Spannende Rundenstrategie
Jagged Alliance 3 im Test - Taktisch klug entwickelt
Mit Jagged Alliance 3 belebt THQ Nordic die legendäre Strategiespiel-Reihe wieder. Warum das nicht nur für Genrefans ein Grund zur Freude ist, klärt unser Test.
Mit seinem fordernden Gameplay, umfangreichen Rollenspiel-Elementen und einer gehörigen Portion Humor genießt die im Jahr 1995 ins Leben gerufene Jagged Alliance-Reihe Kult-Status. Auch wenn es nach dem zweiten Ableger qualitativ spürbar bergab ging und keine echte Fortsetzung zustande kam.
Nachdem uns das bulgarische Entwicklerstudio Haemimont Games mit Victor Vran zwischenzeitlich eine überzeugende Alternative zu Diablo 4 spendierte, schickt das Team mit Jagged Alliance 3 die Söldner erneut ins Rennen. Ob das Taktik-Spiel an die alten Stärken anknüpfen kann, klärt unser Test.
Jagged Alliance 3 im Test: Die Story
Im Jagged Alliance 3 verschlägt es uns in die fiktive Welt von Grand Chien, einer aufstrebenden Nation, der es ebenso wenig an Reichtum wie an Korruption mangelt. Als der gewählte Präsident Alphonse Lafontaine plötzlich verschwindet und eine paramilitärische Organisation namens Legion die Kontrolle übernimmt, stürzt das Land ins Chaos.
Die Präsidentenfamilie kratzt kurzerhand ihr gesamtes Erspartes zusammen und heuert eine Gruppe von Söldnern an, um den Präsidenten zu finden und die Ordnung im Land wiederherzustellen. Kenner der Reihe wissen: Genau hier kommen wir ins Spiel.
So liegt es fortan an uns, die Legion und ihren Anführer, der sich „Der Major“ nennt, ausfindig zu machen und zur Strecke zu bringen. Die Handlung wird dabei in kurzen Comic-Zwischensequenzen samt englischer Sprachausgabe und deutscher Untertitel vorangetrieben. Wirklich zu fesseln vermag diese auf lange Sicht aber nicht.
Positiv: Innerhalb der Missionen gibt es zudem kurze Dialoge mit Entscheidungsmöglichkeiten. Abhängig von unseren Entscheidungen kann das den nächsten Auftrag deutlich erleichtern oder hat genau den gegenteiligen Effekt. In den Gesprächen und Texten kommt auch der serientypische Humor nicht zu kurz.
Jagged Alliance 3: Taktische Tiefe beim Gameplay
Bevor wir aber loslegen können, müssen wir auf der Rekrutierungs-Website von A.I.M. (Association of International Mercenaries) unser begrenztes Budget zusammenkratzen, um uns ein Team aus zunächst mindestens drei Söldnern zusammenzustellen.
Sie alle warten mit einzigartigen Talenten und Fähigkeiten auf, bieten eine ganz individuelle Ausrüstung und setzen auf verschiedene Klassen. Allerdings gibt es auch Synergien oder Abneigungen zwischen den Charakteren, denn nicht jede Figur will mit jeder zusammenarbeiten. So ist bereits bei der Zusammenstellung des Teams Fingerspitzengefühl von Nöten.
Ist das erledigt, geht es auch schon an die erste Mission. Und davon hat das Spiel eine Menge zu bieten. 50 Stunden und mehr nimmt die Kampagne in Anspruch, wer mag kann auch im Online-Koop mit maximal zwei Spielern auf Streifzug gehen.
Erfreulicherweise spielt Jagged Alliance 3 beim Kern-Gameplay seine Stärken aus und bietet mehr taktischen Tiefgang als wir es beispielsweise aus einem XCOM 2 gewohnt sind. So haben beispielsweise Wetter und Tageszeit, Munition, Haltung der Söldner und sogar deren Klasse spürbare Auswirkungen auf den Kampfverlauf und die Erfolgsaussichten einer Mission. Bei Nacht und Regen sind wir beispielsweise schwerer zu erkennen, doch die Genauigkeit und Durchschlagskraft unserer Waffen sinken deutlich.
Das sorgt dafür, dass sich die Missionen enorm unterschiedlich anfühlen. In nächtlichen Einsätzen sind beispielsweise leise Schleichangriffe ein probates Mittel, während unsere Scharfschützen an sonnigen Tagen im Vorteil sind. Auch können wir unsere Erfolgsaussichten mit Signalfeuern und anderen Items spürbar verbessern.
