Lohnbuchhaltung für Unternehmen
In Sachen Lohnbuchhaltung scheiden sich die Geister. Unser bewährtes Themen-Special erläutert, was Unternehmen beachten müssen.

Vor allem in der Startphase verzichten kleine und mittelständische Betriebe häufig auf den Aufbau einer eigenen Lohnbuchhaltung. Gründe hierfür gibt es viele: Zum einen drängen sich Themen aus der Peripherie des betrieblichen Rechnungswesens nicht gerade auf, wenn das Kernge...
Vor allem in der Startphase verzichten kleine und mittelständische Betriebe häufig auf den Aufbau einer eigenen Lohnbuchhaltung. Gründe hierfür gibt es viele: Zum einen drängen sich Themen aus der Peripherie des betrieblichen Rechnungswesens nicht gerade auf, wenn das Kerngeschäft die volle Aufmerksamkeit fordert.
Zum anderen besteht bei der hoch standardisierten Lohnabrechnung vielerorts ein vergleichsweise gutes Dienstleistungsangebot. Egal, ob Steuerberater oder Buchhaltungsdienst - der Service ist in der Regel leicht verständlich und vergleichbar. Doch speziell wachstumsorientierte Betriebe kommen früher oder später ins Grübeln.
"Beim Steuerberater zahlen Unternehmen etwa 10 bis 20 Euro pro Mitarbeiter. Wohlgemerkt: jeden Monat für jede einzelne Lohnabrechnung. Hinzu kommen oft Nebenkosten, die beispielsweise für die Einrichtung neuer Mitarbeiter anfallen", erklärt Matthias Tandler, Vorstand der Sage HR Solutions AG. Mit steigender Mitarbeiterzahl sei irgendwann zwangsläufig die Grenze erreicht, ab der es sich rentiert, die Lohnabrechnung in die eigenen vier Wände zu holen. Hinzu kommt, dass Unternehmen mit dem Outsourcing lediglich den Abrechnungsvorgang auslagern. Ein großer Teil des organisatorischen Aufwands bleibt ihnen hingegen erhalten. "Die Stundenzettel müssen trotzdem vom Unternehmen gesammelt, in Excel-Tabellen gepflegt und regelmäßig an den Steuerberater geschickt werden", gibt Matthias Tandler zu bedenken. Ein unvermeidlicher Aufwand, der bei der eigenen Lohnabrechnung besser investiert sei.
Vorteile und Herausforderungen
Hinzu kommen organisatorische Vorteile, wie beispielsweise die gewonnene Flexibilität. "Mit eigener Entgeltabrechnung reagieren Unternehmen flexibler, schneller und unbürokratischer auf neue Gesetze, veränderte betriebliche Rahmenbedingungen oder unerwartete Situationen", unterstreicht Martin Stolze, Produktmanager für den Bereich Entgeltabrechnung bei der SBS Software GmbH. So brauche man beispielsweise auf die Ressourcen des Dienstleisters keinerlei Rücksicht zu nehmen.
"Relevante Informationen müssen nicht schon Tage vorher dem Steuerberater vorliegen. Sie fließen zur Not noch im letzten Moment ein. Eine Flexibilität, die vor allem bei Stundenlöhnen und der Abrechnung neuer beziehungsweise gerade ausgeschiedener Mitarbeiter ein enormer Vorteil sein kann", ergänzt Norman von Lienen, Leiter Entwicklung Lohnbuchhaltung bei der TOPIX AG. Zudem sind Unternehmen mit eigener Lohnabrechnung in der Regel besser über einen der wichtigsten Produktionsfaktoren informiert: Berichte für Banken, Geschäftspartner oder die eigene Unternehmenssteuerung lassen sich ohne große Mühe tagesaktuell erstellen und individuell anpassen.
"Eigenes Knowhow in der Lohnabrechnung stärkt die betriebliche Verhandlungsposition. Unternehmen sind in der Lage, schnell Auskünfte zu erteilen und die eigenen Mitarbeiter optimal zu beraten", betont Michael Baur, Teamleiter Produktmanagement bei der HaufeLexware GmbH & Co. KG.
Doch ganz so einfach ist es nicht, die Lohnbuchhaltung selbst in die Hand zu nehmen. Schließlich ist das Aufgabengebiet komplex und unterliegt permanenten gesetzlichen Änderungen. Die betreffen längst nicht mehr allein steuer und sozialversicherungsrechtliche Regelungen, sondern immer häufiger die elektronische Kommunikation mit Finanzämtern und Krankenkassen.
