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Testbericht

Onkyo TX-SR708

Netzwerk-Fähigkeit und Internet-Radio sind nur zwei Highlights in einer endlosen Liste von Features des Onkyo TX-SR708. Der neue AV-Receiver hat auch klanglich einiges zu bieten - vor allem für Liebhaber von zünftigem Drive.

Autor: Stefan Schickedanz • 12.8.2010 • ca. 8:10 Min

Onkyo TX-SR708
Onkyo TX-SR708
© Hersteller, Stefan Rudnick

Onkyo TX-SR708 ...

Onkyo TX-SR708

Langsam, aber sicher gehen auch die meisten AV-Receiver ins Netz. Bei Pioneer ist man künftig schon mit dem VSX-920 für 500 Euro dabei, bei Onkyo verläuft die Untergrenze bei 900 Euro. Dafür birgt der neue TX-SR708 so viele Features, dass man gar nicht weiß, wo genau der Schwerpunkt der Entwicklung liegt. Vermutlich hat sich Onkyo das Ziel gesetzt, viel von allem mit möglichst hoher Qualität anzubieten.

Der Japaner wartet mit einer riesigen Feature-Liste auf. In Sachen Abmessungen und Ausstattungsumfang überragt er den kleineren TX-SR608. Seine sehr empfindlich eingestellte Schutzschaltung verhindert jedoch, dass er in der Sinusmessung die Leistungswerte des kleinen Bruders übertrifft.

Dafür liefert der TX-SR708 in der praxisnahen Musikleistung noch mehr Power (2 x 139 Watt und 5 x 102 Watt an 8 Ohm) als der TX-SR608, der es mit 2 x 116 respektive 5 x 90 Watt bewenden lässt.

Der Rest der Rückseite ist fast vollständig mit Anschlüssen übersät. Gerade Besitzern von Analog-Video-Quellen wie S-VHS-Rekordern oder älteren DVD-Playern ohne HDMI-Ausgang hat der TX-SR708 mehr zu bieten als der kleine Bruder. Zudem setzt er sich von den Mitbewerbern ab. Während andere Hersteller sich inzwischen von S-Video-Buchsen verabschieden, besitzt der Onkyo gleich vier Eingänge und zwei Ausgänge für diese aussterbende Spezies. Und für Composite-Verkabelungen ist neben den ebenfalls vier Ein- und zwei Ausgängen auf der Rückseite sogar noch ein Front-Video-Eingang an Bord.

Onkyo TX-SR708: Unterstützte Formate

Was neue Medien betrifft, lässt der neue Onkyo keine Wünsche offen. Über die rückseitige LAN-Buchse kann der Benutzer nicht nur mit einer Ethernet-Verbindung zum Internet-Router Web-Radio ohne PC ins Wohnzimmer holen. Mit dem Netzwerk-Anschluss lassen sich auch mit Hilfe des Windows-Media-Players Daten vom PC auf den zu Windows 7 und Windows XP kompatiblen Receiver streamen und wiedergeben.

Hier haben die Ingenieure von Onkyo ganze Arbeit geleistet, denn der TX-SR708 kommt nicht nur mit MP3, WMA aus der PC-Welt und dem iTunes-Format AAC klar. Er gibt auch das verlustfreie WMA Lossless wieder und ebenso das in High-End-Kreisen beliebte FLAC-Format sowie WAV, Ogg Vorbis und LPCM. Wenn der Onkyo ein Format nicht kennt, so kann man davon ausgehen, dass auch sein Benutzer es nicht kennt.

Was passiert aber, wenn der Besitzer sagt: "Ich habe kein Netzwerk im Wohnzimmer"? Kein Problem, ein Speicherstick im PC-Format (FAT 16 oder FAT 32) genügt, um über den frontseitigen USB-Eingang Musikdateien über den Receiver wiederzugeben.

Und auch die beiden Kult-Produkte iPod und iPhone lassen sich am TX-SR708 ohne Dock anschließen: Das von Apple mitgelieferte USB-Adapter-Kabel genügt, um die Songs aus ihrem Flash-Speicher wiederzugeben. Sogar die Album-Cover werden im On Screen Display des Onkyo angezeigt.

