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Fire TV, Apple TV, Chromecast und Co.

Streaming-Boxen im Vergleich

Kompakte Streaming-Boxen sind echte Verkaufsschlager. Doch was bieten die Mini-Entertainer eigentlich fürs Geld? Wir lassen im Praxistest Amazon Fire TV, Apple TV, Google Chromecast und Sky Online TV Box gegeneinander antreten.

Autor: Andreas Stumptner • 28.4.2015 • ca. 7:10 Min

Streaming Boxen
Streaming Boxen
© Hersteller

Was erwarte ich eigentlich als Entertainment-Fan heute nebst bester Bildqualität von meinem TV? In erster Linie, dass er alle erdenklichen Bildquellen drahtlos und drahtgebunden verarbeiten kann. Ob digitale Foto- und Videosammlung, Smartphone- oder Tablet-Screen oder natürlich den Amazon-Prime- o...

Was erwarte ich eigentlich als Entertainment-Fan heute nebst bester Bildqualität von meinem TV? In erster Linie, dass er alle erdenklichen Bildquellen drahtlos und drahtgebunden verarbeiten kann. Ob digitale Foto- und Videosammlung, Smartphone- oder Tablet-Screen oder natürlich den Amazon-Prime- oder Netflix-Stream.

Genau für jene Grundbedürfnisse gibt es jedoch längst einfache, preiswerte Alternativen zum Smart TV: die kleinen und beliebten Streamingboxen. Sie sind heute echte Verkaufsschlager, was übrigens kaum jemand vermutet hätte, als 2007 die erste Apple-TV-Generation auf den Markt kam und regelrecht floppte. Doch die zweite und dritte Version des Marktvorreiters sowie seine bekanntesten Pendants, wie Amazons Fire TV, Googles Chromecast-Stick, oder auch die in Deutschland von Sky als Online TV Box genutzte Roku-Box, haben sich als clevere Problemlöser mittlerweile vollends etabliert.

Grund genug für uns, wieder einmal etwas genauer hinzuschauen: Was können die vernetzten Mini- Entertainer wirklich? Wie gut bedienen sie besagte Grundbedürfnissse? Und wie lässt sich ihr Funktionsumfang optimal ausschöpfen?

Amazon Prime auf Platz 1
Amazon Prime auf Platz 1
© Hersteller

Apple TV: Der Vorreiter

Beginnen wir beim Vorreiter, bei Apple TV. Die Amerikaner hatten das generelle Prinzip - wie bei all ihren Produktinnovationen des letzten Jahrzehnts - auch hier von Beginn an verstanden: Alles muss funktionieren ohne computerübliche Absturzgefahr.

Apple baute daher schon vor acht Jahren eine Kiste, die mit 20 mal 20 Zentimetern zwar noch deutlich weniger handlich daherkam, als die aktuelle mit zehn mal zehn, die aber wegweisend war: Der iTunes Store mit seiner Film-, Musik- und Podcast-Auswahl wurde einfach in eine ansehnliche Bildschirmoberfläche mit TV-Bildschirmformat gegossen. Dazu gab's einige Apps wie YouTube, den Zugriff auf die private Medienbibliothek und eine HD-Bildausgabe bis 1080p. Fertig war ein rundes Konzept, das sich simpel bedienen lässt.

Dennoch kann die 80-Euro-Box Apple TV mehr, als vielen Nutzern bewusst ist. So lassen sich etwa die vom Hersteller aufgespielten Apps wie Netflix, Watchever oder Vimeo genauso beliebig anordnen wie auf einem iPhone oder iPad oder ganz verstecken.

Hält man die zentrale Auswahltaste auf der kleinen Apple-TV-Fernbedienung lange gedrückt, wackeln die Symbole, wie man es schon von den Mobilgeräten kennt. Daraufhin lassen sich die Apps verschieben oder durch Drücken der Play/Pause-Taste entfernen.

Variante zwei: Auf dem Apple TV in die "Einstellungen" gehen, Unterpunkte "Allgemein" und "Einschränkungen" auswählen, App anklicken, schon wechselt der Status von "Einblenden" zu "Ausblenden".

Selbst weitere Apps zu installieren, ist theoretisch auf dem Apple TV machbar, allerdings nicht ratsam, weil nur per Jailbreak möglich. Dieser birgt jedoch Gefahren für die Funktionalität der Box.

Doch kein Grund zur Tristesse, denn die Inhalte unzähliger iPhone- oder iPad-Apps lassen sich mittlerweile per Airplay über WLAN auf den TV-Schirm streamen. Und auch sogenanntes Screen Mirroring ist möglich: Einfach über das Kontrollzentrum auf dem Phone oder Tablet auf "AirPlay" klicken, das Ziel-Apple-TV-Gerät auswählen und die Funktion "Bildschirmsynchronisation" einschalten. Schon wird der komplette Inhalt des iPhone- oder iPad-Bildschirms auf dem Fernseher angezeigt.

