Canon EOS 5D Mark IV im Test
Mehr zum Thema: CanonHoher Preis, hohe Bildqualität? Die Canon EOS 5D Mark IV muss im Test zeigen, ob sie eine würdige Nachfolgerin der 5D Mark III ist.

Die Erwartungen an den Nachfolger der Canon EOS 5D Mark III waren hoch, doch die Canon EOS 5D Mark IV stellt sich dem: Neben einem vielversprechenden "Dual Pixel"- Vollformat-CMOS-Sensor und dem neuen Digic-6+-Prozessor bietet die EOS 5D Mark IV eine erstklassige Ausstattung und jede Menge Extras.Hi...
Die Erwartungen an den Nachfolger der Canon EOS 5D Mark III waren hoch, doch die Canon EOS 5D Mark IV stellt sich dem: Neben einem vielversprechenden "Dual Pixel"- Vollformat-CMOS-Sensor und dem neuen Digic-6+-Prozessor bietet die EOS 5D Mark IV eine erstklassige Ausstattung und jede Menge Extras.
Highlight der 5D Mark IV ist aber das neue "Dual Pixel RAW"-Format". Damit kann der Fotograf den Fokuspunkt nachträglich am Rechner nochmals leicht versetzen, Doppelbilder reduzieren oder sogar ganze Objekte in der Vorder- und Hintergrundebene - moderat - verschieben. Kehrseite der Medaille: Der Preis der EOS 5D Mark IV steigt auf knapp 4.100 Euro.
Bei der Auflösungssteigerung haben sich die Entwickler eher zurückgehalten: 30,4 Megapixel tummeln sich auf dem Sensor, ein Plus von 8 Megapixeln gegenüber der Mark III. Der Empfindlichkeitsbereich reicht erweitert von ISO 50 bis 102.400.
"Dual Pixel RAW"-Format
Herzstück der EOS 5D Mark IV ist der neue "Dual Pixel CMOS"-Sensor, auf dessen Struktur auch das neue "Dual Pixel RAW"-Format der Kamera basiert: Jeder Pixel des Sensors besteht aus zwei Subpixeln, die zusammen oder separat genutzt werden können. So stehen 80 Prozent der Sensorfläche für den schnellen Phasen-AF im Live-View- Betrieb zur Verfügung, was beim Fotografieren wie beim Filmen hilft.
Wird zusätzlich das neue "Dual Pixel RAW"-Format im Menü aktiviert, zeichnet die Kamera eine RAW-Datei auf, die aus zwei Aufnahmen mit leicht unterschiedlichen Blickwinkeln besteht. So kann der Fotograf nachträglich die Schärfe oder auch das Bokeh minimal verlagern. Zudem lassen sich Abbildungsfehler des Objektivs, etwa Geisterbilder oder Linsenreflektionen reduzieren. Das funktioniert zwar nur in einem sehr begrenzten Umfang, reicht aber um etwa bei einem Porträt die Schärfe vom Brillengestell auf die Augen zu legen.

Ein spezieller Algorithmus zur Rauschunterdrückung soll die Low-Light-Aufnahmen der Canon EOS 5D Mark IV optimieren. Diese und alle anderen Rechenaufgaben übernimmt ein Digic-6+-Bildprozessor, der auch ein Plus bei der Geschwindigkeit verantwortet. Zwar kommt die EOS 5D Mark IV mit einem Prozessor bei Weitem nicht an die Spitzentempi der neuen 1D X Mark II heran, die den Prozessor gleich im Doppelpack verbaut hat. Doch konnte Canon die Serienaufnahmen um 1 B/s auf 7 B/s steigern. Im Labor schaffte die Kamera dabei 19 RAWs in Folge und JPEGs, bis die Karte voll war.
Gehäuse und Ausstattung
Das Gehäuse der EOS 5D Mark IV hat sich nur marginal verändert, sodass sich MK-III-Anwender nicht groß umstellen müssen: Der spritzwassergeschützte, robuste Body aus einer Magnesiumlegierung zeigt die bekannten Formen und die Anordnung der Bedienelemente. Der Witterungsschutz wurde verbessert, wobei Slots und Anschlüsse mit speziellen Dichtungen gegen das Eindringen von Schmutz und Wasser geschützt sind.
Die Kamera liegt sehr gut in der Hand und ist mit 890 Gramm um 60 Gramm leichter und in den Abmessungen etwas kleiner als ihre Vorgängerin. Neu dazu gekommen ist auf der Gehäuserückseite ein recht praktischer Kippschalter unter dem Joystick. Damit lässt sich im laufenden Betrieb mit Blick durch den Sucher schnell ein Wechsel des aktiven Autofokus-Bereichs vornehmen.
Als einige der wenigen Kameras auf dem Markt bietet die EOS 5D Mark IV ein integriertes GPS-Modul. Zeitgemäß mobil zeigt sich die EOS 5D Mark IV auch in puncto Konnektivität mit WLAN und NFC.

