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Der Guide für ein smartes Leben.
Memristoren

Weitere Details und Fazit

Autor: Günter Pichl • 26.7.2010 • ca. 3:05 Min

Nahe Liegendes Derzeit befassen sich die meisten Forscher und Entwickler jedoch mit weitaus profaneren Anwendungsmöglichkeiten. Im Fokus des Interesses steht eine neue Art von Speicher, der die Eigenschaften "schnell", "klein", "preiswert herzustellend", "stromsparend" und - vor allem - "nicht f...

Nahe Liegendes

Derzeit befassen sich die meisten Forscher und Entwickler jedoch mit weitaus profaneren Anwendungsmöglichkeiten. Im Fokus des Interesses steht eine neue Art von Speicher, der die Eigenschaften "schnell", "klein", "preiswert herzustellend", "stromsparend" und - vor allem - "nicht flüchtig" vereinen soll. Im Aufbau entspräche so ein Speicher einem Gitter von elektrischen Leitungen, an deren Kreuzungspunkten sich je ein Memristor befindet. Spalten- und reihenweise könnte man so über den Stromfluss Widerstandswerte setzen (Schreiben) oder auslesen.

Glaubt man den HP-Mannen um Stanley Williams sind auf Memristor-Basis extrem kleine Strukturgrößen bis hinunter zu wenigen Nanometern möglich. Ebenso scheint das neue Bauteil punkto Geschwindigkeit herkömmlichen Halbleiterspeicher zu übertreffen. Zudem wäre auch ein räumlicher Aufbau - in dem viele der besagten Speicher-Gitter schichtweise übereinander aufgebaut werden - denkbar.

Schließlich benötigen Memristoren im Gegensatz zu Transistoren keine Steuerleitung, was den "Schichtbetrieb" deutlich erleichtert. Zudem ist die thermische Belastung deutlich geringer als bei herkömmlichen Speicher auf Transisitorbasis. Ebenso denkbar wäre es, mehr als nur ein Bit pro Kreuzungspunkt abzulegen. So könnten unterschiedliche Widerstandswerte einer Speicherzelle gleich mehrere Bits abbilden - ähnlich dem Prinzip von Multi-Level-Zellen bei NAND-Flash, die inzwischen bis zu vier Bits in einer Speicherzelle unterbringen.

Auf Grund des einfachen Aufbaus sind auch folienartige, flexible Speicher - wie unlängst vom NIST vorgestellt - machbar.Aller Anfang ist schwer Zur Zeit veröffentlichte Labormuster backen freilich weit kleinere Brötchen. Eine im Mai veröffentlichte Arbeit der HP Labs ist zweifellos noch dem Bereich Grundlagenforschung zuzuortnen. Das "Gitter" bestand aus überschaubaren 17 Leitungen, die von einer einzelnen Leitung gekreuzt werden. An jedem Kreuzungspunkt sitzt ein Memristor.

Der vom Williams-Team gebaute Speicher weist eine Strukturgröße von etwa 50 nm auf, was in etwa dem Doppelten eines modernem NAND-Flash-Speicher entspricht. Laut HP Labs ließen sich die Memristoren deutlich kleiner fertigen, für das Labormuster wählte man jedoch bewusst 50 nm, um es kompatibel zu herkömmlicher CMOS-Logik zu halten. Hoffnungsvoll stimmt das Verhältnis des Memristoren-Widerstandes zwischen den logischen Zuständen.

Die beträgt beim Labormuster satte 1:1000 (On - 100 kOhm zu Off - 100 MOhm). Andere Materialpaarungen versprechen sogar noch mehr - von bis zu eins zu einer Million ist die Rede - was für Multi-Level-Speicher mehr als ausreichend sein dürfte. Die Schaltgeschwindigkeit gaben die HP-Mannen mit 10 ns an, die Haltezeit des nicht-flüchtigen Speichers soll mehr als ein Jahr betragen.

Eine deutliche Schwachstelle weist das Labormuster jedoch dennoch auf: Bereits nach einigen 100 Schaltzyklen steigt die Fehlerrate des Memristor-Speicher deutlich an. Hier versprechen andere Materialpaarungen - z.B. die vielversprechende Kobination Silber-Silizium - deutlich mehr Standvermögen, wenngleich die Zyklenfestigkeit mit einigen Millionen Schaltvorgängen auch hier noch nicht für normalen Arbeitsspeicher ausreicht.

Memristoren allerorten

Definiert man den Memristor als einen, per Stromfluss veränderlichen Widerstand, müsste man freilich auch PCRAM (Phase Change-RAM) als Memristorspeicher betrachten. Hier sorgt der Phasenübergang zwischen amorpher und kristalliner Struktur in einer Chalkogen-Legierung für eine drastische Änderung des Widerstandes. Und wie beim vorher beschriebenen Speicher aus den HP Labs wird PCRAM per Stromimpuls gesetzt.

Allerdings ist es hier der Aufheizeffekt durch den Strompuls der den Phasenwechsel - und damit den logischen Zustand des Speichers - ändert. PCRAM ist bereits käuflich zu erwerben und soll vor allen in Handhelds und Smartphones als nicht-flüchtiger Arbeitsspeicher zum Einsatz kommen.

Fazit

Falls es gelingt, konkurrenzfähigen Speicher auf Memristorbasis herzustellen, wären die Konsequenzen weitreichend. Preiswerter, schneller und vor allem nichtflüchtiger Speicher könnte einige langgehegte Wünsche erfüllen. Wer hätte nicht gerne einen Computer, der nach dem Druck auf die Power-Taste sofort betriebsbereit ist und nicht erst minutenlang Daten von der Festplatte in den Arbeitsspeicher schaufelt?

Und würden sich alle Träume der Wissenschaftler und Techniker nach einem Multi-Layer/Multi-Level-Speicher erfüllen, ergäben sich astronomische Speicherdichten, die herkömmlichen Massenspeicher in Form von Festplatten überflüssig machen würden. Keine Mechanik, keine Headcrashes, keine Laufwerksgeräusche und das noch verbunden mit der Zugriffszeit und Datenübertragungsrate eines schnellen Arbeitsspeichers.

Das Ganze wäre dann - das versprechen uns zumindest die Entwickler - überaus stromsparend und bei Bedarf sogar noch flexibel aufrollbar wie eine Folie. Freilich wird längst nicht immer alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird und so bleibt abzuwarten, ob es den Spezialisten in den Laboratorien gelingt, das Potenzial des Memristors in zuverlässige und bezahlbare Produkte umzusetzen.