Next-Gen-Spiel mit (Start)schwierigkeiten
Cyberpunk 2077 im Test: "Nur" ein solides Open-World-Rollenspiel
Cyberpunk 2077 ist das wohl am heißesten erwartete Spiel 2020. Wir haben das Open-World-Rollenspiel im Test für PC und Xbox Series S.

Am 10. Dezember war es soweit: Nach einer Entwicklungszeit von rund acht Jahren hat CD Projekt mit Cyberpunk 2077 das wohl am heißesten erwartete Spiel des Jahres veröffentlicht. Nach der Fantasywelt von "The Witcher" geht es für das Entwicklerstudio damit erstmals auf zu neuen Ufern.
Leider ist das Spiel auch abseits der unzähligen Bugs und Fehler, die das Spiel insbesondere auf den älteren Konsolen PS4 und Xbox One absolut unspielbar machen, nicht das erhoffte Meisterwerk geworden, über das wir auch in Jahren noch schwärmen werden.
Stattdessen ist Cyberpunk 2077 ein Spiel mit Ecken und Kanten, an dessen Ende wir glücklicherweise dennoch sagen können: Wir hatten Spaß mit unserem Ausflug nach Night City und möchten ihn keinesfalls missen.
Cyberpunk 2077 im Test: Willkommen in Night City
Gleich zu Beginn steckt Cyberpunk 2077 einen Rahmen, in dem wir uns das gesamte Spiel bewegen werden: Das Spiel überlässt uns immer wieder eine Vielzahl von Wahlmöglichkeiten, ohne dass diese eine wirklich tiefgehendere Bedeutung haben oder entsprechende Entwicklungen mitbringen.
So wählen wir zu Beginn aus einem von drei Hintergründen, die die Herkunft von V, unserem Protagonisten bzw. unserer Protagonistin, bestimmen. Ob wir als Nomade von außerhalb der Stadt kommen, als Street Kid in den Gassen Night Citys aufwuchsen oder als Agentin für den Megakonzern Arasaka arbeiten, bleibt uns überlassen. Bis auf ein paar zusätzliche Dialogoptionen macht unsere Wahl aber keinen wirklichen Unterschied.
Auch im Charakter-Editor können wir unzählige Parameter anpassen, um V ganz nach unseren Wünschen zu gestalten. Wobei das nicht ganz stimmt, denn so sehr wir auch basteln, bleibt V doch immer ein muskulöser und breiter Kerl oder eine schlanke und etwas weniger muskulöse Frau. Wirkliche Wahlfreiheit sieht leider anders aus.
Nachdem wir unseren/unsere V erstellt haben, folgen wir je nach Hintergrund einer von drei Storylinien, die uns alle nach einer Einführungsmisson an denselben Punkt führen. Dabei startet das Spiel etwas langsamer, zieht uns mit den Charakteren, die wir bereits in den ersten Spielstunden treffen, jedoch schnell in einen Sog, der zum Weiterspielen animiert.

Cyberpunk 2077 im Test: Viele Entscheidungen, wenig Freiheit
Dabei stört es dann auch gar nicht so sehr, dass auch die Hauptgeschichte Wahlmöglichkeiten nur vorgaukelt. Zwar können wir die Reihenfolge, in der wir die verschiedenen Missionsstränge angehen, selbst bestimmen. Am Ende folgen wir jedoch einem festen Plan. Daran ändern auch die vielen Dialogoptionen nichts, die bis auf den nächsten Satz unseres Gegenübers oft keine Bedeutung haben. Erst ganz am Ende erlaubt uns das Spiel, wirklich selbst zu entscheiden, wie wir die Handlung von Cyberpunk 2077 beenden wollen.
Doch wenn wir ehrlich sind, steht die Hauptgeschichte von Cyberpunk so oder so nicht wirklich im Fokus unserer Spielerfahrung. Die Story ist unterhaltsam, keine Frage, kommt bis auf ein paar Glanzmomente jedoch nicht wirklich über ein Actionspiel-Durchschnittsniveau hinaus.
Ganz anders die Nebenhandlungen, die wir über mehrere Missionen verfolgen. Hier spielt Cyberpunk 2077 seine größte Stärke aus. Egal, ob wir versuchen, Rockstar Johnny Silverhands alte Liebe wiederaufleben zu lassen oder mit der Nomadin Panam durch die Badlands vor der Stadt fahren: Nicht nur wachsen uns die Charaktere trotz all ihrer Fehler schnell ans Herz, auch bekommen wir in den Nebengeschichten ein Gefühl dafür, was es bedeutet, in einer Cyberpunk-Zukunft zu leben.
