Linux auf alter Hardware
Alte Notebooks und PC-Systeme können unter Linux noch lange Zeit gute Dienste leisten. Die richtige Distribution und Software machen aus früheren Business-Notebooks gute Alternativen zu aktuellen Billigrechnern.

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- Teil 2: Linux auf alter Hardware
Um die Jahrtausendwende gab es eine Zeit, in der kleine Rechner mit kompletter Notebooktechnik als schick galten. Subnotebooks mit Bildschirmdiagonalen zwischen acht und zehn Zoll waren Aushängeschilder der zum Scheitern verurteilten Startups und fanden aufgrund ihres hohen Nutzwertes auch bei e...
Um die Jahrtausendwende gab es eine Zeit, in der kleine Rechner mit kompletter Notebooktechnik als schick galten. Subnotebooks mit Bildschirmdiagonalen zwischen acht und zehn Zoll waren Aushängeschilder der zum Scheitern verurteilten Startups und fanden aufgrund ihres hohen Nutzwertes auch bei eher konservativen Anwendern schnell Anklang. Die erste Dotcom-Blase platzte, und genauso schnell waren die Subnotebooks vom Markt verschwunden. In den folgenden Jahren galt die Gunst vieler Käufer eher den Desktopersatzgeräten mit Displaygrößen bis 17 Zoll.
Heute -- Dotcom heißt jetzt Web 2.0 -- besinnen sich viele Anbieter auf alte Tugenden und steigen wieder in den Markt ein. Die Spanne reicht dabei für Minimal-Rechner wie dem Asus Eee PC (900 MHz, 800x480 Pixel Auflösung, Flash statt Festplatte) bis hin zu Edelgeräten für über 2000 Euro. Glücklich kann sich schätzen, wer ein altes Gerät hat oder es günstig erstehen kann und ein Wochenende für die Linux-Installation opfern kann.
Welche Hardware?
Einen recht guten Anhaltspunkt, wie schwach ein altes Notebook sein darf, liefern moderne PDAs: Diese werden häufig mit Intel Xscale-Prozessoren mit ARM-Kern und 270 MHz ausgeliefert. Als Arbeitsspeicher gehören bei den Taschenrechnern 128 MByte mittlerweile zum guten Ton. Entsprechend sollten 300 MHz und 128 MByte die Untergrenze beim Subnotebook markieren. Eine harte Grenze zogen wir bei Schnittstellenversionen: Der Arbeitsspeicher sollte das ab 1999 übliche SDRAM-Format verwenden, für Erweiterungen sollte ein Cardbus-Schacht vorhanden sein - für 16-Bit-PCMCIA sind heutzutage kaum Karten zu bekommen. Auch USB darf nicht fehlen: Langsames USB 1.1 taugt zwar nur für Mäuse, ist aber im Gegensatz zu PS/2 "hotpluggable". Eine Ethernetkarte erleichtert die Installation und macht ein schlimmstenfalls per PCMCIA oder USB angebundenes CD-Laufwerk überflüssig.

