Alles über den neuen WLAN-Standard
Das neue Gigabit-WLAN steht in den Startlöchern und katapultiert uns mit sagenhaften 1,3 GBit/s durch den virtuellen Raum - schneller als im Kabelnetzwerk. Wir zeigen Ihnen, was hinter den raffinierten Tricks des neuen Standards IEEE 802.11ac steckt.

Die Tage Ihres alten WLAN sind gezählt. IEEE 802.11ac ist der Name des neuesten Standards für Drahtlosnetzwerke. Mit dem neuen Standard können Sie eine Datendurchsatzgeschwindigkeit von bis zu 1,3 Gigabit pro Sekunde erreichen, das ist dreimal so schnell wie derzeit üblich. Das Streamen von i...
Die Tage Ihres alten WLAN sind gezählt. IEEE 802.11ac ist der Name des neuesten Standards für Drahtlosnetzwerke. Mit dem neuen Standard können Sie eine Datendurchsatzgeschwindigkeit von bis zu 1,3 Gigabit pro Sekunde erreichen, das ist dreimal so schnell wie derzeit üblich.
Das Streamen von immer größeren Dateiformaten, wie etwa HD-Filme, wird dadurch zur Leichtigkeit. Der neue IEEE 802.11ac Gigabit Wi-Fi Standard (kurz: 11ac) befindet sich momentan zwar noch im Entwurfsstatus, etwa Ende 2013 wird die finale Version erwartet. Prognosen des IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engeneers) besagen jedoch , dass er bis zum Jahr 2015 großflächig in den meisten Haushalten eingesetzt werden wird.
Höher, schneller, breiter
Um die benötigte Kapazität erreichen zu können, verfeinert der 11ac-Standard größtenteils bereits verwendete Techniken, zum Beispiel über die Verbreiterung der Übertragungsfrequenz. Funkübertragung per WLAN funktioniert im Grunde wie das altbekannte Radio. Die am weitesten verbreitete Frequenz für Drahtlosnetzwerke ist 2,4 GHz, diese konkurrieren aber mit Bluetooth-Geräten und sogar Mikrowellen um den freien Luftraum, was dazu führt, dass es schnell zu Sendeengpässen kommt. Die 5-GHz-Frequenz bietet sehr viel mehr Potenzial, da sie nicht so überfüllt ist.

Sowohl 2,4 als auch 5 GHz lassen durch jeweils 19 verschiedene Kanäle Übertragung mit 20 MHz Bandbreite zu. Diese 20 MHz erlauben nun wiederum maximal 75 MBit/s. Die bisherigen 11n-Router generieren ihre Gesamtdatendurchsatzgeschwindigkeit schließlich dadurch, dass sie jeweils zwei dieser Kanäle bündeln. Diese gebündelten Signale namens spatial streams (dt.: räumliche Datenströme) erreichen dadurch 40 MHz Breite. Mit zweimal 75 MBit/s für jeden der beiden räumlichen Datenströme ergeben sich also 300 MBit/s.
Die neuen 11ac-Router bündeln ebenfalls Übertragungskanäle, doch sie verwenden dabei vier 5-GHz-Kanäle auf einmal und erzeugen ein einzelnes Signal mit 80 MHz Breite, das auch noch doppelt soviel leistet wie bisher. Der 11ac-Standard bietet deshalb mehr Daten auf der gleiche Bandbreite: Ein System mit drei räumlichen Datenströmen und einem gebündelten 80-MHz-Signal liefert so bis zu 1,3 Gbit/s.
Um Interferenzen zwischen benachbarten Netzwerken zu vermeiden, müssen die neuen WLAN-Router zwei Techniken beherrschen. Zum einen reduziert der Router seine Durchsatzrate automatisch, sobald er andere Netzwerke in Reichweite erkennt. Diese Technik nennt man TPC (Transmit Power Control). Die dadurch ersparte Akkuleistung ist besonders für mobile Geräte von Vorteil.
Zum anderen können 11ac-Router aus dem Stegreif auf andere Kanäle ausweichen, falls Interferenzen, etwa durch Wetterradare, entstehen. Diese Technik nennt man DFS (Dynamic Frequency Selection). Durch die Kombination dieser beiden Techniken wird das Drahtlosnetzwerk flexibel und läuft stabiler.
Beamforming
Eine weitere neue Entwicklung kommt mit der Implementierung von "Beamforming" zum Tragen. Während heutige WLAN-Router ihre Daten gleichmäßig in Form konzentrischer Kreise in alle Himmelsrichtungen senden, richten sich Router und Empfänger beim Beamforming aktiv nach der Position des Sendepartners aus, um den optimalen Verbindungsweg zu ermitteln - ähnlich wie beim Richtfunk.