"Unternehmen sollten die Lohnabrechnung nur dann selbst in die Hand nehmen, wenn sie hoch spezialisierte Mitarbeiter beschäftigen und bereit sind, diese ständig weiterzubilden", bringt es Claudia Erhardt, Leiterin Produktmanagement und Service für den Bereich Personalwirtschaft bei der DATEV eG, auf den Punkt. Die zweite Voraussetzung sei eine professionelle Lohnbuchhaltungssoftware, die fachlich und technisch auf dem aktuellsten Stand ist und bei Änderungen sofort angepasst wird. Andernfalls sei man "beim Steuerberater wesentlich besser aufgehoben."
Auch Markus Neuroth, Bereichsleiter kaufmännische Software bei der Buhl Data Service GmbH, ist der Meinung, dass eine gute Lohnbuchhaltung allein nicht genügt. "Die Lohnabrechnung ist unbedingt von einer Fachkraft durchzuführen. Erst damit ist sichergestellt, dass alle notwendigen Schritte und Vorgänge eingehalten und kompetent erledigt werden."
Pflicht und Kür
Eigeninitiative in Sachen Lohnbuchhaltung ist somit vor allem für jene Betriebe sinnvoll, bei denen das kritische Beschäftigungsvolumen überschritten ist.
Sie sollten allerdings über das notwendige Personal verfügen, um die speziellen Anforderungen des schnelllebigen Geschäftes dauerhaft abzudecken.
IT-Strategien: Der Weg zur eigenen Cloud
Mit Blick auf den Softwaremarkt hat sich in den letzten Jahren kaum ein neuer "Player" in das Marktsegment verirrt. Wie in anderen Bereichen des betrieblichen Rechnungswesens sind Prozesse und Strukturen in der Lohnbuchhaltung weitgehend standardisiert. Viele Programme sind sich deshalb auf den ersten Blick sehr ähnlich. Prägnante Merkmale wie beispielsweise Assistenten - zum Beispiel für die Mandanteneinrichtung, Personalerfassung oder Lohnabrechnung - sind inzwischen bei jeder Software zu finden.
Auch die Übermittlung der Meldungen und Erklärungen an die Behörden läuft bei allen Programmen gleich ab. Unterschiede gibt es hingegen in Sachen Benutzerführung, Anwenderunterstützung, Systemintegration und beim Funktionsumfang der unterstützten Abrechnungsfälle zu verzeichnen.
Der wichtigste Punkt bei der Auswahl einer Lohnbuchhaltung ist das obligatorische ITSGZertifikat. ITSG steht für "Informationstechnische Servicestelle der Gesetzlichen Krankenversicherung". Das Zertifikat garantiert, dass die Software ordnungsgemäß am elektronischen Meldeverfahren der Krankenkassen teilnehmen kann. Ebenso wichtig ist die ELSTERSchnittstelle. Über die Elektronische Steuererklärung wird unteranderem die Lohnsteueranmeldung an das Finanzamt verschickt.
IT-Strategien: Online-Meeting-Tools im Vergleich
Aus Sicht von Markus Neuroth von Buhl Data sollten weitere optionale Anbindungen zum Marschgepäck gehören: "Mit dem Betriebsprüferexport und der DATEV-Schnittstelle zum Steuerberater, der für viele mittelständische Betriebe den Jahresabschluss erstellt, haben es Unternehmen leichter, bestehende gesetzliche Vorgaben einzuhalten." Wer bereits kaufmännische Lösungen im Einsatz hat, sollte unbedingt darauf achten, dass die Lohnbuchhaltung zum vorhandenen Systemumfeld passt.
Schließlich ist die Entgeltabrechnung keine autonome Insel, wie Norman von Lienen bestätigt: "In die Abrechnung fließen zum Beispiel Informationen aus Fehlzeitenverwaltung, Reisekostenabrechnung oder Zeiterfassung ein. In umgekehrter Richtung werden die Buchungsdaten aus der Lohnabrechnung in der Finanzbuchhaltung und beim Zahlungsverkehr benötigt. Die Verknüpfung der Systeme vermeidet Doppeleingaben, beseitigt Fehlerquellen und erlaubt zeitnahe, bereichsübergreifende Auswertungen."
Anbieter unter der Lupe
Wie bei kaufmännischen Anwendungen üblich, ist die Einführung einer Lohnbuchhaltung häufig mit einem vergleichsweise hohen Aufwand verbunden. Neben den Lizenzkosten und der Programmeinführung sind auch die Schulungskosten und der Einarbeitungsaufwand der Mitarbeiter zu berücksichtigen. Der Investitionsgrundsatz "drum prüfe, wer sich ewig bindet", gilt deshalb auch für die Lohnbuchhaltung. Es empfiehlt sich Unternehmen, nicht nur die Software, sondern auch den Hersteller genauer unter die Lupe zu nehmen.
