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TV-Geräte: Das neue Energielabel

Seit 1. März gibt es neue Energielabel, unter anderem auch für TV-Geräte. Wo früher lässig ein „A“, am besten noch mit „++“ prangte, droht nun das orangerote E oder Schlimmeres.

Autor: Roland Seibt • 10.3.2021 • ca. 4:15 Min

TV-Geräte: Das neue Energielabel
TV-Geräte: Das neue Energielabel
© ESB Professional / shutterstock.com
Inhalt
  1. TV-Geräte: Das neue Energielabel
  2. Das neue Energielabel auf einen Blick

Energie sparen ist eine tolle Sache. Da sind wir uns alle einig. Die Effizienz von Systemen ist dabei entscheidend, um möglichst viel Leistung aus möglichst wenig verbrauchter Energie zu holen. In allen elektrotechnischen Bereichen hat sich hier in den letzten Jahren vieles sehr positiv entwickelt...

Energie sparen ist eine tolle Sache. Da sind wir uns alle einig. Die Effizienz von Systemen ist dabei entscheidend, um möglichst viel Leistung aus möglichst wenig verbrauchter Energie zu holen.

In allen elektrotechnischen Bereichen hat sich hier in den letzten Jahren vieles sehr positiv entwickelt. Bei TV-Geräten war es beispielsweise der Übergang von Kaltlichtröhren zu LEDs in der LCD-Hintergrundbeleuchtung, später nochmals verbessert durch Quantum-Dots.

Dieser Fortschritt führte dazu – ähnlich wie auch bei Waschmaschinen, Trocknern und Kühlschränken – dass die von der EU im September 2010 festgelegten Grenzwerte für die besten Effizienzklassen locker unterschritten werden konnten, woraufhin 2014 die Klasse „A+“, 2017 „A++“ und 2020 „A+++“ folgen mussten.

Logisch, dass bei so vielen Bestnoten, die auch von verhältnismäßig veralteten Geräten erreicht werden konnten, ein Vergleich ad absurdum geführt wurde.

Zählt die Qualität?

Schon das alte Energielabel der EU musste speziell im Bereich TV einiges an Kritik einstecken. Anders als bei Leuchtmitteln oder Waschmaschinen wird nämlich keinerlei Aussage über die erzielte Qualität, respektive die ausgegebene Bildleistung getroffen.

Man musste als Hersteller die Brillanz eines Gerätes nur dunkel genug konzipieren, dann verbrauchte es weniger Strom und erhielt die beste Effizienzklasse. Zudem schluckt die höhere Bildauflösung modernerer TV-Geräte Energie, weil zwischen den Pixeln Ansteuerelektronik im Lichtweg liegt. Je mehr Pixel, desto weniger Licht kommt durch.

Von tollen HDR-Bildern, für die ein TV das Vielfache an Brillanzleistung erbringen sollte, wollen wir erst gar nicht reden. Es war in der alten Norm nicht vorgesehen, weil noch nicht erfunden.

Im Grunde ist es so, dass die qualitativ besten Fernseher (HDR, Local Dimming, OLED, 4K/8K, reflexionsarm) immer die schlechtesten Energieeffizienzsiegel bekamen – und so wird es bleiben.

TV-Geräte: Das neue Energielabel - Screenshot
Konsumenten konnten sich seit Langem informieren auf der Webseite „deutschlandmachts- effizient. de“
© Screenshot / Montage: video

Das ist neu

Das neue Label hat viele Innovationen zu bieten. Die Klassen werden zuerst einmal erheblich strenger berechnet. Ganz genau lassen sich die Algorithmen nicht aufeinander abbilden, doch aus Reihen der Industrie hört man etwas spöttisch: „G ist das neue A“.

Wer sich die EU-Verordnungen genauer durchliest, wird feststellen, dass die Effizienzberechnung für das Energielabel (Lex 2019/2013 Energieverbrauchskennzeichnung) und die Vorgaben für Ökodesign (Lex 2019/2021) nicht identisch sind – und neben einigen Ungereimtheiten auch Rechenfehler beinhalten.

TV-Geräte: Das neue Energielabel
TV-Geräte: Das neue Energielabel
© Denis Semenchenko / shutterstock.com / EU / Montage: video

Die Ökodesign-Vorgabe begrenzt unter anderem die Maximalverbräuche, sieht dabei Bonuswerte für OLED-TVs und Raumlichtsensoren vor und verschiebt das Verbot stromfressender 8K-Geräte auf das Jahr 2023.

Positiv ist dabei zu sehen, dass die Hersteller nun über viele Jahre wichtige Ersatzteile sowie detaillierte Reparaturanleitungen vorhalten und jeder kompetenten Werkstatt zügig zur Verfügung stellen müssen.

