Datenschutz am Arbeitsplatz
Letztes Jahr kündigte die Regierung an, den Schutz von Angestellten zu verbessern. Die ersten Entwürfe liegen nun vor und erlauben das Gegenteil.

- Datenschutz am Arbeitsplatz
- Die Gesetzesvorhaben
von Vilma Niclas Die Deutsche Bahn akzeptiert im Herbst 2009 das höchste Bußgeld, das eine deutsche Aufsichtsbehörde für den Datenschutz je festgesetzt hat, etwa 1,1 Millionen Euro. Die Geschäftsführung hat mit Methoden der Rasterfahndungen die Daten einer großen Zahl von Mitarbeitern u...
von Vilma Niclas
Die Deutsche Bahn akzeptiert im Herbst 2009 das höchste Bußgeld, das eine deutsche Aufsichtsbehörde für den Datenschutz je festgesetzt hat, etwa 1,1 Millionen Euro.
Die Geschäftsführung hat mit Methoden der Rasterfahndungen die Daten einer großen Zahl von Mitarbeitern und deren Angehörigen heimlich und ohne konkreten Anlass überprüft - zur Korruptionsbekämpfung. Auch andere Großkonzerne wie Lidl und die Deutsche Telekom mussten schwerwiegende Datenschutzpannen zugeben.
Um den Arbeitnehmerdatenschutz zu stärken, führte die Bundesregierung im September 2009 kurzfristig den § 32 im Bundesdatenschutzgesetz ein, für ein eigenständiges Gesetz zum Schutz der Arbeitnehmer blieb der Großen Koalition vor der Wahl keine Zeit.
Direkt nach der Wahl kündigte die neue Regierung im Koalitionsvertrag an, sich für eine Verbesserung des Arbeitnehmerschutzes einzusetzen und gleichzeitig Arbeitgebern eine verlässliche Regelung an die Hand zu geben.
Die Verbände und Datenschutzbeauftragten der Länder erhielten jetzt einen ersten Entwurf des Bundesinnenministeriums vom 28. Mai 2010, der dem PC Magazin vorliegt. Die Experten sollen Stellungnahmen abgeben, anhand derer das Gesetz überarbeitet wird.
Der Entwurf in seiner jetzigen Fassung hebelt dabei einige der obersten Grundsätze des Datenschutzes aus, beispielsweise die Zweckgebundenheit der gespeicherten Daten.
Aktuell dürfen gespeicherte Kontodaten für den Lohn ohne konkreten Verdacht nicht zu anderen Zwecken durchkämmt werden, es sei denn der Mitarbeiter hat zugestimmt oder ein Gesetz erlaubt es. Dies war ein Grund für das hohe Bußgeld gegen die Deutsche Bahn.
Der Entwurf sieht hingegen vor: Der Chef soll vorhandene Beschäftigtendaten nutzen können, soweit es erforderlich und verhältnismäßig ist, um Vertragsverletzungen des Beschäftigten zu verhindern oder aufzudecken. Obgleich der Entwurf an dieser Stelle noch widersprüchlich und unausgereift ist, scheint das Ziel zu sein, das präventive Scannen von Daten, ohne konkreten Tatverdacht, per Gesetz zu erlauben.
Private Mails am Arbeitsplatz
Die Rechtslage ergibt sich derzeit aus vielen verschiedenen Gesetzen. In vielen Unternehmen ist nicht geregelt, ob man Internet und E-Mail privat nutzen darf. Surfen die Mitarbeiter privat im Netz, kann dies zur Folge haben, dass dies als betriebliche Übung gewertet wird und dies damit erlaubt ist.
Dies zieht erhebliche Pflichten des Arbeitgebers nach sich: Er muss das Fernmeldegeheimnis aktiv wahren und schützen und darf nicht mitloggen, welche Internetseiten die Angestellten aufrufen.
