Brennweitenfaktor und Schärfentiefe
Sensoren von Digitalkameras sind kleiner als das klassische Dia oder Negativ. Dementsprechend kürzer ist die Normalbrennweite, was zu einer größeren Schärfentiefe führt.

Immer wieder fragen Leser, wie sich der kleinere Sensor einer Digitalkamera auf die Schärfentiefe auswirkt. Ob die Schärfentiefe einer Digitalen tatsächlich größer als die eines konventionellen Modells ist. Dieser Eindruck stimmt wie die folgenden Rechnungen zeigen: Ein Punkt wird über eine ...
Immer wieder fragen Leser, wie sich der kleinere Sensor einer Digitalkamera auf die Schärfentiefe auswirkt. Ob die Schärfentiefe einer Digitalen tatsächlich größer als die eines konventionellen Modells ist. Dieser Eindruck stimmt wie die folgenden Rechnungen zeigen:
Ein Punkt wird über eine Linse abgebildet. Er gilt als scharf, wenn der Unschärfekreis kleiner ist als ein festzulegender Grenzwert. In der Kleinbildfotografie wird dieser üblicherweise mit 0,033 mm angenommen [1]: Jeder Punkt der auf dem Negativ kleiner als 0,033 mm ist, erscheint bei einem der Vergrößerung angemessenen Betrachtungsabstand als scharf.

Der BrennweitenfaktorDie "Normalbrennweite" für ein fotografisches System erfasst die Gegenstände in einem Bildwinkel von ca. 47°. Sie entspricht in etwa der Diagonalen des Aufnahmeformats (Film- oder Sensorformat). Bei einem kleineren Aufnahmeformat/Sensor verringert sich auch die Normalbrennweite im Verhältnis zur Sensordiagonale: Siehe Formel 1 (unten). Das Verhältnis n wird in vielen Datenblättern von digitalen Kameras als Brennweitenfaktor oder manchmal auch fälschlicherweise als Brennweitenverlängerung bezeichnet. Fälschlicherweise deshalb, weil die Brennweite eines Objektivs einen festen Wert darstellt. Sie ändert sich nicht, wenn das Objektiv an einer Kamera mit kleinerem Sensor verwendet wird. Es ändert sich lediglich der Bildwinkel, der vom Sensor erfasst wird, so als würde an einer Kleinbildkamera ein Objektiv längerer Brennweite verwendet: Das 50-mm-Objektiv bildet in der digitalen SLR dasselbe Bild in die Bildebene ab wie in der Kleinbildkamera. Allerdings ist das Negativ größer als der CCD. Der CCD erfasst deswegen nicht das ganze auf dem Negativ festgehaltene Motiv, sondern nur einen Ausschnitt, mit entsprechend engerem Bildwinkel, das Ergebnis entspricht dem eines Teleobjektivs.
Um das ganze Bild auch mit dem CCD zu erfassen, muss der Fotograf ein entsprechend kürzeres Objektiv einsetzen - entscheidend ist der Bildwinkel. Weil das kleinere Bild des CCD später stärker nachvergrößert werden muss als das KB-Negativ, schrumpft auch der zulässige Unschärfekreisdurchmesser im gleichen Verhältnis.
SchärfentiefeSofern wir uns nicht im Makrobereich bewegen gilt für die Schärfentiefe die folgende Formel: Siehe Formel 2, 3 (unten).
Für das Verhältnis der Schärfentiefe mit großem und kleinem Sensor ergibt sich damit: Siehe Formel 4 (unten).
Das bedeutet, dass bei einem Brennweitenfaktor von 2 die Schärfentiefe bei kleinem Sensor doppelt so groß ist wie beim Kleinbildformat. Bei einem Faktor von 3 ist sie 3-mal so groß etc. Allerdings gilt die Formel nicht für den Makrobereich und nicht für große Entfernungen x, bei denen die Schärfentiefe bis unendlich reicht, da dann hinter dem Motiv bei großen und kleinen Sensoren alles scharf abgebildet wird und nur noch im vorderen Bereich Unterschiede auftreten. Ab welcher Objektentfernung x dieser Effekt auftrifft, hängt von der Brennweite, der Sensorgröße und der Blende ab. Er ist am größten bei kurzen Brennweiten, kleinen Sensoren und kleinen Blenden (großer Wert).

SensordimensionenWie groß ist nun der Brennweitenfaktor bei den verschiedenen Kameras/Sensoren? Was ist die Normalbrennweite für die Kamera? Die Verwendung der äquivalenten Kleinbildbrennweite führt in der Praxis zu sehr viel Verwirrung, weil bei der Angabe von Zahlenwerten teilweise nicht gesagt wird, um welche Einheit es sich handelt und unbedarfte Anwender glauben, dass ein Objektiv zwei verschiedene Brennweiten haben kann etc. Auch in der analogen Fotografie gab es Verwirrung, wenn der Fotograf mal mit einer Kleinbildkamera und mal mit einer Mittel- oder Großformatkamera gearbeitet hat. Deshalb gibt es schon aus dieser Zeit den Begriff des relativen Abbildungsmaßstabs [2], der sich 1:1 auf die digitale Fotografie übertragen lässt. Der relative Abbildungsmaßstab beschreibt den Abbildungsmaßstab (also die Größe eines abgebildeten Objekts) bei einer Brennweite im Verhältnis zur Objektgröße bei Aufnahme mit der Normalbrennweite.
Beispiel: Mit einer Kleinbildkamera und einem 50-mm-Objektiv wird eine Person aufgenommen. Bei Aufnahme mit einem 24-mm-Objektiv ist die Person im Bild gerade halb so groß. Bei Aufnahme mit einem 200-mm-Objektiv ist sie gerade 4-mal so groß wie in der Aufnahme mit der Normalbrennweite.
Äquivalent auf eine digitale SLR (hier das Beispiel Nikon, Konica Minolta, Pentax) übertragen bedeutet dieses, dass die Normalbrennweite bei 33 mm liegt. Die halb so große Abbildung wird bei 17 mm erreicht und die 4-mal so große Abbildung bei 4 x 33 mm, also 132 mm. Die nebenstehende Tabelle zeigt die relativen Abbildungsmaßstäbe für die verschiedenen Sensorgrößen an. Es reicht dabei, sich zu merken, dass 0,5 ein "ordentliches" Weitwinkel kennzeichnet, 1 der Normalbrennweite entspricht und 4 für ein "ordentliches" Teleobjektiv steht.

