B2B im Social Web - das Musterbeispiel Krones
Viele glauben, B2B-Unternehmen mit ihrem wenig sexy erscheinenden Geschäftsfeld hätten keine Chance im Social Web. Ein Getränkeabfüllanlagenhersteller aus Neutraublich beweist das Gegenteil: die Krones AG. Wie es dazu kommen konnte, erzählt ihr Digital-Marketing-Chef Charles Schmidt.

Nein, sagt Charles Schmidt und lacht, eine Abfüllanlage für 100 Millionen Euro habe er noch nie über Facebook verkauft. >>Aber es kommen immer wieder konkrete Anfragen von internationalen Kunden, die leiten wir dann an den Vertrieb weiter<<, sagt der Corporate Social Media...
Nein, sagt Charles Schmidt und lacht, eine Abfüllanlage für 100 Millionen Euro habe er noch nie über Facebook verkauft. >>Aber es kommen immer wieder konkrete Anfragen von internationalen Kunden, die leiten wir dann an den Vertrieb weiter<<, sagt der Corporate Social Media Officer der bayerischen Krones AG.
Krones ist ein Vorzeigebeispiel für Social Media - und dürfte es dem Vorurteil nach nicht sein. Denn das Geschäft des Unternehmens aus Neutraubling bei Regensburg würde der weiteste Teil der Bevölkerung als wenig sexy bezeichnen: die Herstellung von Getränkeabfüllanlagen. Die gehen in die ganze Welt, 12.000 Mitarbeiter beschäftigt Krones weltweit und setzte 2012 2,6 Milliarden Euro um.
B2B und Social Media - das ginge nicht zusammen, behaupten viele. Krones beweist das Gegenteil: Youtube, Facebook, Xing, Linkedin, Twitter, Pinterest, Instagram, Google+, die chinesische Videoplattform Youku - kaum ein Kanal, den die dreiköpfige Truppe von Charles Schmidt nicht mit Inhalten bespielt. Ein eigenes Blog wirkt da schon wie langweiliger Standard. Mehr als 86.000 Fans hat das Unternehmen auf Facebook, knapp 800 Videos auf dem eigenen Youtube-Kanal mit mehr als 1.600 Abonnenten.
Krones AG - YouTube channel
Das Videoportal war auch das erste soziale Medium, in dem die Bayern sich versuchten: >>Wir hatten bereits seit 1986 ein eigenes TV-Studio, in dem wir Filme über unsere sehr erklärungsbedürftigen Produkte erstellt haben<<, erklärt Schmidt. >>Da war es fast selbstverständlich, dass wir 2010 mit Youtube angefangen haben. Den Content, rund 200 Filme, hatten wir ja in unserem Archiv.<<
2010. Das hört sich gar nicht so früh an, ist ja gerade mal vier Jahre her. Doch in Sachen Social Media war das Steinzeit. Besonders für Maschinenbauer. >>Wir waren die First Mover<<, sagt Schmidt nicht ohne einen gewissen Stolz. >>Die ersten, die es professionell angegangen sind und an denen sich heute viele andere orientieren.<<
Mit ein Faktor: die kurzen Wege in der noch mehrheitlich im Familienbesitz befindlichen Krones AG. >>Ich hatte das Glück, einen Chef zu haben, der das Thema Social Media von Anfang an vorangetrieben und gefördert hat<<, erzählt Schmidt.
Außerdem sei das Thema >>Dialogstärke<< fest in den Firmenwerten verankert, die sozialen Medien der beste Weg, um mit Kunden, Mitarbeitern und Bewerbern in Kontakt zu treten. >>Wir wollen nicht diejenigen sein, die unseren Gesprächspartnern vorschreiben, auf welche Art und Weise sie mit uns Kontakt aufnehmen wollen<<, sagt er. >>Wir wollen die Kanäle zur Verfügung stellen und lassen uns dann überraschen, welche für den Dialog genutzt werden.<<
Die sozialen Medien hätten diesen Dialog allerdings auf einen völlig neuen Level gebracht, erzählt Schmidt. Nach 25 Jahren, die er bereits in der Kommunikation der Krones AG tätig sei, erlebe er zum ersten Mal eine echte und durchgehende Zweiwegekommunikation mit Kunden, Geschäftspartnern und Mitarbeitern aus der ganzen Welt.
