Sony A7S II im Test: Die neue S-Klasse
Mehr zum Thema: SonyDie Sony A7S II tritt an zum Test: Jetzt kommt auch die Available-Light-Expertin unter den Sony-Vollformatkameras in den Genuss der Modell-II-Verbesserungen. Mit Erfolg?

Der Preis von 3.400 Euro für die neue 12-Megapixel-Kamera Sony A7S II mit Vollformatsensor liegt mehr als doppelt so hoch, als die rund 1.600 Euro für die Sony A7 II mit 24-Megapixel-Sensor. Rechnet man spaßeshalber den Preis pro Megapixel aus, kommt man bei der Alpha 7 II auf 67 Eur...
Der Preis von 3.400 Euro für die neue 12-Megapixel-Kamera Sony A7S II mit Vollformatsensor liegt mehr als doppelt so hoch, als die rund 1.600 Euro für die Sony A7 II mit 24-Megapixel-Sensor. Rechnet man spaßeshalber den Preis pro Megapixel aus, kommt man bei der Alpha 7 II auf 67 Euro, bei der Alpha 7S II auf 283 Euro. Ein Zahlenspiel, nicht mehr. Denn schließlich ist die Nennauflösung des Sensors nur einer von vielen Parametern für die zu erwartende Bildqualität.
Sony propagiert die A7S II als Spezialistin für das Fotografieren bei wenig Licht und signalisiert dies durch ein ISO-Maximum von ISO 409.600 - ein theoretischer Wert, weil man in dieser ISO-Region nur noch eine freie fotografische Interpretation der Wirklichkeit zu erwarten hat.
Ein praktischer Vorteil der großen Pixel ist die fast konstante Bildqualität bis ISO 800 und die immer noch gute ISO-3.200-Qualität. Hinzu kommt eine geringere Neigung zu Beugungseffekten bei starkem Abblenden: Die förderliche Blende liegt bei der Sony A7S II bei 13,8, während man bei der A7R II schon ab Blende 7,4 in die Beugungszone gerät. Ein weiteres Highlight der S-Klasse ist die Möglichkeit, Filme in 4K-Auflösung aufzuzeichnen.
Gehäuse & Sucher
In der Sony A7S II steckt ein Bildstabilisator, der Vibrationen um fünf Achsen - Schwenken/Neigen, horizontale/vertikale Bewegungen und Rollen um die optische Achse - ausgleicht. Laut Sony sollen damit um bis zu 4,5 EV-Stufen längere Belichtungszeiten aus der Hand möglich sein. Die Mechanik des Stabilisators dürfte andererseits mit daran schuld sein, dass das Gehäuse der Sony A7S II um 12 mm dicker ist als das der A7S und gut 100 g mehr wiegt.

Zugelegt hat die Sony A7S II auch beim elektronischen OLED-Sucher. Dessen Auflösung ist mit 786.432 RGB-Pixeln im Vergleich zur A7S zwar unverändert, doch die effektive Suchervergrößerung ist von 0,71fach auf 0,78fach angewachsen und übertrifft damit sogar den Sucher der bisherigen Rekordhalterin Fujifilm XT-1 (0,77fach).
Wie bei deren Sucher muss man sehr nah an das Okular herangehen, um das Sucherfeld zu überblicken. Allerdings fehlt der Sony A7S II die bei der XT-1 vorhandene Option, das Sucherbild zugunsten besserer Übersicht zu verkleinern. Ansonsten ist die Qualität der Darstellung auf dem von den A7-Modellen gewohnt hohen Niveau. Ebenfalls bekannt ist der verstellbare 3-Zoll-Monitor mit einer Auflösung von 307.200 RGB-Bildpunkten.
Die wichtigsten Drahtlosfunktionen, also Bildtransfer und Fernsteuerung der Kamera, hat die Sony A7S II an Bord. Die zur Fernsteuerung nötige App Smart Remote ist auf der A7S II vorinstalliert; auf dem Smartphone muss PlayMemories Mobile installiert sein. Ist die Verbindung hergestellt, zeigt der Smartphone- Monitor das Live-Bild an; auch das Einblenden von Gitterlinien ist möglich. Auf Touch-AF bzw. Touch-Auslösung muss man verzichten und die meisten Aufnahmeeinstellungen an der Kamera selbst vornehmen. Für den schnellen Verbindungsaufbau ist NFC eingebaut.
Autofokus & Belichtung
Bei der A7S II setzt Sony abermals auf einen reinen Kontrast-AF, der über 169 Messfelder verfügt, deutlich mehr als bei der A7S (25 Felder). Außerdem gibt es mehr Messfeldkonfigurationen. Die Auswahl von "Breit" (Messfeldautomatik) über "Feld" (Messfeldgruppierung) und "Mitte" (zentrales Messfeld) bis "Flexible Spot" (verschiebbares Messfeld in drei Größen) und "AF-Verriegelung" (Verfolgungs-AF im Modus AF-C) wurde durch die Option "Erweiterter Flexible Spot" ergänzt mit folgendem Vorteil:
Wenn das AF-System nicht auf den gewählten Einzelpunkt fokussieren kann, verwendet es mit nachgeordneter Priorität die direkt benachbarten Fokuspunkte. Begünstigt durch das geringe Sensorrauschen erkennt der Autofokus der Sony A7S II laut Hersteller Kontraste auch bei sehr schwachem Licht bis -4 EV. Erfreulicherweise arbeitet der Autofokus auch schneller als beim Schwestermodell: 0,33/0,37 s bei 300/30 Lux beträgt die Auslöseverzögerung inklusive AF-Zeit (0,45/0,46 s bei der A7S).
Sämtliche A7-Modelle arbeiten mit einem mechanischen, vertikal ablaufenden Schlitzverschluss mit Zeiten von 1/8.000 bis 30 s. Zudem können alle außer der A7R den ersten Verschlussvorhang elektronisch simulieren (Einstellungen-Menü, "Elektr. 1.Verschl.vorh."), was das Auslösegeräusch dämpft und eine Blitzsynchronzeit von 1/250 s ermöglicht (A7R: 1/160 s). Die Funktion "Geräuschlose Aufnahme", bei der ausschließlich der elektronische Verschluss zum Einsatz kommt, steht nur bei der A7R II und A7S II zur Verfügung. Bei voll elektronischer Verschlussfunktion sind etwa Blitzen, Bildeffekte, Auto-HDR oder Langzeitrauschminderung nicht möglich.

