalogenid) auf die Linsen des Objektivs auf. Dieses Aufdampfen lässt sich so steuern, dass die reflektierten Wellen von der Oberfläche der Schicht und die von der Oberfläche der Linse gerade so verschoben sind, dass sie sich auslöschen: Damit das "Tal" der einen Welle mit dem "Hügel" der nächsten zusammenfällt, muss die zweite Welle zur ersten um eine halbe Wellenlänge D/2 verschoben sein. Da die erste gespiegelte Welle zweimal durch die Schicht läuft (hin und zurück) beträgt die Schichtdicke D/4.
Das aufgedampfte Material muss ferner so beschaffen sein, dass beide reflektierte Wellen gleich stark sind (gleiche Amplitude), also das Reflexionsvermögen an dem Übergang Luft/Vergütungsschicht dem Reflexionsvermögen an dem Übergang Vergütungsschicht/Glas entspricht. Diese Forderung führt zu der Formel: [(n'-n)/(n'+n)]2 = [(n''-n)/(n''+n)]2Daraus ergibt sich dann n=√ n' * n'' für die Brechzahl der Schicht, wobei n' die Brechzahl von Luft und n'' die des verwendeten Glases ist.
Streng genommen gilt das ganze nur für eine bestimmte Wellenlänge (z. B. grünes Licht). Soll der gleiche Effekt auch für andere Wellenlängen bzw. Farben erreicht werden, dann müssen mehrere Schichten aufgebracht werden (Mehrschicht-Vergütung), die den Effekt für verschiedene Wellenlängen erzeugen.
Auf diesem Wege lässt sich die Reflexion auf weit unter 1% reduzieren und die Bilder, die mit einem solchen Objektiv aufgenommen werden, erscheinen deutlich kontrastreicher. Hinzu kommt eine höhere Lichtstärke, da alles nicht reflektierte Licht der Abbildung zugutekommt.