Man kann es angesichts wabbeliger Drehknöpfe zur Quellenwahl nicht oft genug betonen, dass die unter dem Display aufgereihten, für heutige Receiver-Verhältnisse geradezu plakativ beschrifteten Quellen-Direktwahltasten die Lösungen der Mitbewerber ähnlich alt aussehen lassen wie Streichhölzer gegenüber einem Feuerzeug. Nur mit einem Unterschied: Schlecht rastende Drehknöpfe haben noch nicht einmal Flair.

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Der Onkyo bietet neben sieben HDMI-Eingängen (inklusive Front) auch viele Video- und S-Video-Anschlüsse. Dazu kommen eine Netzwerk-Buchse und der Plattenspieler-Eingang.
© Archiv

Onkyo TX-SR708: Fit für HDMI 1.4

Damit erschöpft sich der Fundus an sinnvollen Annehmlichkeiten aber noch lange nicht. Was HDMI betrifft, ist der neue AV-Receiver von Onkyo "mit allen Wassern gewaschen". Gleich sieben HDMI-Eingänge - einer befindet sich vorne und sechs hinten - und zusätzlich ein Ausgang nach der neuesten Norm 1.4a lassen viel Spielraum für Systemerweiterungen.

Der TX-SR708 unterstützt nicht nur die neuesten 3D-Videoformate, sondern auch den Audio Return Channel (ARC): eine besonders praktische Neuerung des aktuellen HDMI-Standards. Dieser Audio-Rückkanal leitet den Ton eines digitalen Fernseh-Tuners über dasselbe Kabel zum Receiver, mit dem das Video-Signal zum Bildschirm geleitet wird.

Das verhindert Kabelsalat im Wohnzimmer, und das Anschließen ist ganz einfach. Allerdings lassen sich damit nur konventionelle PCM- und Bitstream-Signale übertragen. Wer nativen HD-Ton wie Dolby TrueHD, Dolby Digital Plus oder DTS-HD Master Audio aus seinem DVB-Tuner im Receiver decodieren lassen will, der kommt an einer separaten Leitung vom Fernseher zu einem der Receiver-Eingänge nicht vorbei.

Die ARC-Funktion ist ein praxisgerechter Ersatz für die gebräuchlichen optischen oder koaxialen Digital-Audio-Verbindungen (lesen Sie dazu auch den Abschnitt "Einer für alles" in 655273).

Was in der Praxis für bestimmte Nutzergruppen, die mit ihrem Surround-Receiver auch Stereo-Gelüste befriedigen wollen, noch mehr zählt als sieben HDMI-Eingänge, ist der inzwischen vom Aussterben bedrohte Phono-Eingang. In diesem Punkt rechtfertigt der neue Onkyo die Mehrausgabe gegenüber seinen kleineren Markengenossen, die keine Anschlussmöglichkeit für Plattenspieler mit MM-Tonabnehmern bieten.

Überhaupt macht Analog den großen Unterschied zur Einsteigerklasse: Inzwischen findet man nur noch selten einen 7.1-Eingang. Onkyo spart dieses für einige Anwendungen mit älteren Mehrkanal-Audio-Quellen wie SACD-Playern nützliche Feature bei allen kleinen Brüdern des TX-SR708 ebenfalls ein. Das Gleiche gilt für die Mehrkanal-Ausgänge.

Der Receiver lässt sich mit seinem 7.2-Ausgang für sieben Kanäle und zwei Subwoofer durch externe Endstufen und durch aktive Bassmodule erweitern.

Auf Erweiterung ist auch das Lautsprecher-Szenario angelegt. Mit Audissey DSX und Dolby Pro Logic IIz hat Onkyo gleich ein zweifaches "Aufputschmittel" für weitläufigere Räumlichkeit spendiert, dem aber unter Puristen der Makel des Synthetischen anhaftet.

Onkyo TX-SR708: Hörtest

Im Hörtest regierte von der ersten Sekunde an auffällige Spritzigkeit. Der Onkyo klang äußerst knackig und ließ eindrucksvoll die Muskeln spielen.

