TCL 65X10 im Test: Der erste Mini-LED-TV
Um die perfekte Bildqualität aus einem LCD-Panel herauszuholen, bedarf es eines sehr feinfühligen lokalen Dimmens. Wo andere nur ein paar Dutzend LEDs benutzen, setzt TCL jetzt unglaubliche 15.360 Leuchtmittel ein – und das in QLED-Qualität. Zum Einsatz kommt die Technik beim neuen TCL 65X10. Wir haben den 65-Zoll-TV getestet.

Liest man zum Thema Displays die Weltpresse, ist das Glück der kommenden TV-Innovationen eher im Micro- oder gar Nano-LED-Bereich zu suchen. Objektiv betrachtet sind kritische Fertigungsabläufe für TV-Panels und systembedingte Herausforderungen wie Homogenität und Quantisierung jedoch noch lange...
Liest man zum Thema Displays die Weltpresse, ist das Glück der kommenden TV-Innovationen eher im Micro- oder gar Nano-LED-Bereich zu suchen. Objektiv betrachtet sind kritische Fertigungsabläufe für TV-Panels und systembedingte Herausforderungen wie Homogenität und Quantisierung jedoch noch lange nicht im Griff
Da geht TCL jetzt den viel geschickteren Weg, modernste Mini-LED-Technologien zu nutzen, um durch viel detailgenaueres lokales Dimmen, als es bislang möglich war, den Kontrastumfang eines guten LCD-Panels auf die absolute Spitze zu treiben.
Die Mini-LEDs der Hintergrundbeleuchtung von TCLs brandneuem Spitzenmodell 65X10 sitzen im Abstand von 8 mm an der Rückwand und strahlen durch eine Schicht von Quantum-Dot Nanokristallen, die das Licht außergewöhnlich farbrein umformen. Insgesamt werden sagenhafte 15.360 Mini-LEDs eingesetzt.
Dass wir bei unseren Messungen (nur) 32 Reihen in 24 Spalten nachmessen konnten, ist darin begründet, dass nicht jede einzelne LED einen Ansteuerverstärker besitzt, sondern immer ein Block aus 20 zusammengefasst wird.
Die resultierenden, von uns auch erfolgreich nachgemessenen 768 Zonen sind immer noch das Doppelte von dem, was Samsungs Topmodell Q90 zu einem weitaus höheren Verkaufspreis zu bieten hat. Diesem Konkurrenten hat TCL auch das durch die Mini-LEDs deutlich schlankere Design und ein paar weitere nette Details voraus.
So ist der Hersteller nicht durch koreanisches Alphamarkengehabe eingeschränkt und kann neben HDR10+ auch Dolby Vision einsetzen, sogar erweitert um Dolby Atmos aus einer echten 2.0.2-Soundbar, die mit Unterstützung der Audiomarke Onkyo entwickelt wurde.

Besuch in der Fabrik
Um den brandneuen TCL 65X10 ausführlich begutachten zu können, haben wir die Fabrik besucht, in der er hergestellt wird. „TCL Operations Poland“ liegt in Żyrardów bei Warschau. Hier werden nicht nur TV-Geräte für den Hersteller TCL gefertigt, sondern auch andere Marken in OEM produziert. Momentan läuft die Fabrik auf Hochtouren, weil Modelle für die USA zu fertigen sind.
Diese dürfen aus Europa ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten eingeführt werden, jedoch nicht mehr aus China. Statt dutzende TV-Exemplare in diverse europäische Redaktionen zu liefern, hat sich TCL dazu entschieden, ein Shootout- und Messlabor in der Fabrik einzurichten und Journalisten zur Bewertung dorthin zu bitten. Es waren tatsächlich die härtesten Konkurrenten aufgebaut, die Messhardware entsprach besten Standards und wir konnten unsere Quellmaterialien in Ruhe durcharbeiten.

