Business Process Management
Business Process Management (BPM) hat sich in vielen Unternehmen etabliert. Oft werden damit aber nur Standardprozesse nach einem festen Schema abgebildet. In Zukunft wird das nicht mehr reichen: Gefragt sind flexible BPM-Lösungen, die auch Abweichungen vom Regelverlauf beherrschen und dynamisch an Einzelfälle anpassbar sind.

Business Process Management (BPM) hat sich als eine hervorragende Möglichkeit bewährt, vor allem kundenorientierte Prozesse in Unternehmen über herkömmliche Systemgrenzen hinweg zu strukturieren und zu automatisieren. Auf diese Weise lassen sich Kosten reduzieren und die Effizien...
Business Process Management (BPM) hat sich als eine hervorragende Möglichkeit bewährt, vor allem kundenorientierte Prozesse in Unternehmen über herkömmliche Systemgrenzen hinweg zu strukturieren und zu automatisieren. Auf diese Weise lassen sich Kosten reduzieren und die Effizienz deutlich steigern. Mittlerweile sind die Unternehmen jedoch anspruchsvoller geworden: Sie wollen mehr von BPM und müssen nun feststellen, dass es meist gar nicht so leicht ist, damit auch komplexe Prozesse abzubilden.

Wenn es also beispielsweise in einer Versicherung nicht mehr nur darum geht, Standardabläufe wie Schadensaufnahme oder Deckungszusage zu bearbeiten, sondern wenn es richtig kompliziert wird - wenn etwa in einem Schadensfall ein zweites medizinisches Gutachten nötig wird oder wenn der Versicherungsnehmer noch bei einer anderen Gesellschaft versichert ist -, dann greifen die definierten Prozesse nicht mehr. Die Sachbearbeiter müssen wohl oder übel zu den alten manuellen Verfahren zurückkehren - verbunden mit entsprechendem Mehraufwand und längeren Prozesslaufzeiten.
Von Fall zu Fall
Um solche Anforderungen auffangen zu können, muss das Business Process Management flexibler werden. Adaptives BPM und Dynamic Case Management sind hier die Stichworte. Es geht dabei darum, nicht mehr den strukturierten Prozess in den Mittelpunkt zu stellen, sondern den "Fall" mit all seinen Unwägbarkeiten und möglichen Abweichungen vom Regelverlauf. Dabei muss es möglich sein, auch diese Abweichungen im Rahmen eines größeren Regelwerks automatisiert zu behandeln und solche Prozessabweichungen auch ad hoc zu modellieren.
Solche abweichenden Verfahren, die sich nicht oder nur bedingt im Voraus festlegen lassen, sind nicht zuletzt auch nötig, um die Kundenzufriedenheit zu optimieren. Nichts ist für den Kunden ärgerlicher, als wenn er, statt in seinem besonderen Anliegen verstanden zu werden, den Eindruck gewinnt, dass er mit anderen - mehr oder weniger entfernt ähnlichen - Fällen über einen Kamm geschoren wird.
So haben zum Beispiel alle mit großen Kundenzahlen arbeitenden Unternehmen Standardverfahren für den Umgang mit säumigen Zahlern aufgesetzt. Dies ist sicher notwendig, um die entsprechenden Abläufe im Mengengeschäft effizient durchführen zu können.
Freilich sind die Ursachen für einen Zahlungsverzug höchst unterschiedlich und nicht jeder Kunde, der seine Rechnung nicht bezahlt, ist deswegen schon ein schlechter Kunde. Prediktives und adaptives BPM muss hier in der Lage sein, dem Bearbeiter auf Basis von Wahrscheinlichkeiten komplexe Entscheidungsstrategien vorzuschlagen und sich dabei selbst lernend weiterzuentwickeln.
Es werden beispielsweise die Kunden identifiziert, die wegen eines Wohnungswechsels oder familiärer Probleme lediglich kurzzeitig den Überblick über ihre Ausgaben verloren haben, grundsätzlich aber interessante Kunden bleiben. Diesen Kunden wird dann ein Zahlungsplan vorgeschlagen, den das System automatisch an ihre jeweilige Situation anpasst.
Auf diese Weise muss ein flexibles BPM dem Bearbeiter die Möglichkeit bieten, schnell aus dem Standardverfahren herauszutreten und entweder auf einen vordefinierten Ausnahmefall zurückzugreifen oder auch einen solchen Fall im Rahmen eines vorbereiten Frameworks selbst zu definieren.
Der Trend geht daher zu BPM-Lösungen, die beide Seiten abdecken können: einerseits die Automatisierung wie sie Standardverfahren bieten und andererseits größtmögliche Flexibilität auch für Ausnahmefälle. Solche Lösungen bringen ein hohes Maß an Adaptionsfähigkeit auf, sie agieren aufgrund eigener Analysen "selbst lernend" - etwa mit integrierten Regel-Engines, die auch in komplexen Prozessen Reaktionen in Echtzeit erlauben.
Schneller reagieren
Die Notwendigkeit, das Business Process Management grundsätzlich flexibler zu gestalten, wird durch einen weiteren Trend befördert: Der zunehmende Einfluss der sozialen Medien verändert auch das Verhältnis zwischen Unternehmen und Kunden. Unternehmen müssen hier sehr schnell reagieren können, etwa auf Tweets unzufriedener Kunden oder auf Postings in sozialen Netzen.
Dabei müssen sie aber auch darauf achten, sich nicht zu verzetteln, denn nicht jeder Beitrag ist auch tatsächlich relevant. Social-Media-Monitoring reicht daher nicht aus. Es kommt auch hier darauf an, eine Entscheidungslogik zu implementieren, die Relevantes von Vorübergehendem unterscheiden kann.
Die Ergebnisse muss dann ein BPM-System wiederum aufgreifen, sodass beispielsweise ein Sachbearbeiter bei einem Kundenkontakt schon weiß, was ein bestimmter Kunde gepostet hat. Noch besser: Das Unternehmen kann dies auch pro-aktiv aufgreifen und so die Kundenzufriedenheit verbessern. Nur in einem Ansatz, der sowohl durchgängig flexibel als auch ganzheitlich ist, kann dies gelingen.