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Video-Portale im Internet

YouTube hat Internet und Fernsehen verändert. Beide Medien vermischen sich immer stärker zu einem gemeinsamen Bilderstrom. Viele Medienhäuser haben sich inzwischen dieser Entwicklung mit guten Ideen angeschlossen.

Autoren: Redaktion pcmagazin und Wolf Hosbach • 22.9.2007 • ca. 8:00 Min

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YouTube hat das Internet verändert. Und das Fernsehen auch. Beide Medien vermischen sich immer stärker zu einem gemeinsamen Bilderstrom. Viele Medienhäuser haben sich inzwischen dieser Entwicklung mit guten Ideen angeschlossen....

YouTube hat das Internet verändert. Und das Fernsehen auch. Beide Medien vermischen sich immer stärker zu einem gemeinsamen Bilderstrom. Viele Medienhäuser haben sich inzwischen dieser Entwicklung mit guten Ideen angeschlossen.

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Derzeit gehen erstaunliche zehn Prozent des gesamten weltweiten Datenverkehrs auf das Konto von YouTube. Das ist aber kein Wunder, denn es gibt kaum etwas, was es bei YouTube nicht gibt. Jeder Anwender findet hier sein Vergnügen. Klassische Tauschbörsen-Inhalte sammeln sich dort: Die Musik-Qualität ist zwar nicht so gut wie von einem MP3-File, aber dafür flimmern die offiziellen Videos, Fernsehaufzeichnungen oder Live-Mitschnitte der Artisten über den Bildschirm. Bei aktuellen Songs meist alles drei. Hinzu kommen Coverversionen oder mit der Musik unterlegte, private Video-Versuche. Viel Müll, aber auch einige sehr sehenswerte und veritable Stilübungen, die es mit den Profis aufnehmen können.

Viele Bands nutzten das Portal ähnlich wie das von MySpace gezielt als Plattform für Aktionen. Die Smashing Pumpkins aus Chicago beispielsweise führten einen Video-Wettbewerb auf YouTube durch. Die Teilnehmer drehten eigene Clips zum Song Tarantula. Immer mehr Musiker erkennen, dass kopieren und im Netz verbreiten nicht nur einen Geldschaden bedeuten, sondern Popularität und Sympathie fördern. Moderne Bands wie Arctic Monkeys oder Nine Inch Nails arbeiten bereits systematisch damit. Statt Internet, neue Medien und deren Grundfunktionen den Krieg zu erklären, machen sie sich die Vorteile zunutze, um beispielsweise näher an die Fans heranzukommen.

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Übersicht Videoportale
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Doch nicht nur Bands machen Stimmung für sich im Video-Web, auch die amerikanischen Präsidentschaftskandidaten haben auf YouTube eine Wahlveranstaltung eingerichtet. Wechselt der Betrachter auf die globale (amerikanische) Seite des Unternehmens, so sieht er einen Banner The CNN YouTube Debates. Amerikanische Staatsbürger stellen den Kandidaten Video-Fragen zu deren politischen Zielen. Die Politiker antworten in einer CNN-Sendung. Am 17. September findet die nächste Debatte statt.

Während hierzulande viele Politiker das Internet als Sammelhort für Terroristen erkennen, den es gilt, dem Verfassungsschutz und dem BKA weitgehend zu unterwerfen, ist in den USA selbstverständlich, die positiven Effekte neuer Medien zu nutzen. Die deutschen Politiker hinken hinterher, dabei würden sie Bürgernähe und Demokratie hinzugewinnen. Ganz einfach.

Grundrauschen

YouTube ist das größte Video-Portal, aber es gibt eine ganze Reihe Konkurrenten und Nachahmer, die ebenfalls etwas zu bieten haben. Fast alle Portale verwenden den Flash- Player, um die Streams abzuspielen. Doch die Qualität, die dabei rüber kommt, ist eher dürftig. Das kann einem den Spaß schon verderben. Einen deutlich höheren Genuss bietet Stage 6, das Portal, das zu DivX gehört.

