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Kamera läuft!

Filmtechniken im Überblick

Mit unseren Profi-Tipps für Hobbyfilmer möbeln Sie Ihre Homevideos auf Hollywood-Niveau auf und bescheren Ihren Gästen einen unterhaltsamen Abend.

Autoren: Peter Knoll und Michael Hiebel • 16.1.2013 • ca. 5:20 Min

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© Hersteller/Archiv

Üblicherweise enthalten alle Profi-Filme einen Höhepunkt, Konflikt oder Reibungspunkt. Nach einem packenden Einstieg (der Aufreißer) erhält der Zuschauer erst alle Informationen über das Thema. Dann folgen Pro- und Contra-Stimmen (meist Interviews) über die Sachlage. Am Schluss zieht der Filma...

Üblicherweise enthalten alle Profi-Filme einen Höhepunkt, Konflikt oder Reibungspunkt. Nach einem packenden Einstieg (der Aufreißer) erhält der Zuschauer erst alle Informationen über das Thema. Dann folgen Pro- und Contra-Stimmen (meist Interviews) über die Sachlage. Am Schluss zieht der Filmautor ein persönliches Resümee und endet mit einem ungewöhnlichen Bild oder mit einem Kommentar.

Die richtige Einstellung wählen

Ein Filmbericht unterliegt ähnlichen Regeln wie eine geschriebene Erzählung - Sie benutzen dabei statt Wörtern Einstellungen. Eine Einstellung ist der aufgenommene Zeitabschnitt zwischen dem Einschalten und Ausschalten der Kamera. Profis unterscheiden die Einstellungsgrößen nach gezeigtem Bildausschnitt und führen damit den Blick des Zuschauers. Die wichtigsten (Grund-)Einstellungen sind:

  • Totale: Sie zeigt die Gesamtsituation, beispielsweise das Haus mit Himmel und Wiese. Personen spielen eine untergeordnete Rolle. Die Totale bietet sich dafür an, Zuschauer mit der Szene vertraut zu machen und wird gerne als Einstieg verwendet.
  • Halbtotale: Sie zeigt eine Personengruppe, die ganze Person oder das ganze Objekt - zum Teil noch umgeben mit etwas Hintergrund. Die Personen stehen hier deutlich mehr als bei der Totalen im Mittelpunkt. Mit der Halbtotalen lassen sich bereits Handlungen darstellen.
  • Amerikanische: Diese Einstellungsgröße kommt aus den Western, wo die untere Bildgrenze der Colt ist - egal ob der Cowboy dabei auf dem Boden steht oder auf dem Pferd sitzt. Dieser Bildausschnitt eignet sich sehr gut für die Darstellung von Handlungsvorgängen.
  • Halbnah: Hier sehen wir die Person vom Kopf bis etwa zum Bauchnabel. Das Gesicht ist in dieser Einstellung gut erkennbar. Die Halbnahe kann bereits Gefühlsregungen, verbunden mit Aktionen, darstellen.
  • Nahaufnahme: Die Nah-Einstellung zeigt das Gesicht mit Schulteransatz. Emotionen der Akteure lassen sich hier sehr gut vermitteln. Viele Regisseure/Cutter verwenden Nahaufnahmen für Dialoge mit der Schuss-Gegenschuss-Technik: Sie zeigen etwa Person A mit Blickrichtung von links nach rechts, unmittelbar darauf die Reaktion von Person B mit umgekehrter Blickrichtung usw.
  • Großaufnahme: Die Großaufnahme zeigt lediglich das Gesicht, ohne vollständige Stirn. Damit werden kleinste Regungen spürbar gemacht und Emotionen hervorgehoben.
  • Detailaufnahme: Das ist eine Ausschnittsaufnahme, z.B. vom Mund. Die Detail-Einstellung hebt unscheinbare Kleinigkeiten stark hervor. Zudem wird sie oft für Übergangsaufnahmen am Anfang und Ende einer Szene eingesetzt. Die Herr-der-Ringe-Trilogie beispielsweise startet mit einer Detailaufnahme.
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Starke Emotionen: Nahaufnahmen eignen sich bestens, um Gefühle zu vermitteln. Durch den direkten Blickkontakt ziehen Sie das Zuschauerinteresse automatisch auf die Person im Bild.
© Hersteller/Archiv

