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IT-Praxis

Social Collaboration im Unternehmen

Der anhaltende Hype um das "Enterprise 2.0" bleibt nicht ohne Folgen: Laut einer Gartner-Studie setzen bereits 70 Prozent der Unternehmen soziale Technologien zum internen Wissensaustausch ein.

Autor: Business & IT • 26.10.2013 • ca. 9:55 Min

Social Collaboration
Social Collaboration
© Hersteller/Archiv

Nach Ansicht der Analysten bleiben allerdings 90 Prozent dieser Initiativen wirkungslos, da sie nach dem Ansatz des "Provide and Pray" implementiert werden. Die Firmen führen also Social-Collaboration-Werkzeuge ein und hoffen, dass sich ein Mehrwert von selbst einstellt - ohne konkrete Ziele zu...

Nach Ansicht der Analysten bleiben allerdings 90 Prozent dieser Initiativen wirkungslos, da sie nach dem Ansatz des "Provide and Pray" implementiert werden. Die Firmen führen also Social-Collaboration-Werkzeuge ein und hoffen, dass sich ein Mehrwert von selbst einstellt - ohne konkrete Ziele zu definieren. Das kann nicht funktionieren.

Vor einiger Zeit war die Implementierung von Social-Collaboration-Software eng mit dem Glauben verknüpft, dass sich damit E-Mails, Intranets - und sogar Unternehmensanwendungen - überflüssig machen ließen. Inzwischen zeigen sich viele Entscheider jedoch zunehmend ernüchtert. Obwohl laut der Unternehmensberatung McKinsey im Jahr 2011 bereits jede zweite Organisation weltweit soziale Netzwerke zum internen Wissensaustausch genutzt hat, verfallen Beschäftigte zunehmend in alte Gewohnheiten.

Ernüchterung macht sich breit

"Soziale" Werkzeuge werden ignoriert, weil die eingesetzte Technologie die Produktivität und den Austausch untereinander nicht in dem versprochenen Ausmaß gesteigert hat und bestehende Lösungen den verschiedenen Mitarbeiterrollen nicht gerecht wurden. Eingesetzte Social-Collaboration-Werkzeuge stellen sich daher heute oftmals als schwer zu verwaltende Silos dar. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass die E-Mail immer noch das am weitesten verbreitete Kommunikationsmittel in den Unternehmen ist.

Die besten Social Business Tools

Das Marktforschungsunternehmen Radicati Group hat ermittelt, dass die Zahl der täglich verschickten geschäftlichen Mails von aktuell 89 Milliarden immer weiter ansteigen wird - im Jahr 2016 sollen schließlich über 140 Milliarden Business-Mails pro Tag versendet werden. Dass die elektronische Post jedoch nicht das Werkzeug der Wahl sein kann, verdeutlicht eine weitere McKinsey-Studie. Laut dieser verbringen Büro- und Wissensarbeiter, sogenannte Information Worker, ganze 50 Prozent ihrer wöchentlichen Arbeitszeit damit, E-Mails zu lesen, zu schreiben und Informationen zu suchen und zu sammeln. Unternehmen wie VW, die Deutsche Telekom und der IT-Dienstleister Atos haben bereits auf die hohe Anzahl an verschickten Business-Mails reagiert und Gegenmaßnahmen eingeleitet.

Niclas Otte
Der Autor: Niclas Otte - Senior Director Social Software bei der SAP AG
© Business & IT

Getreu dem selbst entwickelten Motto "Zero Mail" plant beispielsweise Atos, dass alle Mitarbeiter bis zum Ende des Jahres möglichst ganz auf die elektronische Post verzichten. Sie sollen intern nur noch über Social-Collaboration-Anwendungen sowie per Telefon kommunizieren und zusammenarbeiten.

So setzt Atos eine einheitliche soziale Plattform ein, um etwa Ideen zu Themen wie Innovation, Lean Management oder Vertrieb auszutauschen und umzusetzen. Zusätzlich setzt der IT-Dienstleister auf Werkzeuge für das Knowledge Management, Instant Messaging, Telefon- und Videokonferenzen sowie auf die direkte Interaktion. Atos sieht nach eigenen Angaben deutliche Vorzüge in der Nutzung sozialer Software gegenüber der E-Mail.