Die Serie startet
Laut Hersteller TCL steht die Markteinführung des 65X10 in Deutschland kurz bevor. Die Preisempfehlung soll bei 3.000 Euro liegen. Leider standen zu Drucklegung unseres Magazins noch nicht genügend Mustergeräte zur Verfügung, sodass wir ein bis auf die finale Software fertiges Gerät in der TCL-Fabrik in Polen, jedoch nicht in unserem eigenen Labor testen konnten. Obwohl die Ausstattung an Vorführ- und Messgeräten dort sehr gut war, konnten wir nicht alle Tests durchführen und vergeben nur eine vorläufige Kurztestwertung.
Dennoch lässt sich schnell sagen, dass dieserTCL ein echtes Brillanzmonster darstellt, das man vor allem ohne HDR richtig zügeln sollte. Die vorgegebenen 1500 Nits an Helligkeit wurden durch unsere Messergebnisse selbst im kalibrierten Zustand locker überboten, mit 2000 zu werben wäre kein Problem. Und dabei bliebt die Maximalhelligkeit länger stabil als bei Samsung.
Der Dynamikumfang von Pechschwarz zu knalliger Strahlkraft ist immens, ja fast schon anstrengend – im dunklen Raum, in dem wir das Gerät im direkten Vergleich neben einem Samsung 65Q90 und einem LG OLED 65C9 angeschaut hatten.

Bei maximalem Backlight leuchteten selbst SDR-Filme mit 800 Nits. Eigentlich zu viel des Guten, obwohl die De-Banding-Schaltung Schwächen der Blu-ray-Quelle schön glattbügelte.
Bei der gewaltigen Lichtstärke des Backlights fielen aus seitlicher Betrachtung dann auch die Cluster des Backlights auf. Von vorn waren sie nicht erkennbar, da das Übersprechen im menschlichen Auge bei derart großen lokalen Kontrasten einfach stärker ist als das Restlicht auf dem Panel. Kurz gesagt wirkt der Kontrast genauso heftig wie beim OLED-TV, nur insgesamt doppelt so hell.
Bei hohem Raumlicht hatte der Samsung durch seine Antireflexschicht die Nase vorn. Große seitliche Blickwinkel sind die Achillesferse des TCL und somit zu vermeiden.
Ansonsten spielte er sich durch saubere wie starke Farben in die Topliga der Großbild-TVs. Uns fehlte jedoch noch das Feintuning beim Dimmen vor allem in dunklen Szenen. Hier setzt TCL ähnlich wie die ersten Softwareversionen von Samsung zu viel auf Abdunklung, um Megakontraste zu erzeugen. Manchmal erscheint das Bild so zu düster. Man muss jedoch sagen, dass genau dieses Feintuning noch in den letzten Wochen vor Markteinführung stattfinden soll.

Überrascht waren wir von der schnellen Reaktionszeit des 120-Hz-Panels. Die resultierende Bewegungsschärfe sah exzellent aus. Clouding und DirtyScreen störten uns ebenfalls nie, die Bildschärfe war exzellent und eine Bewegungsglättung gelang auch bei schwierigen Szenen ordentlich.
Nebenbei war die Soundqualität beachtlich dynamisch und homogen, im Movie-Modus recht räumlich.Und natürlich basiert der TV auch auf einem brandaktuellen Android 9 inklusive der wichtigsten Apps und des Google Assistant, der handsfree genutzt werden kann – aber auch abschaltbar ist. Allein beim Tuner fehlte uns der zweite Zug zum Aufnehmen auf USB.
Komplettpaket von Dolby
Nachdem Dolby in den frühen Jahren durch Rauschunterdrückungssysteme für Tonbänder Weltruf erlangte, griff die Technikschmiede im Kinobereich an und definierte den Filmton neu. Später weitete man die Erfindungen und Patente auf den Heimkinomarkt aus. Aus Dolby Surround wurde Digital und jetzt Atmos.

Bereits vor über zehn Jahren erkannte die Firma das Potential neuer TV-Standards für mehr Bilddynamik und begann, Dolby Vision zu entwickeln. Das ausgereifte System zur Anpassung gigantisch brillant produzierter Filme auf jede TV-Hardware ist in aller Munde. Wenn ein Hersteller diese Technik nutzt, sind Lizenzgebühren fällig, doch die Kombination aus Dolby Vision für das Bild und Dolby Atmos (auch als Stereo-Downmix) für den Klang bringt einen so hohen Qualitätsgewinn, dass TCL voll darauf setzt.
Fazit
Nur TCL scheint sich neben Samsung um Perfektion bei QLED-TVs zu bemühen, und der Hersteller sticht im 65X10 die Konkurrenz mit der Mini-LED-Grundlage klar aus, Damit steigt TCL auch bildqualitativ in die Spitzenliga auf.