Ghost Recon: Wildlands im Test - große Spielwelt, leider wenig Abwechslung
Für Ghost Recon: Wildlands wirbt Ubisoft mit der größten Open World, die es je in einem Ubisoft-Spiel gab. Doch Größe ist nicht alles, wie unser Test zeigt.

Eigentlich ist die Geschichte von Ghost Recon: Wildlands fix erklärt, denn viel mehr als die folgenden Sätze braucht es nicht, um sie zu erzählen. Wir, das sind vier Soldaten, werden von der CIA-Agentin Bowman nach Bolivien geschickt. Dort sollen wir, die Ghosts, das Land aus der Hand des bösen ...
Eigentlich ist die Geschichte von Ghost Recon: Wildlands fix erklärt, denn viel mehr als die folgenden Sätze braucht es nicht, um sie zu erzählen. Wir, das sind vier Soldaten, werden von der CIA-Agentin Bowman nach Bolivien geschickt. Dort sollen wir, die Ghosts, das Land aus der Hand des bösen El Sueno befreien. Dieser ist der Boss des Santa Blanca Kartells. Bis wir es jedoch zum Oberboss schaffen, müssen wir mindestens zwei seiner Unterbosse erledigen. An die kommen wir wiederum nur heran, wenn wir in den diversen Provinzen kriminelle Anlagen dichtmachen. Erschwert wird diese Aufgabe dadurch, dass auch das Militär uns nicht wohlgesonnen ist.
Das Problem bei der ganzen Sache ist die fehlende erzählerische Tiefe. Es fehlt allen Charakteren an ... Charakter. Selbst die Ghosts versprühen oft den Charme einfacher Statisten. Das wiederum passt zu Ubisofts eigenem Mantra. Man wolle keine „klassische Erzählung“ mehr liefern, sondern sogenannte „Spieler-Anekdoten“ über die Sandbox-Welt erschaffen. Einfach gesagt: Man hat sich die Drehbuchautoren gespart. Das führt dazu, dass die meisten Missionen völlig belanglos und austauschbar daherkommen.
Hinzu kommt, dass sämtliche NPCs oft völlig deplatziert und wenig glaubhaft wirken. Die Entwickler haben es nicht geschafft, ganz im Gegensatz zu Assassin’s Creed oder Watch Dogs 2, die Spielwelt lebendig oder gar authentisch zu gestalten. Sehr schade!
Na klar, ein Tom Clancy Spiel war nie unbedingt das Aushängeschild guter Erzählung oder spannender Geschichten. Aber wenn die Entwickler hier schon ansetzen, dann müssen sie das Feature auch bewerten lassen. Und in Sachen Storytelling fällt Ghost Recon: Wildlands ganz einfach durch. Da gibt es nichts zu diskutieren.
Ghost Recon: Wildlands im Test: Die Spielwelt