Davon abgesehen sind mit der Technik höhere Modulationsstufen möglich. Als Modulation bezeichnet man die Fähigkeit, die Wellenbreite von Datenströmen zu verändern. Je höher die Modulationsstufe, desto höher der Datendurchsatz.
Beamforming war übrigens schon im derzeitigen Standard 11n vorgesehen, jedoch niemals weitreichend umgesetzt worden. Mit 11ac kann nun erstmals das volle Potenzial des Beamforming genutzt werden.
Nun wissen wir, wie die Signale verteilt werden, doch wie werden Sie aufbereitet?
Gezielte Signale
Dies erledigt Ihr Router mit der so genannten MIMO-Methode (Multiple Input & Multiple Output). Mehrere Sende- und Empfangsantennen werden hier zur drahtlosen Kommunikation benutzt, die einzeln, aber auch parallel verwendet werden. MIMO wird in jedem handelsüblichen 11n-Router benutzt. Mit 11ac sind theoretisch bis zu acht Simultanströme möglich.
Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass WLAN-Router gebaut werden, die dies komplett ausreizen; jedes weitere genutzte Signal bringt weniger Leistungssteigerung als das jeweils Vorherige. Eine Implementierung so vieler Antennen in einen neuen Router ist unökonomisch, da die Herstellungskosten für jede weitere Antenne ansteigen.
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Eine Erweiterung dieses Systems nennt sich MU-MIMO-Modus (MU = multiple users), die mindestens vier Antennen pro Router voraussetzt. Jeder Router kann so mit jeweils zwei seiner Antennen zwei verschiedene Empfänger gleichzeitig bedienen.

Diese parallele Aufteilung entschlackt den Datenübertragungsprozess zusätzlich, funktioniert aber nur, wenn auch der Empfänger MU-MIMO versteht. Die Technik, die dabei verwendet wird, nutzt die Verfügbarkeit verschiedener unabhängiger Radioterminals aus, um die Kommunikationsfähigkeiten jedes einzelnen Terminals zu erhöhen.
Leistungssteigerung von 33 Prozent
Schießlich nutzen auch 11ac-Geräte weiterhin die OFDM-Technik (Orthogonal Frequency Division Multiplex), da diese das Phänomen des Selektivschwunds vermeidet. Selektivschwund beschreibt das Problem, dass sich zwei oder mehr Signale beim Aufeinandertreffen teilweise gegenseitig aufheben - ganz so wie Wellen im Meer, die aufeinandertreffen.
11ac kennt aber noch einen zusätzlichen Kniff, um die Leistung von OFDM zu steigern, der sich "Quadratur-Amplituden-Modulation mit 256 Stufen" nennt, kurz QAM256 - ein Kürzel, das viele Satellitennutzer kennen dürfte, denn auch hier wird diese Form der Wellenmodulation genutzt. QAM ist eine vorwiegend digitale Form der Modulation, die nicht nur Signalamplituden verändert, sondern auch digitale Signale über einen Kommunikationskanal überträgt.
Die in der 11n-Generation verwendete Modulation benutzt 6 Bit, während QAM256 8 Bit unterstützt. Der höhere Durchsatz bei gleicher Schrittrate bedeutet eine Leistungssteigerung von 33 Prozent. Last but not least sorgen auch verbesserte Herstellungsmethoden für die signalverarbeitenden Chips dafür, dass bessere Kodierungstechniken und aggressivere Fehlerkorrektur-Codes höhere Datenraten ermöglichen.
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Ein Nachteil der für 11n nötigen 5-GHz-Frequenz ist jedoch die niedrigere Signalreichweite. 11ac-Router sind in dieser Hinsicht 11n-Routern mit 2,4 GHz unterlegen. Außerdem werden Hersteller der 11ac-Reihe höchstwahrscheinlich wieder den "good neighbor"-Grundsatz einhalten. Dieser verhindert, dass verschiedene Router entweder denselben Kanal benutzen oder ein Router einen Kanal ständig für sich beansprucht.

