Das "richtige" Management
- Das müssen Sie bei Firmenübernahmen beachten
- Das "richtige" Management
Angenommen, der Investor hat seine Übernahmeziele definiert und weiß, welche Struktur und Kultur das akquirierte Unternehmen hierfür braucht. Dann kann er im nächsten Schritt definieren, wie das Management des übernommenen Unternehmens künftig strukturiert sein sollte ...

Angenommen, der Investor hat seine Übernahmeziele definiert und weiß, welche Struktur und Kultur das akquirierte Unternehmen hierfür braucht. Dann kann er im nächsten Schritt definieren, wie das Management des übernommenen Unternehmens künftig strukturiert sein sollte und welches Profil die Personen haben müssen, die dort die Top-Positionen innehaben. Dies ist wiederum die Voraussetzung, um zu prüfen, welche der bisherigen Führungskräfte weiterhin auf der Payroll des Unternehmens stehen sollen und welche nicht.
Dies zu ermitteln ist im Vorfeld von Übernahmen meistens nur bedingt möglich - speziell bei feindlichen. Denn dann können die Investoren zwar oft schon auf die Organigramme zugreifen,
die zeigen, wer welche Position im Unternehmen innehat und wie offiziell die Entscheidungsprozesse ablaufen. Aus diesen Datenblättern geht aber nicht hervor, wie die Entscheidungen real getroffen werden.
Aus ihnen ist auch nicht ersichtlich,
- wie effektiv die Leiter der Bereiche zusammenarbeiten,
- wie diese als Person "ticken"
- und wie stark diese zum Beispiel im Umsetzen von Entscheidungen sind.
Hierüber können die Investoren im Vorfeld von Übernahmen oft nur über Umwege erste Informationen gewinnen: zum einen durch eine Analyse und ein Interpretieren der ihnen zur Verfügung stehenden betriebswirtschaftlichen Daten, zum anderen beispielsweise durch das Befragen externer Partner wie Kunden und Lieferanten. Diese Informationen genügen aber gerade bei der zweiten und dritten Führungsebene, die nicht so stark wie der Vorstand im Rampenlicht steht, meist nicht, um zu ermitteln, inwieweit die Stelleninhaber die Anforderungen für die Übernahme einer Top-Position erfüllen.
Frühzeitige Prüfung und Planung
Deshalb kann die eigentliche Leadership- Due-Diligence-Prüfung in der Regel erst erfolgen, wenn die Übernahme vollzogen ist. Dann sollte sie aber schnellstmöglich geschehen, damit die Führungskräfte Gewissheit über ihr eigenes Schicksal erhalten und ihren Mitarbeitern den Halt geben können, den sie gerade in Umbruchsituationen brauchen. Also muss die Leadership-Due-Diligence- Prüfung zum Zeitpunkt der Übernahme bereits vorbereitet sein.
Eine Leadership-Due-Diligence-Prüfung lässt sich mit einem Management- Audit vergleichen, bei dem mit einer Batterie von Instrumenten versucht wird, einzuschätzen, inwieweit die oberen Führungskräfte einer Organisation über die nötigen Kompetenzen verfügen, um ihren Beitrag zum Erreichen der Unternehmensziele zu leisten. Der einzige Unterschied zu den Audits, die viele Großunternehmen im Drei- oder Vierjahresrhythmus zum Soll-Ist-Abgleich durchführen, ist, dass bei einer Leadership-Due-Diligence-Prüfung die zentralen Fragen lauten:
- Welche Top-Executives des übernommenen Unternehmens besitzen die Fähigkeiten und Eigenschaften, die auf der Management-Ebene des Unternehmens künftig benötigt werden?
- Kann das bisherige Führungsteam auch unter den geänderten Rahmenbedingungen die gewünschte Wirkung entfalten oder sind personelle und strukturelle Veränderungen nötig?
Das heißt: Bei einer Leadership-Due-Diligence-Prüfung ist das Audit auf die angestrebten Veränderungen und die Ziele des neuen Eigners fokussiert. Das ist wichtig, denn bei Übernahmen gilt: Oft sind gerade die Top-Executives, die im akquirierten Unternehmen in der Vergangenheit die "Erfolgsgaranten" waren, die "Bremser", wenn es um das Erreichen der neuen Ziele geht. Dies sei an drei Beispielen illustriert:
Beispiel 5
Angenommen, ein Anlagenbauer möchte einen Mitbewerber übernehmen und gegen diese feindliche Übernahme wehren sich insbesondere dessen Vorstandsvorsitzender und Finanzvorstand vehement. Dann wird das Unternehmen doch geschluckt, was der Finanzvorstand auch als persönliche Niederlage empfindet. Dann fällt es ihm vermutlich schwer, sich mit den neuen Gegebenheiten zu arrangieren und sich mit den neuen Zielen zu identifizieren. Also stellt sich für die neuen Eigner die Frage: Ist dies für uns der richtige Mann - ungeachtet seiner Kompetenz als Finanzvorstand?
Beispiel 6
Ein Büromaschinenhersteller wird von seinem härtesten Konkurrenten geschluckt, dessen Produkte der Vertriebsleiter des übernommenen Unternehmens in Mitarbeiter- und Kundengesprächen stets schlecht bewertet hat - teils aus taktischen Gründen, teils aus Überzeugung. Für die neuen Eigner stellt sich dann die Frage: Kann der bisherige Vertriebsleiter diese Funktion auch künftig bekleiden? Verliert er, wenn er plötzlich die Produkte des ehemaligen Mitbewerbers mitvertreibt und lobt, nicht die Glaubwürdigkeit bei seinen Mitarbeitern und Kunden?
Beispiel 7
Ein Versicherungskonzern erwirbt eine andere Versicherungsgesellschaft. Um die gewünschten Synergieeffekte zu erzielen, soll unter anderem die EDV des übernommenen Unternehmens der IT-Landschaft des neuen Eigners angepasst werden. Dadurch wird auch der bisherige IT-Leiter teilweise "entmachtet". Er muss sich nun dem Diktat der neuen Herren unterordnen. Daraus erwächst die Frage: Kann er sich auch künftig noch mit seiner Position identifizieren? Erfährt er sein neues Stellenprofil nicht als Degradierung?
Auch solche Fragen gilt es bei der Leadership-Due-Diligence-Prüfung zu beantworten, um letztlich zur Entscheidung zu gelangen, wer welche Funktion in der Organisation wahrnimmt. Also müssen auch die Fragestellungen im Audit hierauf fokussiert sein. Zuweilen wird das Ergebnis der Prüfung lauten: "Wir brauchen Herrn Mayer noch in einer Übergangsphase von einem Jahr als erfahrenen Manager und wichtigen Know-how-Träger. Doch danach..." Dann sollte der neue Eigner in der Regel mit offenen Karten spielen und mit dem Manager ein Agreement aushandeln, das allen Beteiligten entgegenkommt.