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3D Praxis

Gesundheitsgefahren durch 3D?

Autor: Roland Seibt • 2.9.2010 • ca. 2:35 Min

Interview Dr. med. Dipl.-Ing. Herbert Plischke Ein Mensch ist bei "Avatar" gestorben und Babys sollen auch nicht sicher sein. Was ist dran an den Warnungen, die selbst die Hersteller von 3D-TVs aussprechen? ...

Interview Dr. med. Dipl.-Ing. Herbert Plischke

Ein Mensch ist bei "Avatar" gestorben und Babys sollen auch nicht sicher sein. Was ist dran an den Warnungen, die selbst die Hersteller von 3D-TVs aussprechen?

Dr. med. Dipl.-Ing. Herbert Plischke
Dr. med. Dipl.-Ing. Herbert Plischke; Humanwissenschaftliches Zentrum, Universität München
© Video Homevision

Video-HomeVision: Die Hersteller weisen in den Bedienungsanleitungen ihrer 3D-TV-Geräte deutlich auf Gesundheitsrisiken der neuen Technik hin. Wie ernst zu nehmen sind diese Warnungen?

H . Plischke: Diese Warnungen sollte man grundsätzlich sehr ernst nehmen, jedoch auch nicht gleich in Panik verfallen. Es gibt gewisse Risikogruppen wie Epileptiker oder Menschen, die unter einem starken Sehfehler leiden, denen schnell schwindelig bzw. übel wird. Denen müsste ihr Krankheitsbild jedoch bekannt sein, und sie sollten sich natürlich langsam an das neue Medium wagen, vorsichtig ausprobieren, welche Auswirkungen es hat.

Auch wer schon beim normalen Fernsehen oder Lesen eine starke Anstrengung der Augen verspürt, sollte sich Gedanken machen. Je mehr Spaß ein Mensch jedoch auf der Achterbahn oder einem schaukelnden Schiff hat, desto unkritischer wird sein Körper auf 3D-Kino reagieren.

Video-HomeVision: Es heißt, Kleinkinder könnten in der Entwicklung des räumlichen Sehens beeinträchtigt werden, und in Asien ist bereits ein Mensch bei "Avatar" an einem Hirnschlag gestorben. Gibt es Untersuchungen der Auswirkungen von 3D-TV auf den Menschen?

H . Plischke: Wissenschaftlich fundierte Untersuchungen im großen Rahmen über grundsätzliche Risiken hat es meines Wissens noch nicht gegeben, so dass man ruhig den 3D-Kinofilm "Avatar" als bisher größten Feldtest ansehen kann. Dass dabei ein Taiwanese an einem Hirnschlag gestorben ist, ist bedauerlich, jedoch bei den Millionen an Zuschauern weltweit kein signifikantes Ereignis.

Der 42-jährige Herr Kuo litt unter Bluthochdruck, und die Aufregung, die den Schlaganfall verursachte, hätte ihn wohl genauso gut bei einem Fußballspiel dahinraffen können. Die befürchtete Entwicklungsstörung der räumlichen Wahrnehmung bei Kleinkindern liegt allerdings auf der Hand, da die Sinne ja durch 3D-TV getäuscht werden und das Gehirn diese falschen Reize mit der Realität verwechseln könnte.

Dazu kann ich aber nur sagen, dass Kleinkinder grundsätzlich nicht vor den Fernseher gehören, geschweige denn mit einer 3D-Brille. Ältere Kinder, bei denen sich die Wahrnehmung noch ausbildet, besitzen ein besonders anpassungsfähiges Gehirn und sollten mit den neuen Dimensionen sogar besser zurechtkommen als alte Menschen, die diese neue, nicht ganz natürliche Blickerfahrung nicht schnell einordnen können.

Und natürlich sitzen die älteren Kinder ja auch nur kurz hinter der 3D-Brille und lernen die echte Realität durch Greifen und Bewegungen spielend in ihren wirklichen Dimensionen kennen. Ähnliche Befürchtungen gab es übrigens auch bei der Einführung des 2D-Fernsehens, und mittlerweile haben wir uns alle an diese Bildschirme gewöhnt.

Video-HomeVision: Was sollte ich tun, wenn mir von 3D schlecht oder schwindelig wird? Was muss ich bei der neuen Technik beachten?

H . Plischke: Eine gewisse Gewöhnungsphase ist ganz normal. Wir testen oft mit Fahrsimulatoren, bei denen einige Probanden erst massive Probleme haben, was Übelkeit und Gleichgewichtsstörungen betrifft, bei denen sich aber oft nach einiger Zeit die Symptome bessern. Genauso könnte es bei 3D-Kino sein.

Viele werden die Umstände dieser Erfahrung, dass das Gleichgewicht sich nicht mit dem Bildeindruck deckt, oder das Auge nicht jedes Objekt scharf stellen kann, erlernen. Wir haben übrigens auch Untersuchungern über Seekrankheit gemacht, und als altes Hausmittel hilft vielen Betroffenen tatsächlich als Alternative zu gezielter Elektrostimulation eine Tasse Ingwertee. Entscheidend ist jedoch die Stärke der Symptome.

Die 3D-Herausforderung für Gehirn und Augen könnte beispielsweise eine Sehschwäche hervortreten lassen, die im Alltag nicht auffällt. Bei echten Problemen mit 3D liegt eine medizinische Indizierung vor, und man sollte einen Arzt konsultieren.