Dennoch: 86.000 Facebook-Fans für einen B2B-Anbieter, für den es weltweit nur rund 30.000 potenzielle Kunden gibt - viele Experten macht das misstrauisch, besonders wenn sie zahlreiche Fans aus den asiatischen Regionen bei Krones AG entdecken. Werden da Fans gekauft? >>Das könnte man schon meinen, wenn man unsere Follower betrachtet. Aber wir kaufen keine Fans. Das können wir als SAP-getriebenes Unternehmen gar nicht.<<
Doch schon die rund 12.000 Mitarbeiter weltweit hätten dafür gesorgt, dass die >>Gefällt mir<<-Angaben auf der firmeneigenen Facebook-Seite schnell in die Tausende gingen. >>Außerdem haben wir bei Kunden, Zulieferern und Partnern aktiv um Likes geworben, etwa in unseren Zeitschriften oder auf Messen.<<
Dass der Anteil der Klicks aus asiatischen Ländern sehr hoch sei, liege daran, dass Mitarbeiter und Kunden der Krones AG in Asien deutlich aktiver in den sozialen Netzwerken seien als etwa die Europäer oder US-Amerikaner. >>Das betrifft nicht nur die Interaktionen durch Likes und Teilen, sondern auch die Inhalte, die unsere Kollegen liefern: So waren zum Beispiel die Kollegen aus Indonesien die ersten, die Inhalte geliefert haben. Auch die Kollegen aus Thailand sind sehr aktiv.<<
In der Neutraublinger Zentrale kümmern sich Schmidt und zwei weitere Kollegen um die sozialen Medien - neben weiteren Aufgaben, wie etwa die Organisation von Messen und Events. >>Dass wir dennoch so viele Inhalte auf allen sozialen Kanälen verbreiten können, liegt an der sehr gut aufgestellten Unternehmenskommunikation mit fast 40 Mitarbeitern<<, erzählt Schmidt. >>Wir erhalten hier so viel Input, dass wir immer etwas zum Teilen haben.<<
Dabei gebe es keinen strikten Redaktionsplan. Und auch wenn man natürlich bespreche, was die Mussthemen seien, entstünden viele Posts aus dem Bauch heraus. >>Das gibt dann die meisten Interaktionen<<, weiß Schmidt.Generell poste sein Team auf Deutsch und Englisch, meist auch zweisprachig innerhalb eines Beitrags. Das funktioniere am besten.
>>Und wenn es sein muss, posten wir auch mal auf Spanisch oder in einer anderen Sprache<<, sagt Schmidt. Gerne genommen in den sozialen Kanälen von Krones wird auch >>User generated Content<< - etwa Mitarbeiter von Getränkeherstellern oder Brauereien aus aller Welt, die sich stolz vor Abfüllanlagen fotografieren und die Bilder einsenden. So macht Krones seine Kunden zu Stars.
Noch immer ist das bewegte Bild ein entscheidender Faktor. Rund 800 Unternehmensfilme hat Krones heute auf Youtube, täglich kommen neue hinzu. >>Youtube ist für uns eine Content-Drehscheibe, auf die wir in unseren anderen Kanälen wie Facebook, Twitter, Linkedin und Xing hinweisen<<, je nach Region und Zielgruppe seien die Kanäle unterschiedlich stark.
>>In den USA gibt es zum Beispiel eine unheimlich große Craaft-Beer-Szene, die sehr aktiv auf Pinterest und Instagram ist<<, erzählt Schmidt. Craft Biere, das sind jene kleinen, lokalen Brauereien, die dafür gesorgt haben, dass amerikanisches Bier heute facettenreicher ist, als das deutsche.
Die Brauereibesitzer würden ebenso gerne wie oft und regelmäßig zeigen, dass sie sich einen >>Mercedes unter den Abfüllanlagen<< leisten können - und sich auf Pinterest über die Krones-Anlagen austauschen. >>Diese Brauer wissen, dass sie ihre meist jüngere Zielgruppe nicht mehr durch großflächige Werbeplakate erreichen, sondern über die sozialen Medien<<, sagt Schmidt.
