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Digitale Transformation

Software-Kiosk in Unternehmen: Ver- und Zuteilung als Shopping-Erlebnis

Die Software-Bereitstellung verändert sich mit großen Schritten. Anwender möchten zunehmend auf ihre gewünschten Programme ohne aufwändige Bestellvorgänge zugreifen können. Der Weg zum eigenen Software-Katalog ist lang und erfordert die Betrachtung vieler einzelner Gesichtspunkte.

Autoren: Thomas Bär und Frank-Michael Schlede • 26.2.2016 • ca. 6:40 Min

Bewertungen beim Online-Shopping: Händler sollten aufhören, Nutzer penetrant um Feedback zu bitten.
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© mtkang - Fotolia.com

Rückwirkend betrachtet waren die späten 1990er und frühen 2000er Jahre aus Sicht der Windows-Administratoren wirklich gute Jahre. Das primär in Unternehmen eingesetzte Windows-Betriebssystem war endlich in der Lage, die Installationsrechte von herkömmlichen Benutzern grunds&...

Rückwirkend betrachtet waren die späten 1990er und frühen 2000er Jahre aus Sicht der Windows-Administratoren wirklich gute Jahre. Das primär in Unternehmen eingesetzte Windows-Betriebssystem war endlich in der Lage, die Installationsrechte von herkömmlichen Benutzern grundsätzlich einzuschränken. Ohne Administrationsrechte gab es auch keine Software mehr auf den PCs und in den Köpfen der IT-Verantwortlichen entstanden die Phantasien des Golden Images und der standardisierten Arbeitsumgebung.

Vorbei sei es nun mit der Individualität und die unterwünschte Interaktion von betrieblich genutzten Programmen und mit unterwünscht installierter Software war vorbei. Sprichwörtlich alles über den einen Kamm zu scheren sorgte jedoch nicht unbedingt für Zufriedenheit unter den Benutzern und sicherlich blieb die Kreativität ein wenig auf der Strecke: Zu eng war das Korsett, in das die EDV ihre Benutzer zu zwängen gedachte.

Spätestens mit dem Erscheinen des iPhones von Apple im Jahr 2007 sollte sich das Konzept der Software-Bereitstellung grundsätzlich verändern. Möglicherweise ist die Systematik des "Stores" ein weitaus wichtigeres Element im IOS-Imperium als das technologisch zunächst eher unpraktische Mobiltelefon selbst. Software-Installationen auf PCs waren komplex, von vielen Faktoren abhängig und benötigten eine gewisse technische Expertise auf der Benutzerseite. So einfach wie es Apple seinen Mac OS / OSX-Kunden machte, war es unter Windows niemals.

Mac-Nutzer ziehen einen Ordner auf die Festplatte und der Installer kümmert sich um den Rest. Die Anpassungsmöglichkeiten der Windows-Installer waren seit jeher vielschichtiger, aber auch komplizierter. Unter iOS reduzierte sich der Wunsch nach einem neuen Programm, modern hier als App bezeichnet, auf die Auswahl im Store, die Freigabe eines Kaufs durch einen Passcode und dem Abwarten, bis das Stückchen Software vollautomatisch an die passende Stelle installiert ist.

Screenshot: DSM-Software-Shop
Software-Verteilung aus einem Software Shop, hier DSM von Heat, erleichtert es dem Anwender die gewünschten Programme selbst auszuwählen.
© Weka/ Archiv

Eine kurze Zeit später entdeckten auch andere Anbieter das Store-Konzept für sich und heutzutage ist selbst im Standard-Windows natürlich ein Store zu finden, indem Anwender, ganz ohne technisches Wissen, ihre gewünschten Programme kaufen und installieren können. Dem Charme der einfachen Umsetzung dürften sich auch IT-Profis kaum entziehen können - ansonsten wären unter Android, Windows Phone oder iPhone keine Apps auf dem eigenen Gerät zu finden.

