Breitbandanschlüsse

Glasfaserausbau in Deutschland - Alle Infos

13.2.2017 von Michael Seemann und Oliver Ketterer

Die Verfügbarkeit von Glasfaseranschlüssen bis ins Haus wächst in Deutschland nur sehr langsam – doch sie wächst. Wir beleuchten die Ursachen und zeigen, wie der optische Internetzugang funktioniert.

ca. 6:50 Min
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Glasfaser
Der Glasfaserausbau kommt in Deutschland nur langsam voran. Wir beleuchten die Hintergründe.
© nikkytok / shutterstock.com

Laut der aktuellen TK-Marktanalyse 2016 im Auftrag der VATM liegt die Anzahl der in Deutschland geschalteten Breitbandanschlüsse im Festnetz bei 31,2 Millionen. Dominierender Netzbetreiber ist die Telekom mit 13 Millionen DSL-Direktanschlüssen (41,6 Prozent) und 3,8 Millionen DSL-Resale-Anschlüssen (12,2 Prozent). Die DSL-Wettbewerber mit eigenem Zugangsnetz kommen auf 6,6 Millionen geschaltete Breitbandanschlüsse (21,2 Prozent), während die Kabelnetzbetreiber 7,1 Millionen Kunden (22,8 Prozent) an ihr Zugangsnetz angeschlossen haben.​

Über einen direkten Glasfaseranschluss in die Wohnung oder ins Haus, der auch als FTTH (fiber to the home) oder FTTB (fiber to the building) bezeichnet wird, gehen laut VATM-Studie nur etwa 0,8 Millionen​ Kunden online, was einem Anteil von mageren 2,2 Prozent aller Breitbandhaushalte im Festnetz entspricht. Zum Vergleich: In Schweden, Lettland oder Litauen gingen bereits Ende 2015 mehr als 35 Prozent der Haushalte über FTTH/FTTB online.​

50 MBit/s für alle bis 2018 

Dabei ist es ein erklärtes Ziel der Bundesregierung, Deutschland beim Breitbandausbau nach vorne zu bringen. Über ein im Jahre 2015 beschlossenes Förderungsmodell sollen bis zum Jahre 2018 flächendeckend Onlinezugänge mit einer Bandbreite von mindestens 50 MBit/s geschaffen werden. Dieses Breitbandversprechen lässt sich kurzfristig und im Rahmen der bewilligten Fördermittel nur mit Vectoring erreichen. So gab die Bundesnetzagentur Ende August 2016 bekannt, dass die Teilnehmeranschlüsse (TALs) in den Nahbereichen der rund 8.000 Hauptverteiler (HVt) Deutschlands mittels Vectoring (VDSL2) ausgebaut werden dürfen. Vectoring erhöht die Übertragungsrate über das Kupferkabel auf bis zu 100 MBit/s im Downstream und ermöglicht eine höhere Reichweite, sodass nun auch weiter entfernt liegende VDSL-Anschlüsse in den Genuss von 50-MBit/s-Datenraten kommen können. Das hört sich zunächst sehr vielversprechend an.​

Allerdings ist die Übertragungsrate im Telefonkabel mit Vectoring dann auch weitgehend ausgereizt. Hohe Bandbreiten werden nur mithilfe hoher Übertragungsfrequenzen erreicht, die jedoch in der dünnen Kupferleitung bereits bei geringen Kabellängen zu erheblichen Dämpfungen führen und die Reichweite stark einschränken. Hinzu kommt, dass sich die eng nebeneinander liegenden, unabgeschirmten Kupferadern bei der Signalübertragung gegenseitig stören, was auch als Rauschen bezeichnet wird. Mit Vectoring lässt sich dieses Rauschen zwar etwas reduzieren, doch Spielraum für deutlich höhere Übertragungsbandbreiten bietet das Telefonkabel nicht.​

Telekom DSL-Verbindung
Diese Infografik der Telekom zeigt alle Ausbaustufen einer DSL-Verbindung mit Kupfer. Einige Jahre zuvor hatte der Marktführer anstelle von Vectoring noch FTTH als dritte Ausbaustufe im Fokus.
© Hersteller

Vectoring bremst den Glasfaserausbau

Problematisch sind auch die negativen Auswirkungen auf den innerdeutschen TK-Markt, welche die Förderung des Vectoring-Ausbaus nach sich zieht. Denn Vectoring funktioniert nur dann effektiv, wenn alle TALs innerhalb eines Hauptkabels von einem einzigen Vectoring-DSLAM und somit von einem Netzbetreiber verwaltet werden. Den Zuschlag für den Vectoring-Ausbau an einem Hauptverteiler erhält laut Bundesnetzagentur der Netzbetreiber, der am Standort über die meisten ausgebauten Kabelverzweiger (KVz) verfügt – und das ist fast immer die Telekom. Dafür verpflichtet sich die Telekom, ihre HVts bis 2018 auf VDSL2 umzurüsten, um somit das Breitbandversprechen erfüllen zu können.​

