Anonym und sicher surfen: VPN-Tools und Spurenvernichter
Sind Sie im Internet gern allein unterwegs, ohne Gesellschaft von Google, Facebook & Co.? Dann brauchen Sie die richtigen Anonymisierungswerkzeuge: VPN und Spurenvernichter.

Statistiker verfolgen jede Ihrer Bewegungen im Web. Da geht es um Surf- und Kaufgewohnheiten, den Medienkonsum, Suchbegriffe oder um Verhaltensweisen beim Computerspiel. Manche Anwender stört der Gedanke, dass ihnen permanent jemand über die Schulter sieht. Andere sehen das gelassen, unter...
Statistiker verfolgen jede Ihrer Bewegungen im Web. Da geht es um Surf- und Kaufgewohnheiten, den Medienkonsum, Suchbegriffe oder um Verhaltensweisen beim Computerspiel. Manche Anwender stört der Gedanke, dass ihnen permanent jemand über die Schulter sieht. Andere sehen das gelassen, unter anderem deshalb, weil die Überwachung im Alltag keine spürbaren Nachteile bringt. Im Gegenteil: Standortbasierte Dienste oder Services wie Google Now, Siri oder Cortana versprechen uns mehr Komfort dank maßgeschneiderter Informationen.
Täuschen Sie sich aber nicht. Sicherheitsexperten wie Vitaly Shmatikov haben nachgewiesen, dass man einen Anwender nur mit Nutzerprofilen namentlich identifizieren (deanonymisieren) kann, das entsprechende Geschick vorausgesetzt. Er selbst hat das mit anonymisierten Filmbewertungen bei Netflix demonstriert. Dabei kamen auch höchst private Details wie eine Vorliebe für homoerotische Filme zutage.
Wer bei mehreren Diensten Nutzerprofile hinterlässt, ist dabei besonders gefährdet. Denn die Deanonymisierung funktioniert, indem man Daten aus verschiedenen Quellen miteinander verknüpft und die richtigen Schlüsse zieht.
Wie dem auch sei - die Empfindlichkeiten sind beim Thema Datenschutz verschieden. Der eine lehnt Datensammlungen grundsätzlich als unethisch ab, der andere veröffentlicht sorgenfrei sein üppig mit Fotos illustriertes Privatleben in sozialen Netzwerken.
Egal, wie Sie über Datenschutz denken. Sie sollten zumindest eine informierte Entscheidung treffen, wenn es um die Weitergabe von Daten geht, und darüber nachdenken, welche Daten man wem überlässt. Unternehmen wie Google oder Facebook sind mächtig, weil Sie über Werbenetzwerke, Apps und Like-Buttons viele Websites und Anwender im Blick haben. Glauben Sie nicht? Installieren Sie im Firefox-Browser das Plugin Lightbeam. Es zeigt Ihnen grafisch oder in Tabellenform an, wer beim Besuch einer Website alles mithören kann. Beeindruckt? Dann sehen Sie sich jetzt die Werkzeuge an - PET (Privacy Enhancing Tools, Programme, die den Datenschutz verbessern) -, mit denen Sie die Kontrolle über Ihre Datenspuren zurückbekommen.
Ganz einfach anonym durch
Am einfachsten entgehen Sie Datensammlern, indem Sie deren Dienste meiden. Es gibt Suchmaschinen ohne Tracking wie zum Beispiel Duckduckgo.com. Die Suchmaschine Startpage.com stellt für Sie Suchanfragen bei Google und schützt dabei Ihre Nutzerdaten. So bekommen Sie Google-Ergebnisse, ohne Ihre Identität preiszugeben.
Lesetipp: Die besten Google-Alternativen

Es gibt außerdem jede Menge E-Mail-Anbieter, die ihren Nutzern Anonymität versprechen. Doch manchmal kann oder will man auf bestimmte Dienste wie Youtube oder Facebook nicht verzichten. Dann muss man zu anderen Mitteln greifen.
Nummernschild im Web
Ein wichtiges Erkennungsmerkmal eines jeden Nutzers ist seine IP-Adresse (Internet Protocol). Ihre IP-Adresse und die MAC-Adresse (Media Access Control) Ihrer Netzwerkhardware sind quasi die Autokennzeichen, die Sie im Internet mit sich tragen. Auch wenn IP-Adressen für den Normalanwender immer wieder neu vergeben werden, kann ein Website-Betreiber aus der Adresse herauslesen, in welcher Region dieser Erde Ihr Rechner steht. So funktionieren zum Beispiel die Ländersperren in Youtube und anderen Diensten. Die MAC-Adresse Ihrer Hardware ist sogar weltweit eindeutig.

