Die neuen drahtlosen Schnittstellen
Neue, drahtlose Schnittstellen machen Kabelverbindungen zum Fernseher oder Monitor überflüssig. Wir geben Ihnen einen Überblick über die neuen Standards.

Der Siegeszug von Smartphone und Tablet im Haushalt hat bei vielen Anwendern den Wunsch geweckt, digitale Medien möglichst einfach und ohne Verwendung eines Verbindungskabels am Fernseher abspielen zu können. Dank Miracast, WirlessHD, WiDi und Co. lässt sich dieser Wunsch nun relativ problemlos v...
Der Siegeszug von Smartphone und Tablet im Haushalt hat bei vielen Anwendern den Wunsch geweckt, digitale Medien möglichst einfach und ohne Verwendung eines Verbindungskabels am Fernseher abspielen zu können. Dank Miracast, WirlessHD, WiDi und Co. lässt sich dieser Wunsch nun relativ problemlos verwirklichen.
WiDi (Intel Wireless Display)
Wireless Display oder kurz WiDi ist ein proprietärer, drahtloser Übertragungsstandard, den Intel im Jahre 2010 mit seiner damaligen neuen Notebook-Generation eingeführt hat. Intel Wireless Display kann so etwa die Bildausgabe samt Ton vom Notebook kabellos an einen WiDi-fähigen Fernseher übertragen - und ersetzt somit das sonst erforderliche HDMI-Kabel.
Die WLAN-Übertragung läuft dabei jedoch nicht über den Router, sondern wird über eine direkte, WPA2-gesicherte WLAN-Verbindung zwischen WiDi-Sender und -Empfänger aufgebaut. Grundlage für die drahtlose Direktverbindung zwischen Notebook und Fernseher ist Wi-Fi Direct, ein ebenfalls 2010 eingeführter Übertragungsstandard der Wi-Fi Alliance. Wi-Fi Direct erlaubt eine gesicherte und einfach einzurichtende WLAN-Verbindung zwischen zwei Geräten - ohne Zuhilfenahme eines Routers.
Für die Bewegtbildübertragung reicht das aber nicht aus. Filmdaten benötigen einen dedizierten Sender und Empfänger. Als Sender kommen Notebooks mit Intel-Core-Prozessoren der 3. Generation in Frage, die mit Intels Wireless-N-Adaptern und entsprechenden WiDi-Treibern ausgestattet sind.
Der ebenfalls WLAN-fähige WiDi-Empfänger sitzt im Wiedergabegerät. Aus Mangel an WiDi-fähigen Fernsehern bieten einige Netzwerkhersteller wie zum Beispiel Belkin oder Netgear entsprechende WiDi-Adapter an, die sich per HDMi-Kabel an den Fernseher anschließen lassen.
Trotz mehrerer Versions-Updates, die die anfänglichen Probleme der Schnittstelle behoben, führte dies nicht zum erwünschten Durchbruch des Standards. Vor wenigen Monaten hat sich deshalb eine große Anzahl bedeutender Unternehmen unter der Schirmherrschaft der Wi-Fi Alliance für einen herstellerübergreifenden Schnittstellenstandard namens Miracast geeinigt, der WiDi ablösen soll - Intel unterstützt aber offiziell nach wie vor WiDi.
Miracast
Miracast und WiDi sind sich technisch sehr ähnlich, wobei der entscheidende Vorteil von Miracast darin liegt, dass der Standard offen ist für alle. Somit ist gewährleistet, dass sich jedes von der WiFi Alliance zertifizierte Gerät auch mit Miracast-Geräten anderer Hersteller versteht. Übrigens hat auch Intels Wireless Display seit Version 3.5, die im Herbst 2012 erschienen ist, das Miracast-Zertifikat der Wi-Fi Alliance erhalten.
Ebenso wie WiDi verwendet Miracast eine WLAN-Verbindung über Wi-Fi Direct zur Übertragung PC-Bildschirminhalten, allerdings nur über 802.11n-Adapter.
Aufgrund der vergleichsweise niedrigen Funkfrequenz von n-WLAN bei 2,4 (und 5 GHz) und der entsprechend geringen Übertragungsdämpfung ist eine Sichtverbindung zwischen Miracast-Sender und -Empfänger nicht erforderlich.
Der Vorteil der höheren Reichweite kann allerdings auch rasch zum Nachteil werden, und zwar dann, wenn WLANs aus der Nachbarschaft mit überlappender Kanalbelegung die eigene Funkverbindung stören. Das gilt insbesondere für die Übertragung von hochauflösendem Videomaterial (mit Spezialadapter). Im gedrängten 2,4-GHz-Band bleibt kaum Platz zum Ausweichen, wohingegen das 5-GHz-Band sehr viel mehr Spielraum bietet.
Erste Miracast-fähige Sendegeräte sind beispielsweise Googles aktuelles Smartphone Nexus 4 ab der Android-Version 4.2. Einen Überblick über weitere, verfügbare Geräte mit dem Label "Wi-Fi certified Miracast" lassen sich unter www.wi-fi.org abrufen.
WHDI (Wireless Home Digital Interface)
Der Übertragungsstandard Wireless Home Digital Interface oder kurz WHDI dient als drahtloser Ersatz für das HDMI-Kabel. Die maßgebliche Entwicklungsarbeit für WHDI stammt dabei vom amerikanischen Chiphersteller Amimon.