Gut, das war schon ziemlich harter Tobak zum Einstieg. Aber es wird besser. Denn eines ist Wildlands sicher nicht: ein Totalausfall. Dafür sorgt auch die unfassbar große und unglaublich schöne Spielwelt, die dem südamerikanischen Bolivien nachempfunden ist. Schon beim ersten Überfliegen der Spielwelt kommt man aus dem Staunen kaum mehr heraus. Das Terrain ist abwechslungsreich, führt uns durch kleine Städte, hinaus in die dicht bewachsene Wildnis. So eine grafische Augenweide lässt jedes Spielerherz höher schlagen.
Während wir uns durch die Spielwelt kämpfen, kommen immer wieder kleinere Aufgaben vorbei, die wir bereits aus Spielen wie Far Cry: Primal kennen, den oben genannten „Spieler-Anekdoten“. Wenn zum Beispiel ein Konvoi auf der Straße auftaucht, können wir ihn stoppen oder eben vorbeifahren lassen. An anderer Stelle bekommen wir vielleicht ein Gefecht zwischen Rebellen und Militär mit. Wir können einschreiten oder es aber lassen. Die Spielwelt ist vollgestopft mit kleinere Missionen, die allerdings allesamt austauschbar bleiben. Schade. Dafür gibt es wirklich massig zu sammeln, zu erforschen oder zu erledigen. Aufgrund der schieren Masse fühlt man sich schnell etwas überfordert. Hier setzt Ubisoft leider auf Masse statt auf Klasse.
Ghost Recon: Wildlands im Test: Taktik? Naja ...
Gut, die Lösungsansätze für die Missionen sind überschaubar. Entweder schleichen wir. Oder wir ballern. Meist endet jede Mission auf letzterem Lösungsweg. Okay, das ist auch kaum überraschend, soll Wildlands doch ein Taktik-Shooter sein. Beim Wort Shooter können wir einen Haken machen. Beim Wort Taktik müssen wir aber einhaken. Prinzipiell ist diese nämlich ... nicht vorhanden, beziehungsweise wirklich gefordert. Dafür steht die Action zu sehr im Vordergrund. Wer also auf damalige Ghost-Recon-Erlebnisse gehofft hat, der wird enttäuscht.
Dennoch machen die ganzen Scharmützel richtig viel Spaß. Denn die Gegner sind mit ordentlich Grips ausgestattet, flankieren uns häufig und führen gar ganze Manöver aus. Außerdem suchen die Gegner systematisch nach uns, wenn wir uns mal außer Sichtweite bewegen. Nein, Wildlands ist kein Just Cause. Wer blind drauf los ballert, der segnet schon nach wenigen Sekunden das Zeitliche. Wir müssen also abwägen, welche Art Wumme wir einsetzen. Mal tut es ein Scharfschützengewehr, mal muss aber auch der Schalldämpfer herhalten. Ein wenig strategisches Vorgehen ist also schon nötig, könnte aber präsenter sein.
Ghost Recon: Wildlands im Test: Multiplayer-Wucht

Ja, im Singleplayer-Modus macht Wildlands nicht alles richtig, vieles sogar sehr falsch. Stichwort Story. Dafür entschädigt aber der Multiplayer-Modus. Der ist zwar nichts anderes als der Singleplayer-Modus mit Kumpels, macht aber deutlich (!) mehr Spaß. Denn die KI der Kollegen ist zwar nett, aber mehr nicht. Zu viert können wir konkrete Absprachen treffen. Während zwei Ghosts eine Basis stürmen, halten sich zwei zurück, schneiden mögliche Fluchtwege ab oder stürmen leise von hinten, während die anderen vorne ablenken. Solche Szenen bekommt man ausschließlich im Multiplayer-Modus geboten. Hier kann man die Sandbox-Welt von Wildlands voll und ganz auskosten.
Das macht die ersten Stunden riesig Spaß. Doch irgendwann hat jedes Team sich seine Taktik zurechtgelegt, die in unterschiedlichen Situationen immer funktioniert. Das ist wiederum dem Verzicht auf Drehbuchautoren geschuldet. Die Abwechslung fehlt, denn die meisten Missionen folgen wenigen Schemata. Erobern einer Basis, Halten eines Punktes, Ausschalten sämtlicher Gegner. Wildlands verkommt mit steigender Spieldauer zu öder Klopperei. Leider.
Ghost Recon: Wildlands im Test: Fazit
Ja, Ghost Recon: Wildlands sieht wirklich famos aus. Ja, Ghost Recon: Wildlands bietet eine riesige, fantastisch anmutende Welt. Es hapert aber an zu vielen Stellen als dass man es uneingeschränkt empfehlen könnte. Dazu fehlt es an Story-Tiefgang, an Atmosphäre, an Abwechslung. Wer Wildlands wirklich genießen möchte, der muss es wollen, der muss selbst kreativ werden. Denn sonst wird Wildlands wirklich schnell wirklich eintönig.