Moderne Informationssilos

Social-Collaboration-Werkzeuge bieten effektive Möglichkeiten, um der E-Mail- Flut entgegenzusteuern und gleichzeitig den Austausch untereinander zu fördern. Jedoch muss dieser Ansatz gezielt und sinnvoll umgesetzt werden, um Mitarbeiter, Informationen, Inhalte und Arbeitsprozesse effizienter miteinander zu verbinden. Denn der Wert sozialer Netzwerke für Unternehmen besteht nicht darin, E-Mails, Intranet oder Unternehmensanwendungen überflüssig zu machen - derartige Ansätze verfehlen meist das Ziel.

Die Herausforderung ist es, den verschiedenen Mitarbeiterrollen gerecht zu werden und alle relevanten kollaborativen Arbeits- und Kommunikationsaktivitäten in den jeweils zugehörigen Geschäftsprozess sinnvoll einzubinden.

Und hier liegt auch das aufgezeigte Problem bestehender Lösungen: Sie sind meist nicht in die transaktionalen Unternehmenssysteme integriert, also beispielsweise nicht mit den herkömmlichen Systemen für Enterprise Resource Planning (ERP) oder Customer Relationship Management (CRM) der Organisation verbunden.

Dies begünstigt die Entstehung von Informationssilos, weil der Nutzer sich selbst daran erinnern muss, in welcher Anwendung er welche Informationen abgelegt hat und wo er danach suchen muss. Das kostet Zeit, behindert Prozesse und verringert die Produktivität. Werden Social-Collaboration-Technologien eingesetzt, die nicht mit der Prozessebene verknüpft sind, agieren sie primär als reine Kommunikationsmittel oder Ablagefläche von Inhalten.

Zurück ins Büro?

Auch das Beispiel von Yahoo zeigt, dass es enorm wichtig ist, Beschäftigte, die räumlich verteilt sind, mit den richtigen Collaboration-Werkzeugen auszustatten. Yahoo hatte im Februar zur Anwesenheitspflicht aufgefordert und seine Belegschaft aus dem Home-Office in die Firmenzentrale zurückgerufen. Die Begründung des Unternehmens: Effiziente Kommunikation und zielgerichtete Zusammenarbeit der Beschäftigten und Vorgesetzten untereinander sind nur möglich, wenn alle Mitarbeiter an einem Ort sind.

Studien zeigen jedoch, dass die Möglichkeit, aus dem Home-Office zu arbeiten, einen wichtigen Wettbewerbsfaktor für Unternehmen darstellt. Insbesondere, um die Motivation der Beschäftigten zu fördern sowie die Work-Life-Balance und Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu gewährleisten. Studien belegen, dass Web-2.0-Technologien dabei helfen, die Kommuni kation innerhalb der Belegschaft, egal, wo sich einzelne Mitarbeiter befinden, zu vereinfachen und zu verbessern. Laut McKinsey können soziale Technologien die Produktivität von Teams und Mitarbeiter sogar um 20 bis 25 Prozent steigern.

Unterstützung im Geschäftsprozess

Fallschirmspringen, Gemeinschaft
Social Collaboration soll Mitarbeiter, Informationen, Inhalte und Arbeitsprozesse effizienter miteinander verbinden.
© Business & IT

Damit Firmen die Produktivität des einzelnen Mitarbeiters und den Austausch untereinander mithilfe von Social-Collaboration-Software erfolgreich fördern können, sollten sie die Arbeitsweise der Belegschaft in den Geschäftsprozessen berücksichtigen. Nur so kann der Austausch und die Mitarbeiterproduktivität gesteigert werden. Zudem stoßen bewährte Geschäftsanwendungen in dieser Hinsicht immer wieder an ihre Grenzen.

Denn Unternehmenslösungen wie ERP- oder CRM-Systeme ermöglichen zwar die Automatisierung von Geschäftsprozessen, können jedoch die Anforderungen einer wesentlich größeren Gruppe von Menschen nicht erfüllen, die einen Prozess beeinflussen oder von ihm betroffen sind. Daher braucht es geeignete Social-Collaboration-Technologien, die auch informelle und soziale Aktivitäten unterstützen - weil diese einen wesentlichen Teil von Geschäftsereignissen darstellen.

Alltägliches Szenario: die Marketingkampagne

Ein Szenario aus dem CRM-Umfeld veranschaulicht diese Argumentation. Der typische Prozess einer Marketingkampagne sieht wie folgt aus: Der Marketingmanager arbeitet zusammen mit den Teammitgliedern der Marketingabteilung, den verschiedenen Beteiligten und einer externen Marketingagentur an einer Produktkampagne.

