Teil 2: Geklaut ist noch zu billig!
- Geklaut ist noch zu billig!
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Wie beim Gebrauchthandel mit Autos gilt auch bei Software: Genau hinschauen, denn Achsen- und Lizenzbrüche werden von windigen Verkäufern gern übertüncht. Vor allem im Internet stoßen unbedarfte Käufer schnell auf dubiose Anbieter. In der Software-Abteilung von eBay tummeln sich neben ganz ser...
Wie beim Gebrauchthandel mit Autos gilt auch bei Software: Genau hinschauen, denn Achsen- und Lizenzbrüche werden von windigen Verkäufern gern übertüncht. Vor allem im Internet stoßen unbedarfte Käufer schnell auf dubiose Anbieter. In der Software-Abteilung von eBay tummeln sich neben ganz seriösen Händlern und ehrlichen Privatverkäufern etliche Scharlatane. Ein ganz alter Hut ist der "Verpackungstrick": In der Produktbeschreibung finden sich verklausulierte Hinweise, der Verkäufer liefere lediglich die "OVP" (Originalverpackung). Ein weiterer Klassiker sind als lauffähige Original-XP-Versionen getarnte Angebote von Windows-XP-SP1- oder SP2-Updates.

Vorsicht ist auch geboten, wenn ein Angebot "zu gut" aussieht, um wahr zu sein: Betrüger versuchen nach wie vor, Raubkopien über Online-Auktionen oder Webshops loszuschlagen. Die Zeit der handbeschrifteten goldenen CDs und "Compilations" genannten selbst gebrannten Software-Mixe ist jedoch vorbei. Inzwischen fällt es selbst Herstellern manchmal schwer, die professionell gehandelten Raubkopien vom Original zu unterscheiden.
"Gewerbliche Raubkopierer verfügen oft über großes rechtliches Fachwissen, das sie gezielt einsetzen, um ihre Kunden zu täuschen", warnt Oliver Wolff-Rojczyk, Rechtsanwalt der Business Software Alliance (BSA). So flogen kürzlich Online-Händler auf, die industriell gepresste "Eins-zu-Eins"-Kopien anboten, Raubkopien älterer Software-Varianten mit echten Upgrade-Versionen koppelten.
Im vergangenen Jahr stoppte der Branchenverband Online-Auktionen von über 20 000 Software-Produkten im Wert von 17 Millionen US-Dollar. Ein Online-Trickser mit ganz fieser Masche ging der BSA Anfang 2007 bei Testkäufen ins Netz: Er bot ein "Vollversions- Bundle" an, legte den echten Upgrades aber gar keinen Datenträger mit der Vorversion bei, sondern lediglich eine gefälschte Registrierkarte mit der Seriennummer einer Vorversion. Damit konnten seine Kunden das Upgrade zwar ohne Vollversion installieren, hatten aber eine Raubkopie auf dem Rechner. Denn der Kauf einer Registrierkarte allein berechtigt nicht zur Nutzung eines Computerprogramms, vor allem, wenn das Programm selbst gar nicht mitgeliefert wird. Die BSA gibt im Internet regelgerechte Einkaufstipps: www.bsa.org/germany/piraterie/einkaufs tipps.cfm.
Unwissen gilt nicht
"Auch wer unabsichtlich eine Raubkopie erwirbt, ist nicht aus dem Schneider, wenn er die Software einfach vernichtet: Kauft ein Privatmann eine Raubkopie, muss er im Allgemeinen dem Hersteller gegenüber Schadenersatz leisten. Er muss die Software nachlizenzieren und berappt damit doppelt.

Gegebenenfalls zahlt er auch noch Anwaltsgebühren", mahnt Rechtsanwalt Christian Czirnich (siehe Interview), "Doch damit ist die Sache dann meist erledigt, ein Strafverfahren gegen einen solchen Käufer wird in der Regelwegen Geringfügigkeit nicht weiterverfolgt." Wer allerdings auch unbewusst eine Raubkopie weiterverkauft, wird doppelt bestraft: "Er muss die Software nachlizenzieren. Ein Strafverfahren wird eröffnet, bei kleinen Fischen aber häufig gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt. Verlassen kann man sich darauf aber nicht. Der Schadenersatz kann bis zum Doppelten des normalen Kaufpreises betragen. Außerdem muss er dem Käufer den Kaufpreis erstatten oder ein Originalprodukt liefern", so der Jurist.
Zoff mit dem Riesen
Während es völlig normal ist, dass Unternehmen ihren Fuhrpark modernisieren und die alten Gefährte abstoßen, ist der unkontrollierte Weiterverkauf von preiswerten Großpaketen Software-Herstellern ein Dorn im Auge. Denn große Unternehmen kaufen meist keine Einzellizenzen für jeden Arbeitsplatz, sondern das Nutzungsrecht der betreffenden Software in der benötigten Stückzahl und mit Mengenrabatt. Verkleinert sich ein Unternehmen oder rüstet auf neue Software um, werden die Lizenzen komplett oder teilweise überflüssig. Doch der Weiterverkauf solcher überschüssiger Volumenlizenzen ist in der Regel vertraglich untersagt oder die Firma muss ihn vom Hersteller genehmigen lassen.