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Weltweit exklusiv bei Sevenload gab es das neue Video von Marilyn Manson, Heart Shaped Glasses.
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So findet auch der gleichnamige Codec Verwendung und die Filme verlieren nicht an Brillanz, auch wenn der Anwender sie über den ganzen Bildschirm vergrößert. Auf der Seite findet sich ferner eine Anleitung, wie der Zuschauer die Filme auf seinen Fernseher streamt. Dafür hat die Seite deutlich weniger Inhalte und der Musikfreund muss sich mit Katie Melua und Blondie zufrieden geben. Hoch aufgelöst kann das ein Genuss sein, sofern die Bandbreite der DSL-Leitung mitspielt.

Sehenswerte und exklusive Inhalte – aber bei der beschriebenen mageren Qualität – gibt es auf Portalen, die professionelle Quellen anzapfen. Da sind an erster Stelle die Dienste, die in der Hand oder unter Beteiligung von Medienhäusern stehen. Da wäre an erster Stelle MyVideo zu nennen, das zur Pro7-Gruppe gehört. Der Serien- und Soap-Freund kommt voll auf seine Kosten: Ausschnitte aus Topmodel, Popstars on Stage, Grillmeister und weitere zweifelhafte Kreationen zur Volksbelustigung.

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Topmodel und Co.: Bei MyVideo von Pro 7 findet sich die ganze Welt der Serien – wer drauf steht.
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Umgekehrt gibt es jeden Samstag auf Sat1 die MyVideo-Show, die die lustigsten privaten Clips der Plattform zeigt - und dem Sender kostenlosen Content verschafft. Werbeeinblendungen erscheinen auch, jedoch nicht so dreist wie bei Videotube. Dort muss sich der Zuschauer erst durch 45 Sekunden Congster-Werbung langweilen, bevor er einen Film zu sehen bekommt. Wer tut sich das an? Auch Sevenload (Burda) bietet eine Reihe thematischer Kanäle, die exklusive Inhalte zeigen. Im Musikbereich finden sich beispielsweise Video-Premieren, vor dem offiziellen Start, etwa der neueste "Skandal-"Clip von Marilyn Manson. Der Sportkanal berichtet solange über Golf, Tennis oder bietet kostenlose Fitness-Stunden an.

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Fragen an die Präsidentschaftskandidaten stellen Amerikaner auf YouTube. Die Politiker antworten in einer CNN-Sendung.
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Obwohl YouTube inzwischen zum Google-Imperium gehört, erhält die Firma Google Video aufrecht. Sucht der Anwender hier etwas, so findet er die Filme von beiden Portalen, jeweils mit dem Logo gekennzeichnet. Zwei Vorteile bietet die Google-Variante: YouTube-Videos sind auf 10 Minuten Länge begrenzt, bei Google gibt es längere Clips. Und der Anwender kann Videos ohne Tricks herunterladen. Er bekommt eine Exe-Datei, die einen Flash-Player mit dem Film startet.

Bei MySpaceTV ist das Angebot ebenfalls beachtlich. Und der Filmfreund bewegt sich in einer sehr lebhaften Community, deren Mitglieder Filme tauschen oder auf ihren Profilen zeigen. Kaum eine persönliche Seite featured keine lustigen Filmchen. Und auf den Musikseiten präsentieren die Bands aktuelle Stücke oder Live-Mitschnitte.

Der Erfolg von YouTube hat viele Nachahmer erweckt, die wir nicht alle in der Übersicht erfasst haben. Oft bieten sie nur den schieren Video-Tausch und sind auf private Filmchen beschränkt. So beispielsweise Zeec. Sie haben eher den Charakter von Bilderbörsen a la Flickr. Autsch hat sich ganz auf Pleiten, Pech und Pannen spezialisiert. "Erfolgreiche virale Clips sind in irgendeiner Art und Weise krass, laut, schrill oder brutal", sagt etwa Thomas Zorbach von der Agentur VM-People, die im Auftrag für Werbekunden Videos für YouTube produziert. Schadenfreude ist das Hauptthema der meisten Filme auf allen Portalen.