Im vorliegenden Szenario ist die Mitarbeiterproduktivität gefährdet. Nur ein Teil der Prozessaktivitäten wird über das CRM-System abgewickelt. Der Großteil der Kommunikation findet außerhalb der CRM-Anwendung auf Wegen statt, die vom jeweiligen Geschäftsprozess isoliert sind, beispielsweise via E-Mail, persönlichen Meetings oder Telefon.

Obwohl individuelles Wissen und der Kontext der zugehörigen Aktionen und Diskussionen zum Geschäftsprozess entscheidend sind, um die Kampagne erfolgreich umzusetzen, werden diese Aspekte im bestehenden CRM-System nicht erfasst. Informationen, die Erfolg oder Scheitern des Projektes bewirken können, fehlen in dem für den Prozess genutzten System gänzlich oder sind nur schwerlich auffindbar.

Aktenkasten, unterlagen
Oft genug entsteht durch Social Collaboration nur ein weiteres Informationssilo im Unternehmen.
© Business & IT

Hinzu kommt, dass sich im Laufe des Prozesses weitere Fragestellungen ergeben: Wen sollten wir bei der Planung der Kampagne hinzuziehen? Wer kann mich durch sein Fachwissen unterstützen? Wen muss ich lediglich informieren? Wen kann ich um Rat bitten? Welche externe Agentur ist hierfür am besten geeignet? Wo kann ich die Besprechungsprotokolle des letzten Meetings finden?

Die Liste ist beliebig erweiterbar. Nur wenn Social-Collaboration-Lösungen in die ERP-, CRM- und Back-Office-Systeme integriert sind, können Kunden, Mitarbeiter und Partner über den gesamten Geschäftsprozess hinweg eingebunden werden, ohne dass kritische Medienbrüche entstehen.

Ein weiterer Vorteil moderner Social-Collaboration-Technologien: Sie ermöglichen es, bis dato isolierte Kommunikations- und Kollaborationsprozesse zurück in den eigentlichen Geschäftsvorgang zu integrieren. Darüber hinaus fördern sie nicht nur den Austausch untereinander, sondern halten auch Wissen und Aktivitäten fest.

Denn vor allem wenn Mitarbeiter aus dem Unternehmen austreten, geht oft Wissen verloren, weil Inhalte aus E-Mails und Telefonaten nicht festgehalten wurden und effektive Arbeitsweisen nicht dokumentiert sind. Gerade Tools für die Peer-to-Peer-Collaboration wie Telefon, E-Mail und Chat sind meist nicht mit dem eigentlichen betrieblichen Prozess verbunden und daher Schwachstellen bei der Dokumentation von Informationen.

Integration ist Trumpf

Ein Beispiel für diese neue Generation von Lösungen ist die Social-Software-Plattform SAP Jam, die Unternehmen in die Lage versetzt, Mitarbeiter, Informationen, Inhalte und Arbeitsprozesse effizienter miteinander zu verbinden. SAP Jam fördert den Austausch unter den Beschäftigten und bietet konzernübergreifende Einsatzmöglichkeiten, beispielsweise für die Mitarbeiterkommunikation, die Einarbeitung neuer Mitarbeiter, die Bereitstellung von Schulungsmaßnahmen und für die Zusammenarbeit an Projekten.

Prozessorientierte Social Collaboration: die Vorteile im Überblick

  • Mitarbeiter können Wissen sowohl mit internen als auch externen Stakeholdern besser teilen.
  • Sie können direkt im Kontext der Aktivität oder des Prozesses reagieren, antworten und zusammenarbeiten, beispielsweise bei Anmerkungen zur Produktqualität oder etwaigen Problemen.
  • Die Beschäftigten können mit Kunden, Partnern, Zulieferern und Experten Communities zu wichtigen Themen wie Serviceproblemen, neue Ideen und Absatzchancen bilden.
  • Zulieferer und Partner können direkt im Kontext der Aktivität oder im Rahmen des Geschäftsprozesses angesprochen werden.
  • Neue Mitarbeiter können einfacher in die Kommunikation bestehender Projekte eingebunden werden. Wissen von Mitarbeitern, die das Unternehmen verlassen, geht nicht verloren.

Durch die Integration mit anderen Unternehmensanwendungen, wie beispielsweise der SAP Business Suite, oder auch Cloud-Anwendungen ermöglicht SAP Jam die Zusammenarbeit genau dort, wo Menschen arbeiten, ohne dass Unterbrechungen im Prozess entstehen. Im Vergleich zu herkömmlichen Social-Collaboration-Umgebungen stellt die Lösung einen umfassenden Kontext aus dem betreffenden Geschäftsprozess bereit. Beispielsweise ermöglicht die soziale Plattform Anwendern im CRM-Umfeld das automatische Hochladen von Anhängen einer Opportunity oder das automatische Einladen aller Beteiligten des Verkaufsteams in eine Gruppe.