Selbst Nokia stärkte die langsam schwindende Plattform mit einem Store - mit Programmen, die aber keiner mehr haben wollte. Was auf dem Miniatur-Computer für die Hemdtasche und bei Spieleplattformen á la Steam funktioniert, das wünschen sich Anwender zunehmend auch auf ihrem geschäftlich genutzten Computer. Eine ablehnende Haltung von Seiten der IT dürfte sich auf Dauer kaum halten können, denn was der Markt fordert bekommt er in der Regel auf Dauer auch.

Advocatus Diaboli - lieber doch keinen Store

IT-Administratoren gelten als modernes Völkchen mit dem Hang zur technischen Spielerei - sollte man annehmen. Aber stimmt denn diese Annahme überhaupt? Angesichts der immensen Komplexität einer IT-Installation in einem Unternehmen ist zumindest einigen IT-Verantwortlichen das Moderne abhandengekommen. Bevor sich der Administrator auf die Seite einer neuen Technik schlägt, gilt es die "Robustheit" der Anlage im Auge zu behalten.

Zuverlässigkeit, Stabilität, Erreichbarkeit und eine möglichst geringe Zahl von Support-Calls - das sind die legitimen Ziele eines IT´lers. Im Zweifelsfall ist eine eher statische Remote Desktop Serverfarm-Umgebung eine bessere Lösung denn eine flexibel auf den Benutzer angepasste Arbeitsumgebung. Zumindest wenn es der Robustheit der Anlage dienlich ist. Die Adaption neuer Technologien braucht ihre Zeit.

Screenshot: Matrix42
Matrix42 bildet den Bestell- und Genehmigungsprozess für die Software-Bereitstellung komplett in der eigenen Suite ab.
© Weka/ Archiv

Auch wenn die technische Stabilität der Self Service Installationsvorgänge, Software-Kiosks oder Online Bestellsysteme im Amazon-Stil in vielen Client Lifecycle- oder Systems Management-Suiten gegeben ist, bleiben noch einige Fragestellungen auf der Strecke. Egal wie sich die technische Umsetzung letztendlich schimpft, so ist zunächst eine ordentliche Software-Paketierung erforderlich. Wer noch manuell von Hand Software auf Client-PCs installiert, muss zunächst einmal den nächsten Entwicklungsschritt hin zum Software-Paket machen.

Paket-Installationen mit Bordmitteln, beispielsweise die Verteilung von MSI-Packages über Gruppenrichtlinien, wäre die nächste Stufe - dies setzt jedoch eine abgestimmte Umgebung voraus, insbesondere bei verteilten Standorten. Größere Suiten für die Verwaltung von PC-Systemen in Firmen, zum Beispiel ACMP von Aagon, bieten ihren Kunden zudem einen professionellen Paketierungsdienst. Administratoren müssen sich so nicht um die Gestaltung von MSI- oder produktspezifischen Paketen kümmern, sondern beziehen die Software-Installationsdateien von einem erfahrenen Dienstleister. Sofern es sich um kostenlose Standard-Programme wie Mozilla Firefox, PDF-Reader oder Multimedia-Erweiterung wie VLC handelt, entsteht kein Druck in Bezug auf die Verrechnung und die Genehmigung.

Wenn ein Programm nichts kostet, so ist dem Vorgesetzten der Einsatz auf dem Rechner des Mitarbeiters aller Wahrscheinlichkeit nach egal. Diese Haltung ändert sich jedoch rasch, sobald die Kostenstelle mit höheren Beträgen für Programmen wie zum Beispiel "MS Project" oder "Adobe Creative Suite" belastet wird. Ob die Preise für derlei Software angebracht sind oder nicht - das spielt kaum eine Rolle. Wichtiger ist die Antwort auf die Frage: Braucht Herr Bär überhaupt MS Project, um die nächste Abteilungsfeier zu organisieren? Die Antwort möchte der zuständige Vorgesetzte gern geben, ehe es überhaupt zu einem Kauf kommt.

Screenshot: Microsoft
Am Ende des Prozesses steht die automatische Verrechnung von Software-Lizenzen in einer Unternehmensanwendung wie Microsoft Dynamics.
© Weka/ Archiv

Wer stimmt der Auswahl zu?