Fast jeder dieser Brauereibesitzer verfüge außerdem über einen Twitter-Account und nutze ihn sehr aktiv. >>Wenn dann einer etwas über oder zu unseren Themen twittert, retweeten wir das, verbreiten es auf Facebook und steigen in einen Dialog ein.<< Oft führe das dann dazu, dass man diese Unternehmensführer dann auf Messen und anderen Veranstaltungen auch in der realen Welt treffe - und gleich ein freundschaftliches Verhältnis habe.
Tatsächlich sind die sozialen Medien für Krones vieles zugleich: Instrument zum Employer Branding, zur Imagebildung, Kundenfindung, Kundenbindung und internen Kommunikation über Sprachgrenzen hinweg. Viele Mitarbeiter fühlten sich inzwischen über Facebook besser über den Arbeitgeber informiert als früher. Dies sei die perfekte Ergänzung zum gedruckten Mitarbeitermagazin, das weiterhin dreimal im Jahr erscheine.
Ähnlich sei es bei der externen Kommunikation. >>Wir erreichen zwar auf Facebook nicht unbedingt die Entscheider, die über den Kauf unserer Anlagen befinden, aber die Menschen, die in aller Welt unsere Anlagen bedienen und die Entscheider beeinflussen.<< Wenn man dann merke, dass diese Maschinenbediener zu echten Fans geworden seien und sich stolz mit den Maschinen aus Deutschland fotografieren, dann habe man ein großes Ziel erreicht, ohne dass man dies in einem Return on Investment messen könne.
Die Entscheider der Kunden seien auf anderen Plattformen unterwegs, die ebenso selbstverständlich bespielt werden - wie LinkedIn: >>Vor allem in den USA und Südamerika gibt es fast kaum einen Kunden, der nicht dieses Business-Netzwerk nutzt<<, sagt Schmidt.
Die sozialen Netze führen auch dazu, dass sich Unternehmensmitarbeiter in den sozialen Medien für ihren Arbeitgeber einsetzen, wenn er mal unter Beschuss kommen sollte. >>Einen richtigen Shitsorm haben wir noch nicht erlebt. Aber als zum Beispiel eine Lokalzeitung über mehrere Polizeieinsätze bei unserer großen Firmenfeier berichtet hat, haben unsere Mitarbeiter auf Facebook sofort klargestellt, dass es sich ausschließlich um Beschwerden wegen Lärmbelästigung gehandelt hat - und es eben schon mal lauter werden kann, wenn 6.000 Menschen im Bierzelt feiern.<<
Was die Mitarbeiter in den sozialen Medien treiben, wird zwar nicht überwacht, aber dennoch bekommt jeder neue Mitarbeiter vom Praktikanten bis zum Manager neben seinem Arbeitsvertrag auch das Social-Media-Handbuch überreicht. >>Das ist eine generelle Guideline mit vielen Tipps und Tricks, aber auch selbstverständlichen Hinweisen etwa zur Geheimhaltungspflicht<<, erklärt Schmidt. >>Auch Dienstleister erhalten die Broschüre und werden dadurch mit Tipps und Tricks rund um das Thema Social Media bei Krones versorgt.<<
Krones at the drinktec 2013
Das Stichwort Geheimhaltung sagt auch, wohin die Reise bei der Krones AG in den nächsten Jahren gehen wird.>>Die sozialen Medien haben uns gezeigt, wie der Wissensaustausch heute funktionieren kann. Diese Erkenntnisse wollen wir uns auch in der internen Kommunikation für den Austausch im Unternehmen zunutze machen, ohne das auf Facebook zu tragen. Schließlich gibt es in jedem Unternehmen Dinge, die man nur intern besprechen sollte.<<
Wie und mit welcher Software, darüber gibt es noch keine Entscheidung. Schmidt: >>Auf jeden Fall wollen wir nicht dort stehen bleiben, wo wir aktuell sind, sondern weiter ein First Mover sein.<<