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Jugendschutz im Internet

Online-Recht

Internet steht für Anarchie, trotzdem sind zahlreiche gesetzliche Regelungen zu beachten. Vor allem dann, wenn es um den Schutz von Minderjährigen geht.

Autor: Redaktion pcmagazin • 21.8.2008 • ca. 4:50 Min

Onlinerecht
Auch im Internet wird Jugendschutz groß geschrieben.
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Jugendschutz Internet steht für Anarchie, trotzdem sind zahlreiche gesetzliche Regelungen zu beachten. Vor allem dann, wenn es um den Schutz von Minderjährigen geht. Zahlreiche Regelungen existieren in den unterschiedlichen Gesetzen zum Thema Jugendschutz. Alle diejenigen, die sich in irgendei...

Jugendschutz

Internet steht für Anarchie, trotzdem sind zahlreiche gesetzliche Regelungen zu beachten. Vor allem dann, wenn es um den Schutz von Minderjährigen geht.

Zahlreiche Regelungen existieren in den unterschiedlichen Gesetzen zum Thema Jugendschutz. Alle diejenigen, die sich in irgendeiner Art und Weise an die Öffentlichkeit wenden, also alle Webmaster, Onlineshop-Betreiber, Podcaster, Blogger, Forenbetreiber und so weiter, müssen darauf achten, wie sie bestimmte Inhalte darstellen, beziehungsweise bewerben. In Bezug auf Film-DVDs oder Computerspiele dürfte jedem einleuchten, dass hierbei spezielle Vorgaben seitens des Gesetzgebers zu beachten sind.

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Auch im Internet wird Jugendschutz groß geschrieben.
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Eher ein Schattendasein in jugendschutzrechtlicher Hinsicht fristen dagegen Podcasts, Blogs und Ähnliches. Aber auch hier gibt es Pflichten, die jeder Anbieter solcher Web-2.0-Trends kennen und vor allem umsetzen sollte.

Webseiten

Jeder, der eine Internetseite betreibt, oder für eine solche verantwortlich ist, haftet für eigene Inhalte oder unter Umständen auch für Inhalte Dritter (sogenannte Störerhaftung). Aus diesem Grunde sollten Webmaster sich stets die Frage stellen: Welche Informationen biete ich welcher Zielgruppe wie an? Hat man bei der Beantwortung dieser Frage ein ungutes Gefühl, weil es sich bei den bereitgehaltenen Infos vielleicht um Themen wie Gewalt, Sex oder Drogen geht, sollten alle Alarmglocken läuten. Zwar ist nicht jedes Angebot solchen Inhalts automatisch anrüchig oder gar verboten, allerdings verlangen die geltenden Jugendschutzbestimmungen in Deutschland bei bestimmten Angeboten auch bestimmte Vorkehrungen.

Im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) ist geregelt, wann welche Telemedien Regelungen zum Jugendschutz zu beachten haben. Grundsätzlich fallen nahezu alle Internetangebote unter den Begriff der Telemedien, Ausnahmen bilden hier lediglich bloße Live-Streams (etwa Internetradios) oder IP-Telefonie. Allerdings unterliegen die zu den jeweiligen Streams/IP-Services gehörigen Webseiten selbstverständlich dem Telemedien-Begriff und damit auch dem JMStV. Radio- und TV-Angebote werden hingegen vom Rundfunkstaatsvertrag (RStV) geregelt.

Grundsätzlich unzulässige Angebote nach dem JMStV sind unter anderem Nazi-Propaganda, Gewalt- oder Kriegsverherrlichung, Pornografie und Verstöße gegen die Menschenwürde. Abgesehen von etwaiger strafrechtlicher Relevanz sind derartige Angebote im Rahmen von Telemedien nur dann zulässig, wenn durch geeignete technische Maßnahmen sichergestellt ist, dass sie ausschließlich erwachsenen Personen zugänglich sind, beispielsweise durch geschlossene Benutzergruppen. Die technischen Maßnahmen werden auch als Altersverifikationssysteme bezeichnet, die, etwa mittels Post-Ident-Verfahren, nur Erwachsenen Zugang gewähren.

Altersverifikation

In der sogenannten ueber18.de-Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18. Oktober 2007 (Aktenzeichen: I ZR 102/05) hatte das oberste deutsche Zivilgericht das Altersverifikationssystem des Anbieters Ueber18.de als nicht ausreichend eingestuft. Ein Altersverifikationssystem genüge den jugendschutzrechtlichen Anforderungen nicht, wenn pornografische Internet- Angebote den Nutzern nach der Eingabe einer Personal- oder Reisepassnummer zugänglich gemacht werden.Auch wenn zusätzlich eine Kontobewegung erforderlich sei oder eine Postleitzahl abgefragt würde, genüge ein solches System den gesetzlichen Anforderungen nicht, so die Karlsruher Richter. Konsequenz: Um juristisch auf Nummer sicher zu gehen, sollte ein Altersverifikationssystem eingesetzt werden, bei dem das Post-Ident- oder ein vergleichbares Verfahren zur Anwendung kommen.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Lüneburg (Beschluss vom 16.Oktober 2007, Aktenzeichen: 6 B 33/07) müssen auch bloße Verlinkungen auf Seiten mit pornografischem Inhalt den Anforderungen des Jugendschutzes entsprechen und unter anderem auch ein Altersverifikationssystem einsetzen.