So groß wie der deutliche Preissprung zum TX-SR608, der in der Markenhierarchie darunter liegt, fiel auch der Unterschied in puncto Performance aus. Der TX-SR708 verlieh Stimmen und Instrumenten eine unmittelbare physische Präsenz, die man von Live-Konzerten kennt. Elvis Costello und das Metropole Orkest spielten vom Album "My Flame Burns Blue" wie entfesselt los.

Der Sänger schmetterte sein "Almost Ideal Eyes" in den Raum, und die Bläser wirkten sehr explosiv. Das Beste am akustischen Fingerabdruck des Receivers: Er erzeugte eine riesige Bühne und nagelte Phantomschallquellen an ihrem Platz fest. Die Transparenz hätte in dieser Klasse besser nicht sein können. Selbst in komplexen Passagen, wenn etwa in "Clubland" das Orchester voll loslegt, fransten die Instrumentenkonturen nicht aus.

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Lautstärkeregler, farbig abgehoben und griffgünstig für Rechtshänder platziert, dazu eine sehr übersichtliche Tastenanordnung: In Sachen Bedienung macht Onkyo so schnellkeiner etwas vor.
© Archiv

Die erzeugte Bühne war das Beste, was man in dieser Preisregion mit zwei Boxen aufbauen kann, und reichte scheinbar besonders weit nach oben bis fast unter die Decke. Der Bass erwies sich als extrem trocken und ging sehr tief hinab. Dennoch hätte das Schlagzeug mit der mächtigen B&W-Nautilus-800-Anlage bei aller Kontrolle, die der Onkyo an den Tag legte, etwas mehr Volumen vertragen können.

Dadurch erschien die stürmische Vorstellung bisweilen fast schon etwas hektisch. Der Onkyo wirkte im gesamten Grundtonbereich sehr schlank und nach oben offen und verstärkte damit noch den klaren, trockenen Klangeindruck, der manchen Hörern womöglich etwas zu direkt sein könnte - vor allem, wenn der TX-SR708 mit einer Box zusammenspielen muss, die nicht so neutral abgestimmt ist und vielleicht selbst schon etwas harsch klingt.

Im Surround-Durchgang ließ der Onkyo den bereits in Stereo sehr großen Raum noch größer wirken, auch die Plastizität nahm zu. Extrem differenziert und präzise zeichnete er von der DVD das Live-Konzert von Peter Cincotti ("Live in New York") nach. Mühelos ließ sich im aufgeräumten akustischen Panorama jedes einzelne Instrument herausgreifen und nachverfolgen.

Die Blas-, vor allem die Blechblas-Instrumente, offenbarten mit dem Onkyo eine ungestüme Spielfreude und Offenheit. Der gezupfte Bass blieb jederzeit klar und konturiert, die Saiten wirkten besonders fest gespannt.

Bei der Stimmwiedergabe bewegte sich der THX-Receiver auf einem schmalen Grat zwischen leichter Kühle und perfekter Auflösung und Direktheit. Wenn alles stimmt wie mit der Nautilus 800, dann vermittelt der Onkyo eine sehr authentische Live-Atmosphäre, wie man sie im Receiver-Bereich nur selten zu hören bekommt. Diese Eindruck ließ sich noch steigern, wenn man statt DVD-Ton über S/ PDIF auf HD-Ton von der Blu-ray Disc via HDMI wechselte.

Die Musiker Jane Monhaupt und John Pizzarelli schienen von einer Demo-Blu-ray in Lebensgröße vor einem zu stehen. Die Stimme und der gezupfte Kontrabass wurden mit schonungsloser Klarheit und Präzision wiedergegeben. Der Dynamikumfang überzeugte nicht nur vollständig, er trug sogar die ganze Vorstellung des Onkyo-Receivers.

Der TX-SR708 begeistert durch seine immense Lebendigkeit und sein minutiöses Timing. Diese Stärken verliehen dem Live-Auftritt der drei Jazz-Giganten Lee Ritenour, Marcus Miller und George Duke etwas Magisches. Der extrem harte und präzise angerissene E-Bass, der den markanten Stil von Miller prägt, erschien in der Onkyo-Interpretation des Titels "Panther" sensationell.