Ein Web-Proxy oder ein VPN-Dienst (Virtual Private Network) wie SpyOFF können beides für Sie verschleiern. Ein Website-Betreiber sieht die Adresse des Proxys oder des VPN-Servers, mit dem Sie verbunden sind, nicht aber die Ihres Rechners. Daher werden diese Dienste gerne benutzt, um zum Beispiel die Ländersperren von Youtube und anderen US-Diensten zu umgehen.
Vom Gebrauch eines der vielen freien Web-Proxys - geben Sie einfach Proxy Server in eine beliebige Suchmaschine ein - kann man hingegen nur abraten. Meist weiß man nicht, welche Betreiber eigentlich hinter diesen Proxies stehen und welche Interessen sie haben. Fragen Sie sich einfach, wie der jeweilige Proxy-Anbieter sein Angebot finanziert. Bei kostenpflichtigen VPN-Diensten müssen Sie sich diese Frage nicht stellen.
Tracker stoppen
Mit einer VPN-Verbindung (auch Tunnel genannt) können Sie Ihre IP-Adresse und Ihren Standort verschleiern. Trotzdem bekommen Sie weiterhin Cookies und laden Web-Bugs und andere Tracker herunter. Das können Sie mit dem richtigen Browser und den richtigen Add-ons verhindern. Wir entscheiden uns für Firefox, da der Hersteller Mozilla von Firmen wie Google, Microsoft oder Facebook unabhängig ist. Voraussetzung für anonymes Browsen ist natürlich, dass im Browser keine Add-ons installiert sind, die Ihr Surfverhalten protokollieren. Außerdem sollten Sie Ihren PC mit Sicherheits-Software vor Adware schützen.

Für Firefox gibt es einige sehr gute Add-ons zum Schutz der Privatsphäre. Lightbeam haben wir bereits vorgestellt. Ähnlich wirkt Ghostery. Es zeigt die auf einer Website gefundenen Tracker an. Diese können Sie anschließend gezielt blockieren. Essenziell sind zusätzlich die Add-ons NoScript und Adblock Plus. Adblock Plus blockiert Werbung, und NoScript kann gezielt Skripte von Drittanbietern abschalten. Meistens schafft man es mit NoScript, alle lästigen Skripte zu deaktivieren und die jeweilige Site trotzdem funktionsfähig zu halten.
Anonym-Modus einsetzen
Alle Browser bieten mittlerweile einen Modus zum anonymen Surfen, Inkognito-Modus (Chrome), InPrivate-Browsing (Edge) oder Privates Fenster genannt. Diese Modi sind nicht dazu gedacht, Sie im Web anonym zu machen. Sie dienen hauptsächlich dazu, Spuren einer Surf-Sitzung auf dem lokalen PC zu beseitigen. Firefox geht auch hier einen Schritt weiter. Öffnen Sie ein privates Fenster, benutzt Firefox nämlich eine schwarze Liste des Tools Disconnect.me, um Web-Verfolger zu blockieren. Unter Extras/Einstellungen/Datenschutz/Blockierliste ändern stellen Sie ein, ob Sie die ausführliche Liste oder die als Standard eingestellte gemäßigte Liste verwenden wollen. Bei Verwendung der "strengen" Liste könnten eventuell einige Websites nicht mehr funktionieren.
Achtung: Wenn Sie den anonymen Modus im Browser benutzen, kann Ihr Internetanbieter (ISP) immer noch mitverfolgen, welche Seiten Sie aufrufen. Vor Ihrem ISP können Sie sich nur mit einer VPN-Verbindung schützen. Dann sieht dieser nur noch die Verbindung zum VPN-Provider. Alles andere ist verschlüsselt.
Ein weiterer Vorteil des privaten Fensters von Firefox ist, dass am Ende einer Surf-Sitzung alle lästigen Cookies und lokal gespeicherten Dateien des Browsers gelöscht werden. Beim nächsten Start des Browsers sind die Tracker verschwunden. Das gilt aber nicht unbedingt für Daten, die Add-ons und Plugins ablegen - ein Grund, darauf zu achten, welche Plugins man installiert.
Auch mit privaten Fenstern sollten Sie unter Extras/Einstellungen/Datenschutz die Cookie-Einstellungen richtig konfigurieren. Bei Cookies von Drittanbietern akzeptieren sollte Nie stehen. Für Behalten bis wählen Sie Firefox geschlossen wird. Aktivieren Sie auch Die Chronik löschen, wenn Firefox geschlossen wird. Unter Einstellungen setzen Sie ein Häkchen vor allen Elementen. Jetzt "vergisst" Firefox beim Schließen einen Großteil Ihrer Surf-Sitzung - genauso wie die Websites, die Sie besucht haben. Beim Aufräumen der Browser-Daten hilft Ihnen übrigens auch das kostenlose Tool CCleaner mit der Erweiterung CCEnhancer.
Flash-Cookies
Außerhalb der Browser-Kontrolle liegen Cookies, die vom Adobe Flash-Player hinterlegt werden. Diese müssen Sie über die globalen Einstellungen des Players abschalten. Öffnen Sie dafür eine beliebige Website mit Flash-Inhalten. Klicken Sie ein Video mit der rechten Maustaste an und wählen Sie Globale Einstellungen. Markieren Sie hier die Option Verhindern, dass Websites Informationen auf diesem Computer speichern. Nun sollten Sie keine Flash-Cookies mehr bekommen.

