Mähroboter ohne Begrenzungskabel
Ecovacs Goat G1 im Test
Künstliche Intelligenz macht es möglich, dass immer mehr Mähroboter ohne Begrenzungskabel auf den Markt kommen. Einer davon ist der Goat G1 von Ecovacs. Wir haben den Newcomer getestet.

Die chinesische Tech-Firma Ecovacs ist bekannt für ihre Staubsaugerroboter der Deebot-Serie. Mit dem Goat G1 hat sie nun ihren ersten Mähroboter vorgestellt. Und drängt damit in einen Markt, der fest abgesteckt und aufgeteilt ist zwischen Bosch, Einhell, Gardena, Worx und anderen. Um hier Fuß zu fassen, muss Ecovacs besser sein als die genannten Marken. Ob das gelingt, zeigt der folgende Test.
Preis und Marktüberblick
Mähroboter ohne Begrenzungskabel sind der Trend 2023 und wie so viele junge Technologien wandern sie von oben nach unten in den Markt, sickern also vom Premiumbereich langsam runter in die tieferen Preisklassen. Von den Modellen des italienischen Herstellers Ambrogio einmal abgesehen kosten die aktuell erhältlichen Roboter um die 3.000 Euro, etwa der Segway Navimov (3.500 Euro) oder der Husqvarna Automower 320 NERA (2.700 Euro).
Ecovacs setzt hier mit einem Preispunkt von 1.600 Euro ein Ausrufezeichen. Preislich vergleichbar ist eigentlich nur die neue Serie Landroid Vision von Worx, die bei 1.500 Euro starten wird. Hier steht der Marktstart aber noch aus.
Die Vorteile kabelloser Mähroboter
Das Verlegen eines Begrenzungskabels ist zeitaufwendig und arbeitsintensiv, vor allem, wenn man das Kabel unsichtbar und somit unterirdisch verlegt. Eine Rolle spielt dabei auch das korrekte Einhalten der Abstände – wer nicht aufpasst, riskiert, dass sich der Mähroboter festfährt oder hängen bleibt.
Hinzu kommen das für das Verlegen erforderliche Zubehör, der Aufwand, wenn sich die Größe und die Form der Rasenfläche ändert und zu guter Letzt die strapazierten Nerven, wenn das Kabel unterbrochen ist und man nicht weiß, an welcher Stelle man suchen muss.
Ein zweiter Aspekt kommt hinzu: Die für den kabellosen Betrieb erforderliche Sensorik und die Verarbeitung der darüber gesammelten Daten erfordern eine hohe Rechenleistung. Die neuen Mähroboter sind also mit deutlich leistungsfähigeren Prozessoren ausgestattet als ihre Pendants mit Kabel, was sie langlebiger und zukunftstauglicher macht. Der Hersteller kann auch noch Jahre nach Markstart neue Funktionen per Update ausrollen. Zudem können sich die Roboter besser im Gelände orientieren und strukturierter den Rasen mähen.

Goat G1 Lieferumfang und Verarbeitung
Ecovacs ist eine Premium-Marke mit einer sehr guten Produktqualität. Entsprechend ist der G1 top verarbeitet und der Lieferumfang mehr als vollständig: auch ein Set Ersatzmesser ist dabei. Der Hersteller hat zudem an Details gedacht: Zu den zwei Funkstelen, die eine Navigation per Ultra Wide Band ermöglichen und im Garten frei aufgestellt werden, werden auch die erforderlichen sechs C-Batterien mitgeliefert, sodass man direkt starten kann.
Gut gefallen hat uns auch die Docking Station mit zwei Ablagen, die zugänglich sind, indem man das Dach hochklappt. Hier kann man Kleingeräte deponieren, etwa die Ersatzmesser oder die Kameraabdeckung.
Die Funkstelen lassen sich dezent im Garten aufstellen, laut Hersteller halten die Batterien etwa 1 Jahr. Ein Mast deckt einen Radius von 45 Metern ab, für kleine bis mittelgroße Gärten ist der Lieferumfang also ausreichend. Weitere Stelen kann man für 100 Euro pro Stück dazu kaufen.
Die Verbindung zum Nutzer hält der Goat G1 per Bluetooth oder WLAN. Alternativ verkauft Ecovacs auch ein SIM-Modul für 100 Euro, das sich leicht montieren lässt. So kann man auch aus der Ferne auf den Mähroboter zugreifen, wenn das WLAN-Signal schwach ist.

Größe und Gewicht: Die Kraft der vier Räder
Der Goat G1 ist relativ groß und schwer. Mit 23,4 kg ist er mehr als doppelt so schwer wie die M-Serie von Worx (ca 10 kg). Wir hatten deshalb die Befürchtung, dass der Roboter auf weichen Untergründen schnell feststeckt. Aber Fehlanzeige: Weil Ecovacs das Gewicht vorne auf zwei Räder verteilt, meisterte der G1 souverän alle Stellen, an denen ein Worx Landroid M700 Plus immer wieder stecken blieb. Warum neben Worx auch andere Hersteller auf ein Dreirad-Design setzen, ist uns ein Rätsel. Wir empfehlen bei ungleichmäßigen Untergründen nur Mähroboter zu kaufen, die auf vier Rädern fahren.
Nichtsdestotrotz ist der G1 kein Bewegungskünstler. Aufgrund der ausladenden Länge und Breite ist die Manövrierfähigkeit bei wenig Platz eingeschränkt.

