Ein charmantes und magisches Abenteuer
Tchia im Test für PlayStation 5
Das Open-World-Abenteuer Tchia punktet im Test für PS5 mit jeder Menge Charme und ganz viel Herz.

Ich gebe es zu: Ich schätze Indie-Spiele sehr, wenn sie denn gut gemacht sind. Im Gegensatz zu manch einem dahingeschluderten Triple-A-Titel, warten gerade kleinere Produktionen nicht selten mit deutlich mehr Charme und Herzblut auf. Das Open-World-Abenteuer Tchia ist genau solch ein charmantes Spiel geworden, dem man aufgrund seiner magischen Atmosphäre viele Ecken und Kanten verzeiht. Was Sie in dem Spiel erwartet, klärt unser Tchia Test der PlayStation-5-Version.
Tchia - Launch Trailer
Der erste Gänsehautmoment erwartet uns gleich in den ersten Spielminuten von Tchia, als die Sonne malerisch über dem Meer um die Inselgruppe untergeht und wir gemütlich mit unserem Vater am Lagerfeuer in die Saiten unserer Ukulele hauen.
Es sollte nicht der letzte dieser Momente sein, dank denen uns das Open-World-Abenteuer, auch lange Zeit nach dem der Abspann über den Bildschirm gezogen ist, in Erinnerungen bleiben wird. Entwickelt wurde das Spiel von einem kleinen Team, das auf Neukaledonien im südlichen Pazifik zu Hause ist.

Dabei greift das Action-Adventure die Kultur, Sagenwelt und Werte der Inselgruppe auf und verpackt diese in einem Spiel-gewordenen Märchen, das sich irgendwo zwischen dem Nintendo-Switch-Highlight „The Legend of Zelda: Breath oft he Wild“ und einem Pixar-Animationsfilm ansiedelt, aber auch viele eigene Ideen mit einbringt.
Die Story von Tchia
Hauptfigur des Abenteuers ist das namensgebende Mädchen, das mit ihrem Vater ein ruhiges Leben auf einer kleinen Insel inmitten des Pazifischen Ozeans führt. Zu Beginn des Spiels feiert Tchia ihren zwölften Geburtstag, als Geschenk gibt es eine Steinschleuder von unserem Papa, mit dem wir gleich mal auf Kokosnuss-Jagd gehen.
Nachdem wir uns um die Hühner gekümmert und die Materialien für das Abendessen gesammelt haben, machen wir es uns nebst unserem Vater am Lagerfeuer gemütlich, genießen das Essen vor der malerischen Szenerie der untergehenden Sonne und singen gemeinsam.
Doch das Insel-Idyll kommt zu einem jähen Ende, als plötzlich stinkender, die Luft verpestender Helikopter direkt vor unseren Füßen landet. An Bord befindet sich mit Pwi Dua der Bösewicht des Spiels, den man an seinem Piraten-Kopftuch und der Goldkette sofort ansieht, dass er nichts Gutes im Schilde führt.
Und so kommt es dann auch: Pwi Dua fesselt unseren Vater und verfrachtet ihn an Bord seines Fluggerätes. Bei dem Versuch, noch in letzter Sekunde selbst an Board zu gelangen, beginnen Tchias Augen giftgrün zu leuchten. Kurzerhand verwandelt sich das Mädchen in eine Machete und fügt dem Luftpiraten eine klaffende Wunde im Gesicht zu.

Doch der Fiesling entkommt ohne uns und mit der Entführung unseres Papas nimmt Tchia erst so richtig Fahrt auf. Die Mission ist klar, immerhin wollen wir unseren geliebten Vater aus den Fängen der Piraten befreien. Und gleichzeitig mehr darüber hinausfinden, warum wir uns verwandeln können.
Tchia im Test für PS5: Eine märchenhafte Atmosphäre
Bereits in den ersten Spielminuten mit Tchia verzaubert uns das Action-Adventure mit seiner märchenhaften, unglaublich dichten Atmosphäre. Mit dem Spiel wollen die Entwicklerinnen und Entwickler der Welt ihre Heimat, Neukaledonien, näherbringen. Entsprechend zeigt sich der Titel nicht nur hinsichtlich der Landschaften von der Inselgruppe inspirierst.
Tchia greift die Kultur, die Sagenwelt, Bräuche und natürlich auch die Musik der östlich von Australien gelegenen Inseln auf, erzählt dabei aber eine rein fiktive Geschichte. Sogar die Dialoge sind in den beiden Landessprachen, französisch und Drehu, gehalten – deutsche Untertitel sorgen jedoch dafür, dass wir der Story jederzeit folgen können.
Genau hier ruht eine der größten Stärken des Spiels, denn hinsichtlich des Gameplays oder dem Detailgrad der Grafik kann es Tchia natürlich nicht ganz mit den großen Namen aufnehmen. Dass uns das Spiel dabei aber dennoch die vollen 12 bis 15 Stunden Spielzeit lang hervorragend unterhält, verdankt es vor allem den zahlreichen Gänsehautmomenten und dem einzigartigen Gameplay-Mix.