Videos teilen und grabben

Viele Plattformen erlauben es dem Anwender, die Videos auf privaten Webseiten oder Blogs einzusetzen. YouTube macht es dem Anwender einfach. Im Kasten neben jedem Film findet sich ein Feld Embed. Den Code kann jeder kopieren und bei sich einbauen. Bei MySpace findet sich ein ähnlicher Code im einem Feld namens Video Code. Da fast alle Plattformen mit Flash arbeiten, ist es immer möglich, ein Video in den eigenen Auftritt aufzunehmen. Z.B. kann der Anwender den erwähnten Code von YouTube verwenden, aber die URL des Clips einer anderen Plattform eintragen. Das sollte mit wenigen Anpassungen funktionieren. Ob der Plattformbetreiber dies in seinen Nutzungsbedingungen auch erlaubt, sollte der Anwender prüfen, bevor er sich rechtlichen Ärger einhandelt.

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Zum Abspielen der heruntergeladenen Videos von YouTube eignet sich der kostenlose FLV-Player.
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Videos grabbenOft entsteht der Wunsch, besonders gelungene Filme auf dem eigenen Rechner zu archivieren. Denn oft sind sie ebenso schnell wieder verschwunden, wie sie hochgeladen wurden. Weil beispielsweise ein Urheber oder ein Abgefilmter Widerspruch einlegen. Zum Grabben eignet sich die Firefox-Extenion Fast Video Download (addons.mozilla.org/de/firefox/addon/3590). Wenn der Anwender die Seite des Videos geöffnet hat, klickt er auf den Button des Tools rechts unten im Browser. Ein Speichern-unter-Fenster öffnet sich und er vergibt einen Dateinamen. Zum Betrachten der FLV-Datei gibt es spezielle Tools beispielsweise der FLV-Player (flv-player.softonic.de). Ein Plug-in für Winamp existiert ebenfalls, es benötigt aber ein paar Anpassungen von Hand. Die Qualität der heruntergeladenen Clips ist ebenso fad, wie die des Original-Streams über das Web.

Interview - „krass, laut, schrill oder brutal“

Wie werden YouTube-Videos erfolgreich?

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Thomas Zorbach, Werbeagentur VM-People
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Wolf Hosbach sprach mit Thomas Zorbach, dem Mitgründer der Berliner Werbeagentur VM-People, die sich ausschließlich mit viralem Marketing beschäftigt. Im Gegensatz zum klassischen sollen sich beim viralen Marketing Werbebotschaften wie Viren in der Zielgruppe ausbreiten. Eine wichtige Plattform für solche ansteckenden Aktionen bilden Web-2.0-Angebote wie YouTube.

PC Magazin: Ihre Agentur hat eine ganze Reihe sehr erfolgreicher Videos bei YouTube platziert. Gibt es dafür ein Erfolgsrezept?

Zorbach: Es reicht nicht, einfach ein Video hochzuladen und zu gucken, was passiert. Das führt nur zu Frust. Man muss die schieren Massen an Clips berücksichtigen, die tagtäglich eingestellt werden. Wenn man etwas in Gang setzen will, muss man bestimmte Kriterien beachten. Das fängt bei der Frage an, welcher Inhalt ist ansteckend?

Was bedeutet das konkret?

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Lachen und Erschrecken mischen sich in diesem Video-Clip, der sich wie eine Seuche über diverse Video-Plattformen verbreitet hat.
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Wir sprechen von Haken und Ködern, die ein viraler Clip beinhalten muss. Diese Begriffe, das wird Sie interessieren, kommen aus der Computer-Viren-Forschung. Die Frage ist, warum verbreiten sich Computer-Viren? Ursache sind keineswegs nur technische Komponenten. Wenn man mal an den I-Love-You-Virus denkt, wirken da soziale Auslöser. Und genau die sind für uns interessant, wo wir, ich sage mal, positive Viren in Umlauf bringen wollen.