Apple TV
Apple TV
© Apple

So lässt sich auch das Surfen im Internet auf den großen Flatscreen zaubern. Weil jedoch das Handling über die üblichen mobilen Browser recht unkomfortabel wirkt, schafft eine spezielle App Abhilfe: AirWeb, erhältlich im AppStore für lohnenswerte 1,99 Euro. Sie zeigt die Webseiten auf dem TV an, während man das iPhone quasi gleichzeitig als Trackpad nutzt. Mit einfachen Gesten lassen sich per AirWeb Aktionen wie Scrollen, Cursor bewegen, Zoomen, Klicken und Vorwärts/Rückwärts durchführen.

Und noch ein heißer Tipp für Apple-TV-Nutzer: Wer möchte, kann die kleine Schwarze auch über seine Universalfernbedienung steuern. Der Pfad: Auf "Einstellungen", "Allgemein" und "Fernbedienungen" klicken, "Fernbedienung anlernen" auswählen. Auf der Universalfernbedienung eine nicht belegte Einstellung oder Taste wählen, danach auf "Start" klicken und den Schritten folgen.

Google Chromecast: Der Streaming-Stick

Selbiges gilt auch für Chromecast (Test) von Google, vorausgesetzt, man hat bereits das neueste Firmware-Update ausgeführt. Der kleine HDMI-Dongle, mit 35 Euro der mit Abstand preiswerteste unserer vier Kandidaten, nutzt die HDMI-CEC-Technik, um sich ebenfalls mit der vorhandenen TV-Fernbedienung steuern zu lassen. Zudem schaltet sich der Flatscreen zu Beginn eines Chromecast-Streams automatisch ein und aktiviert den richtigen HDMI-Eingang. Bloß die Wiedergabe des Inhalts ließ Chromecast trotz CEC bisher nicht zu.

Doch der Google-Stick kann zum Glück auch sonst richtig, richtig viel. Einrichten und ins heimische WLAN-Netzwerk einbinden lässt sich Chromecast über eine App, die es für Android und iOS kostenlos gibt. Schon überträgt der Streaming-Stick Filme, Musik und Bilder kabellos auf den angeschlossenen Fernseher.

Hunderte Apps sind mittlerweile Chromecast-fähig, darunter die beliebten Mediatheken der ProSieben-Gruppe (7TV), des ZDF und des Bayerischen Rundfunks, die beim Konkurrenten Apple-TV komplett fehlen und nur per Airplay abgespielt werden können. Sowie auch die Live-TV-Anbieter Zattoo und Magine, oder der TV-Webrecorder Save.TV.

Außerdem sind prominente und viel genutzte Video-on-Demand-Dienste direkt bei Chromecast als App an Bord: Maxdome, Netflix, Viewster, Wuaki.TV, Snap by Sky, Watchever und natürlich der hauseigene Dienst Google Play Movies. Lediglich Amazon Prime Instant Video ist nicht vertreten.

Streaming Vergelichstabelle
Streaming Vergelichstabelle
© Hersteller

Sie ahnen es vermutlich bereits: Die größte Crux des kleinen HDMI-Dongles ist der unübersichtliche Wust an Chromecast-fähigen Anwendungen. Doch hier sorgt wiederum eine Gratis-App namens Cast Store für die dringend nötige Übersicht. Darin sind alle kompatiblen Apps in Kategorien ge-listet und lassen sich nach Namen, Datum und Bewertung sortieren.

Amazon Fire TV: Mit Sprachsteuerung

Eine große Zahl an Applikationen ist auch bei Amazons Fire TV einer der Schlüssel zum Erfolg. Die dem Apple-TV-Vorbild arg ähnelnde Blackbox, die im Herbst 2014 auf den Markt kam, kostet gleichermaßen 100 Euro - und hat dafür ein Feature intus, das allen drei anderen Mitstreitern bis heute fehlt: Über eine Taste der mitgelieferten Fernbedienung lässt sich eine Sprachsteuerung aktivieren, die die Suche nach Filmen, Schauspielern, Regisseuren und Genres deutlich vereinfacht.

Tipp: Der neue Amazon TV Stick ist eine günstige Alternative zu Fire TV.

Das Positive zuerst: Die Sprachsuche funktioniert so gut, schnell und wenig fehleranfällig, dass selbst namhafte Smart-TV-Anbieter gerne vor Neid erblassen dürfen.

Doch kein Lob ohne Einschränkung: Der E-Tailer Amazon hat die Funktion bislang nur für die hauseigenen Inhalte von Prime und Instant Video vorgesehen. Wer sich bei Netflix oder in der ZDF-Mediathek zurechtfinden will, muss nach wie vor mit der klassischen Steuerung per Scrollen und Klicken vorliebnehmen.

