Multi-Room: Musik im ganzen Haus
Musik im ganzen Haus galt lange als teurer Luxus - besonders dann, wenn sie elegant ins Wohn-Ambiente integriert sein sollte. Doch moderne Funktechnik und vernetzte Geräte machen Multi-Room-Anlagen jetzt für jeden erschwinglich.

Multi-Room, das klingt nach viel Platz im Haus - und nach teuren Installationen. Musikalischer Luxus für Immobilien-Besitzer, deren Anwesen so groß ist, dass man für jedes Zimmer eigene Lautsprecher braucht. Für klassische Mehrraum-Lösungen müssen Dutzende Meter Kabel verlegt, Bedienelemente...
Multi-Room, das klingt nach viel Platz im Haus - und nach teuren Installationen. Musikalischer Luxus für Immobilien-Besitzer, deren Anwesen so groß ist, dass man für jedes Zimmer eigene Lautsprecher braucht.
Für klassische Mehrraum-Lösungen müssen Dutzende Meter Kabel verlegt, Bedienelemente montiert, zusätzliche Verstärker untergebracht und Einbau-Lautsprecher in Decken oder Wänden versenkt werden. Wer zur Miete wohnt, kann sich mit dem Gedanken, vierstellige Euro-Beträge im Mauerwerk zu verbauen, kaum anfreunden.
Vielleicht wäre Musik im ganzen Haus bis heute ein Statussymbol geblieben, hätte es die Digitalisierung nicht gegeben. Doch MP3, Internet und WLAN haben das Hörerlebnis stark beeinflusst. Nobelmarken wie Bang & Olufsen haben ihr häusliches Klangmonopol verloren. Inzwischen können viele Musiksysteme die ganze Wohnung beschallen.

Dennoch gibt es gute Gründe, eine Multiroom-Anlage von B&O, Bose, Loewe oder Revox zu erstehen. Wer Geräte solcher Komplettanbieter kauft, bekommt die Expertise eines Fachhändlers mit dazu. Er muss sich keine Gedanken um Vernetzungsstandards oder um Dateiformate machen.
Der Händler plant das System, liefert alle Komponenten und baut sie beim Kunden auf. Mitunter wird die Installation geradezu zelebriert - von einem Monteur, der weiße Baumwollhandschuhe trägt, um auf den Glas- oder Aluminium-Oberflächen keine Fingerabdrücke zu hinterlassen.
Wenn der Fachmann beim Gehen die Tür hinter sich zuzieht, funktioniert die Anlage in der Regel. Der Nachteil: Solch ein Rundum-sorglos-Paket für mehrere Räume ist unter 5.000 Euro kaum zu haben.
Deutlich preiswerter wird es, wenn man den DSL-Router in den Mittelpunkt seiner Überlegungen stellt. Denn was kaum ein Daten-Surfer weiß: Er hat die Voraussetzung für ein Multi-Room-System mit dem schmucklosen Kasten am Internet-Anschluss bereits zu Hause.
Ursprünglich dafür gedacht, Computer miteinander zu vernetzen, kann der Router auch digitale Musik übertragen. Es ist ihm egal, ob in den Datenpaketen, die er verteilt, eine Excel-Tabelle steckt oder Beethovens Neunte. Die Musiktitel müssen nur so gespeichert sein, dass der Router darauf zugreifen kann.
Der maßgebliche Unterschied
Das ist bei Audio-CDs nicht der Fall. Hier liegt ein maßgeblicher Unterschied der Router-Lösung zur klassischen Multi-Room-Anlage: CD-Spieler lassen sich weder fernsteuern noch ihre Signale in andere Räume übertragen. Alle CD-Titel müssen erst einmal gerippt und auf eine Festplatte kopiert werden, ehe der Router etwas damit anfangen kann - am besten in gängigen Formaten wie AAC oder MP3, weil fast jedes Netzwerk-Gerät diese Dateitypen lesen kann.
