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Sicherheit

Schützen Sie sich vor Identitätsdiebstahl

Identitätsdiebe im Internet plündern Konten, löschen Daten und zerstören den guten Ruf. Jeden kann es treffen. Lesen Sie, wie gefährlich Identitätsdiebstahl ist und wie Sie sich schützen können.

Autor: Vilma Niclas • 15.1.2013 • ca. 4:40 Min

mann, notebook
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© Hersteller/Archiv

Anfang November 2012 erhielt die Kriminalpolizei Schweinfurt mehrere Anzeigen gegen Unbekannt. Täter hatten sich in fremde Facebook-Accounts eingeloggt und baten deren Kontakte unter einem Vorwand um die Handynummern. Mit den Handynummern überwiesen sich die Täter über einen SMS-Zahlungsdienst G...

Anfang November 2012 erhielt die Kriminalpolizei Schweinfurt mehrere Anzeigen gegen Unbekannt. Täter hatten sich in fremde Facebook-Accounts eingeloggt und baten deren Kontakte unter einem Vorwand um die Handynummern. Mit den Handynummern überwiesen sich die Täter über einen SMS-Zahlungsdienst Geld. Die Bestätigungs-PINs ließen Sie sich von den gutgläubigen Opfern ebenfalls per Facebook nennen. Die Mobilfunkkonten der Opfer wurden mit hohen Summen belastet. Das Geld wanderte meist ins Ausland.

Eine weitere, zwar bekannte, aber immer noch wirkungsvolle Masche auf Facebook ist: "Hallo, ich bin in eine total blöde Situation geraten ... ich wurde bestohlen, Geldbeutel, Flugtickets und Geldkarten weg, jetzt komm ich nicht mehr zurück, kannst Du mir helfen und mir Geld für die Rückreise schicken?" Viele helfen und überweisen Geld per Western Union als Auslandsüberweisung und wundern sich, dass das Dankeschön nach der Rückreise ausbleibt. Denn nicht der Freund hat das Geld bekommen, sondern ein Identitätsdieb, der sich ins Facebook-Konto gehackt hat.

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Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat untersucht, auf welchen Plattformen die meisten Diebstähle von Konten, Passwörtern und Identitäten passieren. Webmail ist nach wie vor vorne, Soziale Netze kommen auf Platz drei. Bei diesen ist die Tendenz jedoch steigend.
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Warum funktionierten diese Tricks so gut? "Viele Menschen fühlen sich in den eigenen vier Wänden an ihrem heimischen PC sicher und vergessen, dass das Kabel in der Wand bzw. der Router nach außen in die weite Welt führt", erklärt Kriminalhauptkommissar Carsten Szymanski, Abteilung Cybercrime im LKA Berlin. Eine Statistik des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik zeigt, dass Identitätsdiebstahl vielfach stattfindet.

Im Lagebild "Cybercrime 2011" des BKA heißt es: "Alle Arten digitaler Identitäten (z.B: Bankaccounts, Accounts für soziale Netzwerke, Kreditkartendaten) werden in den illegalen Webshops der so genannten Underground Economy angeboten." Das bestätigten auch Szymanski und seine Kollegen. Sie vermuten zudem eine hohe Dunkelziffer an nicht gemeldeten Fällen. Identitätsdiebstahl macht sich nicht immer bemerkbar, er fällt erst auf, wenn ein Schaden eintritt.

Ein häufiges Motiv für Identitäts-diebstahl ist zerbrochene Liebe

Es gibt zwei Hauptmotive für den Identitätsdiebstahl: Einige Angriffe zielen auf den Geldbeutel, andere sind persönlich oder politisch motiviert. Viele Fälle stammen aus getrennten Beziehungen, Stalking geht oft mit Identitätsdiebstahl einher. Ist die Liebe gescheitert, verwandelt sie sich nicht selten in Hass. Der Ehemalige ordert beispielsweise Waren auf den Namen des Ex-Partners. Dieser muss sich dann um Warenrücksendungen und Kündigungen kümmern. Das kann die Opfer von Stalking und Identitätsdiebstahls etwa 400 Arbeitsstunden kosten, schätzen Experten.

Suggeriert ein Täter mit einem Fake-Profile, jemand anders zu sein, kann das den Ruf des Opfers ruinieren und existenzbedrohend sein. Unbekannte haben in Rostock ein Facebook-Profil unter dem Namen eines Finanzsenators erstellt und Fotos, Links und Kommentare verbreitet.

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303 Personen, Vereine oder Verbände hatten die Täter als Kontakt, darunter Bundes- und Landtagsabgeordnete sowie Mitglieder der Rostocker Bürgerschaft, Unternehmer und Privatpersonen. Problematisch ist es oft, die falschen Einträge aus dem Internet zu löschen, die erhebliche negative Folgen für Opfer haben können: bis hin zu Einreiseverboten oder abgelehnte Jobs.