Kameraperspektive einsetzen

Üblicherweise ist die Kamera immer in Augenhöhe der Darsteller. Wenn Sie jedoch die Kameraposition nach oben oder unten verändern, erzeugen Sie damit weitere Emotionen: Ein Blick von oben auf die Szenerie macht die Darsteller eher klein und untertänig. Blickt die Kamera von unten auf die Schauspieler, wirken sie mächtig und Angst einflößend.

Während das Weitwinkel-Objektiv durch die perspektivischen Verzerrungen viel Raum und Tiefe suggeriert, wirkt die Tele-Brennweite eher verflachend. Großaufnahmen von Gesichtern sollten Sie mit einer kleinen Telebrennweite aufnehmen, sonst werden die Gesichtszüge dämonisch verzerrt.

Sieben goldene Aufnahmeregeln

Es sei denn, Sie beabsichtigen diesen Effekt! Je nach Art der Beleuchtung wird eine bestimmte Stimmung beim Zuschauer ausgelöst. Der Profi unterscheidet zwischen High-Key und Low-Key-Ausleuchtung. Low-Key ist eine Beleuchtung mit hohem Kontrast. Sie wird für stimmungsvolle Aufnahmen verwendet, die Gegensätze ausdrückt. High-Key ist eine Beleuchtung mit geringem Kontrast. Damit drückt man Freundlichkeit und Offenheit aus.

Filmischer "Satzbau"

Für die Anordnung der Einstellungen orientieren Sie sich an Ihrem Sehverhalten. Meist bietet es sich an, mit einer Totalen zu beginnen, um dem Zuschauer eine räumliche Orientierung zu geben. In der Abfolge der Einstellungen ist es meist angebracht, nicht die nächste, sondern gleich mindestens die übernächste einzusetzen - also beispielsweise nicht von Halbnah auf Nah, sondern auf Detail zu wechseln. Oder von der Amerikanischen nicht in die Halbtotale, sondern gleich in die Totale.

  • Anschlussfehler vermeiden

Ein Anschlussfehler liegt vor, wenn zwischen zwei hintereinander geschnittenen Einstellungen auffällige Details unterschiedlich sind: zum Beispiel die Requisiten, die Blickrichtungen der Akteure oder deren Bewegungen.

In diesem Fall hat der Zuschauer Schwierigkeiten, beide Einstellungen miteinander zu verknüpfen, und ist irritiert. Hier hilft notfalls ein neutraler Zwischenschnitt.

  • Kamera-Achse berücksichtigen

Die Kamera-Achse ist eine gedachte Linie zwischen zwei Gesprächspartnern, die sich gegenseitig ansehen: der eine mit Blickrichtung nach links, der andere mit Blickrichtung nach rechts. Behalten Sie diese Blickrichtungen der Gesprächspartner bei - egal ob Sie Totalen oder Großaufnahmen drehen. Die Blickrichtungen werden automatisch stimmen, solange Sie mit der Kamera auf der gleichen Seite der gedachten Linie bleiben.

Überschreiten Sie diese Achse mit der Kamera, wechseln die Blickrichtungen Ihrer Gesprächspartner, und Sie können das Gespräch nicht zusammenschneiden, ohne den Zuschauer zu verwirren.

Filme nachbearbeiten

Fassen Sie sich kurz und achten Sie auf die Gesamtlänge Ihres Videos: Es sollte ohne Konflikt oder Höhepunkt nie über zehn Minuten dauern. Was Sie bereits beim Schnitt langweilt, empfinden die Zuschauer hinterher nicht anders - weg damit.