Konkurrierende Netzbetreiber werden durch das Vectoring vom direkten Zugriff auf die TAL ausgeschlossen. Zwar muss die Telekom ihren Wettbewerbern als Ersatz einen virtuell entbündelten Zugang bereitstellen, der auch als Bitstream Access bezeichnet wird. Doch verdient der Wettbewerber erheblich weniger an einem solchen Bitstream-Kunden. Dies liegt vor allem an den deutlich höheren Vorleistungskosten, die die Telekom ihren Konkurrenten für den virtuellen TAL-Zugang in Rechnung stellt.​

Laut VATM verdient ein Wettbewerber an einem Bitstream-Access-Kunden unterm Strich nicht einmal halb so viel wie an einem Kunden, den der Wettbewerber über einen direkten TAL-Anschluss verwalten kann. Der entgangene Gewinn wiederum fehlt diesen Netzbetreibern für neue Investitionen, wie zum Beispiel den Ausbau des Glasfasernetzes.​

Wer investiert in den FTTH-Ausbau? 

Denn tatsächlich sind es vornehmlich die Wettbewerber der Telekom, die in den FTTH/FTTB-Ausbau investieren: Von den aktuell rund 0,8 Millionen aktiv geschalteten Glasfaseranschlüssen in Deutschland werden nur etwa 10 Prozent von der Telekom versorgt, den Löwenanteil von rund 90 Prozent stemmen die Wettbewerber. Dabei​ nutzte 2016 nur ein knappes Drittel der per FTTH/FTTB erreichbaren Haushalte auch tatsächlich die schnelle Verbindung über die Glasfaser. Denn laut VATM-Marktanalyse könnten rund 2,7 Millionen Haushalte einen Glasfaserschluss buchen. Diese Zahl deckt sich auch weitgehend mit den Erhebungen des Bundesverkehrsministeriums (Stand Mitte 2016), das von einer deutschlandweiten FTTH/FTTB-Verfügbarkeit von rund 7 Prozent ausgeht.​

Glasfaser Anbieter
Im Zentrum von München bietet der Netzbetreiber Mnet FTTH/FTTB-Anschlüsse an, wie man der Karte im Breitbandatlas unter www.zukunft-breitband.de entnehmen kann.
© Screenshot WEKA / PC Magazin

Vor allem regionale Netzbetreiber bieten immer öfter Glasfaseranschlüsse an und arbeiten beim Ausbau häufig eng mit den Kommunalverwaltungen zusammen. In der oberbayrischen Stadt Penzberg beispielsweise bietet der regionale Access Provider Komro (www.komro.net) eine FTTH/FTTB-Glasfaseranbindung an, deren Infrastruktur im Stadtgebiet eigenwirtschaftlich von den Stadtwerken Penzberg getragen und verwaltet wird. Der Hauptverteiler für alle Glasfaseranschlüsse in Penzberg, der auch als Central Office bezeichnet wird, liegt im Rechenzentrum der Stadt unter dem Rathaus. Von dort führt eine direkte Verbindung – ebenfalls über Glasfaser – zum Netzbetreiber Komro in Rosenheim. Das Central Office eines Glasfasernetzes entspricht somit der Vermittlungsstelle im (V)DSL-Telefonnetz.​​

Passives optisches Netz

Penzberg wird ebenso wie in den meisten übrigen FTTH/FTTB-Ausbaugebieten Deutschlands die GPON-Technik verwendet. GPON steht als Abkürzung für Gigabit über passive optische Netze. Mittels GPON können aktuell über eine einzige Glasfaser 2,5 GBit/s im Downstream und 1,25 GBit/s im Upstream bidirektional über eine Entfernung von bis zu 20 Kilometern übertragen werden. Eine Verstärkung des datenübertragenden Lichtsignals ist im GPON-Netz nicht erforderlich, sofern die Verbindungstrecke nicht länger als 20 Kilometer ist. Der Downstream läuft über die Wellenlänge 1.490 nm (Nanometer), während der Upstream über 1.310 nm abgewickelt wird. Zusätzlich lassen sich auf derselben Glasfaser über einen weiteren Frequenzbereich bei 1.550 nm Wellenlänge noch (HD-)TV-Programme übertragen, die dann über einen Koaxialanschluss am Endgerät des Kunden ausgegeben werden. Eine einzelne Glasfaser aus dem Central Office wird über einen Splitter in der Regel auf 32 Endkundenanschlüsse aufgeteilt (gesplittet).​

Selbst wenn alle 32 Anschlüsse am Splitter voll belegt sind und gleichzeitig maximal beansprucht würden, hätte jeder dieser 32 Anschlüsse noch rund 80 MBit/s Bandbreite im Downstream zur Verfügung. Diese Annahme ist allerdings hypothetisch und dürfte in der Praxis so gut wie nie auftreten. Geschäftskunden mit sehr hohem Datenaufkommen in beide Richtungen können über eine nicht gesplittete Glasfaser derzeit mit synchronen Bandbreiten von bis zu 1 GBit/s (Downstream und Upstream) versorgt werden.​

GPON-Netz
Die Endkunden sind über aufgesplittete Glasfaserkabel mit dem Central Office verbunden. Das Central Office stellt die Verbindung zum Access Provider her.
© GPON

Wo gibt es bereits Glasfaseranschlüsse?

