Duell der Giganten: Google+ und Facebook
Mehr zum Thema: GoogleGoogle startet den Angriff auf Facebook: Mit dem sozialen Netz Google+ fällt der Internetkonzern in die Gefilde von Facebook ein und der Platzhirsch reagiert nervös.

Es kommt selten vor, dass Facebook die PR-Maschine bemüht und bezahlt. Wozu auch, das Netzwerk gewinnt jeden Tag siebenhunderttausend Teilnehmer hinzu und alle Medien berichten so oder so darüber. Zuckermanns Werk ist sprichwörtlich in aller Munde, sodass Facebook keine PR nötig hat, um ins TV z...
Es kommt selten vor, dass Facebook die PR-Maschine bemüht und bezahlt. Wozu auch, das Netzwerk gewinnt jeden Tag siebenhunderttausend Teilnehmer hinzu und alle Medien berichten so oder so darüber. Zuckermanns Werk ist sprichwörtlich in aller Munde, sodass Facebook keine PR nötig hat, um ins TV zu kommen.
Neuigkeiten verbreiten sich rasant innerhalb der Community, jeder klickt den Teilen-Button, dann berichten Blogger und Twitterer die News. So war es bislang.
Dann plötzlich eine Pressemeldung, Facebook macht Gruppen-Chat mit Video, Skype ist mit im Boot. Eigentlich keine große Sache. Doch der überraschte Empfänger fragt sich, wird Facebook nervös? Grund gäbe es, denn seit Tagen sprechen Makro- und Micro-Blogger nur noch über eins: Google+, den großen neuen Konkurrenten von Facebook.
Eine der Neuerungen von Google+ ist ein Video-Chat, Hangout genannt. Dass Facebook postwendend mit der Skype-Integration darauf reagiert, zeigt, wie ernst Zuckermann Google+ nimmt. Google ist ein mächtiger Gegner mit über 36,7 Milliarden Dollar Finanzreserven in der Kriegskasse (laut Quartalsbericht April). Und schon länger ist Facebook ein Dorn im Auge von Brin und Page.
Der Börsenwert von Google liegt derzeit bei über 170 Milliarden Dollar. Facebook ist nicht an der Börse, der Wert der Firma wird aber beim anstehenden Börsengang auf 100 Milliarden geschätzt. Immer noch ein guter Abstand und beide Firmen wachsen rasant, aber Facebook holt Quartal für Quartal schnell auf. Im März lagen die Schätzungen noch bei 65 Milliarden.
Außerdem führt Facebook neue Werbeformen ein, auf die Google als größter Werbevermarkter im Netz noch keine Antwort hat: die persönliche Werbung. Facebook-Nutzer empfehlen sich gegenseitig Marken und Produkte (Gefällt mir/Like), und zwar auch Dinge, bei denen es um viel Geld geht, wie Autos, Herrenuhren oder Urlaubsorte.
Facebook will diese guten Empfehlungen unter Freunden vermarkten und sie beispielsweise auch außerhalb von Facebook einblenden. Viele Experten sehen darin die einträglichste Werbeform im Netz. Das Kerngeschäft von Google.

Googles erste Antwort darauf war der Button 1+, der sich auf manchen Blogs und Newsseiten nun findet, ähnlich dem Facebook-Like. Aber so richtig gezogen hat diese Alternative nicht, insbesondere da sie nicht mit einer Community verknüpft ist. Eine 1+-Empfehlung bleibt irgendwo im leeren Raum hängen. Derzeit. Mit Google+ könnte es anders werden.
Tatsächlich hat es der Konzern aus Mountain View mit seinem neuen Dienst geschafft, die Blogosphäre wochenlang zu beschäftigen. Facebook, der vorherige Liebling, ist out, und radikale Webzwonuller haben ihm komplett den Rücken gekehrt. Abgemeldet. Das ist ein schwerer Schlag für Facebook, denn die Firma kämpft mit einem weiteren Problem: Die Zahl der Neuanmeldungen stagniert.
Das Interesse der Menschen scheint sich zu sättigen, wer drin ist, ist drin, alle anderen wollen nicht. Wenn nun zahlreiche Mitglieder Facebook verlassen, schrupft die Community, der Höhenflug hätte seinen Zenit erreicht. Das wiederum hätte Auswirkungen auf den erwarteten Börsengang.
Dass Facebook nervös wird, zeigte sich noch eine andere PR-Kampagne aus dem Mai. Zuckermann beauftragte die politisch erfahrene Agentur Burson-Marsteller mit einer Schmutzkampagne gegen Google. Die Medienprofis sollten Google wegen Datenschutzmängeln eine schlechte Presse bereiten.
Das Vorhaben flog auf und beide Parteien mussten mit knirschenden Zähnen vor die Öffentlichkeit treten. Der Hohn erfolgt postwendend in Form von eben Google+, dessen Mitglieder persönliche Informationen systembedingt im Griff behalten, während bei Facebook genau das Gegenteil der Fall ist.
Kreise in Google+

Google glänzt mit Einfachheit. Während bei Facebook im Laufe der Zeit alles immer komplizierter wurde, trumpft Google bei seinem neuen Dienst mit seiner größten Stärke auf: Schlichtheit. Damit haben Brin und Page schon einmal einen Markt abgeräumt: den der Suche. Bestechend ist das neue Konzept der Gruppen, der so genannten Circles/Kreise, in die das Mitglied seine Kontakte einordnet.
Gruppen gibt es bei Facebook zwar auch, aber die sind schlecht zu bedienen. Bei Google+ stehen sie im Zentrum. Der Anwender füttert gezielt seine Kreise mit Infos, Bildern oder Links, während alle anderen Kontakte ausgeschlossen sind. So streut er seine persönlichen Informationen nach Vertrautheitsgraden, statt sie wie mit der Gießkanne über die komplette Breite der Öffentlichkeit auszugießen.