Was ist da genau der Haken?

Der Haken ist ein Appell an ein menschliches Grundbedürfnis oder ein bestimmtes Nutzerverhalten. Der Haken bewirkt, dass sich etwas in der Aufmerksamkeit eines Menschen festsetzt. Wir haben 16 bis 18 solcher Haken identifiziert. Ein Beispiel ist das Lachen, das Grundlage für viele erfolgreiche Clips ist, denn es gibt ein menschliches Grundbedürfnis nach Unterhaltung und Spaß. Sehr erfolgreich ist immer eine Kombination aus mehreren Haken, z.B. Erschrecken und Lachen. Den Klassiker von Ford mit der Taube, die vom Kühlerdeckel fortgeschleudert wird (www.youtube.com/watch?v=LqSmk8gNMVU), kennen Sie bestimmt.Virale Spots buhlen aber nicht nur um Aufmerksamkeit, sondern sie wollen auch weitergeleitet werden. Da kommt der Köder ins Spiel. Er ist ein Mehrwert, den derjenige erhält, der den Spot an sein Umfeld weiter gibt. Ein klassischer Mehrwert bei viralen Spots ist ein Prestigezugewinn. Coolness ist ein weiterer Köder. So etwas fehlt vielen Clips, sie werden vielleicht noch wahrgenommen, aber nicht weitergeleitet.

Was würde konkret ein Köder sein?

Das gibt es letztendlich viele Möglichkeiten. Ich nenne Ihnen auch da ein Beispiel: Schadenfreude, der Erste-April-Effekt, ein Streich, den man seinen Mitmenschen spielt. Das ist ein beliebter Köder.

Reicht das für den Erfolg aus?

Nein, wenn ich den Clip bei YouTube hochlade, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass er sich von selbst viral verbreitet, gering. Auch wenn er die Ansteckungskriterien Haken und Köder enthält. Was ich zusätzlich machen muss, ist, die Überträger für ein Thema zu identifizieren. Eine kleine Anzahl von Menschen erzielt eine exponentielle Wirkung dadurch, dass sie die Botschaft in ihre Netzwerke hineinmultiplizieren.

Deswegen überlegen wir uns: Wer könnte sich für den Clip interessieren? Wir gucken in verschiedenen Netzwerken, wer darin eine zentrale Rolle spielt. Wer ist besonders engagiert, wer hat schon mal witzige Inhalte geschrieben? Den fassen wir ins Auge und überlegen uns, wie wir ihn mit unseren Inhalten in Berührung bringen. Das darf dann auch nicht plump passieren, sonst wird es vielleicht als Spam oder Beleidigung aufgefasst. Wenn der Inhalt für diese Leute einen Mehrwert darstellt, gibt es in der Regel keine Probleme und die höchst mögliche Wirkung wird entfaltet.

Natürlich will man auch wissen, was man für ein Feedback bekommt. Ich würde gucken, was auf den Plattformen dieser Leute passiert, ob sie sich damit auseinandergesetzt haben, ob sie vielleicht selber darauf Bezug genommen haben. Und ich würde versuchen, mit ihnen im Dialog zu bleiben.

Was Sie bislang beschrieben haben, sind relativ viele Meta-Elemente. Ist die Technik im Video gar nicht bedeutsam?

Die Ausführung ist auch wichtig. Dem viralen Marketing wird oft vorgeworfen, dass die Spots in billiger Machart daherkommen und wie selbst fabriziert aussehen. Aber das kann ich nicht bestätigen. Die Ausführung ist entscheidend dafür, ob ein Spot viral wirkt oder nicht. Es kann schon sein, dass ein Clip wie mit der Handy-Kamera aufgenommen wirkt. Das ist aber nicht die Bedingung für virale Verbreitung.