Cyberpunk schafft es hier, dass sich die Zusammenarbeit mit den NPCs nicht wie ein paar optionale Quests, sondern wie tatsächliche Freundschaften oder Beziehungen anfühlen. Dem gegenüber stehen aber unbedeutende NPCs in der Stadt, die im Vergleich zum Genre-Primus Rockstar Games deutlich lebendiger und interaktiver sein könnten, wenn sie gerade nicht durch Glitches auffallen.
So ausgereift und erwachsen sich uns die Charaktere präsentieren, so kindisch und pubertär wirkt jedoch oft der krampfhafte Versuch des Spiels, besonders erwachsen zu wirken. All die Nacktheit, Obszönitäten und Gewalt der Welt wirken oft, als hätte sie ein Teenager erdacht. Das stört beim Erleben der Spielwelt fast so sehr wie die Passanten und Fahrzeuge, die ihrem vorgegebenen Pfad stets stur und ohne Beachtung der Umgebung folgen.
Positiv hervorheben wollen wir an dieser Stelle die deutsche Sprachausgabe, wobei insbesondere V (weiblich) fantastisch klingt. Doch auch die Stimmen vieler anderer Charaktere haben uns gut gefallen.
Cyberpunk 2077 im Test: Hauptsache Rollenspiel
Beim Vorgehen in den einzelnen Missionen erleben wir in Cyberpunk erstmals ein tatsächliches Gefühl von Freiheit. In nahezu jeder Aufgabe gibt es für uns mehrere Wege, das Ziel zu erreichen. Ob wir uns durch die Gegner hindurchschleichen, die Technik hacken oder uns mit gezückter Waffe durch die Gegner schnetzeln, lässt uns das Spiel offen. Ab und zu erlaubt es uns sogar ein diplomatisches Vorgehen.
Ein Scheitern stellt dabei dann auch keine allzu hohe Fallhöhe dar. Werden wir entdeckt oder schlägt unser Überzeugungsversuch fehl, können wir uns jederzeit getrost durch die Gegnermassen prügeln oder schießen. Diese stellen auch in größerer Zahl meist keine besondere Bedrohung dar, das subtile Vorgehen ist zu keiner Zeit ein Muss.
Glücklicherweise machen die Kämpfe ordentlich Spaß. Zwar könnte das Gunplay besonders auf der Konsole etwas knackiger sein, aber die Mischung aus sich unterschiedlich spielenden Waffenkategorien und die Verwendung von Quickhacks macht durchaus Laune.
Auch wenn Cyberpunk in der Zukunft und nicht in einer Fantasy-Welt spielt: Die Rollenspiel-Wurzeln von CD Projekt Red sind im Spiel an allen Ecken zu erkennen. Dabei wirken viele Rollenspiel-Elemente jedoch leider aufgesetzt, etwa das Herstellen und Verbessern der eigenen Gegenstände, das zu keiner Zeit notwendig erscheint oder nur selten spürbare Verbesserungen mitbringt.
Dazu hat uns etwa das Kaufen von neuem "Chrom", also Körpermodifikationen, absolut überzeugt. Das klassische Level-Up-System mit Fähigkeitsbäumen obendrauf hätte es dazu aber nicht gebraucht. Hier wäre der Fokus auf ein einziges System besser gewesen.
Auch das an Looter-Shooter erinnernde "Waffensammeln" stört die Immersion. Statt nach einem Kampf weiter der Geschichte zu folgen, klappern wir notgedrungen besonders zu Beginn des Spiels das gesamte Areal nach besseren Gegenständen ab. Füllt sich dann das Inventar, hätte der eine oder andere UI-Schliff noch gut getan.
Das Verwenden von Kleidung als Rüstung passt ebenfalls nicht ganz zur Vorstellung vom coolen Söldner bzw. der coolen Söldnerin: Stets müssen wir uns entscheiden, ob es uns ein paar Rüstungspunkte weniger wert sind, wenn wir dafür nicht wie ein verkleideter Hampelmann neue Aufträge an Land ziehen oder Türen eintreten. Ein Loslösen von alten Genre-Gewohnheiten hätte dem Spiel hier gut getan.
Neben den Haupt- und spannend gestalteten Nebenstories gibt es in der Open World das übliche Sammelsurium an Tätigkeiten, wobei wir diese nie als störend empfunden haben. Nebenaktivitäten wie Autorennen und Boxkämpfe, Sammel-Quests für Tarotkarten und kleinere Events am Straßenrand wie Aufgaben von der Polizei oder Überfälle halten uns auf Trab.