Zwar liegt in dem Bereithalten von unzureichenden Altersverifikationssystemen keine wettbewerbsrechtliche Beeinträchtigung, sodass wohl keine Abmahnung vonseiten der Konkurrenz zu befürchten ist. Allerdings ist die entsprechende Rechtsauffassung des Landgerichts Wuppertal (Urteil vom 19. Oktober 2004, Aktenzeichen: 14 O 112/04) schon etwas betagter und gilt - wie alle anderen Urteile deutscher Gerichte auch - grundsätzlich erst einmal nur zwischen beteiligten Parteien. Daher gibt es für Webseiten mit Adult Content bereits zwei sehr gewichtige Gründe, ein solides Altersverifikationssystem zu verwenden.

Aber auch andere Sites, mit nicht eindeutig verbotenen Inhalten, müssen handeln. Denn der JMStV stellt auch für andere entwicklungsbeeinträchtigende Angebote Regeln auf. Auswirkungen sehen wir im Alltag viele: die Einlasskontrolle im Kino, der gesonderte Eingang in der Videothek oder auch die Aushänge in Gaststätten.Wer also beispielsweise ein Erotik-Forum/-Blog oder eine Website mit Informationen über Horrorfilme betreibt, sollte im Zweifel lieber alle Jugendschutz-Regel beachten und sich fachmännischen Rat einholen. Es kommt natürlich auch immer auf die Art der Darstellung von derartigen Informationen an, so sind beispielsweise Nachrichtensendungen oder Sendungen zum politischen Zeitgeschehen ausdrücklich privilegiert.Aber auch auf normalen Webseiten darf es entwicklungsbeeinträchtigende Angebote geben, solange diese zwischen 22 Uhr und 6 Uhr angeboten beziehungsweise so dargestellt werden, dass die Wahrnehmung dieser Angebote durch Kinder und Jugendliche unmöglich oder jedenfalls wesentlich erschwert wird. Werbung für Produkte, etwa im Rahmen des Teleshoppings, dürfen unter anderem nicht die Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit von Kindern und Jugendlichen ausnutzen.

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Der Autor Michael Rohrlich ist Rechtsanwalt und unter anderem auf das Recht der neuen Medien spezialisiert (www.ra-rohrlich.de).
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Werbung für Tabak- und Alkoholprodukte darf sich gar nicht an Kinder oder Jugendliche wenden beziehungsweise diese gesondert ansprechen oder diese beim Genuss von Tabak oder Alkohol darstellen.

Shops

Shop-Betreiber, die beispielsweise Filme oder Computerspiele verkaufen, die sich an Personen unterschiedlicher Altersgruppen wenden, müssen sicherstellen, dass kein Verkauf an Kinder oder Jugendliche erfolgt. Marktführer Amazon setzt so beim Versand von Video-DVDs mit einer FSK-Freigabe ab 18 eine spezielle Versandform ein, bei welcher der Postbote bei Übergabe der Sendung das Alter des Empfängers überprüft.

Blogs & Co.

Webmaster von Foren oder Blogs mit jugendschutzrelevanten Inhalten haben im Grunde die gleichen Kriterien zu beachten, wie alle anderen Betreiber anderer Websites auch. Für sie besteht jedoch die Besonderheit, dass sie gegebenenfalls nicht nur für eigene Inhalte zur Verantwortung zu ziehen sind, sondern auch für Inhalte Dritter.

Schon aus diesem Grunde sollten alle Foren, Gästebücher oder Blogs so gut wie möglich davor geschützt werden, dass anonyme Einträge vorgenommen werden können. Denn unabhängig von der eigentlichen thematischen Ausrichtung eines Blogs können ja immer jedwede Kommentare eingestellt werden. Daher ist die Einrichtung einer Registrierungsfunktion Pflicht.

Podcasts

Auch Podcasts stellen Telemediendienste dar und fallen damit auch unter die Normen des JMStV. Obgleich die überwiegende Anzahl der gängigen Podcasts keine bedenklichen Informationen beinhalten dürfte, so kann es in Einzelfällen, etwa bei der Ankündigung des neusten Ego-Shooter-Spiels oder der Besprechung eines Horror- oder Erotik-Films, angeraten sein, die entsprechenden Podcasts nicht unbedingt auf der Startseite anzupreisen.

Geschäftsmäßige Anbieter von Podcasts oder Internetseiten für Podcasts mit entwicklungsbeeinträchtigenden oder jugendgefährdenden Inhalten müssen einen Jugendschutzbeauftragten bestellen.

Jugendschutzbeauftragter

Anbieter von Podcasts mit den genannten Inhalten können ihrer Pflicht zur Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten nur dadurch entgehen, dass sie sich einer Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle anschließen und diese mit den Jugendschutzaufgaben betreuen. Diese Möglichkeit besteht jedoch nur für Telemedien mit weniger als 50 Mitarbeitern oder weniger als 10 Millionen Zugriffen im Monatsdurchschnitt pro Jahr.

Das gilt übrigens nicht nur Podcast-Anbieter, sondern gleichermaßen auch für andere Webmaster und Suchmaschinenbetreiber. Ist ein Jugendschutzbeauftragter vorhanden, sollte dieser auch im Impressum angegeben werden. Diesbezüglich ist die Rechtslage zwar nicht geklärt, jedenfalls ist das aber die rechtlich sichere Variante.