Ist die Hardware identifiziert, steht die Wahl von Distribution und Installationsmethode an. Nach unserer Erfahrung eignen sich Debian und Ubuntu am besten. openSUSE und Fedora bestehen zwar aus den gleichen Komponenten, verwenden aber einen Installer, der mehr RAM als die der beiden Debianer erfordert. Zudem installieren beide mehr Hintergrunddienste und tendenziell mehr Software, die nach der Installation etwas Aufräumaufwand zur Geschwindigkeitsoptimierung erfordert. Bei der Installation von Ubuntu oder Debian ist die klassische, textbasierte Version auf jeden Fall vorzuziehen. Sie versteckt sich bei Ubuntu hinter den Alternate Install CDs und ist bei Debian Standard, wenn man ohne zusätzliche Parameter bootet. Gelegentlich erhalten Sie in Foren den Tipp, einfach eine alte Distribution mit 2.4-er-Kernel zu verwenden. Davon raten wir ab: Sie erhalten keine Sicherheitsupdates mehr, und Geschwindigkeit ist eher eine Frage der Applikationsauswahl, nicht der Kernelversion.
Welches Installationsmedium?
Verfügt der Rechner über ein CD-Laufwerk, müssen wir wenig Worte über den Start der Installation zu verlieren: CD rein und loslegen. Fehlt das bootfähige CD-Laufwerk und ist eine Netzwerkschnittstelle mit PXE-Funktion vorhanden, wie ab 1999 bei den meisten Onboard-Chips üblich, kann auf einem weiteren Linux-Rechner im lokalen Netz ein DHCP-Server konfiguriert werden, der dem Notebook Bootinformationen übermittelt, und ein TFTP-Daemon, der die Bootdateien ausliefert. Ist kein Onboard-Ethernet vorhanden, hilft der Griff zur Diskette -- sofern ein Laufwerk vorhanden ist, auf dem die drei bis fünf Disketten mit dd erstellt werden können.
Bei unserem Fujitsu B-142 galten erschwerte Bedingungen: Das seinerzeit mitgelieferte PCMCIA-CD-ROM war nicht bootfähig und das externe Diskettenlaufwerk unauffindbar. Da wir sowieso einen Austausch der Festplatte planten, bereiteten wir diese entsprechend vor: Am 2,5-/3,5-Zoll-Adapter in einem regulären PC angeschlossen, versahen wir die Festplatte mit einer kleinen aktivmarkierten EXT2-Partition - 32 bis 64 MByte genügen vollauf - und schrieben einen Standard-MBR aus dem Syslinux-Paket und den Bootloader "Extlinux" auf diese:
cat mbr.bin > /media/hdc
extlinux -i /media/hdc1
Statt eines IDE-IDE-Adapters können Sie auch einen der offenen USB-Adapter verwenden, der die Festplatte direkt am PC zuhause ohne Öffnung eines Gehäuses verfügbar macht. Einziger Unterschied ist in diesem Fall die Erkennung als SCSI-Platte /dev/sda. Die so vorbereitete Festplatte muss noch mit Kernel, Initrd und Konfigurationsdatei versehen werden. Kernel und Initrd kopieren Sie von der am besten zur Installationsmethode passenden CD: Entweder dem etwa 10 MByte großen Netzwerk-ISO bei Installation via Ethernet oder dem Alternate-Install-ISO (Ubuntu) respektive der ersten Installations-CD (Debian). Die Lage der Dateien zeigt ein Blick in die Konfiguration isolinux.cfg. In ihr finden Sie auch die Bootparameter, welche Sie in die Datei extlinux.conf übernehmen, die auf der kleinen Bootpartition erstellt werden muss. Für die Xubuntu-Installation vom PCMCIA-CD-ROM ergab sich folgender Inhalt:
DEFAULT ubuntu
TIMEOUT 300
PROMPT 1
LABEL ubuntu
KERNEL vmlinuz
APPEND initrd=initrd.gz file=/cdrom/preseed/xubuntu.seed vga=788 quiet --
Bei der Netzwerkinstallation fällt in der Regel die Angabe des Preseeds weg, stattdessen erfolgt die Auswahl der Paketgruppen erst während der Installation.
Zur Installation selbst gibt es wenig anzumerken: Sollten Sie wie oben beschrieben vorgegangen sein, ist es ratsam, zur manuellen Partitionierung zu greifen und die Bootpartition am Anfang unangetastet zu lassen, damit im Falle einer fehlgeschlagenen Installation die Festplatte nicht erneut ausgebaut werden muss. Weil einige BIOS-Typen mit großen Festplatten trotz LBA Probleme haben, sollten Sie während der Installation eine unter /boot gemountete Partition am Anfang der Platte einrichten.
Software für schwache Rechner
Aus heutiger Sicht mögen 300 MHz unendlich langsam erscheinen, aktuelle Mobilprozessoren schaffen bei fünffacher Taktfrequenz die fünfzehnfache Rechenleistung. Dennoch sind die limitierenden Faktoren bei typischen Alltagsbeschäftigungen wie dem Websurfen oder Office-Anwendungen eher Arbeitsspeicherausbau und Festplattengeschwindigkeiten. Besonders deutlich wird das beim Start großer Single-Binary-Anwendungen wie OpenOffice.org: Schon der Vorgänger StarOffice 5.1 war auf damals aktueller Hardware unsäglich langsam. Vom aktuellen OpenOffice.org 2.4 raten wir deshalb ab.

Eine recht kompakte Office-Alternative bietet das Gnome-Office-Projekt: Eigentlich handelt es sich bei den beiden Kernkomponenten AbiWord und Gnumeric um unabhängige Einzelanwendungen, so dass etwa beim Einbetten von Tabellen in Texte noch einiges an Nachholbedarf besteht. Für Alltagsaufgaben wie die Fahrtkostenabrechnung oder schnell geschriebenen Briefen sind beide jedoch vollauf geeignet.
Bei der Wahl des Desktops sollten Sie sich an den häufig verwendeten Applikationen orientieren. Nutzen Sie Gnumeric und AbiWord, kann es sinnvoll sein, mit Gnome oder XFCE einen Desktop zu verwenden, der ebenfalls das Gtk+-Toolkit verwendet. So wird der knappe Arbeitsspeicher nicht mit zwei Grafikbibliotheken ausgelastet. Natürlich existieren noch andere Minimal-Desktops oder Windowmanager, aber auch XFCE und Gnome lassen sich gut an kleine Bildschirme anpassen. Sogar KDE läuft in akzeptabler Geschwindigkeit, wenn man die zahlreichen Einblendeffekte und die Anzeige des Fensterinhaltes beim Bewegen oder Verkleinern abschaltet.
Wenig Alternativen zu den Mozilla-Programmen gibt es dagegen bei Mail-Client und Webbrowser. Opera ist zwar relativ flott, hat aber auch einen recht hohen Speicherbedarf. Immerhin ist der Gtk+-basierte Mailer Sylpheed Claws derzeit auf einem guten Weg zu einer schlankeren Alternative zu Thunderbird. Soll Firefox zum Einsatz kommen, empfiehlt sich der Einsatz von Plug-ins zum Abspecken. So möchte man zwar gelegentlich mal ein Flash-Video sehen, aber dennoch nicht ständig mit Werbung bombardiert werden. Möglich wird dies durch das Plug-in flashblock: Flash-Animationen müssen nach dessen Installation einmal angeklickt werden, bevor sie starten. Ohne Klick zwackt die Animation nichts von der wertvollen Rechenleistung ab. Ein weiteres sinnvolles Plug-in ist Fullerscreen, das im Vollbildmodus Status- und die Adressleisten ausblendet. Einzig Scrollbalken bleiben sichtbar. Fährt man mit der Maus an den oberen oder unteren Bildschirmrand, werden die Leisten wieder eingeblendet. Die so sichtbare Fläche ist deutlich höher als bei Surftablets mit 800x480 Pixel, wo sich häufig kein echter Vollbildmodus einstellen lässt.