Da immer mehr Musik bereits als Datei erworben wird, etwa bei Amazon oder iTunes, reduziert sich dieser Aufwand jedoch ständig. Zumal viele Musik-Fans ihre Lieblingstitel ohnehin rippen, um sie auf iPhone, iPod oder andere MP3-Player zu überspielen. Wer seine Alben nicht mehr im Plattenschrank, sondern am PC archiviert, hat den entscheidenden Schritt zum Multi-Room-System bereits getan.
Die Titel müssen jetzt nur noch bereitgestellt und an den Router übergeben werden. Das kann der PC erledigen, wenn ein Programm wie iTunes, TwonkyMedia oder der Windows Media Player darauf läuft.
Die Alternative: Eine Netzwerk-Festplatte (Network Attached Storage, abgekürzt: NAS) veröffentlicht die Musik-Bibliothek an seiner Stelle. Das hat den Strom sparenden Vorteil, dass der Computer während der Audio-Wiedergabe ausgeschaltet bleiben darf.
Ab sofort steht das digitale Audio-Programm im gesamten Heimnetz zur Verfügung. Mit anderen Worten: Jeder Computer, der per Ethernet-Kabel oder WLAN-Funk am Router hängt, kann die Musik wiedergeben.
Er braucht dazu nur ein Abspielprogramm. Nun macht ein Notebook im Wohnzimmer, in der Küche oder im Bad weit weniger Eindruck als ein klassisches Multi-Room-System - und es klingt aufgrund seiner schwachbrüstigen Lautsprecher auch nicht annähernd so gut. Doch glücklicherweise rüsten immer mehr Hi-Fi-Hersteller ihre Geräte mit einer Netzwerk-Funktion aus.
Viele AV-Receiver von Markenherstellern wie Denon, Onkyo, Pioneer, Yamaha & Co. können Verbindung zu einem Router aufnehmen. Mit der sogenannten DLNA-Funktion rufen sie Titel aus dem Netzwerk ab und geben das Wunschprogramm über ihre angeschlossenen Lautsprecher wieder.
Bei der Auswahl ist entweder die Receiver-Fernbedienung von Nutzen - oder eine iPod App, die den Apple-Player zur Steuerkonsole umfunktioniert.
Hersteller wie Philips, Samsung oder Sony haben Stereoanlagen mit DLNA-Funktion im Programm - und wer bereits ein Hi-Fi-System im Nebenraum besitzt, der schließt einen Netzwerk-Player daran an. Ähnlich wie ein CD-Spieler oder ein externer Radio-Tuner bringt dieses Zusatzgerät Musik vom zentralen Netzwerk-Speicher an jeden gewünschten Ort im Haus. Die Auswahl ist riesig und reicht vom einfachen Modell für unter 100 Euro bis zum klangoptimierten High-End-Player in fünfstelligen Preisregionen.
Allein Logitech hat mit seiner Squeezebox-Serie ein halbes Dutzend Geräte im Angebot. Sie spielen - wie mittlerweile üblich - nicht nur Titel von der Festplatte ab, sondern empfangen Audio-Streams auch direkt aus dem Internet - als Web-Radio oder von Online- Diensten wie Last.fm und Napster.
Das Squeezebox-Radio mit integrierten Lautsprechern macht jeden Musikwecker auf dem Nachttisch überflüssig. Da Audio-Daten weniger Bits und Bytes verschlingen als zum Beispiel HD-Videos, reicht eine Funkverbindung per WLAN in den meisten Fällen aus.
Enthält das Abspielgerät keinen Funk-Empfänger und sollen keine Kabel in der Wohnung verlegt werden, bietet sich Powerline als unsichtbare Alternative an. Dabei wird das Signal vom Router über einen Steckdosen-Adapter ins heimische Stromnetz geschickt.
Zusätzliche Powerline-Adapter können es an jeder freien Steckdose der Wohnung wieder abzapfen. Auf diese Weise lassen sich lange Strecken durch massive Betonwände überbrücken.