Doch damit nicht genug: Mit Waffenwechseln und der Option, mehr unserer streng limitierten Aktionspunkte zu investieren, um die Zielgenauigkeit zu erhöhen, bietet das Rundenstrategie-Spiel enormen taktischen Tiefgang.
Das könnte Genre-Neueinsteiger etwas überfordern, zumal Jagged Alliance 3 bereits auf dem normalen Schwierigkeitsgrad ziemlich knackig ausfällt und unsere Fehler gnadenlos bestraft. Vor allem in den ersten Spielstunden ist Medizin beispielsweise Mangelware. Wer verwundete Kameraden nicht heilt, riskiert deren Ableben.
Gleichzeitig ist dies aber auch eine große Stärke des Spiels, denn so intensive Kämpfe bietet kaum ein anderer Genrevertreter. Wenngleich die Gegner-KI manchmal nicht nachvollziehbar reagiert und sich auf einer freien Fläche direkt vor unserem Trupp aufstellt oder ähnliches. Erfreulicherweise kommen diese KI-Aussetzer aber nur selten vor.
Schade finden wir zudem, dass uns das Spiel weder über die Trefferchance unserer Angriffe noch über die verbleibende Lebensenergie der Gegner informiert. Das erschwert unsere Entscheidungen unnötigerweise. Oft ist unklar, ob eine direkte Konfrontation nun sinnvoller ist oder wir lieber unsere Position verbessern sollten. Etwas Trial-and-Error schwingt in den Kämpfen von Jagged Alliance 3 also immer mit.
Auf der anderen Seite sorgt das bei Taktikfüchsen aber auch für zusätzliche Motivation. Zumal es etliche Möglichkeiten gibt, direkt Einfluss auf die Missionen und deren Schwierigkeitsgrad zu nehmen. Eigene Waffen lassen sich modifizieren und so verbessern. Besonders schwer bewachte Außenposen können geschwächt werden, indem wir zuvor Nebenmissionen abschließen und so das Feindaufkommen verringern.
Die Optionen sind schier endlos und laden zum Ausprobieren ein. Doch auch hier könnte die schiere Menge an Möglichkeiten Genre-Neulinge überfordern. Truppen-Management, Missionsplanung, Ausrüstungsupgrades, Verwaltung der Finanzen und nicht zuletzt die Missionen selbst sind in Jagged Alliance 3 entscheidend für Sieg und Niederlage.
Jagged Alliance 3: Die Technik
Auf technischer Ebene gibt Jagged Alliance 3 im Test eine gute Figur ab. Einerseits punktet das Strategiespiel nicht nur mit detail- und abwechslungsreichen Umgebungen, die mit schicken Licht- und Wettereffekten gekonnt in Szene gesetzt werden und für eine dichte Atmosphäre sorgen.
Die simplen Dialog-Zwischensequenzen und etwas hakeligen Animationen fallen dabei nur bedingt ins Gewicht. Der Soundtrack untermalt die spannenden Gefechte gekonnt, die englischen Kommentare der eigenen Söldner wiederholen sich jedoch recht oft, doch auch dieser Umstand lässt sich verschmerzen.
Jagged Alliance 3 im Test: Fazit
Entwickler Haemimont Games beweist mit Jagged Alliance 3 eindrucksvoll, dass man den Kern der kultigen Strategiespiel-Reihe versanden hat. So besinnt sich Teil Drei auf die Stärken zurück, die vor allem die ersten beiden Ableger ausgezeichnet haben.
Die Mischung als Management-Simulation, Rollenspiel und Rundenstrategie fesselt auch im Jahr 2023 noch genauso wie vor über 20 Jahren. Das liegt vor allem auch an den intensiven Gefechten, die enorm viel taktischen Tiefgang bieten und selbst die namhafte Konkurrenz in den Schatten stellen.
Doch nicht alle Ideen gehen letztlich auch auf. Immer wieder trüben einige KI-Aussetzer den Spielspaß ein wenig, während die Trial-and-Error-Passagen mitunter frustrieren. Ganz allgemein ist Jagged Alliance 3 wahrlich kein Spiel für jedermann. Der Story fehlt es auf lange Sicht zudem etwas an Substanz.
Beinharte Genre-Fans, die kein Problem damit haben, einen Speicherstand immer und immer wieder zu laden, bevor die aktuelle Mission von Erfolg gekrönt ist, werden mit dem Spiel ihre wahre Freude haben. Für ein paar schnelle Aufträge zwischendurch ist der Titel aber ungeeignet.
