Breitband-Surfen via Satellit
Es gibt sie und es sind nicht wenige: Bewohner ländlicher Gebiete, die in absehbarer Zeit weder in den Genuss von DSL, noch Breitbandkabel oder einer schnellen Mobilfunk-Anbindung kommen werden. Für sie ist Internet via Satellit oft die einzige Alternative.

Die Strategie der Netz-Provider ist klar: Zuerst kommen die großen Ballungsräume, dann Städte, Kleinstädte und wo es sich anbietet, werden auch Märkte und Dörfer mit Breitbandinternetanschlüssen versorgt. Dass man dem Senner auf einer Allgäuer Almhütte einen DSLAM vor die Tür setzt, dam...
Die Strategie der Netz-Provider ist klar: Zuerst kommen die großen Ballungsräume, dann Städte, Kleinstädte und wo es sich anbietet, werden auch Märkte und Dörfer mit Breitbandinternetanschlüssen versorgt. Dass man dem Senner auf einer Allgäuer Almhütte einen DSLAM vor die Tür setzt, damit der gute Mann via DSL abends nach dem Melken noch ein wenig Kurzweil im Internet finden kann, ist hingegen so gut wie ausgeschlossen. Denn für einen einzelnen oder nur wenige Anwender ist die Verteilertechnik und deren Wartung für den Provider viel zu teuer.
Doch auch Anwender mit weit weniger extremer Randlage warten nicht selten vergebens auf einen DSL- oder Kabelanschluss. Schätzungsweise 1,5 Millionen Haushalte in Deutschland kommen auf absehbare Zeit nicht in den Genuss. Mit Internet via Satellit bietet sich für Bewohner abseits der Datenautobahnen eine elegante Alternative, die bislang aber nur ein Nischendasein führt. Denn ein wesentlicher Nachteil, der den alt bekannten Lösungen anhängt, ist der fehlende Rückkanal. Den Uplink, also die Datenübertragung vom Nutzer ins Internet, muss deshalb eine Modem-, ISDN- oder Mobilfunkverbindung übernehmen.
Dadurch entstehen nicht nur zusätzliche Kosten sondern je nach Anbieter auch noch die Notwendigkeit, einen zweiten Provider für die Telefonleitung ins Boot zu holen. Immerhin zeichnete sich in den 90er Jahren Internet via Satellit im Vergleich zu Modem oder ISDN mit hohen Datenraten im Downstream aus. So ermöglichten Sat-Provider bis zu 8 MBit/s schon zu Zeiten, als für Privatanwender ein kanal- gebündelter ISDN-Zugang mit seinen 128 kBit/s das höchste der Gefühle darstellte. Dem Glück des Datensaugerswurde allerdings durch teure und äußerst restriktive Volumentarife enge Grenzen gesetzt. Inzwischen hat sich das Preisgefüge entspannt und die meisten Sat-Provider haben eine Flatrate im Angebot.
Trotzdem sollten sich Freunde großer Downloadvolumen sorgfältig die AGBs der Anbieter durchlesen. Damit nicht eine Hand voll "Powersauger" für Stau auf der Datenautobahn sorgen, bremsen die meisten Provider Kunden mit großem Downloadvolumen in der Datenrate sukzessive ein und geben erst nach einer gewissen Zeit wieder das volle Tempo frei. Diese Restriktionen verbergen sich in den Angebotsbeschreibungen mitunter hinter freundlich klingenden Namen wie "Fair Policy". Mit einem Satellitenzugang falsch beraten sind auch Freunde von Online-Spielen. Aufgrund der langen Signalwege zum geostationären Orbit, rund 36 000 km über dem Äquator und wieder zurück, ist mit Antwortzeiten von mehreren 100 ms zu rechnen.
Einmal rauf und wieder runter
Zumindest ein großer Haken aller Internet-Satelliten- Angebote für Privatkunden der fehlende Rückkanal gehört seit dem Frühjahr der Vergangenheit an. Zunächst sind es zwei Anbieter, die hierfür ein - zumindest im Vergleich zu 2-Way-Lösungen für Firmenkunden - günstiges Produkt im Angebot haben. Der Vorteil: Für den Zugang ins Internet ist keine zusätzliche Verbindung via Telefonleitung oder Mobilfunk mehr nötig. Ein sendefähiger LNB (Low Noise Block) im Brennpunkt der Schüssel funkt ohne Umweg direkt zum Satelliten. Somit erhält tatsächlich jede Nordsee-Hallig und jede Almhütte mit freiem Blick auf die Orbitalposition eine Zufahrt zur Datenautobahn. Einziger Wermutstropfen: Die Antwortzeiten verdoppeln sich und liegen nun im Bereich jenseits von 600 ms.