"Eine solide Marktposition, langjährige Erfahrungen und mitunter auch Branchenkenntnisse sind eine gute Basis für eine nachhaltige Partnerschaft", findet Daniel Csillag, Geschäftsführer der Exact Software Deutschland GmbH. Ein weiteres Indiz für die Seriösität eines Anbieters, ist das UpdateVerhalten in der Vergangenheit.
IT-Strategien: Personalcontrolling-Tools
"Jedes Jahr gibt es zentrale Änderungen im elektronischen Meldewesen. Diese werden oft erst auf ,dem letzten Drücker' verabschiedet. Trotzdem sollte ein professioneller Anbieter in der Lage sein, auch Änderungen aus dem November zeitnah zum Jahreswechsel umzusetzen", stellt Matthias Tandler von Sage Software klar. Eingespielt werden die Anpassungen per Update, das entweder direkt am Arbeitsplatz installiert oder über den Server auf die angeschlossenen PCs verteilt wird.
Claudia Erhardt von der DATEV lenkt den Blick auf Service und Benutzerführung: "Eine gute Lohnabrechnung sollte elektronische, papierarme und damit effiziente Abläufe durchgängig unterstützen. Zudem gilt es, manuelle Tätigkeiten bei der Abrechnung aus den Prozessen zu eliminieren. Sie sind Zeitfresser und Kostentreiber." Ein weiterer wichtiger Aspekt sei eine automatische Plausibilitätsprüfung, die Fehler minimiert und eine sichere, termingerechte Datenübermittlung an Krankenkassen beziehungsweise Finanzämter gewährleistet.
Assistenten und ein gut ausgebautes Hilfesystem unterstützen Anwender, ihren Job schnell und fehlerlos zu erledigen. Dabei sind Anbieter von Lohnbuchhaltungssystemen zunehmend auch als Seminarveranstalter gefragt. Unternehmen erwarten von ihnen nicht nur Hilfe bei Anwendungsproblemen, sondern immer häufiger auch Antworten auf Fachfragen.
Ein Aspekt, der sich relativ leicht abprüfen lässt, ist das Verhältnis zwischen Lizenzpreis und Funktionsumfang. "Beim Kauf sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass alle benötigten Abrechnungsfälle auch tatsächlich unterstützt werden. Um in absehbarer Zukunft keine Probleme zu bekommen, darf dabei vorausschauend geplant werden", rät Michael Baur von Lexware.
Ein niedriger Preis ist nicht immer ein Schnäppchen-Indikator, warnt hingegen Martin Stolze: "Ein günstiger Kaufpreis ist häufig ein Indiz für einen geringen Leistungsumfang, niedrige Pflegekosten und eine schlechte Betreuung. Eine professionelle Software und ein guter Service haben ihren Preis."
Eine Frage der Benutzerführung
Immerhin brauchen sich Anwender bei der Auswahl der Software nicht mit allzuvielen neuen Funktionen herumzuärgern. Bei der Lohnabrechnung geben Sozialversicherungsträger und Finanzämter den Takt vor. Nur wenige Hersteller finden nebenbei noch die Zeit, ihre Software umzugestalten oder gar funktional zu erweitern.
Zu den wenigen Ausnahmen gehört in diesem Jahr die DATEV eG, die ihre Vision vom papierlosen Lohnbüro weiter vorantreibt. So können Betriebe künftig Dokumente wie beispielsweise Arbeitsverträge oder Verträge zur Altersvorsorge über die Cloud-Lösung DATEV Unternehmen online Steuerberatern und Mitarbeitern bereitstellen. In entgegengesetzter Richtung bekommen Steuerberater die Option, die Lohnabrechnung über das Portal Arbeitnehmer online einzelnen Mitarbeitern zuzustellen. Die traditionelle "Lohntüte" wäre damit Makulatur.
IT-Strategien: Social Media richtig nutzen
Exact Software setzt bei der Lohnbuchhaltung Exact Lohn den Hebel bei der Benutzerführung an: So ist vor Kurzem ein Mitarbeiterprofil hinzugekommen, das Anwender mit den aktuellsten Terminen versorgt. Häufig benutzte Programmbereiche lassen sich als Favoriten abspeichern. Für 2013 ist ein neues Infosystem angekündigt, das Anwender bei Fehlermeldungen oder Warnungen auf direktem Weg zum jeweiligen Programmbereich führt. Zudem lassen sich komplette Prozesse - zum Beispiel für die Neuanlage von Auszubildenden oder Angestellten im öffentlichen Dienst - zu interaktiven Assistenten zusammenfassen.