Zu den Stärken der S-Klasse unter den A7-Modellen gehört das Filmen, bei maximaler Auflösung arbeiten sie mit 3.840 x 2.160 Pixeln (4K) und 60 Vollbildern pro Sekunde. Neben der hohen Auflösung interessiert den Videofilmer die volle Pixelauslesung ohne Pixel-Binning (Zusammenfassen benachbarter Pixel auf dem Bildsensor). Zu den professionellen Video-Aufnahmefunktionen gehören die neue S-Log3-Gamma-Einstellung für einen Belichtungsspielraum von bis zu 14 Stufen, eine verbesserte Zebra-Darstellung als Überbelichtungswarnung und eine Bildwiederholrate von 120 B/s bei Full-HD, die Zeitlupenaufnahmen (4- und 5-fach) ermöglicht.
Funktionalität & Bedienung
Beim Bedienkonzept reiht sich die Sony A7S II lückenlos in das Familienumfeld ein. Mit drei Rädern, eines davon am Vier-Wege-Schalter, lassen sich diverse Einstellungen vornehmen; auch für die Belichtungskorrektur steht ein (rastendes) Einstellrad zur Verfügung.
Das Schnelleinstellmenü gibt es in zwei Varianten - vollflächig, wenn nur der EVF als Motivsucher verwendet wird - oder als Streifen mit Funktionsfeldern am unteren Bildfeldrand bei Live-Bild-Darstellung am TFT-Monitor. Beim Einstellen von Zeit oder Blende gefällt die vergrößerte Darstellung des aktuellen Einstellwerts an einer Skala am Monitor - da können auch viele Brillenträger ihre Sehhilfe im Etui lassen.
Die Funktionstasten C1 bis C4 und die doppelt belegten Tasten des Vier-Wege-Schalters versprechen Direktzugriffe auf häufig gebrauchte Funktionen wie etwa die ISO-Einstellung oder den Bildfolgemodus inklusive Bracketing für Belichtung, Weißabgleich und DRO (Kontrastausgleich). Ein alles in allem überzeugendes Gesamtkonzept. Im Hauptmenü mit 27 Unterseiten und mit bis zu sechs Einträgen pro Seite muss man sich freilich erst einmal zurechtfinden.
Bildqualität
Die Sony A7S II erreicht zwar nicht die maximale Grenzauflösung, die mit 12 Megapixeln möglich wäre (ca. 1.400 LP/BH), doch bleibt die gemessene Auflösung um 1.200 LP/BH bis in hohe ISO-Regionen fast konstant. Ähnliches gilt für die Dead-Leaves-Werte, die zwar nicht auf sehr hohem Niveau (938/975 LP/BH) starten, dann aber bis ISO 800 nahezu konstant und darüber auf respektablem Niveau bleiben. Zudem fällt auf, dass die Werte für DL-Low-Contrast bis ISO 1.600 zum Teil höher sind als jene für DL-High-Contrast.
Die Dynamik ist mit 9 bis 10 Blenden über das praktikable ISO-Spektrum bis 12.800 hoch. Zum Rauschen: Die ISO-100-Werte sind zwar bei anderen Sony-Kameras zum Teil etwas niedriger, doch dafür steigt das Rauschen auch bei ISO 6.400 nur auf VN 1,5. Absolut überzeugend ist die fast konstante Bildqualität bis ISO 800 sowie die gute Nutzbarkeit von ISO 1.600 und 3.200 mit akzeptablen Verlusten.
Fazit
Das Interesse an der Sony A7S II braucht fotografische Zielsetzungen, die überwiegend ISO-Einstellungen über 1.600 erfordern. Bis ISO 3.200 bringt die Kamera gute, bei ISO 6.400 achtbare und bei ISO 12.800 - wo die meisten anderen Kameras das Bild bereits kaputt rechnen - noch immer verwertbare Ergebnisse.
Konzertfotografen und alle anderen, die häufig bei wenig Licht arbeiten, bekommen damit ein ausgezeichnetes Werkzeug an die Hand, das allerdings seinen Preis hat. Ist der Fotograf auch als Filmer unterwegs, ist die 4K-Option ein schlagendes Argument. Wer darauf verzichten kann und ein eher universelles Arbeitsgerät sucht, ist mit der rund 1.800 Euro günstigeren Sony A7 II eindeutig besser bedient.