Die Münchner HHS usedSoft GmbH (www.usedsoft.com) will solche Knebelung nicht gelten lassen und liefert sich ein erbittertes Gefecht mit Microsoft um den Second-Hand-Verkauf von Volumenlizenzen. Das Unternehmen kauft solche auf, veräußert sie auch aufgesplittet günstig weiter und bewegt sich damit auf unsicherem Terrain. Denn bisher fehlt eine höchstrichterliche Entscheidung, ob dies tatsächlich zulässig ist. Microsoft startete im März sogar eine Kampagne, die vor gebrauchten Software-Lizenzen warnt.
Süffisant die Antwort von usedSoft: "Wenn der Wind des Wandels weht, bauen einige Mauern und andere Windmühlen", zitiert das Unternehmen auf seinen Webseiten ein chinesisches Sprichwort und usedSoft-Geschäftsführer Peter Schneider gibt sich kämpferisch: "Die neuerliche Microsoft-Kampagne gegen den Handel mit Gebraucht-Software ist nur ein weiterer unseriöser Versuch des Gewohnheitsmonopolisten, einen jungen und seriösen Markt wider alle Tatsachen zu kriminalisieren. Ziel ist die Sicherung der eigenen Monopolstellung. Microsoft weiß ganz genau, dass der Software-Gebrauchthandel rechtmäßig ist einschließlich des Handels mit Teilen von Volumenlizenzen."
Doch ganz so einfach ist die Sache nicht: "Im Moment scheint das Vorgehen der Software-Hersteller aber rechtlich gedeckt", so Rechtsanwalt Czirnich. Grund: Die Volumenlizenzen werden nicht in Form einzelner CDs verkauft, sondern entweder erhalten die Käufer das Produkt komplett digital oder sie erhalten lediglich einen Datenträger, den sie dann entsprechend ihrer Lizenz kopieren dürfen. "Das bedeutet: sie erhalten lediglich ein Nutzungsrecht", folgert der Jurist.
Wer sich als Kunde also auf den Kauf solcher gebrauchten Volumenlizenzen oder von Teilen davon einlässt, könnte Probleme bekommen: "Entscheidet der Bundesgerichtshof, dass der Weiterverkauf von Volumenlizenzen unzulässig ist, haben die Kunden zwar Schadenersatzansprüche gegen den Verkäufer das hilft allerdings nicht, wenn der Verkäufer insolvent sein sollte. Gegenüber dem Software-Hersteller kann der Kunde sich nicht darauf berufen, die Software in gutem Glauben erworben zu haben. Er muss für seine Nutzungszeit nachlizenzieren zahlt also noch einmal."
Interview - Verstand einschalten!
Bei der Jagd nach Software-Schnäppchen lässt so mancher alle Vorsicht fahren. Rechtsanwalt Christian Czirnich aus Zorneding bei München warnt vor Fallstricken. Die Spezialgebiete des 42-jährigen Juristen sind EDV- und Online-Recht.

PC Magazin: Darf Software "gebraucht" weiterverkauft werden und was muss der Käufer beachten?
Czirnich: Das Weiterverkaufsrecht darf von den Herstellern nicht eingeschränkt werden. Die Hersteller können jedoch bestimmen, dass ihr Produkt vollständig den Eigentümer wechselt mit allen Dokumenten, die beim Kauf dabei waren, also zum Beispiel Original-CD, Handbuch und Echtheitszertifikat. Und der Verkäufer muss die Software auf seinem Rechner löschen. Nutzt er die Software illegal weiter, hat er ein Problem. Bei Software gibt es übrigens keinen gutgläubigen Erwerb von Rechten.
Bedeutet das, der Käufer schaut in die Röhre, wenn er Software von einem anderen erwirbt, der aber gar keine Rechte daran hatte, weil es sich zum Beispiel um eine Raubkopie handelt?
Czirnich: Ja. Wer nicht nachweisen kann, dass er ein legales Produkt auf legalem Weg erworben hat, wird behandelt als habe er eine Raubkopie. Unwissen gilt nicht auch wenn der Käufer Geld für die Software gezahlt hat. Wer kein vollständiges Produkt vorweisen kann, hat oft ebenfalls Pech gehabt. Das bedeutet: Kein Kauf von Software ohne zugehörige Dokumente, Handbücher und so weiter.
Worauf müssen Software-Schnäppchenjäger noch achten?
Czirnich: Liegt ein Angebot 50 bis 70 Prozent unter dem Ladenverkaufspreis, handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Raubkopie. Außerdem empfehle ich, nur innerhalb der EU zu kaufen. Denn es ist möglich, dass eine Software nur zum Vertrieb in bestimmten Regionen freigegeben ist und der Import in die EU Urheberrecht verletzt oder auch Markenrechte kollidieren. Außerdem: Finger weg von Recovery-CDs, das ist ein Graumarkt.
OEM-Versionen dürfen ohne zugehörige Hardware verkauft werden. Was gilt es dabei trotzdem zu beachten?
Czirnich: Nicht nur Verpackung und Support, auch die Lizenz kann abgespeckt sein. Manche OEM-Produkte sind nicht upgrade-berechtigt. Und auch bei OEM gilt: Verstand einschalten, Schnäppchen genau prüfen. Bei eBay von einem chinesischen Händler OEMSoftware zu erwerben da hätte ich meine Bedenken.
Was kann ein geprellter Kunde tun?
Czirnich: Regress fordern. Wenn der Händler allerdings pleite ist, hat der Kunde Pech gehabt. Wer im Ausland kauft, bekommt sein Geld nur schwer zurück.
Ist es OK, wenn Software-Häuser den Weiterverkauf von online erworbenen Produkten verbieten, obwohl das gleiche Produkt auf CD weiter veräußert werden dürfte?
Czirnich: Das scheint im Moment ok zu sein, ist aber strittig und eine Entscheidung vor dem Bundesgerichtshof steht aus. Zurzeit sieht es jedenfalls so aus, dass das Urheberrecht einen körperlichen Datenträger, zum Beispiel eine CD, voraussetzt. Ansonsten erwirbt der Kunde lediglich eine Nutzungslizenz, und der Weitervertrieb einer solchen Nutzungslizenz kann vom Hersteller untersagt werden.