Andererseits haftet der Unternehmer für Urheberrechtsverletzungen, die über seinen Anschluss von Mitarbeitern begangen werden und riskiert sogar die Beschlagnahme der Rechner.
Viele Chefs verbieten daher die private Nutzung oder erlauben diese nur unter gleichzeitiger Einwilligung des Arbeitnehmers, dass das Fernmeldegeheimnis nur eingeschränkt gilt und besuchte Internetseiten mitgeloggt werden dürfen. Der Vorteil: Der Arbeitgeber kann Stichproben machen, ob sich Mitarbeiter an seine Vorgaben halten und dienstliche E-Mails herausverlangen. Eine Totalkontrolle ist tabu.
Der neue Gesetzentwurf regelt nun detailliert die Rechte des Arbeitgebers für die private als auch für die rein dienstliche Nutzung der Medien. Bei verbotener privater Nutzung soll gelten: Dem Arbeitgeber soll erlaubt werden, Verkehrsdaten zu speichern, um Mitarbeiter zu kontrollieren, Vertragsverletzungen oder Straftaten zu verhindern oder aufzudecken.
Das betrifft zum Teil auch die Inhalte der Kommunikation, sofern keine schutzbedürftigen Interessen des Beschäftigten entgegenstehen, es sich etwa um private Inhalte handelt oder Gespräche mit dem Betriebsrat.
Google und Videoüberwachung
Ein weiterer Punkt im Gesetzesvorhaben betrifft die Überprüfung von Bewerbern oder Angestellten mit Suchmaschinen. Arbeitgeber dürfen per Google allgemein zugängliche Informationen bei der Einstellung berücksichtigen. Das gilt auch für allgemein zugängliche Daten in sozialen Netzen. Videoüberwachung ist bisher nur für öffentlich zugängliche Räume gestattet, wie Arbeitsplätze in Kaufhäusern, sofern diese nicht heimlich erfolgt.
Der Entwurf plant, für nicht öffentlich zugängliche Räume ebenfalls eine gesetzliche Grundlage zu schaffen und die offene Videoüberwachung zu erlauben, wenn dies für wichtige betriebliche Interessen erforderlich ist unter einer zusätzlichen Interessenabwägung.
Erlaubt soll dies sein, um den Eingang zu überwachen, zum Schutz von Anlagen oder Eigentum des Arbeitgebers oder zur Sicherheit der Beschäftigten. Die Videoüberwachung muss gekennzeichnet sein. Private Rückzugsräume wie Sanitär-, Umkleide- und Schlafräume sollen von der Überwachung ausgenommen werden.
Heimliche Videoüberwachung in nicht öffentlichen Räumen soll nur möglich sein, wenn jemand einer Straftat konkret verdächtig ist und der betriebliche Datenschutzbeauftragte vorher zugestimmt habe. Es reicht nicht aus, wenn der Mitarbeiter einer geringfügigen Vertragsverletzung oder Ordnungswidrigkeit verdächtig ist.
Besonders brisant wird die Videotechnik, wenn der Überwacher sie mit Biometrie verknüpft, Irisscan oder Gesichtserkennung. Hier plant der Entwurf, dass Biometrie nur zur Autorisierung und Authentifizierung zulässig ist, solange keine schutzwürdigen Belange des Beschäftigten überwiegen. Zu anderen Zwecken darf der Arbeitgeber Fotos von Beschäftigten nur mit deren Einwilligung erheben und nutzen.
Der Entwurf plant ferner, einen Mitarbeiter im Außendienst per GPS orten zu dürfen, soweit dies aus betrieblichen Gründen zur Sicherheit des Beschäftigten erforderlich ist, oder um den Einsatz zu koordinieren, und sofern die Interessen des Beschäftigten nicht überwiegen. Dies soll bei einem Dienstwagen etwa nur während der Arbeitszeit erlaubt sein. Und der Arbeitgeber muss den Mitarbeiter informieren.