Der Zugang DSL2U der Schott GmbH (www. dsl2u.de) bietet vier verschiedene Tarife mit bis zu 4096 kBit/s Downstream und 512 kBit/s Upstream. Wer sich mindestens 24 Monate an den Provider bindet, zahlt moderate 299 Euro für die Hardware. Hinzu kommen nochmals 99 Euro Aktivierungspauschale für die Einrichtung von Schüssel und Modem. Die 512-kBit/s-Flatrate (128 kBit/s Upstream) kostet monatlich 29,90 Euro, 128/1024 kBit/s schlagen mit 39,90 Euro zu Buche und wer die vollen 512/4096 kBit/s haben will, muss 158,90 Euro berappen.
Auf der vom Satellitenbetreiber Astra entwickelten Astra2Connect-Plattform arbeitet ein weiteres rückkanalfähiges Angebot des Providers Filiago (www.filiago.de). Filigao bietet drei Tarife von 256 kBit/s (64 kBit/s Upstream) für 19,90 Pro Monat bis zu 1024 kBit/s (128 kBit Upstream) für 39,95 Euro. Allerdings bezieht sich die niedrige monatliche Gebühr auf eine Sofortzahlung für zwei Jahre. Wer also nicht gleich knapp 1000 Euro für seinen 1024 kBit/s-Zugang auf den Tisch legen will, zahlt mehr - bei monatlicher Zahlungsweise ergeben sich so für den 128/1024 kBit/s-Tarif 49,95 Euro pro Monat. Hinzu kommen 9,95 Euro, falls Schüssel und Modem nur gemietet werden sollen. Andernfalls fallen einmalig 319,95 Euro für die Hardware an. Wer die Schüssel nicht selbst aufstellen kann oder will, muss nochmals 130 Euro für die Installation berappen.
Wer meint, mit dem Satellitenzugang bequem zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen - wird derzeit enttäuscht. Beide Systeme eignen sich wegen des Sende-LNBs nicht zum gleichzeitigen Fernsehempfang. Bei Astra ist jedoch eine Multifeed-Lösung in der Pipeline, die dann sowohl Daten auf 23,5 Grad Ost als auch das TV-Programm auf 19,2 Grad Ost mit nur einer Schüssel empfangen kann.
Astra2Connect in der Praxis
Um die 2-Wege-Satellitenlösung auch in der Praxis zu testen, orderten wir eine Astra2Connect-Anlage mit 1024 kBit/s-Zugang von Filiago. Das gelieferte Paket bestand aus einer 90-cm-Sat-Schüssel, einem mächtigen, sendefähigen LNB und einem externen Satellitenmodem. Der Zusammenbau bewegt sich auf unterem IKEA-Niveau. Etwas fisseliger ist es, den richtigen Astra- Satelliten auf 23,5-Grad Ost zu finden. Ein Kompass für die Grobeinstellung und ein Satfinder sind für diese Aufgabe anzuraten. Damit wären die Installationsschwierigkeiten jedoch auch schon aufgezählt.

Denn um die Konfiguration von Transponderfrequenzen, Polarisationsrichtungen, PIDs und ähnlichen satellitenspezifischen Dingen, braucht sich der Astra2Connect- Kunde nicht zu kümmern. Alles, was Sie tun müssen, ist im Rechner Ihre LAN-Verbindung auf DHCP stellen, das Modem per Crosslinkkabel an den Rechner stöpseln und schon gehts ab ins Internet. Nicht mal die einmalige Eingabe Ihrer Benutzerdaten, wie bei DSL- oder Kabelverbindungen, ist erforderlich.
Internet all inklusive
Grundsätzlich unterstützt die Astra2Connect- Lösung von Filiago alle Angebote, die auch DSL-Anwendern zur Verfügung stehen. Angefangen beim World Wide Web über FTP und Usenet funktioniert alles wie gewohnt und auch der Teilnahme an Tauschbörsen steht nichts im Wege. Zudem sind Dienste wie VoIP genauso möglich wie VPN oder dynDNS. Die Geschwindigkeit der Datenübertragung entspricht dem, was man von einem 1 Mbit/s-Zugang erwarten darf. Rund 115 kByte/s rauschten bei unseren Tests über den Äther. Allerdings lagen die Antwortzeiten (Ping) im Bereich von rund 650 ms. Für größere Downloads ist das belanglos und auch beim Surfen im Internet ist die gute halbe Sekunde "Bedenkzeit" leicht zu verschmerzen. Die VoIP-Nutzung jedoch, die oftmals ohnehin schon etwas zäh vonstatten geht, ist schon nicht mehr jedermanns Sache. Gänzlich witzlos sind die 650 ms natürlich für Online- Spieler und auch so manche VPN-Anwendung kommt bei dieser Verzögerung aus dem Tritt.

Wer das weiß und wen das aufgrund seines eigenen Nutzungsprofils nicht weiter stört, erhält mit Astra2Connect jedoch eine interessante Alternative zur festen Verkabelung, deren Kosten dank Flatrate und integriertem Rückkanal überschaubar bleiben. Erfreulich auch: Trotz heftiger Download- Orgien kamen wir mit der "Fair Policy" nicht in Konflikt. Wir hatten während des gesamten Testzeitraums die vollen 1024 kBit/s zur Verfügung. Allerdings könnte sich dies bei starker Auslastung jederzeit ändern, wobei sich die Rückstellung auf die volle Download-Rate erst nach 30 Tagen als Ärgernis entpuppen könnte.