Mit Blick auf die Entwicklungsschritte heißt dies nichts anderes als: Es muss ein Genehmigungssystem geben, welches dem Vorgesetzten eine Autorisierung der Anschaffung ermöglicht. Andererseits erfordert eine solche Konzeption einen Katalog an Software-Lösungen, die mit Preisangaben versehen sind. Technisch betrachtet: einen Web-Store und eine Workflow-Engine, die aus einem Verzeichnisdienst die Personalhierarchie ableitet. Starre Vorgaben innerhalb einer solchen Lösung würden die Nutzbarkeit zu stark einschränken, daher ist eine möglichst flexible Abbildung der Anstellungsverhältnisse von Nöten.

Dies setzt voraus, dass diese immer auf dem aktuellen Stand sind. Das ist weniger eine Anforderung an die IT als an die Personalabteilung. Ohne eine Abbildung der Genehmigungswege und etwaigen Entscheidungslimits, hinsichtlich des Euro-Betrags, mutiert ein Service- oder Software-Store im Unternehmen zu einem extrem teuren, aber in der Praxis vollkommen nutzlosen Spielzeug.

Folgerichtig ist das System nur dann richtig leistungsfähig, wenn am Ende nicht doch wieder ein Blatt Papier entsteht, sondern eine teil- oder vollautomatisierte Verbuchung in Finanzsystemen aus dem Hause SAP oder Microsoft Dynamics stattfindet. Vollautomatische Software-Bereitstellung und Unterschriften auf dem Bestell- oder Verrechnungsformular passen wahrlich nicht zusammen. Zwei andere Dinge passen jedoch auch nicht zusammen: Beliebige Installation und nicht überwachende Lizenzen. Ohne ein auf die Lösung abgestimmtes Lizenzmanagement ist ein Software-Kiosk-System, zumindest wenn Administratoren darüber lizenzpflichtige Programme anbieten, ein garantierter Weg zum Lizenzverstoß. Um jedoch nicht Unsummen an Geld in Software-Lizenzen zu stecken, ist eine Überwachung der tatsächlich genutzten Programme erforderlich. Nur so können IT-Verantwortliche sicherstellen, dass ungenutzte Lizenzen wieder zurück in den "Pool" gelangen.

Screenshot
Client Lifecycle- oder Systems Management-Suiten wie ACMP von Aagon bieten ihren Kunden die professionelle Paketierung auch als Dienstleistung an.
© Weka/ Archiv

Wer sich die Absätze als Anforderungen einmal auf der Zunge zergehen lässt, der kann erahnen, um wie viel Arbeit es sich handelt, ehe eine automatische Software-Bereitstellung mit Genehmigung, Installation und Verrechnung im eigenen Unternehmen funktioniert. Das ist nichts für kleine oder kleinere mittelständische Firmen - hier dürfte die IT kaum in der Lage sein, ein solches Szenario bereitzustellen.

Lohnt es sich?

Leider ist es im Leben doch oft so: Der Weg zum Erfolg ist lang und steinig. Lohnt sich denn der hier beschriebene Aufwand überhaupt? Verschwinden nicht zu viel Geld und Ressourcen bereits in den erforderlichen organisatorischen Voraussetzungen? Diese Fragen lassen sich pauschal nicht so einfach beantworten, da die Antwort von den spezifischen Gegebenheiten abhängt. Größere Unternehmen profitieren sicherlich von der Umsetzung des Gesamtprozesses. Kleinere Unternehmen kommen möglicherweise auch mit einfachen Self Service- oder Software Kiosk-Varianten aus. Unabhängig vom gewählten Weg, es kommt stets darauf an, den gesamten erforderlichen Prozess, ohne Medienbruch, abzubilden.

Nicht zu unterschätzen sind die Dienste, die die großen Software-Hersteller in Form von Cloud-Services bereits selbst bieten. Microsoft, Apple oder Google bilden zunehmend mehr Produkte direkt im Internet ab. Möglicherweise entfällt die Bereitstellung von lokalen Office-Anwendungen immer mehr, wenn Anwender diese direkt im Internet nutzen können.

Durch die digitale Transformation ändern sich althergebrachte IT-Prozesse grundsätzlich und Administratoren und IT-Verantwortliche sind gut beraten, ihre individuelle Balance zwischen Stabilität und Moderne zu finden.