Dafür dürfen sich auch Apple-Jünger bei Fire TV wohlfühlen. Nicht nur, weil die Bedienung noch müheloser funktioniert als beim renommierten Vorreiter aus Kalifornien: Dank im Amazon Store erhältlicher Apps namens "Air Buddy" (kostenlos) und "Air Receiver" (2,16 Euro) lässt sich der feurige Streamer flugs zum AirPlay-Empfänger für iPhone- und iPad-Nutzer aufrüsten.

Weiterer Vorteil für die Box des US- Onlinehändlers: Im Gegensatz zu Apple TV lassen sich nicht nur deutlich mehr vorinstallierte Apps laden. Wer kleine Umwege nicht scheut, kann zusätzliche Anwendungen aufspielen: etwa den bei vielen Entertainment-Enthusiasten hochgeschätzten Open Source Media Player "Kodi", auch bekannt als XBMC. Dieser spielt die meisten Videos, Musik, Podcasts und alle digitale Medieninhalte von lokalen und Netzwerkquellen und in allen erdenklichen Formaten ab.

Amazon Fire TV
Amazons Fire TV ist die einzige Streamingbox, die mittels Mikro in der Fernbedienung eine funk-tionierende Sprach-suche anbietet.
© Amazon

Um Fire TV mit Kodi oder anderen Applikationen zu befeuern, ist es nötig, die Software "Amazon Fire TV Utility App" auf dem PC zu installieren. Kodi muss dazu als APK-Datei (Android Package) heruntergeladen werden.

Über die "Amazon Fire TV Utility App" wird nun die Verbindung zur Box hergestellt. Dazu wird deren IP-Adresse benötigt, zu finden unter dem Pfad "System", "Info" und "Netzwerk". Sie wird in der Utility-App auf dem PC unter "File" und "Settings" eingetragen. Dazu wird an gleicher Stelle der "Normal Debug Mode" aktiviert. Danach über den Select-Knopf im Utility-Hauptmenü die zuvor geladene APK-Datei von Kodi auswählen und auf die Box aufspielen. Über den Pfad "Anwendungen", "Alle installierten Apps verwalten" den Eintrag "XBMC" anklicken und "App starten". Fertig. Schon ist Kodi einsatzbereit - oder auch jede andere denkbare App.

Sky Online TV Box: Streaming-Lösung von Roku

Wem all das zuviel Frickelei ist und wer sich lieber auf Premium-Unterhaltung konzentrieren will, dem sei als klares Gegenstück die Roku-Box ans Herz gelegt. In den USA als mega-erfolgreiche Streamingbox seit Jahren etabliert, ist das schwarze Kästchen seit Ende 2014 nun auch in Deutschland verfügbar, hierzulande allerdings exklusiv bei Sky als Sky Online TV Box (Test).

Der Bezahlsender hat sein Streaming-Angebot Snap und den Internetservice Sky Online aufgespielt, plus gerade einmal ein Dutzend weiterer Apps. Dennoch ist die quadratisch praktische Box nicht nur für Sky-Fans interessant. Im Praxistest erwies sich der ebenfalls als App aufgespielte Roku-eigene Media Player als schnellster und komfortabelster Medienspieler unseres Streaming-Quartetts. Keiner der anderen Clients hat im selben WLAN-Netz so schnell Videos und andere digitale Inhalte auf den TV-Schirm gebeamt.

Sky Online TV
Sky Online TV
© Sky

Doch auch hier bleibt es nicht aus, Defizite zu benennen: Wer die Roku-Box im vollen Umfang nutzen will, muss nicht nur den Kaufpreis von 70 Euro berappen, sondern auch ab zehn Euro aufwärts Sky Online und/oder Snap abonnieren. Dennoch: Angesichts der langjährigen Vorlauf- und Ausbauzeit im Stammland USA wirkt der deutsche Roku-Ableger technisch und in der Bedienung erfreulich ausgereift. Und für Sky Roku dürfte, ebenso wie für Apple TV, Amazon Fire TV und Chromecast in Sachen Funktionsumfang längst nicht das Ende der Fahnenstange erreicht sein.

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Fazit

Vor allem gemessen an ihrem günstigen Preis leisten alle vier Streaming-Boxen eine Menge. Doch keine erwies sich als absoluter Alleskönner. Ob Sprachsteuerung, App-Aufrüstung oder Fernbedienung: Vor dem Kauf gilt es daher jeweils zu prüfen, welche Prioritäten man bei der alltäglichen Nutzung setzen will.

Medien-Junkies, die gern digitalen Content drahtlos auf ihren TV übertragen, schaffen jedoch mit allen vier Clients eine mehr als wirkungsvolle Funktionserweiterung, die jedem betagten Flatscreen frischen Wind einhaucht.

Und eines haben wir bei unserem Praxistest auch gelernt: Es lohnt sich, Augen und Ohren offen zu halten, was Updates betrifft. Schließlich kommen manch spannende Features nur klammheimlich durch die Hintertür der Firmeware-Updates.