Testbericht
Visual Studio 2012 im Test
PC Magazin testet den Release Candidate von Visual Studio 2012. Vieles ist neu, das gilt auch und vor allem für "kachelige" Metro-Apps unter Windows 8.

Es klingt ein wenig wie die Zapfsäulen an der Tankstelle: Ultimate, Premium, Professional und Express - der Release Candidate des neuen Visual Studio bietet schon alle Versionen, die es auch in der finalen Ausführung geben wird. Und da alle RC-Versionen kostenfrei sind, spricht nichts dagegen, die Version mit den meisten Features, Visual Studio 2012 Ultimate, zu installieren.
Alle Versionen stehen dabei auf der Microsoft-Webseite zur Verfügung. Visual Studio 2012 Ultimate installieren Sie direkt, indem Sie die Kachel Ultimate RC installieren anklicken. Der Metro-Look schon beim Download kommt nicht von ungefähr, denn auch die Software selbst ist mit dezent grau in grau gehaltenen Schaltflächen ganz im Metro-Stil gestylt, woran sich vermutlich auch in der finalen Version nichts ändern wird.

Auch bei den Icons ist man, trotz heftiger Kritik an der Betaversion, dabei geblieben, auf jegliche Farbe zu verzichten. Wer möchte, kann jedoch im Texteditor und in anderen Fenstern die Farben nach seinen Wünschen einstellen. Den Dialog rufen Sie über Extras/Optionen/Umgebung/Schriftarten und Farben auf.
Visual Studio 2012 im Test: Metro-Apps mit HTML5 und JavaScript
Wenig Revolutionäres bietet das Programm dann zunächst nach dem Start: Visual Studio 2012 unterstützt nach wie vor die Programmiersprachen Visual Basic, Visual C#, Visual C++ und Visual F#. Es stehen zahlreiche Projektvorlagen für WPF-, WCF-, ASP-, Silverlight-, Office-, Sharepoint- und Workflow-Anwendungen zur Verfügung und auch Windows Forms gibt es noch.

Wer aber die Entwicklungsumgebung unter dem neuen Betriebssystem Windows 8 installiert hat, kann mit der Windows-Runtime-Bibliothek auch sofort Metro Style Apps entwickeln. Voraussetzung ist eine Windows 8-Entwicklerlizenz. Beim Anlegen eines Metro Style-Projekts werden Sie automatisch aufgefordert, eine solche abzurufen. Nach Ihrer Zustimmung wird die Lizenz auf dem Computer installiert. Zur Authentifikation verwenden Sie Ihre Windows Live ID.
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Die wohl bemerkenswerteste Neuigkeit in der dann umgestalteten Entwicklungsumgebung: Speziell für Metro-Apps gibt es fünf JavaScript-Projektvorlagen. Da JavaScript-Programmierer aus der Webentwicklung kommen, ist zu erwarten, dass im neuen Visual Studio zukünftig zwei Programmierwelten mit unterschiedlichen Herangehensweisen aufeinander treffen werden. Während bei den konventionellen .NET-Sprachen die GUI der Anwendung auf XAML basiert, arbeiten JavaScript-Programmierer mit HTML5, wobei die Features des neuen HTML-Standards in großem Umfang unterstützt werden.

Ebenfalls im wahrsten Sinne des Wortes ansehnlich ist das neue Ribbon-Steuerelement für WPF-Anwendungen. Bevor Sie es verwenden können, müssen Sie dem Projekt eine Referenz auf den Namespace System.Windows. Controls.Ribbon hinzufügen (Rechtsklick auf Verweise im Projektmappen-Explorer und Auswahl von Verweis hinzufügen; selektieren Sie den Namespace im Verweis-Manager und bestätigen Sie mit OK).
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Danach können Sie das Ribbon im XAML-Code beispielsweise wie in der Abbildung oben links zu sehen codieren. Die Beschriftung der Menüeinträge legen Sie im Element RibbonApplicationMenuItem mit dem Attribut Header fest.
Die Click-Attribute verweisen auf die korrespondierenden Ereignismethoden in der Codedatei MainWindow.xaml.cs. Um das Ribbon-Steuerelement auch in der Toolbox sichtbar zu machen, klicken Sie dort mit der rechten Maustaste in die Titelleiste und dann auf Elemente auswählen. In diesem Fall funktioniert auch Drag & Drop. Der XAML-Code wird dann automatisch generiert.
Das Konzept der portablen Klassenbibliotheken erlaubt es, eine Klasse auf verschiedenen Plattformen (z.B. WPF, Windows Forms, Silverlight, Windows Phone oder Xbox) zu verwenden, ohne jeweils Anpassungen im Code durchführen zu müssen. Die Projektvorlage Portable Klassenbibliothek (Portable Class Library in der englischen Oberfläche) steht neben der herkömmlichen Klassenbibliothek im Dialog Neues Projekt als Vorlage zur Verfügung. Im anschließend erscheinenden Dialog Portable Klassenbibliothek hinzufügen wählen Sie die gewünschten Zielplattformen aus. Diese können Sie auch nachträglich in den Projekteigenschaften ändern.

Visual Studio 2012 im Test: Programierung für hohe Ansprüche
Das ebenfalls neue Framework .NET 4.5 bringt darüber hinaus viele neue kleinere und größere Features wie beispielsweise die Unterstützung von Arrays, die größer sind als 2 GByte. Außerdem verfügt die neue Fassung über eine verbesserte Garbage Collection mit dem Background Garbage Collector für Server, einen optimierten Background-Just-intime-Compiler für Multicore-Prozessoren und verhängt Timeouts beim Abgleich von zu umfangreichen regulären Ausdrücken. Eine Zusammenfassung aller Neuerungen von Visual Studio 2012 finden Sie bei Microsoft, die wichtigsten haben wir Ihnen am Ende des Artikels zusammengestellt.
Zu den besonders erwähnenswerten Neuerungen gehören etwa jene in der parallelen Programmierungsart neuen Tools in der IDE. Völlig überarbeitet wurde PLINQ (Parallel LINQ) für parallele LINQ-Abfragen und die Task Parallel Library. Viele Methoden arbeiten zudem deutlich performanter als im .NET 4 und bei einigen PLINQ-Methoden ist nun sichergestellt, dass diese immer parallel ausgeführt werden. Ürigens profitieren davon auch Programme, die unter .NET 4 geschrieben wurden - auch ohne Neucompilierung.
Visual Studio 2012 im Test: Fazit
Das neue Visual Studio und, damit einhergehend, .NET 4.5 warten mit einigen sehr willkommenen neuen Features auf, die bei einer zukunftssicheren Entwicklungsumgebung einfach nötig sind. Über die graue Oberfläche mag man geteilter Meinung sein, zumindest befinden sich alle Tool-Fenster und Dialoge noch am ihrem gewohnten Platz.