Richtlinie zum Zahlungsverzug
Die von der FDP geführten Bundesministerien für Justiz und Wirtschaft verzögern die pünktliche Umsetzung der EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs in deutsches Recht, von der vor allem der Mittelstand profitieren würde.

Täglich geraten in der EU Dutzende kleiner und mittlerer Unternehmen in die Insolvenz, weil ihre Rechnungen nicht beglichen werden. 57 Prozent der Unternehmen in Europa hatten im Jahr 2012 nach Angaben der EU-Kommission mit Liquiditätsproblemen aufgrund von Zahlungsverzug zu kämpfen; ...
Täglich geraten in der EU Dutzende kleiner und mittlerer Unternehmen in die Insolvenz, weil ihre Rechnungen nicht beglichen werden. 57 Prozent der Unternehmen in Europa hatten im Jahr 2012 nach Angaben der EU-Kommission mit Liquiditätsproblemen aufgrund von Zahlungsverzug zu kämpfen; zehn Prozent mehr als im Jahr davor. Auch eine Folge der Finanz- und Eurokrise in Europa.
"Für kleine und mittlere Unternehmen ist es besonders schwer, ihr Recht auf unverzügliche Rechnungsbegleichung durchzusetzen, Zahlungsverzug kostet sie Zeit und Geld und Streitigkeiten können die Kundenbeziehungen beeinträchtigen", erklärt Antonio Tajani, der für Industrie und Unternehmertum zuständige Vizepräsident der EU-Kommission.
Schlechte Zahlungsmoral

Um der schlechten Zahlungsmoral ein Ende zu setzen, hatte die EU im Februar 2011 die Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr verabschiedet. Bis zum 16. März 2013 sollten die EU-Mitgliedstaaten sie in nationales Recht umgesetzt haben. Lediglich neun Staaten haben dies auch fristgemäß zu diesem Stichtag getan. Deutschland ist nicht darunter.
"Mit der schlechten Zahlungsdisziplin muss nun Schluss sein. Die Mitgliedstaaten müssen jetzt die Richtlinie zum Zahlungsverzug in ihr innerstaatliches Recht umsetzen", fordert Industriekommissar Tajani. Konkret geht es um folgende neue Regeln:
- Öffentliche Auftraggeber müssen grundsätzlich ihre Rechnungen innerhalb von 30 Tagen bezahlen, für eng begrenzte Ausnahmefälle gilt eine Obergrenze von 60 Tagen.
- Private Firmen müssen beim Handel untereinander ebenfalls innerhalb von 30 Tagen zahlen, vertraglich können bis zu 60 Tage vereinbart werden. Falls kein Vertragspartner grob benachteiligt wird, sind auch längere Fristen möglich.
- Sollten strengere nationale Regeln bestehen, können diese beibehalten werden.
- Bei verspäteter Zahlung wird ein Verzugszins von acht Prozent über dem Basiszinssatz fällig und dem Gläubiger stehen 40 Euro Entschädigung für Beitreibungskosten zu.
Die neuen Maßnahmen sind insofern optional für Unternehmen, als diese das Klagerecht erhalten, aber nicht verpflichtet sind, es auszuüben.
Unklare Motive
Dass Deutschland mit der Umsetzung so spät dran ist, wundert die Europaabgeordnete Barbara Weiler. Die Sozialdemokratin hat bei der Überarbeitung der EU-Richtlinie vor drei Jahren die Verhandlungen für das Europaparlament geführt: "Das Gesetz ist mit lediglich 15 Artikeln auf zehn Seiten kurz, klar, unkompliziert und unbürokratisch. Deswegen bin ich erstaunt, dass die Bundesregierung immer noch so zögerlich ist."
Obwohl zum Beispiel der führende europäische Dachverband UEAPME des Handwerks sowie der Klein- und Mittelbetriebe die Neuregelung fast überschwänglich begrüßte, habe die Bundesregierung bereits bei den Verhandlungen 2010 auf europäischer Ebene vehement versucht, die Richtlinie zu blockieren, weil es angeblich keine Probleme mit Zahlungsverzug gebe.
"Die liberalen Ministerien Wirtschaft und Justiz in Deutschland verwässern und verzögern nun auch die Umsetzung", kritisiert Weiler. Sie hofft jetzt auf eine Verabschiedung im Bundestag noch vor der Sommerpause.
Befürchtungen des deutschen Handwerks und der Bauwirtschaft, dass die neue Regelung einen Anreiz gibt, direkt längere Zahlungsfristen zu vereinbaren, sind gegenstandslos: "Es bleibt den Unternehmen unbenommen, weiterhin die ,sofortige' Zahlung zu verlangen", erklärt Andreas Schwab (CDU), binnenmarktpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion.