Cris Tales im Test: Eine JRPG-Liebeserklärung
Cris Tales bringt im Test die Vorzüge alter Rollenspiel-Klassiker mit frischem Wind in die Moderne. Leider übernimmt man auch ein paar Ansätze, die zurecht als veraltet gelten.

Anders als eine Liebeserklärung kann man Cris Tales nicht bezeichnen. Das Spiel des kolumbianischen Indie-Studios Dreams Uncorporated zeigt sich in fast allen Aspekten von den großen japanischen Rollenspielen vergangener Jahrzehnte inspiriert und versucht, diese mit ein paar frischen Anstrichen in...
Anders als eine Liebeserklärung kann man Cris Tales nicht bezeichnen. Das Spiel des kolumbianischen Indie-Studios Dreams Uncorporated zeigt sich in fast allen Aspekten von den großen japanischen Rollenspielen vergangener Jahrzehnte inspiriert und versucht, diese mit ein paar frischen Anstrichen in die Moderne zu übersetzen.
Cris Tales im Test: Eine klassische Heldengeschichte
Das fängt schon bei der Geschichte an. Cris Tales erzählt eine klassische Heldenreise, in der wir die junge Zeitmagierin Crisbell und ihre Truppe von Verbündeten aus dem kleinen Heimatdorf hinaus in die große Welt begleiten, um ein übermächtiges Übel in Form der bösen Kaiserin der Zeit aufzuhalten. Denn nachdem Crisbell durch einen Zufall bemerkt, dass sie selbst Zeitreisefähigkeiten besitzt, ruht das Schicksal der Menschheit auf ihren Schultern.
Das klingt erst einmal wenig originell, ist aber charmant umgesetzt und bietet im Verlauf der Geschichte den ein oder anderen Twist, den wir manchmal bereits von Weitem kommen sehen, der uns ein anderes Mal aber kalt erwischt und die Story auf den Kopf stellt.
Besonders unterhaltsam sind dabei die verschiedenen Gruppenmitglieder, die zwar alle recht stereotyp gezeichnet sind (Crisbell ist lieb, Wilhelm ist besserwisserisch, Cristopher ist stur, etc.), uns aber besonders durch ihre Interaktion miteinander schnell ans Herz wachsen.
In Verbindung mit dem wunderschönen Look des Spiels, dem verträumten Soundtrack und der fantastischen englischsprachigen Vertonung (deutsche Untertitel sind vorhanden) bietet Cris Tales so viel für Augen und Herz.

Cris Tales im Test: Rundenbasierte Kämpfe mit Echtzeit-Komponente
Die unterschiedlichen Stärken und Schwächen der Gruppenmitglieder gilt es dann auch in den rundenbasierten Kämpfen von Cris Tales auszunutzen. Mit bis zu drei Heldinnen oder Helden ziehen wir ins Gefecht, wobei wir diese bis auf Crisbell selbst meist frei auswählen dürfen.
Im Kampf besitzen die Mitglieder neben einem Standardangriff verschiedene Schadens- oder Unterstützungfähigkeiten, die oft auch mit Crisbells Zeitreiskräften interagieren. Denn mit diesen können wir Feinde in die Vergangenheit oder Zukunft schicken und so das Schlachtenglück wenden.
Eindringlich präsentiert wird dies bereits im Tutorial: Bei jedem unserer Angriffe versteckt ein Gegner sich hinter seinem Schild und nimmt so keinen Schaden. Mit einem Wasserangriff können wir das Schild jedoch nassmachen und den Gegner dann in die Zukunft schicken, sodass dessen Schild verrostet.
Doch auch außerhalb der Kämpfe kommt die Zeitreisfunktion immer wieder zum Einsatz. So sehen wir direkt, wie sich unsere Entscheidungen auf die Zukunft auswirken oder wie andere Charakter in der Vergangenheit aussahen. Auch ein paar kleinere Rätseln müssen wir mit unserer Zeitmagie lösen.
Knackiger sind da schon die anspruchsvolleren Bosskämpfe, in denen wir meist die beste Strategie herausfinden müssen, um gegen die auf den ersten Blick manchmal übermächtigen Feinde zu bestehen. In den zufallsbasierten Standardkämpfen reicht stumpfes Draufhauen jedoch meist aus.
Einen weiteren modernen Aspekt führt Cris Tales mit seinen Echtzeit-Reaktionen ein. Drücken wir im entscheidenden Moment die Angriffstaste, trifft unser Angriff kritisch und verursacht mehr Schaden. Umgekehrt können wir feindliche Attacken so auch parieren und tödliche Angriffe abmildern.
Das macht gerade zu Beginn Spaß, da die Kämpfe so um ein actiongeladeneres Element erweitert werden. Nach mehreren Spielstunden fühlen sich die Quick-Time-Events aber dann doch eher wie unnötiger Ballast an.

Cris Tales im Test: Manches gehört in die Vergangenheit
Während Cris Tales bei Story, Look und Kampfsystem einen nahezu perfekten Spagat zwischen klassischem Feeling und moderner Adaption schafft, gelingt das in anderen Spielaspekten leider weit weniger gut.
Gerade die Möglichkeit, nur an vorgefertigten Punkten des Spiels speichern zu können, fühlt sich im Rahmen der oft langwierigen Kämpfe und Dialoge fehl am Platz an. Mehrfach haben wir uns durch die eigentlich spannende Geschichte und die fantastischen Tonaufnahmen geskippt, nur um endlich die nächste Speichermöglichkeit zu erreichen. Dabei hätten gerade diese Bereiche von Cris Tales besseres verdient.
Auch beim Level- und Missionsdesign hätte ein moderner Ansatz gut getan. Besonders in der zweiten Spielhälfte verbringen wir viel zu viel Zeit mit Hin- und Herlaufen und dem Besuch von Dungeons, die wir bereits erforscht haben. Da sich die Nebenmissionen jedoch fundamental auf den Ausgang der Geschichte auswirken, kommen wir um dieses sogenannte "Backtracking" leider auch nicht wirklich herum.
Cris Tales im Test: Fazit
Cris Tales ist kein perfektes Meisterwerk, aber eine charmante Liebeserklärung an die Rollenspiel-Größen der Vergangenheit. Was dem Spiel an cineastischer Inszenierung fehlt, macht es durch Herzblut, Liebe zum Detail und frische Ideen wieder wett.
Viele der eigentlich klassischen Elemente erhalten in Cris Tales einen neuen Spin und fühlen sich dadurch unverbraucht an. Lediglich beim Speichersystem und Missionsdesign wäre mehr Mut zu modernen Designentscheidungen besser gewesen.
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