 Voraussetzung für einen Glasfaseranschluss ins Haus ist eine bereits vorhandene Infrastruktur. In der Straße sollten also bereits verwendbare Glasfasern verlegt sein, die mit dem Central Office verbunden sind. Entsprechende Informationen liefert die Gemeinde-/Stadtverwaltung oder der zuständige Netzbetreiber. Ob in bestimmten Regionen Deutschlands überhaupt ein FTTH-Ausbau geplant ist, kann – zumindest teilweise – der Breitbandatlas unter www.zukunft-breitband.de​ beantworten. 

Im Bereich Breitband vor Ort wählen Sie dazu in der Kartenlegende die Option FTTH/B 50 MBit/s und zoomen dann in die gewünschte Kartenregion. Mit etwas Glück erhalten Sie über die Abfrage Bandbreiteninformationen Infos zu einem FTTH-Anbieter, sofern dessen Daten im Breitbandatlas hinterlegt wurden. Eine verlässliche Quelle zu allen aktuellen FTTH-Ausbaugebieten in Deutschland haben wir leider nicht gefunden. Die beste Chance auf eine verlässliche Auskunft sollten Sie bei der Gemeindeverwaltung an Ihrem Wohnort erhalten.​

So kommt die Glasfaser ins Haus

 In einem Neubaugebiet wird der Glasfaseranschluss oder ein entsprechendes Leerrohr direkt mit verlegt. Wie aber sieht es bei älteren Häusern und Gebäuden aus? Hier erfolgt die Verbindung vom Glasfaserkabelstrang in der Straße zu dem jeweiligen Wohnhaus über ein dünnes Kunststoffröhrchen, das in einem Leerrohr in das Haus​ gelegt wird. Da hierzu Pressluft verwendet wird, spricht man auch vom sogenannten Einblasen. Das Leerrohr wiederum wird über eine sogenannte Erdrakete gesetzt. Umfangreiche und kostspielige Erdarbeiten mit Bagger und Schaufel sind mit dieser Technik in der Regel nicht mehr erforderlich. 

Dennoch ist der Anschluss eines Hauses ans Glasfasernetz mit zusätzlichen Kosten verbunden, an denen sich der Besitzer eines Hauses beteiligen muss. Die Stadtwerke Penzberg beispielsweise verlangen für das Verlegen eines Anschlusses ins Haus einmalig 590 Euro. Dieser Betrag erscheint auf den ersten Blick recht hoch. Doch für zukünftige Mieter und Immobiliensuchende wird ein FTTH-Anschluss schon bald ein wichtiger Standortfaktor sein.​

Glasfaser ins Heimnetz

 Ähnlich wie beim DSL-Anschluss die TAE-Dose gibt es auch beim GPON-Anschluss eine Art Abschlussdose, die die Glasfaser im Inneren des Hauses aufnimmt. Diese Glasfaser-Dose wird mit OTO für Optical Telecommunications Outlet bezeichnet. An das OTO wird per Glasfaserkabel das Netzabschlussgerät des Netzbetreibers angeschlossen, der die Bezeichnung Optical Network Termination oder kurz ONT trägt. Der ONT wandelt die optischen Signale in elektrische Signale um. Für FTTH-Privatkundenanschlüsse verwendet der Provider Komro beispielsweise einen ONT des Herstellers Alcatel Lucent, der erst kürzlich von Nokia übernommen wurde. ONTs besitzen in der Regel mindestens einen LAN-Anschluss (Heimnetz/Router), einen Koaxialausgang für TV und Radio und eventuell auch Telefonanschlüsse.​

Am LAN-Anschluss des ONT liegt die Online-Bandbreite des vom Kunden gewählten FTTH-Tarifs an. Hier kann der Kunde seinen eigenen Router über dessen WAN-Port anschließen – oder einen vorkonfigurierten Router vom Provider mieten. Der FTTH-Provider Komro beispielsweise bietet in seinen Privatkundentarifen (Netto-)Datenraten bis zu 400 MBit/s im Downstream an.​

Sehr wahrscheinlich wird es bald auch Router mit integriertem GPON-ONT geben, sodass der Endkunde zu Hause nur noch ein Gerät aufstellen muss. Hersteller AVM hat bereits für das in der Schweiz verbreitete AON-Netz (Active Optical Network) eine entsprechende Fritzbox entwickelt. Wenn die FTTH-Anschlüsse in Deutschland weiter zunehmen, wird es sicherlich auch bald eine GPON-Fritzbox geben. Doch 7 Prozent Verfügbarkeit sind eben noch zu wenig.​

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