Darüber hinaus können Mitarbeiter unabhängig von ihrem Aufenthaltsort innerhalb von Prozessen an kollaborativen Aktivitäten arbeiten sowie auf Inhalte zugreifen - zum Beispiel über mobile Endgeräte, über die soziale Plattform selbst oder aus entsprechenden Geschäftsanwendungen heraus.

SAP Jam berücksichtig zudem notwendige Vorgänge, wenn Personen innerhalb und außerhalb des Unternehmens hinzugezogen werden, um kooperative Aufgaben zu unterstützen. So können Teams in der Organisation sowie im gesamten Kunden- und Partnernetz miteinander in Verbindung treten. Ebenso lassen sich mithilfe der Lösung Updates, Inhalte und Videonachrichten austauschen, sodass sämtliche Beteiligten einer Gruppe, aber auch einzelne Mitarbeiter stets auf dem neuesten Stand sind.

Auch Entscheidungsprozesse lassen sich einfacher gestalten, da soziale Aktivitäten besser geordnet werden können, etwa mithilfe einer Agenda, einer Pro- und Contra-Tabelle oder verschiedener Projektmeilensteine. Auf diese Weise erleichtert die soziale Plattform allen Beteiligten die Arbeit und schafft ein besseres Verständnis für die gemeinsame Zusammenarbeit und Zielsetzung.

Ausblick

CRM-System
Die Anbindung an das CRM-System macht den Einsatz eines Social- Collaboration-Tools deutlich produktiver.
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Durch eine neue Generation von Social-Collaboration-Technologien wird es für Mitarbeiter künftig zunehmend leichter, auf Infos zuzugreifen und mit Menschen verstärkt in Kontakt zu treten, die für die eigene Rolle wichtig sind. Hierzu gehören etwa Experten und Kollegen, die zur Problemlösung beitragen oder jeweilige Kunden sehr gut kennen. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Belegschaft dank Smartphones und Tablets mobiler wird, ist es wichtig, dass Mitarbeiter jederzeit und überall auf Dokumente und Infos zugreifen können.

Da sie den mobilen Ansatz erst ermöglichen, sind Social-Collaboration-Technologien für das Arbeiten der Zukunft essenziell. Gewinner werden jene Unternehmen sein, denen es gelingt, vom Mitarbeiter über die Partner bis hin zum Konsumenten sämtliche Akteure einzubeziehen. Nur dieser Ansatz ermöglicht auch den Weg hin zu einer Learning-Organisation - also einer Organisation, die in der Lage ist, sich an ständig verändernde Anforderungen optimal anzupassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Statement: Enterprise 2.0 braucht Mut und lebendige Firmenkultur

"Die Studie ,Enterprise 2.0 - Status Quo 2013' der Organisationsexperten um Dr. Thorsten Petry, Professor für Organisation & Personalmanagement an der Wiesbaden Business School (Hochschule RheinMain), hat es ans Tageslicht gebracht: 60 Prozent der deutschen Unternehmen beschäftigen sich momentan mit dem Thema Enterprise 2.0. Aber nur jedes vierte geht das Thema strukturiert an. Die Folgen: Die Verunsicherung ist groß, ob Enterprise 2.0 sinnstiftend oder lediglich ein Marketing-Hype ist. Enterprise 2.0 kann ohne strukturierte Vorgehensweise kein Erfolg werden.

Denn es ist ein Kulturwandel und ein Umdenken erforderlich. Management und Mitarbeiter müssen verstehen, was das partizipative Web bedeutet, bei dem sich Wissensstrukturen und Machtgefüge neu ordnen. Die Verbesserung der internen Kommunikation & Zusammenarbeit, das Verfügbarmachen von implizitem Wissen, die Verbesserung der Speicherung von Wissen und die Erhöhung der Produktivität und Innovationsfähigkeit sind die primären Ziele von Enterprise 2.0. Dies zu vermitteln gelingt nur, wenn die Beteiligten verstehen, was dieser Wandel für sie persönlich bedeutet und welchen Nutzen sie daraus ziehen können.

Nur eine strukturierte und gleichzeitig agile Vorgehensweise, bei der erstens machbare Schritte definiert und zweitens der Mehrwert festgelegt wird, können Ängste vor dem Wandel aus dem Weg räumen - bei Mitarbeitern und dem Management gleichermaßen."