In die gleiche Richtung zielen die Änderungen bei der Lohnbuchhaltung WISO Lohn & Gehalt. Hersteller Buhl baut in der neuesten Programmversion das Menüband weiter aus, das sich am Microsoft Office-Paket anlehnt. "Wir haben die Aufteilung leicht verändert, sodass Befehle jetzt einfacher zu finden sind. Rund 90 Prozent der benötigten Funktionen sind mittlerweile über das, Start'Menü zu finden", erklärt Markus Neuroth.
Mobil in die Wolke
Mit Blick auf die aktuellen Markttrends dominiert in der Lohnbuchhaltung - wie in vielen anderen Bereichen betriebswirtschaftlicher Software - derzeit das Thema Cloud Computing. Allerdings gehen die Meinungen dabei weit auseinander.
Zur Gruppe der Marktoptimisten gehört Daniel Csillag von Exact Software: "Mietlösungen gewinnen weiterhin an Bedeutung und werden voraussichtlich in zehn Jahren einen drei Mal so hohen Marktanteil haben. Outsourcing wird im gleichen Zeitraum um rund 50 Prozent steigen." Beide Bereiche werden künftig jedoch nur schwer voneinander abzugrenzen sein.
Nach Meinung von Daniel Csillag wird sich eine Mischung aus Outsourcing und Hosting-Modell durchsetzen. Dabei übernimmt der Dienstleister die Abrechnung, während das Unternehmen über Lese oder Schreibrechte jederzeit auf die Software zugreifen kann.
Das Freiburger Softwarehaus Lexware ergänzt die Lohnbuchhaltung Lexware lohn+gehalt bereits seit Längerem mit Cloud-Komponenten. Hierzu gehört beispielsweise ein integriertes Fachinformationssysteme oder das Online-Backup für die Firmendaten. "Im Personalbereich sind CloudSysteme stark im Kommen. Hervorzuheben sind Bereiche wie Bewerbermanagement, Online-Jobbörsen oder die Dokumentation von Mitarbeitergesprächen", betont Michael Baur.
Sage Software baut künftige Umsatzhoffnungen auf die wachsende Beliebtheit mobiler Lösungen. "Speziell für Kleinbetriebe und Selbstständige werden mobile oder webbasierte Systeme immer interessanter, denn sie können zeit und ortsunabhängig genutzt werden.
Ein weiterer Vorteil liegt im schnellen Versand von Sofortmeldungen. Viele Branchen, wie etwa die Gastronomie, müssen neue Mitarbeiter umgehend an die Sozialversicherung melden", erläutert Matthias Tandler. Mit mobilen Lösungen wie zum Beispiel Sage einfach Lohn mobile lässt sich dies auch unterwegs erledigen.
Doch die mobilen Systeme und die Datenwolke überzeugen noch nicht alle Anbieter. "Natürlich dominieren Mobile und Cloud Computing derzeit das Geschehen. Beides wird für die Lohnbuchhaltung jedoch keine allzu große Bedeutung haben. Dafür sind Personaldaten viel zu sensibel", glaubt Norman von Lienen.
Einig sind sich die Experten dagegen auf einem anderen Gebiet: Sie glauben unisono, dass die Vision vom papierlosen Lohnbüro - zumindest was die Zusammenarbeit mit den Behörden angeht - in absehbarer Zeit zur Realität wird.
"Ein Problem ist allerdings, dass neue Verfahren vom Gesetzgeber meist unausgereift in den Live-Betrieb geschickt werden. Das kostet Anbieter wie Anwender viel Zeit, Geld und Nerven. Den Gesetzgeber scheint dies jedoch nicht zu stören", beschwert sich Martin Stolze von SBS Software.
Fazit
Lohnabrechnung ist Vertrauenssache. Unternehmen sind darauf angewiesen, dass ihre Softwarepartner neue gesetzliche Anforderungen zeitnah und vor allem korrekt umsetzen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Prozesseffizienz: Je sicherer und benutzerfreundlicher die Lohnabrechnung ist, desto geringer ist die Gefahr von zweitaufwendigen Abrechnungen und ärgerlichen Korrekturen. Vor allem leistungsstarke Plausibilitätschecks und Assistenten, die Anwender bei komplexen oder kritischen Abläufen begleiten, sorgen für ein deutliches Plus an Sicherheit.
Aktuelle Trends wie Cloud Computing oder mobile Lösungen setzen sich in der sensiblen Entgeltabrechnung nicht ganz so schnell durch wie andernorts, sind aber dennoch bereits verfügbar. Dafür rückt die Idee vom papierlosen Lohnbüro dank des Wegfalls der Lohnsteuerkarte 2013 wieder ein kleines Stück näher.