WHDI nutzt zur drahtlosen Übertragung von Videoinhalten das 5-GHz-Frequenzband. Dabei wird die Verbindung zwischen Sender und Empfänger nicht über eine klassische, paketorientierte WLAN-Verbindung, sondern über einen speziellen Video-Encoder realisiert. Darüber hinaus nutzt auch der WHDI-Funk, ebenso wie WLAN, die MiMo-Verbindungstechnik über mehrere Antennen sowie mehrere parallele Übertragungsströme (Streams).
Die Vorteile von WHDI gegenüber den WLAN-basierten Verbindungen liegen laut Amimon unter anderem darin, dass WHDI selbst FullHD-Videos ohne wahrnehmbare Störungen drahtlos übertragen kann, wobei hier auch ein Multicast-Betrieb für mehrere Ausgabegeräte möglich sei. Durch die minimale Latenz von nur 1 ms soll auch der Einsatz an der Spielekonsole kein Problem sein.
Drohen Übertragungsstörungen durch andere 5-GHz-Geräte (zum Beispiel WLAN-Router), die zufälligerweise im selben Kanal funken, so wechseln WHDI-Adapter automatisch auf einen nicht belegten Kanal. WHDI verschlüsselt mit HDCP und unterstützt selbst die Wiedergabe von Streams in 3D-Blu-ray-Qualität inklusive HD-Audio-Formaten.
WHDI findet seine Anwendung vornehmlich in Adapterkits, wobei der eine Adapter als Sender über HDMI-Kabel mit dem Abspielgerät und der andere Adpater (WHDI-Empfänger) ebenso mit dem Wiedergabegerät verbunden ist. Eine Übersicht über aktuelle WHDI-Produkte findet sich unter www.whdi.org. Einige Produkte wie zum Beispiel Belkins neuer Screencast AV-4-Adapter ermöglichen den Anschluss mehrerer HDMI-Geräte an den WHDI-Sender.
WirelessHD
Eine weitere Verbindungstechnik, die das HDMI-Kabel ersetzen kann, ist WirelessHD und wird vom Wireless HD Consortium vertreten. Der wichtigste Unterschied zu den bisher genannten drahtlosen Schnittstellen ist die Übertragungsfrequenz. Sie liegt bei WirelessHD im 60-GHz-Bereich.
Der Vorteil dieses hohen Frequenzbandes liegt in den enormen Bandbreiten, die hier zur Übertragung bereit stehen. In der EU ist beispielsweise das Band von 57 bis 66 GHz zur Nutzung freigegeben, was Übertragungsraten bis zu 7 Gbit/s erlaubt und sich durch den Einsatz von Mehrantennentechnik (Spatial Multiplexing) noch deutlich erhöhen lässt.
Der Nachteil: Die enorm hohe Frequenz erfährt bereits durch die Luftmoleküle eine derart starke Dämpfung, dass die Übertragungsdistanz auf maximal 10 m Abstand zwischen Sender und Empfänger innerhalb eines Raumes begrenzt ist. Wände lassen sich mit Frequenzen dieser Höhe nicht durchdringen.
Unter wirelesshd.org findet sich eine Liste mit Geräten, die mit WirelessHD ausgestattet sind.
WiGig (802.11ad)
Eine zweite drahtlose Verbindungsvariante im 60-GHz-Band bietet die Wireless Gigabit Alliance mit ihrer Spezifikation WiGig an, die erst kürzlich in den Rang eines IEEE-Standards namens 802.11ad erhoben wurde. Bis auf ein Business-Notebook von Dell gibt es aktuell noch keine im Handel verfügbaren Geräte, die mit einem 802.11ad-Adapter ausgestattet sind; allerdings dürfte sich das im Laufe dieses Jahres sicher noch ändern.
Von den physikalischen Eigenschaften wie Reichweite und Bandbreite ist WiGig prinzipiell identisch zu WirelessHD. Der entscheidende Unterschied zwischen den beiden drahtlosen 60-GHz-Schnittstellen liegt jedoch darin, dass die technischen Spezifikationen von Wireless Gigabit im neuen IEEE -Standard 802.11ad festgeschrieben sind. WiGig soll neben der Übertragung von unkomprimierten HD-Streams auch für schnelle Datentransfers und generell für den Kabelersatz bei Peripheriegeräten eingesetzt werden.
Fazit
Was die erweiterte Darstellung von Smartphone-Tablet- und Notebook-Inhalten auf dem Fernseher anbelangt - oder generell die bequeme, kabellose Nutzung eines TVs oder Monitors - so könnte sich zunächst durchaus der herstellerübergreifende Miracast-Standard etablieren.
Da Miracast auf WLAN aufsetzt, muss keine zusätzliche Übertragungstechnik in mobile Kleingeräte eingebaut werden. Trotzdem werden alle daran beteiligten Hersteller von der Miracast-Erweiterung profitieren - denn Miracast wird ein zusätzlicher Kaufanreiz für ein neues Gerät sein.
Was den HDMI-Kabelersatz für Full-HD- und HD-Audioformate (inklusive 3D-Inhalte) anbelangt, ist schon jetzt abzusehen, dass sich der frisch verabschiedete 802.11ad-Standard (WiGiG) relativ schnell durchsetzen wird - selbst wenn es aktuell nur eine Handvoll Geräte dafür gibt. Die Frage ist nur, wie rasch die WiGig-Chips in den kommenden Notebooks, Tablets, Smartphones, Blu-ray-Playern und weiteren Geräten integriert sind - und wie hoch deren Preis ausfallen wird.
Unabhängig davon: Wer dringend eine drahtlose HDMI-Verbindung fürs Wohnzimmer benötigt, dürfte beim Kauf eines Adapterpaars der WHDI- oder WirelessHD-Spezifikation ebenfalls auf der zukunfstsicheren Seite sein - jedenfalls derzeit.