Haftung von Foren- und Blog-Betreibern
Jeder, der ein Forum oder ein Blog betreibt und es dort den Besuchern erlaubt, Kommentare zu hinterlassen, setzt sich dem Abmahnrisiko aus. Das ist sogar bei Pinnwand-Beiträgen von Facebook-Freunden der Fall. Doch mit geeigneten Vorkehrungen kann der Betreiber das Risiko minimieren.

Vorsicht! Pfuscher! Schlimmer kann man einen Menschen nicht verunstalten: seit dieser ,Behandlung' kann ich nicht mehr anziehen, was ich will (...) Seid gewarnt! Er ist furchtbar!" kommentierte ein anonymer Patient eine ärztliche Behandlung für plastische Chirurgie bei Google Maps. Muss der Betrei...
Vorsicht! Pfuscher! Schlimmer kann man einen Menschen nicht verunstalten: seit dieser ,Behandlung' kann ich nicht mehr anziehen, was ich will (...) Seid gewarnt! Er ist furchtbar!" kommentierte ein anonymer Patient eine ärztliche Behandlung für plastische Chirurgie bei Google Maps. Muss der Betreiber das zensieren? Das Landgericht Berlin meinte: Google habe seine Pflichten verletzt, hätte den Sachverhalt prüfen und vom Nutzer eine Stellungnahme verlangen müssen (27 O 455/11). Es verurteilte Google als Störer zur Unterlassung.
Grundsätzlich gilt, Einträge in Bewertungsportalen für Professoren, Ärzte oder Hotels müssen sachlich sein, dürfen nur wahre Tatsachenbehauptungen bzw. Meinungen enthalten. Tabu ist eine Bewertung, die nur darauf abzielt, die Person herabzusetzen. Der Betreiber muss, nachdem er über angebliche illegale Inhalte informiert worden ist, selbst abwägen, ob er den Beitrag löscht oder sich selbst einer erhöhten Haftung aussetzt. Dies ist oft schwer.

Nach dem Telemediengesetz gilt für fremde Beiträge auf Ihrer Webseite, die Sie für einen Nutzer speichern: Solange Sie diese Inhalte nicht kennen, droht Ihnen weder eine strafrechtliche Verfolgung, etwa wegen Beleidigung, noch können Sie zu Schadensersatz verurteilt werden. Sobald Sie davon erfahren, müssen Sie hingegen reagieren und, sofern dies angebracht ist, die Inhalte unverzüglich entfernen. Tun Sie dies nicht, sind Sie gegebenenfalls als Störer zur Unterlassung verpflichtet und könnten kostenpflichtig abgemahnt oder strafrechtlich verfolgt werden.
Ein Blogbetreiber muss ohne Anlass nicht täglich nach illegalen Inhalten forsten. Der BGH entschied (VI ZR 101/06) bezüglich einer ehrverletzenden Meinung in einem Forum: Der Forenbetreiber sei verpflichtet, rechtswidrige Beiträge zu entfernen, nachdem er davon wisse. Vorher müsse er diese nicht prüfen. Nach einem Verstoß müsse er dafür sorgen, dass es künftig zu keinen gleichartigen Verstößen käme und die Angebote filtern.
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Dies müsse er aber nur tun, sofern dies zumutbar und technisch machbar sei. Überwachungsmaßnahmen, die das Geschäftsmodell infrage stellen, gingen zu weit. Das OLG Düsseldorf (AZ: I 15 U 21/06) lehnte eine Prüfpflicht für ähnliche Verstöße bei Meinungen ab. Dies überfordere den Forenanbieter in technischer, persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht. Automatisierte Filter helfen bei Beleidigungen, bei denen es sehr auf die Wortwahl ankommt, wenig.
Es ist nicht empfehlenswert, Kommentare im Vorfeld einzeln freizugeben. Sie könnten sich damit fremde Inhalte "zu eigen machen" und die Haftungsfreistellung sogar verlieren. Der BGH sah im Fall Chefkoch.de urheberrechtswidrige Fotos von Nutzern auf der Rezepte-Seite als eigene Inhalte an. Das Portal hatte die Fotos neben den Rezepten der Nutzer nach redaktioneller Kontrolle freigeschaltet.
In der Druckansicht der Rezepte war jeweils nur das Chefkoch-Enblem abgedruckt. Wenn die fremden Inhalte Kern der Plattform sind, der Seiteninhaber davon finanziell profitiert und die Nutzungsbedingungen regeln, dass der Portalbetreiber die Inhalte beliebig vervielfältigen kann, neigen Gerichte dazu, fremde Inhalte, rechtlich als "eigene" zu werten.
Pflichten des Hosters
Der BGH äußerte sich am 25. Oktober 2011 (AZ.: VI ZR 93/10) erfreulich klar dazu, wann ein Hostprovider verpflichtet sei, ehrverletzende Blogbeiträge zu löschen und wie er auf einen Hinweis reagieren müsse, um seinen Pflichten nachzukommen:
- Er müsse nur handeln, wenn die Beschwerde so konkret gefasst sei, dass der Verstoß ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung bejaht werden könne.
- Reagiere der Autor nicht, könne der Betreiber davon ausgehen, dass die Beschwerde berechtigt und der Eintrag zu löschen sei.
- Zweifelt der Autor den Inhalt der Beschwerde detailliert an und ergeben sich berechtigte Zweifel, müsse der Betreiber dem Betroffenen dies mitteilen und gegebenenfalls um Nachweise bitten, die den Verstoß belegen.
- Reagiere der Betroffene nicht oder lege er erforderliche Nachweise nicht vor, müsse er nicht weiter prüfen.
- Ergeben sich durch die Äußerung des Betroffenen, die vorgelegten Belege und die Äußerung des Autors eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts, sei der beanstandete Eintrag zu löschen.
Er müsse den Autor innerhalb einer angemessenen Frist auffordern, dazu Stellung zu nehmen.
Kommt der Hostprovider diesen Pflichten nicht nach, kann er als Störer verurteilt werden, fremde illegale Beiträge zu unterlassen.