Schnittprogramme bieten sehr viele digitale Trickeffekte und Schriftanimationen. Profis nutzen die Trickeffekte deutlich seltener als Amateure - Ausnahmen, etwa bei Musiktrailern, bestätigen die Regel. Machen Sie die Probe anhand einer zweiminütigen Szene, einmal nur mit harten Schnitten und einigen weichen Blenden, die Sie wie Auf- und Abblenden verwenden, um eine zeitliche Zäsur zu simulieren - und Sie werden schnell feststellen: Sie können Ihren Filmbericht in der Regel viel besser mit (harten) Schnitten erzählen.

Praxis: Analoge Videokassetten digitalisieren

Vorsicht bei Schrift im Bild: Wenn Sie Untertitel verwenden, müssen Sie den Zuschauern genügend Zeit zum Lesen geben - also mindestens etwa 8 Sekunden. Untertitel oder lesbare Schrift können vom restlichen Bildinhalt ablenken.

Musik ist ein wirkungsvolles Mittel, um Stimmungen zu erzeugen. Musik wirkt sofort im Unterbewusstsein. Verwenden Sie bevorzugt instrumentale Musik, denn Gesang und Text lenken von Ihrem Filmwerk ab. Musik macht das subjektive Empfinden von vergangener "Film"-Zeit für den Zuschauer kürzer!

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Die "Amerikanische" ist eine seit Jahrzehnten bewährte Kameraeinstellung zwischen Halbtotale und Halbnah. Damit lassen sich Handlungen noch gut zeigen; zugleich hält sich die Ablenkung durch zu viele Bildinformationen in Grenzen.
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Setzen Sie den Kommentator zur Übermittlung wichtiger Informationen ein, die im Bild nicht zu sehen sind. Vermeiden Sie dabei komplexe Faktenberge, die der Zuschauer ohnehin nicht aufnehmen kann.

In Einstellungen, in denen ohnehin Personen sprechen, lassen Sie den Kommentator weg. Sie irritieren sonst lediglich den Zuschauer.

Stellen Sie immer nur ein Element in den Mittelpunkt - entweder Kommentatorsprecher oder Bild-Aktion oder Interviewgast oder Musik: Der Zuschauer kann sich nicht auf alle Informationsebenen gleichzeitig konzentrieren.

Entscheidend ist, dass der Zuschauer einwandfrei versteht, was Sie ihm zeigen. Wenn Sie unsicher sind, machen Sie lieber vorher einen kleinen Test: Zeigen Sie Ihr Kunstwerk einem unbeteiligten Dritten und hören Sie auf dessen Meinung.

Film-Psychologie

Was ist für Sie als Filmemacher das Wichtigste? Ihr Publikum! Um es zu begeistern, sollten Sie wissen, wie das Publikum Ihren Film wahrnimmt.

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Bewegungsmelder: Bewegt sich etwa im Bild, wandert der Blick automatisch dorthin.
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Der Mensch ist ein Augentier

Wir Menschen orientieren uns hauptsächlich mit den Augen: Seit Anbeginn der Menschheit ist es überlebensnotwendig, schnell die Dinge zu erfassen, die sich aus der Umgebung irgendwie hervorheben - beispielsweise durch auffällige Form oder Farbkontrast. Die größte Aufmerksamkeit erzielt aber jede Art von Bewegung, denn das konnte entweder Nahrung (Kaninchen) oder Gefahr (Leopard) bedeuten.

In der Psychologie bezeichnet man das als "orientierenden Reflex" - automatisch geht der Blick dort hin, wo sich was bewegt. Der Mensch entscheidet also aufgrund von Bewegungsreiz, Form und Farbkontrast, was sein Interesse weckt und was nicht.

Die akustische Wahrnehmung

Auch das Hörzentrum filtert in der Realität aus der Fülle der wahrgenommenen Impulse die auffälligen Geräusche heraus (mögliche Gefahr oder Nahrung). Wir können uns bewusst auf interessante Geräusche konzentrieren und diese auch aus anderen Nebengeräuschen herausfiltern.