Im Kern handelt es sich um ein klassisches Open-World-Spiel, in dem wir an Bord unseres Schiffes verschiedene Inseln ansteuern, Haupt- und Nebenmissionen angehen, uns Pwi Duas Schergen in simplen Kämpfen erwehren und Sammelgegenstände suchen. Die bekannte Formel würzt Tchia aber mit abwechslungsreichen und frischen Elementen und schafft so eine ganz eigene Spielerfahrung.
Das Gameplay von Tchia
Ein wichtiger Bestandteil des Gameplays von Tchia ist beispielsweise das Musizieren. Während wir die Inseln erkunden und in verschiedenen Dörfern neue Bekanntschaften machen, werden wir immer wieder zu Feierlichkeiten eingeladen.
In bester, wenn auch simplifizierter, „Guitar Hero“-Manier wollen hier Reaktionstests absolviert werden, damit die Protagonistin im richtigen Takt Ukulele spielt, in die Trommeln haut oder getrocknete Blätter als Rasseln nutzt.
Das kann mitunter sogar ganz schön knifflig werden, gipfelt aber immer in einer wunderschönen Musikuntermalung, die sich durch das gesamte Spiel zieht. Wer mag, kann dabei aber auch einen Automatik-Modus aktivieren und einfach die Musik auf sich wirken lassen.
Doch die Musik dient nicht nur der Atmosphäre: Mithilfe ihres Saiteninstrumentes ist unsere Heldin in der Lage, die Tageszeit zu manipulieren und später sogar Tiere herbeizurufen. Bei der Fauna der Inselgruppe kommt auch schon das nächste Spielelement zum Tragen.

Relativ früh im Spiel erlernen wir den Seelensprung, dank dem Tchia in fast jeden Gegenstand oder jedes Tier innerhalb der Spielwelt springen und diesen übernehmen kann. Das hat zwar nicht immer einen spielerischen Nutzen – als Kokosnuss oder Stein herumzurollen bietet keinen echten Mehrwert – wird mitunter aber zum Vorankommen benötigt.
Hirsch oder Wildschwein können vergrabene Schätze ausbuddeln, während wir in Form eines Vogels schneller durch die Welt navigieren als es zu Fuß möglich wäre. Ohne tierische Unterstützung ist Tchia in der Lage, sämtliche Oberflächen zu erklimmen und von oben aus mit ihrem Gleitschirm durch die Luft zu segeln – das erinnert stark an „The Legend of Zelda: Breath of Wild“ und funktioniert dank Ausdauer-Anzeige sogar ähnlich.
In der Welt von Tchia gibt es viel zu entdecken
Die ausgiebigen Kletterpartien sind in Tchia auch ungemein wichtig, denn die abwechslungsreichen Inseln haben viel zu bieten. Verschiedene Sammelgegenstände wollen aufgespürt werden. Doch im Vergleich zu vielen anderen Open-World-Spielen erfüllen diese hier meist einen Zweck.
Ausdauerfrüchte lassen uns somit länger klettern oder fliegen, Schmuckstücke schalten neue Verbesserungen für das Boot frei und die obligatorischen neuen Kleidungsstücke oder Frisuren für die junge Dame dürfen natürlich auch nicht fehlen.

Und dann gibt es da noch Nebenaufgaben wie Rennen zu Fuß, im Wasser oder in der Luft, das Bauen von Steintürmen oder die geheimnisvollen Totemschreine. Um Einlass zu erhalten, müssen wir zunächst erst einmal selbst das passende Totem aus einem Holzstamm schnitzen.
Sonderlich anspruchsvoll sind diese Aufgaben zwar allesamt nicht, in Verbindung mit dem Insel-Setting, der Atmosphäre und der überschaubaren Größe der Spielwelt kommt aber trotzdem jede Menge Spaß auf.
Tchia im Test: Ein Spiel mit Ecken und Kanten
Doch Tchia bleibt im Test für PS5 wahrlich nicht frei von Fehlern. Die wenigen Kämpfe im Spiel gegen die Maano, Soldaten aus Stoff, spielen sich zu simpel und laufen immer nach demselben Muster ab.
Auch die Story verschenkt, trotz einiger spannender Wendungen, leider viel Potenzial und setzt gerade in den Hauptmissionen vermehrt auf repetitive Sammelaufgaben. Aus technischer Sicht trüben zudem einige Grafikfehler, Bugs und der allgemein eher niedrige Detailgrad der Texturen den Gesamteindruck.

Und doch sind es diese einzigartige, malerische Atmosphäre, die wunderschöne Musikuntermalung und diese charmante, teils sogar mit schwarzem Humor gespickte, Geschichte, dank der man Tchia eben diese Ecken und Kanten verzeiht. Zumindest, wenn man sich darauf einlässt.
Tchia im Test: Fazit
Es ist schwer, die Magie, die von dem Indie-Game Tchia ausgeht, in Worte zu fassen. Vielmehr handelt es sich um einen Titel, den man selbst erlebt haben muss. Mit seiner märchenhaften Insel-Atmosphäre, der emotionalen Handlung und dem wunderschönen Soundtrack zieht uns das Open-World-Abenteuer im Spielverlauf aber magisch in seinen Bann und lässt uns nicht mehr los.
Spielerische Genre-Standardkost garniert der Titel mit frischen, eigenen Ideen wie dem Seelensprung und sorgt mit seinen teils wunderschönen Szenerien immer wieder dafür, dass wir einen Moment innehalten und die Urlaubsatmosphäre auf uns wirken lassen.
Gepaart mit den teils aberwitzigen oder mitunter gar verstörenden Szenen, ergibt sich ein stimmiges Gesamtpaket, das all diejenigen gut unterhalten dürfte, für die ein gutes Spiel mehr bedeutet als nur eine möglichst bombastische Grafik. Bei der Story und den Kämpfen verschenkt der Titel zwar einiges an Potenzial, doch die machen ohnehin nur einen kleinen Anteil von Tchia aus.