Cyberpunk 2077 im Test: Schön ist das Söldnerleben
Mit Night City hat CD Projekt eines sicher geschafft: Das Spiel sieht nach Cyberpunk aus. Die Hochhausschluchten, Imbissstände und Seitengassen schaffen eine unglaubliche Atmosphäre. Besonders nachts hat es das Spiel (auch auf Xbox Series S) immer wieder geschafft, dass wir einen Moment innehalten mussten, um das Panorama auf uns wirken zu lassen.
Doch auch tagsüber pulsiert die Stadt vor Leben. Zumindest auf den ersten Blick, denn nach genauerer Betrachtung stören die wenigen Fahrzeuge, vor unseren Augen verschwindende Figuren und die fehlende funktionale KI unsere Immersion. An diesen Punkten wird CD Projekt RED weiter feilen: Stand "jetzt" ist das Thema prominent auf dem Tisch.
Ein Blick auf die Technik zeigt immerhin, dass die Macher pünktlich zum Start von RTX 30 / Big Navi oder PS5 und Xbox Series X das passende Next-Gen-Spiel geliefert haben, das nicht nur über eine Grafikdemo hinausgeht. Gerade am PC mit Raytracing-Effekten werden in 4K-Auflösung jegliche Rechner in die Knie gezwungen - dafür gibt es aber eine knackscharfe Optik, Unmengen Details und tolle Lichteffekte.
Das KI-Upscaling DLSS von Nvidia wird bei maximalen Grafikeinstellungen entscheiden, wie flüssig Cyberpunk 2077 bei Ihnen läuft. Immerhin ist Cyberpunk sowohl mit als auch ohne Raytracing wunderschön. AMD wird Raytracing dabei erst später unterstützen. Wir empfehlen, nach Möglichkeit mit Adaptive Sync (G-Sync / FreeSync) und der DLSS-Voreinstellung "Ausgeglichen" zu spielen, wenn die Optik samt Raytracing im Vordergrund steht. Je nach Rechnerausstattung fahren Sie dafür die Schatten oder Details herunter. Für mehr fps kann die DLSS-Einstellung "Ultra Performance" ungeahnte Kräfte freischaufeln. Nach unserem Geschmack geht dabei im Spielbetrieb aber viel Schärfe verloren, die Screenshot-Vergleiche (Momentaufnahmen) nicht unbedingt aufzeigen - da das KI-Upscaling in fordernden Situationen mehr "tricksen" muss.
Bisherige und kommende Patches - offiziell wie inoffiziell - werden dies vermutlich noch verbessern. Gute Erfahrungen haben wir beispielsweise mit dem Hex-Trick für Cyberpunk 2077 gemacht, der auf einem Ryzen 5000 spürbar mehr Leistung herausholte. Ein später aufgetauchter Trick für die Speicherzuweisung hat sich mit Patch 1.05 erledigt.
Cyberpunk 2077 im Test: Fazit
Cyberpunk ist mit Sicherheit nicht das von vielen erhoffte Meisterwerk geworden. Selbst ohne den katastrophalen Release auf den älteren Konsolen trüben zu viele Kanten das Spielerlebnis, als dass wir dem Spiel diesen Titel anerkennen könnten. Das heißt jedoch nicht, dass wir das Spielen von Cyberpunk 2077 bereut hätten.
Ganz im Gegenteil: Cyberpunk ist immer noch ein wahnsinnig unterhaltsames Rollenspiel, das insbesondere mit fantastischen Charakteren und einer liebevoll gestalteten Open World aufwarten kann und dabei einfach fantastisch aussieht.
Hinweis: Wir sind in diesem Text weder auf die massiven Überstunden der Entwicklerinnen und Entwickler (Crunch) im Entstehungsprozess des Spiels, noch auf die problematischen Stereotypen, sowohl im Spiel selbst als auch im Marketing vor Spielstart, eingegangen. Diese sollen jedoch keinesfalls unter den Tisch fallen. Im Folgenden finden Sie (englischsprachige) Texte, die die verschiedenen Aspekte tiefgehender beleuchten:
- Crunch im Entwicklungsprozess von Cyberpunk 2077: Cyberpunk Game Maker Faces Hostile Staff After Failed Launch
- Rassistische Stereotype in Cyberpunk 2077: Orientalism, Cyberpunk 2077, and Yellow Peril in Science Fiction
- Transfeindlichkeit in Cyberpunk 2077: How Cyberpunk 2077 Perpetuates Transphobia & Why Gamers Are Calling It an Act of Violence
Diese schwierigen Themen unterstreichen die Punktabzüge für uns. Dann hilft es auch nicht, dass Cyberpunk 2077 auf einem High-End-PC mit "minimalen" Fehlern läuft oder wohl mit Abstand zu den bestaussehenden Spielen der letzten Jahre gehört.
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