Browser-Schwindelei
Ihr Browser sagt einer besuchten Website, von welcher anderen Site Sie weitergeleitet wurden (Referrer). Wenn Sie diese Information verheimlichen wollen, weisen Sie Firefox an, den Referrer zu unterdrücken. Geben Sie dazu in der Adresszeile about:config ein. Suchen Sie jetzt nach dem Begriff referer (so geschrieben!). Nun können Sie den Wert von network.http.sendRefererHeader auf 0 setzen. Aber Vorsicht: Viele Sites funktionieren nicht ohne Referrer, deshalb ist von dieser Option abzuraten. Probieren Sie stattdessen, network.http.referer.XOriginPolicy auf 1 zu setzen. Dann werden die Referrer nur dann nicht weitergegeben, wenn die Site mit dem Link und die aufgerufene Site aus verschiedenen Domains stammen. Wechseln Sie also zu einem anderen Web-Anbieter, erfährt dieser nichts von der vorhergehenden Site.
Sie können der aufrufenden Site auch einen falschen Browser vorgaukeln. Das geht ebenfalls über about:config, der Einfachheit halber sollten Sie aber das Firefox-Addon User Agent Switcher verwenden. Mit einem falschen User Agent merken Site-Betreiber nicht, mit welchem Browser Sie unterwegs sind - was zu Inkompatibilität und falsch dargestellten Websites führen kann.
Wirklich anonym
Wenn Sie ein VPN-Netzwerk benutzen und die hier präsentierten Tools verwenden, entgehen Sie den meisten Tracking-Versuchen. Doch es geht noch besser: Technisch versierte Anwender setzen ihren eigenen Proxy-Server auf, um die verschickten Daten zu filtern. Hier bietet sich das kostenlose Tool Privoxy an, das auf demselben Rechner läuft wie Ihr Browser. Damit blockieren Sie Werbung und Tracking-Elemente und bestimmen bis ins Detail, was Ihr Browser ins Web funkt.

Wenn Sie Anonymität auf Geheimdienst-Niveau benötigen, sollten Sie das Tor-Netzwerk benutzen - eine kostenlose VPN-Verbindung. Dabei legt jede Anfrage Ihres Browsers einen zufälligen Irrweg über ein globales Netzwerk von Tor-Rechnern zurück. Trifft sie endlich beim Ziel-Server ein - etwa connect-living.de - kann Sie wahrscheinlich nicht mehr von Außenstehenden zurückverfolgt werden. "Wahrscheinlich" bedeutet, dass es Geheimdienste wie die NSA geben könnte, die über Schwachstellen in das Tor-Netzwerk eindringen, um Benutzer zu deanonymisieren. Die technischen Möglichkeiten, die es dafür gibt (zum Beispiel die Kontrolle einer Vielzahl an Tor-Knoten), sind ein großes Diskussionsthema unter Sicherheitsspezialisten.
Über das Tor-Browser-Bundle (www.torproject.org/projects/torbrowser.html) können Sie jederzeit kostenlos in das Tor-Netzwerk einsteigen. Leider ist Tor auch ein Tummelplatz für Kriminelle mit vielen zweifelhaften Sites. Deshalb empfehlen wir, den Client vorsichtshalber nicht auf einem Produktivsystem einzusetzen, um eine Infektion mit Malware zu verhindern. Benutzen Sie dafür lieber eine eigene Plattform. Hier bietet sich das kostenlose Tails-System an, ein auf Anonymität konzipiertes Linux-System auf Debian-Basis. Es läuft ohne Installation als Live-DVD auf Ihrem Rechner und kommt mit einem fertig konfigurierten Tor-Client.