Ein 11n-Router wird also davon abgehalten, auf 2,4 GHz mehrere Kanäle zu bündeln, wenn ein anderer aktiver Router in der Nähe bereits dort aktiv ist. 11ac Router haben demgegenüber im 5-GHz-Band zwar mehr Kanäle zur Auswahl, doch belegt dieser Kanel in dem Frequenzbereich wegen dessen Breite mehr Platz. Wenn mehrere Geräte darauf zugreifen wollen, finden diese möglicherweise nicht genug Kanäle, um mit 80 MHz zu übertragen. Die Geräte stufen dann ihre Signale auf 40 oder gar 20 MHz herab, was natürlich für enorme Einbrüche beim Datendurchsatz sorgt.
Vorreitertechnik
Derlei Nachteile lassen sich vielleicht aber noch ausbügeln, denn noch ist der Standard im Grunde noch gar keiner. Die wenigen verfügbaren 802.11ac-Modelle basieren lediglich auf dem zweiten Entwurf der IEEE-Entwicklergruppe. Wie schon beim 11n-Standard lassen es sich die Hersteller aber nicht nehmen, schon jetzt Router auf den Markt zu bringen, die die Technik bereits beherrschen. Laut Hersteller sind sie vorwärts- und rückwärtskompatibel, genau wie deren Vorgängermodelle.
Das müssen Sie beachten
Wenn Sie bereits aufrüsten wollen, sollten Sie neben dem Hauptgerät aber noch Geld in eine 802.11ac-Ethernet Bridge investieren (beziehungsweise zwei Router, von denen einer als Bridge konfiguriert ist). Wenn Bridge und Router nicht auf der gleichen Hardware-Basis arbeiten, müssen Sie mit Leistungsverlusten rechnen.

Sie können auch zusätzliche Geräte, von denen Sie streamen wollen, wie etwa ein Blu-ray-Player oder Smart-TV, direkt an die Bridge anschließen. Der IEEE-11ac-Standard ist rückwärtskompatibel mit früheren WLAN-Standards und kann deshalb in die derzeitige WLANdschaft reibungslos integriert werden.
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Doch Vorsicht: 11ac ist nicht gleich 11ac. Der derzeitige IEEE-Entwurf sieht unter den bisher erwähnten Verbesserungen nur die Dreikanalunterstützung von 20, 40 und 80 MHz als hinreichend für den Standard an. Damit können sich Geräte mit nur maximal 293 MBit/s dennoch 11ac nennen.
Das betrifft vor allem Smartphones, die einfach nicht darauf ausgelegt sind, mehrere Antennen in ihren kleinen Gehäusen unterzubringen. Sobald der Markt sich aber für 11ac-Router öffnet und die Auswahl immer größer wird, lohnt es sich, darauf zu achten, ob die versprochene Leistung auch wirklich drinsteckt.
Vollauslastung ade: Warum 100% Datendurchsatz nicht möglich sind
Der IEEE 802.11ac verspricht 1300 MBit/s, was realistisch ist, aber selten komplett ausgereizt werden wird.
Dies liegt schlicht daran, dass mit dem verwendten CSMA/CA-Protokoll (Carrier sense multiple access with collision avoidance) eine Art Warteschlange im Funkraum entsteht. Das System sendet ständig kleine Datenpakete an die teilnehmenden Geräte und klärt, ob diese frei sind oder Prozesse anstehen, die die Verarbeitung verzögern. In letzterem Fall warten die Geräte eine zufällige Zeit im Millisekundenbereich bis sie wieder anfragen dürfen.
Dies ist nötig, damit Signale verschiedener Sender nicht gleichzeitig versuchen, an denselben Empfänger zu funken. Diese Wartezeiten sorgen besonders bei mehreren verschiedenen Sendern dafür, dass nie die gesamten 100 Prozent Ihrer Bandbreite genutzt werden.
Fazit:
Die neue 11ac-Technik bietet mit raffinierten Erweiterungen eine enorme Verbesserung gegenüber 11n. Und mit den bereits verfügbaren Routern mit 11ac-Technologie von Asus (RT-AC66U), Belkin (AC 1200), Buffalo (WZR-D1800H-EU), D-Link (DIR-865L) und Netgear (R6300) können Sie schon jetzt Netzwerk-Vorreiter werden.