Überragende Steuerung per App
Ecovacs kann man in einem gewissen Sinne mit Tesla vergleichen, bei dem das Auto um die Software herum gebaut ist. Die Ecovacs-App ist der Dreh- und Angelpunkt. Es fängt bei der Einrichtung der Funkstelen an und setzt sich beim „Einfahren“ des Roboters fort: Für beides ist die zentimeterdicke Bedienungsanleitung gar nicht nötig, weil alles Schritt für Schritt in der App erklärt wird.
Beim Einfahren steuert man den G1 per virtuellem Joystick auf dem Smartphone einmalig entlang der Ränder des Rasens durch den Garten und legt damit die Begrenzung der Rasenfläche fest. Die Steuerung ist sehr bequem, auch weil die Latenz niedrig ist.

Nach der Einrichtung der Rasenfläche fährt der Goat G1 das Areal eigenständig ab, um sich damit vertraut zu machen. In einem weiteren Schritt kann man NoGo-Zonen festlegen, die der Roboter umfahren soll. Auch hier ist die Einrichtung kinderleicht per App und virtuellem Joystick.
Bei der Verwaltung des Roboters über die App kann Ecovacs auf seine jahrelange Erfahrung mit den Deebot-Staubsaugerrobotern setzen. Die Kartenverwaltung und die Funktionalitäten sind daran angelehnt, was auch bedeutet: Wer einen Deebot nutzt, wird sich sofort zu Hause fühlen.

Nervig ist nur die Popup-Werbung, die auf den Ecovacs-Shop verweist. Sie wird sporadisch eingeblendet beim Start der App und lässt sich nicht deaktivieren. Dabei ist doch klar, dass ein Kunde, der sich ein Premium-Produkt für über 1000 Euro kauft, nicht mit Werbung belästigt werden will.
Die Funktionalität der App ist umfangreich und den meisten uns bekannten Konkurrenzprodukten überlegen, von der Mäh-Effizienz bis hin zur Tierschutzzeit lässt sich vieles abgestuft anpassen. Eine Besonderheit ist zudem der Videomodus, über den man aus der Ferne auf die Kameras zugreifen kann. Dieser ist zwar nicht so ausgereift wie bei den Deebots (keine Videochats), aber besser als alles, was andere Mähroboter anzubieten haben.
Es gibt allerdings noch Verbesserungsbedarf: Aktuell kann man den G1 nur per Bluetooth + Wlan in Fernsteuerung nehmen und durch den Garten schicken. Wer aus der Ferne nach dem Rechten sehen möchte, muss das Mähprogramm starten, um sich dann in den Videostream des Roboters einzuklinken, ohne die Möglichkeit, aktiv in die Steuerung einzugreifen. Ein Update wird hier sicher bald Abhilfe schaffen.
Vermisst haben wir zudem ein Multizonenmanagement, um Bereiche festzulegen, die intensiver beziehungsweise weniger intensiv gemäht werden sollen. Auch hier ist ein Update angebracht.

Sensorik und Hinderniserkennung
Die Lautstärke beim Mähvorgang bewegt sich mit 60 dB im für Mähroboter typischen Bereich. Bei der Navigation und Hindernisvermeidung setzt Ecovacs nicht auf eine Technologie, sondern auf eine Kombination mehrerer Technologien: Ultra Wideband über die Funkstelen, GPS und Kamera (2 Optiken: Fisheye und Weitwinkel). Damit gelingt eine sehr präzise Navigation.
Unseren Testrasen, eine zwar kleine (130 qm), aber sehr verwinkelte Fläche mit mehreren Hindernissen (Beete, Feuerstelle, Bäume) und Unebenheiten, hat der G1 souverän gemeistert und dabei auch platzierte Gegenstände (Fußball, Fahrrad) erkannt und umfahren. Eine Engstelle von 1,2 m wurde nach anfänglichem Zögern durchfahren
Stark auch die strukturierte Herangehensweise beim Mähvorgang: Wo andere Roboter nach dem Zufallsprinzip kreuz und quer über den Rasen fahren, bewegt sich der G1 präzise in parallelen Bahnen, deren Winkel man sogar per App bestimmen kann. Hier spürt man das Know-How von Ecovacs im Bereich Robotik-Systeme.

Akkulaufzeit und Aufladen
Die 5,2 Ah starke Energiezelle ist fest verbaut, kann aber relativ schnell ausgetauscht werden, indem auf der Unterseite eine von 6 Schrauben fixierte Klappe abgeschraubt wird. Trotzdem ist das ein Nachteil gegenüber den Modellen von Worx, wo der Akku mit einem Handgriff abgezogen werden kann und kompatibel mit dem Worx-Akkusystem ist.

Die Mähleistung mit einer Akkuladung lässt sich nur schwer in Quadratmetern beziffern, weil auch die Geländebeschaffenheit eine Rolle spielt: Unseren verwinkelten 120-Quadratmeter-Rasen schafft der G1 in 1:20 Stunden. Dafür werden etwa 30 Prozent der Akkuleistung benötigt. Es dauert mit 6 Stunden vergleichsweise lang, bis der Akku wieder von 0 auf 100 Prozent geladen ist.
Fazit
Ecovacs legt mit dem Goat G1 einen fulminanten Einstieg in den Markt für Mähroboter hin. Das Modell ist zwar vergleichsweise groß und schwer, aber jedem kabelgebundenen System um Längen voraus. Der Preis von 1.600 Euro ist nur auf den ersten Blick hoch, für ein kabelloses System aber de facto ein Schnapper. Jetzt kommt es darauf, ob Worx mit seiner neuen Serie Landroid Vision mithalten kann. Aber so oder so ist Ecovacs ein Spitzenplatz in der Gartensaison 2023 sicher.