Ebenso brisant ist es, wenn Hacker sämtliche wichtigen Accounts übernehmen. Das kann passieren, wenn das Opfer dasselbe Passwort für alle Dienste verwendet. Ist eines kompromittiert, folgen alle anderen. Von heute auf morgen sind alle Daten verloren. 

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D ie Internetwachen der Landeskriminalämter sind auch für Identitätsdiebstahl zuständig.
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Wenn der Kontoname aus der Mail-Adresse besteht, ist Vorsicht geboten

Hacker lesen Login-Daten ferner über trojanische Pferde mit. Oder sie brechen bei einem Online-Dienst ein und stehlen dort Nutzerdaten, die dann oft in anderen Accounts auch funktionieren. Der Username ist hierbei oft die E-Mail-Adresse. Wenn dann auch noch das Passwort gleich ist, steht dem Hacker alles offen. Hacker brachen bereits in fast alle großen Internetdienste ein und klauten dort Kundendaten im großen Stil, etwa die der Sony Playstation, von Dropbox, Linkedin, Lastpass, Global Payment, Whatsapp, Amazon, Steam, 1blu oder Sky, um nur ein paar der bekanntesten Beispiele zu nennen.

In schlimmeren Fällen bekommen die Täter sogar Daten der Kreditkarte und der Packstation. Wurde ein Anbieter angegriffen, den Sie verwenden, ändern Sie sofort Zugangsdaten und Kreditkarte. Nicht immer teilen Unternehmen den Nutzern von selbst Sicherheitslücken mit, obwohl das Bundesdatenschutzgesetz dazu verpflichtet.

Identitätsdiebstahl an sich ist keine Straftat. "Politische und persönliche Motive sind strafrechtlich schwer zu packen", erklärt Szymanski. Der Schaden lässt sich oft nicht in Zahlen ausdrücken, etwa wenn die Reputation leidet. Allerdings können die Folgen eines Identitätsdiebstahls strafbar sein. Beispielsweise können die unter fremden Namen abgegebenen Kommentare eine Beleidigung sein.

Fremde Fotos zu übernehmen, ist eine Urheberrechtsverletzung und zugleich eine Verletzung des Rechtes am Bild der abgebildeten Person: beides Straftaten. Natürlich ist auch der Kauf unter fremden Namen strafbar, ebenso das nachstellen von Menschen generell (Stalking). Es drohen Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren oder Geldstrafen. Daneben greift bei den genannten Fällen gleich eine Palette von Computerstraftaten wie das Ausspähen oder Abfangen von Daten, der Computerbetrug, die Datenveränderung oder die Computersabotage.

Zusätzlich sollte ein Anwalt den Täter abmahnen und die Verstöße gegen das Persönlichkeitsrecht, das Namensrecht, das Recht am Bild und das Urheberrecht rügen. Eventuell kann man Geldentschädigung und Gegendarstellung fordern. Nutzt der Täter Ihre Kreditkarte, ist zudem Eile geboten. Wenden Sie sich schnell an Ihre Bank (Sperrnotrufnummer: 116 116). Haben Sie nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt, muss die Bank zahlen. Bei leicht fahrlässigem Verhalten trägt der Kunde maximal 150 Euro des Schadens.

Die Beamten des LKA Berlin beklagen, dass Anfragen bei den Providern nach Verbindungsdaten oft vergeblich sind, denn diese seien entweder gar nicht gespeichert oder nach spätestens einer Woche gelöscht. Selbst wenn Daten vorliegen, kann man IP-Adressen wegen der unsicheren Rechtslage zur Vorratsdatenspeicherung nicht immer als Beweis nutzen.

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Facebook bietet einige zusätzliche Sicherheitsfunktionen, die vor Identitätsdiebstahl schützen.
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Die Vorratsdatenspeicherung könnte helfen, ist aber umstritten

Ein großes Problem für die Polizei ist ferner, dass es nicht strafbar ist, gestohlene Daten in Hacker-Foren weiterzugeben. Der 69. Deutsche Juristentag beschloss im September 2012: "Um eine Strafbarkeitslücke im Hinblick auf den Geheimnis- und Datenschutz im Internet zu schließen, ist ein neuer Straftatbestand zur ,Datenhehlerei' einzuführen." Er sprach sich zudem für die Vorratsdatenspeicherung für mindestens sechs Monate aus. Auch die Politik nutzt aktuelle Fälle als Argument für die Vorratsdatenspeicherung.

Internetnutzer diskutieren kontrovers darüber, ob eine Vorratsdatenspeicherung mehr Sicherheit brächte. Nach Ansicht der Autorin widerspricht die Vorratsdatenspeicherung der obersten Maxime im Datenschutzrecht: der Datenvermeidung. Die Anzahl an Abmahnungen im Musik- und Filmbereich zeigt, dass niemand garantieren kann, dass IP-Adressen nur für schwere Straftaten herangezogen werden. Sofern Täter Internetcafes nutzen oder anonym surfen, brächte es wenig, IP-Adressen zu speichern. Ein Staat kann Bürger selbst bei einer allumfassenden Überwachung nie hundertprozentig schützen.