Facebook und verlinkte Inhalte
Verweisen Sie auf illegale Videos oder unlizenzierte Fotos oder binden diese in Ihre Webseite ein, haften Sie dafür, wenn Sie von den Inhalten wussten, Sie dennoch darauf verlinken und sich mit dem Inhalt solidarisieren. Sie können sich nicht pauschal von der Haftung für Inhalte auf verlinkten Webseiten mittels Disclaimer freistellen. Möglich ist es aber, sich vom konkreten Angebot zu distanzieren, indem man darüber kritisch berichtet, um sich die Inhalte nicht redaktionell zu eigen zu machen.
Per Disclaimer und Autorenhinweis können Sie eigene von fremden Inhalten auf Ihrer Website abgrenzen, um Ihre Haftung zu minimieren. Maßgeblich ist die mit dem Link getroffene Gesamtaussage. Der BGH entschied (Az: VI ZR 144/11): Der Betreiber eines Informationsportals, der RSS-Feeds einbindet, müsse nicht für illegale Inhalte in den News einstehen, solange er diese nicht kenne. Das LG Frankfurt/Main war der Ansicht (AZ: 3-08 O 46/10), ein Nutzer, der über Twitter auf unwahre Tatsachenbehauptungen über ein Unternehmen verlinke, mache sich die falschen Behauptungen per Link zu eigen.
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Hinterlässt jemand ein unlizenziertes Foto auf Ihrer Pinnwand bei Facebook, müssen Sie, nachdem Sie davon erfahren, das unlizenzierte Foto entfernen. Andernfalls kann Sie der Fotograf abmahnen, Schadensersatz fordern und Strafanzeige erstatten. Wenn Sie bei Facebook Links posten, fügen Sie keine Bilder hinzu, die Facebook vorschlägt. Sie haben dafür keine Lizenz. Personen dürfen Sie nur abbilden, wenn diese zugestimmt haben, sonst drohen kostenpflichtige Abmahnung und Geldentschädigung.
Kein Disclaimer schützt Sie vor einer Abmahnung oder vor den Kosten einer solchen. Man kann sich aber teilweise gegen Anwaltskosten wehren: In der Praxis wird oft bereits für das anwaltliche Informationsschreiben, welches einen Hostprovider zunächst nur von einem illegalen Beitrag unterrichtet, Kostenersatz verlangt.
Der Gegner ist aber erst berechtigt, Anwaltskosten vom Hoster zu fordern, nachdem Sie trotz Kenntnis vom fremden Beitrag, diesen nicht unverzüglich entfernt oder anders reagiert haben, Sie also Prüfpflichten verletzt haben und als Störer haften. Entstehen Ihnen durch den Text eines Autors Kosten, fordern Sie Regress.
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Sie haften also für Einträge Ihrer Gäste auf Ihrer Seite und müssen sich bei Beschwerden damit befassen. Überlegen Sie genau, ob Sie auf Ihrer Website ein Gästebuch anbieten, in dem Dritte Kommentare hinterlassen. Der Verantwortung gänzlich zu entkommen, ist nicht möglich, es sei denn, Sie nehmen Ihre Website vom Netz.
Tipps für Foren- und Blogbetreiber
- TIPP 1: Legen Sie in Nutzungsbedingungen während der Registrierung der Nutzer fest, was erlaubt ist und was nicht. Bitten Sie Nutzer, rechtswidrige Einträge zu melden, etwa per: "Verstoß anonym melden".
- TIPP 2: Gestalten Sie die Website so, dass fremde Inhalte klar als solche erkennbar sind. Nennen Sie jeweils den Verantwortlichen für den Inhalt. Weisen Sie darauf hin, dass Sie für Einträge Dritter auf Ihrer Seite nicht haften.
- TIPP 3: Wurden Sie aufgefordert, illegale fremde Inhalte von Ihrer Website zu entfernen, verlangen Sie vom Autor, detailliert zum Vorwurf Stellung zu beziehen, reagieren Sie innerhalb der Frist. Sie müssen ggfs. die Inhalte unverzüglich löschen oder sperren. Nachdem es zu einem Verstoß auf Ihrer Seite gekommen ist, erhöhen sich Ihre Pflichten, ggfs. haben Sie ab sofort eine Prüfpflicht, wenn dies nicht ihr Geschäftsmodell infrage stellt.
Über die Autorin
Vilma Niclas ist Rechtsanwältin und Fachjournalistin für IT-Recht in Berlin und auf das Internetrecht spezialisiert.