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„Speed-Lüge“

Breitbandmessung: Geplante Desktop-App enttäuscht Verbraucherschützer

Die Desktop-App zur Breitbandmessung soll Internetnutzern stichfestere Daten im Streit mit Providern geben. Im ersten Test kann das Tool nicht überzeugen.

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Ganz so schlimm dürfte es nicht sein, wenn das Internet streikt. Ein zerstörtes Kabel aber wäre vor Gericht wohl ein eindeutiger Beweis für Internetprobleme. Die App der Bundesnetzagentur soll es richten.
© Sergey Nivens / shutterstock.com

Um Unterschiede zwischen tatsächlicher und zugesicherter Internetgeschwindigkeit seitens des Providers gerichtlich standfest zu dokumentieren, plant die Bundesnetzagentur eine Desktop-App. Diese soll die bisher online und via Mobile-App verfügbare Breitbandmessung ergänzen und mit zusätzlichen F...

Um Unterschiede zwischen tatsächlicher und zugesicherter Internetgeschwindigkeit seitens des Providers gerichtlich standfest zu dokumentieren, plant die Bundesnetzagentur eine Desktop-App. Diese soll die bisher online und via Mobile-App verfügbare Breitbandmessung ergänzen und mit zusätzlichen Features verbessern. Der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) hatte bereits die Möglichkeit, das Programm zu testen und präsentiert seine Auswertung in einer Stellungnahme – das Fazit: Es sind einige Änderungen nötig.

In Deutschland kommen laut dem Jahresbericht 2016/2017 der Bundesnetzagentur ganze 71,6 Prozent nur auf die Hälfte der abgeschlossenen und vertraglich zugesicherten Bandbreiten. Das heißt, Sie zahlen beispielsweise einen DSL-16.000-Anschluss, kommen aber nur auf Downloadraten von etwa 800 KB/s statt 1,6 MB pro Sekunde. Schadensersatz oder ein Sonderkündigungsrecht wegen der „Speed-Lüge“ oder etwa Ausfällen sind lediglich vor Gericht zu erstreiten. Oft fehlen auch einfach zu bedienende Werkzeuge, um im Streitfall entsprechende stichfeste Nachweise liefern zu können.

Die Breitbandmessungs-App für den PC soll derartige Schwankungen zum einen sicherer messen und für Streitfälle zum anderen besser protokollieren. Das Aufrufen von Messergebnissen funktionierte in der Version 1.0.0 erst einmal gar nicht. Ein Update auf 1.0.1 brachte Abhilfe. Dazu fordert die Verbraucherzentrale einen besseren Zugang zu den Protokollen nicht nur innerhalb der App, sondern auch als eigenständige Datei auf dem Rechner. Bei den Messungen fehlen zudem Informationen zum Routing. Hier befürchtet der vzbv womöglich, dass Provider sich im Streitfall auf Fremdeinwirkung berufen können, beispielsweise wenn ein Knotenpunkt durch äußere Einflüsse überlastet wird.

Lesetipp: Internet-Provider versprechen EU-weit mehr als sie halten

Die Verbraucherschützer fordern des Weiteren eine deutlichere Anzeige und Aufklärung über die gesammelten Daten. In der jetzigen Form zeigt das Tool nach Programmstart Datenschutzbestimmungen und Nutzungsbedingungen an, denen der Nutzer zustimmen muss. Der Großteil dürfte hier aber blind weiterdrücken.

Mehr Transparenz gefordert

Dann kommt eine Benutzeranleitung, die laut vzbv zu unklar auflistet, was ein Nutzer zur Messung zwingend beachten muss und was nicht. Hier geht es um etwa die Anschlussart, zu deaktivierende Programme wie Antiviren-Software oder Firewalls. Es fehlen Informationen, um bestimmte Vorkehrungen nachvollziehen zu können. Der vzbv kritisiert an dieser Stelle die Nutzerfreundlichkeit und auch das durch deaktivierte Sicherheits-Software erhöhte Risiko. Laien würden überdies schnell von der Flut wenig oder unzureichend dokumentierter Einstellungen, Vorgaben und Co. überfordert sein oder könnten gänzlich abgeschreckt werden, das Programm zu nutzen.

Dann kommt Kritik an der angewandten Methodik. Der Nutzer soll mehrere Tests über einen längeren Zeitraum durchführen. Eine Automatisierungsmöglichkeit gibt es hier nicht, wäre aber wünschenswert. Dann wäre eine freie Anzahl von Messungen wünschenswert. Die App schreibt genau zehn Messungen an zwei Tagen innerhalb einer Woche vor. Der Nutzer kann nicht freiwillig mehr Messungen durchführen, zudem kann der vzbv die zeitliche Begrenzung aller Tests auf innerhalb einer Woche nicht nachvollziehen, die wiederum an der Nutzerfreundlichkeit knabbern.

Außerdem kritisiert der vzbv regelmäßig auftauchende Fehlermeldungen, die Verbraucher im Unklaren lassen, wie Sie etwaige Fehler beheben können. Sind die Tests abgeschlossen, würde sich der vzbv über weiterführende Informationen freuen. Gerade wenn eine Abweichung der Geschwindigkeiten vorliegt. Weitere Informationen zum Test des vzbv (PDF) finden Sie im Statement.

Autor: The-Khoa Nguyen • 15.2.2018

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