Auch Firmwareupdates müssen lange Zeit gewährleistet bleiben. Infos dazu und technische Details zum Energieverbrauch muss jeder Hersteller in eine frei zugängliche EU-Datenbank (EPREL) eintragen.

Auf dem Energielabel am TV-Gerät befindet sich ein QR-Code, der Zugriff auf dieses Datenblatt erlaubt. Spannend wird es zu sehen, wie in den Fachmärkten bald jeder sein Handy zückt, um Energiedaten zu vergleichen.

Die Freunde bei der EU-Kommission scheinen noch nie ein Gerät gekauft zu haben, denn Fotografieren und Internetzugriff sind im Handel oft ein Grund zum Rauswurf wegen potenzieller Preisvergleiche.

Dass der HDR-Verbrauch auf dem neuen Label zu sehen ist, war längst überfällig, dass ein Strom sparender Raumlichtsensor für die Messung deaktiviert werden muss, bedenkenswert.

Hier haben die Macher nichts dazugelernt. Und ein findiger Mathematiker hätte ihnen auch verraten können, dass der Verbrauch (kWh / 1000 h) sich einfach zu „W“ (Watt) kürzen lässt.

Fazit

Das neue Energielabel ist ungleich härter als das alte und erleichtert die Differenzierung zwischen Geräten. Allein die echte Effizienz wird damit immer noch nicht angezeigt.

Im Oktober gibt's neue Folgen von Lupin!

Meine Meinung: Roland Seibt, stellvertretender Chefredakteur video

Das neue Energielabel für TV-Geräte lässt die besten Geräte im schlechtesten Licht erscheinen. Es ist so, als dürfe jede Glühbirne – egal wie hell sie leuchtet – nur 5 Watt verbrauchen oder jedes Auto nur 5 Liter Benzin pro hundert Kilometer schlucken – inklusive der Formel 1.

Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als Öko-Design-Vorgaben für Audiogeräte eingeführt wurden. Nach den ersten Entwürfen hätte High-End-Produzenten reihenweise ihre Werke schließen müssen. An energetisch ineffiziente, aber klanglich gelobte Röhrenverstärker und Class-A-Endstufen war nicht mehr zu denken. Selbst einige DA-Wandler und Player standen auf der Kippe der zukünftigen Zulassung.

Da die EU-Kommission ihre Energieziele in Terawatt pro Jahr denkt und die betreffenden Geräte in äußerst geringen Stückzahlen verkauft wurden, drückte man schließlich ein Auge zu und erlaubte Ausnahmen für Kleinserien. Diesen Luxus besitzt der TV-Markt nicht. Die besten Geräte in puncto Bildqualität sind Verkaufsschlager und wichtig für den Nimbus einer Marke.

Wir wollen eine optimale Bildqualität und sind auch bereit, gegebenenfalls für ein Topgerät ein paar Tausend Euro mehr auszugeben. Aber verteilt über zehn Betriebsjahre tausend Euro in mehr Stromverbrauch für höhere HDR-Brillanz zu investieren – das wird uns wohl bald verboten.

Allein der Headroom der alten Verordnung ließ überhaupt Innovationen wie OLED, HDR, 8K oder starke Kontrastfilter zu. Genau diese Spitzentechniken müssen jetzt hinterfragt, ihre Vorteile vielleicht für bessere Energieeffizienz abgeschwächt werden.

V8-Big-Blocks aus den USA bleiben auf unseren Straßen zugelassen, 8K soll 2023 dagegen kontrastärmer werden? Die Lobby der TV-Hersteller muss an dieser Stelle wohl noch einiges dazulernen.

Andererseits sind die Vorgaben der neuen Verbrauchsmessungen teils akribisch präzise, lassen an anderen Stellen aber auch wieder Raum für Interpretationen, beispielsweise das Timing der Spitzenhelligkeit, Lichtsensoren oder Dimmingalgorithmen.

Intelligente TVs könnten dort dazulernen und ihre Einstufung optimieren. Ich leugne nicht den Sinn der CO2-Minimierung, doch möchte ich dort sparen, wo ich es für sinnvoll erachte. Ich habe ein Haus mit 20 cm dicker Isolation und Wärmepumpenheizung, fahre mein Hybrid-Auto nahezu rein elektrisch mit Ökostrom.

Doch ich will das beste Heimkinoerlebnis, das ich bekommen kann – und das gibt es nicht ohne ordentlich Power. Das neue „G“ ist damit für mich das echte „A“, nämlich eine Bildqualität der obersten Klasse.

Auf der nächsten Seite zeigen wir Ihnen, was die einzelnen Elemente des neuen Energielabels bedeuten.

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