Mit Worten lassen sich die Gänsehaut und der Kick kaum beschreiben, den diese geradezu brachiale Attacke und Präzision hervorrief. Offen, schnell, stark, diese Attribute passen am ehesten dazu - und natürlich staubtrocken.

Dazu rollte der tieffrequente Synthie-Sound von George Duke durch den Hörraum, den man teilweise eher spürte als hörte. Und dann noch alles in voller Größe mit greifbaren Konturen und realistischem Raum. Nur dem Schlagzeug bekam der extrem trockene Klang nicht so gut.

Die Drums kamen zwar sehr präzise und kräftig herüber, wirkten aber nicht satt genug. Dadurch blieb es etwas zweidimensional und vergleichsweise mickrig. Trotzdem eine starke Vorstellung, die mehr unter die Haut geht als die vieler Mitbewerber.

Klar, dass dieser wendige Dynamiker Action-Filme von Arnold Schwarzenegger, Bruce Willis oder Sylvester Stallone zu einem packenden Naturereignis macht.

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Direkt hinter der Frontplatte...
© Archiv

Onkyo TX-SR708: Aufbau

Obwohl es in einem heutigen AV-Receiver immer mehr neue Technologien zu integrieren gibt, hat Onkyo dem TX-SR708 einen übersichtlichen Aufbau zukommen lassen. Direkt hinter der Frontplatte liegen die Platinen für Display, Steuerlogik und Lautstärke-Regelung. Dahinter folgt die Endstufensektion mit sieben Kanälen und dem großen, gefrästen Kühlkörper und gleich rechts daneben der Transformator.

Die Speicher-Elkos des Netzteils sitzen unter der hinteren Platine, die direkt an die HDMI- und Ethernet-Anschlüsse angrenzt. Sie sorgt für Netzwerk-Konnektivität und digitale Bildverarbeitung inklusive De-Interlacing und Skalierung auf 1080p. Darunter befinden sich noch zwei Platinen für Video und Vorverstärkung.

Wissen: Digitaler Weltempfänger

Internet-Radio macht den TX-SR708 zum digitalen Weltempfänger. Mehrere Tausend Stationen aus aller Welt warten, geordnet nach Genres, darauf, Gehör zu finden. Wer auf flache Moderatorenwitze und stündliche Nachrichten-Wiederholung keinen Wert legt, der ist hier genau richtig.

Freilich stellt sich akzeptabler Hi-Fi-Klang erst ab einer Datenrate von 128 Kilobit pro Sekunde ein, dafür gibt es für jeden Geschmack etwas im Web. Zudem bieten inzwischen die meisten Stationen mindestens 128 Kbit/s an. Im Onkyo lassen sich relativ einfach 40 Stationen speichern und per Knopfdruck abrufen.

Fazit

Es gibt Receiver, die mit nur halb so viel Impulspräzision, Auflösung und Dynamikreserven die Zuhörer durch malerische Klangfarben und anheimelnde Atmosphäre verzaubern. Der Onkyo macht alles mit Kraft und Kontrolle. Um ihn zu goutieren, sollte man sehr gute, extrem neutrale Lautsprecher besit-zen und richtig aufdrehen können.

Wem es genügt, mit Kerzenlicht auf Flüsterlautstärke zarte Balladen zu hören, der kann sich den Onkyo im Grunde schenken, denn Netzwerk-Fähigkeit gibt es inzwischen auch schon günstiger, und was Onkyo in der 500-Euro-Klasse mittlerweile an HDMI-Anschlüssen bietet, reicht ebenfalls in den meisten Anwendungen aus.

Für Audio-Romantiker, die Direktheit mit Stress gleichsetzen, ist er jedenfalls nicht gedacht. Aber wer Drive und live liebt, der dürfte für 900 Euro derzeit kaum etwas Besseres finden. Auch wenn Adrenalin nicht in der endlosen Ausstattungsliste steht - hier fließt es in Strömen.