Weitere Unterstützung erfährt das Multi-Room-Thema durch Apple. Der iPod-Erfinder baut sein PC- und Mac-Programm iTunes zur heimischen Musikzentrale aus: Mit der neuen Funktion "Airplay" lassen sich Titel erstmals auf Geräte anderer Hersteller schicken.
Das geht mit Windows 7 und der Funktion "Play to" zwar auch, doch die Lösung von Apple kann mehr: Sobald ein Airplay-taugliches Gerät mit dem Netzwerk verbunden wird, taucht es in iTunes als externer Lautsprecher auf.
Der Computer muss während der Wiedergabe eingeschaltet sein, der Musik-Fan braucht aber nicht davor zu sitzen. Denn mithilfe der kostenlosen Remote Apps für iPod touch, iPhone und iPad kann er von überall im Haus die Play-Taste drücken, einen Titel wählen oder die Lautstärke regeln. Mehrere Räume können zu einer Party-Zone zusammengeschaltet werden, in der dann überall dasselbe Programm läuft. Auf dem Display des iPod erscheint währenddessen das passende Cover - ein Bedienkomfort, wie ihn Apple-Nutzer lieben.
Viele Angebote in Sichtweite
Hi-Fi-Hersteller wie B&W oder JBL haben ihre Unterstützung angekündigt, Denon und Marantz bringen erste Receiver und Anlagen mit Airplay bereits auf den Markt. Vom Zubehör-Spezialisten iHome soll es rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft einen per Akku betriebenen Funk-Lautsprecher geben. Der lässt sich beim Musikhören herumtragen und ins Nachbarzimmer mitnehmen - ein pragmatisches Multi-Room-System.

Noch mehr Komfort bieten nur Funklösungen von Sonos oder Raumfeld. Als Komplettsystem organisieren sie die drahtlose Übertragung in Eigenregie und lassen sogar den Router außen vor. Die Daten-Drehscheibe am DSL-Anschluss wird allenfalls noch für den Zugriff auf iTunes-Bibliotheken benötigt - oder für Online-Musik aus dem Internet.
Alles Weitere machen die Geräte unter sich aus: Sie installieren sich quasi von selbst. Im Mittelpunkt des drahtlosen Multi-Room-Systems steht eine Sendestation, auch "Base" (bei Raumfeld) oder "ZoneBridge" (bei Sonos) genannt. Sie verteilt die Musik auf Abspielgeräte im ganzen Haus. Das können Funk-Lautsprecher sein oder Netzwerk- Player, die per Kabel an eine Stereoanlage angeschlossen sind.
Gesteuert wird die Anlage mit einer Bildschirm-Fernbedienung, dem sogenannten Controller. Alternativ können Sonos-Kunden ein Fernsteuerprogramm für iPhone, iPod touch und iPad aus dem App Store herunterladen.

Das gibt es in normalen WLAN-Netzwerken auch, allerdings nicht in dieser Perfektion: Weil bei den Komplettlösungen alle Netzwerk-Komponenten vom selben Anbieter stammen, spielen sie perfekt zusammen. Der Käufer kann sicher sein, dass er überall im Haus die gleichen Möglichkeiten hat.
Niemand muss im Badezimmer auf die Suchfunktion oder Cover-Ansicht verzichten, weil der Player dort nur rudimentäre Fähigkeiten besitzt. Es lässt sich sogar in allen Räumen gleichzeitig ein unterschiedliches Musikprogramm hören - sofern die Reichweite und die Kapazität des Funknetzes ausreichen.
Damit sind Sonos & Co. besonders dicht dran am Multi-Room-Gefühl von Berlin, Mallorca oder Kitzbühel. Und das zu einem Bruchteil der Kosten, denn Startpakete für die beiden Funksysteme gibt es bereits für etwa 900 bis 1.200 Euro.