Sucher und Monitor
Der optische SLR-Sucher arbeitet wie gehabt mit einer Bildfeldabdeckung von 100 Prozent und einer effektiven Vergrößerung von 0,71 sowie einblendbaren Gitterlinien. Austauschbare Mattscheiben bleiben der 1D X Mark II vorbehalten. Das 3,2-Zoll-Display ist fest verbaut, löst mit 533.333 RGB-Pixeln jedoch hoch auf und ist touchfähig.
Alle Menüeinstellungen lassen sich per Fingerzeig direkt am Display vornehmen, gegebenenfalls sogar mit Handschuhen. Der Touchscreen zeigt sich auch beim Filmen als sehr praktisch, um etwa mal eben die Schärfeverlagerung direkt am Display vorzunehmen.

Bedienung
Am von der EOS 5D Mark III gewohnten Bedienkonzept hält Canon fest: Es stehen die bewährten großen Einstellräder für Zeigefinger und Daumen sowie ein Joystick zur Verfügung. Daneben gibt es zahlreiche Direkttasten für die wichtigsten Funktionen wie ISO-Einstellungen und Autofokus. Auch das übersichtlich gestaltete Quick- und Hauptmenü mit diversen Unterseiten zu den Kategorien Aufnahme, Wiedergabe, Grund- und Benutzereinstellungen sowie Autofokus kennt man.
Durch die Unterseiten navigiert man wie gewohnt per Wahlrad und Joystick, über die Q-Taste wechselt man direkt in die Kategorie oder noch komfortabler per Fingerzeig über den Touchscreen. Das klassenübliche LC-Daten-Display auf der Kameraoberseite gewährt Überblick über alle Aufnahmeeinstellungen auch ohne Blick durch den Sucher.
Autofokus und Belichtungsmessung
Den verbesserten Autofokus hat die EOS 5D Mark IV vom Topmodell Canon EOS 1D X II geerbt. Die Messfelder decken nun einen größeren Sensorbereich ab und sind lichtempfindlicher geworden. So schneidet die EOS 5D Mark IV sehr gut bei hellem Umgebungslicht (0,3s bei 300 Lux) ab. Deutlich schneller als die EOS 5D Mark III arbeitet sie aber vor allem bei wenig Licht (0,33 s statt 0,46 s bei 30 Lux).
Das AF-System besteht aus 61 AF-Feldern, darunter 41 Kreuzsensoren inklusive 5 Dual-Kreuzsensoren (bei Anfangsöffnung 1:2,8). Allerdings variiert die effektive Zahl der AF-Felder je nach Objektivtyp und Anfangsöffnung.
Bei 1:8 stehen noch 61 Felder mit 21 Kreuzsensoren zur Verfügung, die netzförmig über die Bildfläche verteilt sind. Das garantiert eine bessere Schärfenachführung auf sich schnell bewegende Gesichter oder wechselnde Farben sowie die Treffergenauigkeit bei Schwachlicht bis -3 LW (AF-Modul) und -4 LW (Live-View). Gleichermaßen soll der Autofokus bei Extendern an allen Teleobjektiven bis Blende 8 mit allen 61 AF-Feldern und 21 Kreuzsensoren funktionieren.

Zudem ist der Autofokus auch im Live-View deutlich flotter geworden dank "Dual Pixel"-Technik. Die Auslösezeit betrug im Labor 0,49 s bei hellem Tageslicht und 0,48 s bei mäßigem Umgebungslicht. Im Gegensatz zur Vorgängerin lässt sich der LiveView-AF nun auch beim Filmen einsetzen und so überzeugt die EOS 5D Mark IV mit einem flüssigen, leisen Nachführ-Autofokus.
Neben der Messfeldautomatik (mit jedem AF-Feld verknüpft) gibt es: eine mittenbetonte Messung, eine selektive Messung bezogen auf 6,2 Prozent, und eine Spot-Messung fokussiert auf 1,3 Prozent des Gesichtsfeldes (ohne AF-Verknüpfung). Hinzu kommt eine Messfelderweiterung, wobei die Kamera bis zu maximal acht angrenzende Felder mit einbezieht und hier auch das Einzelfeld manuell angewählt werden kann. Die jeweils benachbarten Felder wählt die Kamera dagegen automatisch hinzu. Es gibt eine herkömmliche 9-Zonenwahl und eine AF-Messfeldwahl mit drei großen Zonen.
Die Belichtungsmessung übernimmt ein neuer 150.000-Pixel-Sensor mit jetzt 252 Zonen, statt bisher 63, der sowohl im RGB- als auch Infrarot-Bereich arbeitet. Neben den Belichtungsprogrammen stehen P mit Programm-Shift, AV, TV und eine manuelle Einstellung, Bulb und drei Custom-Funktionen zur Wahl.
Video-Funktionen
Die Kamera beherrscht Aufnahmen in voller 4K-Auflösung, also mit 4.096 x 2.160 Pixeln (17:9) bei 30, 25 oder 24 B/s. Gespeichert wird auf Compact-Flash oder SD-Karten. Das erspart die teuren CFast-Karten. Neu ist der HDR-Videomodus, eine Zeitlupenfunktion mit 120 B/s, und wer möchte, kann nachträglich aus den 4K-Filmen ein Standbild mit 8,8 Megapixel Auflösung extrahieren.
Zum Datenstrom passend gehört ein USB-3.0-Anschluss nun zur Ausstattung, denn der HDMI-Ausgang arbeitet mit maximal Full-HD-Auflösung. Es gibt einen Kopfhörer-Ausgang, das integrierte Mikrofon arbeitet jedoch nur in Mono. Für Stereoton muss der externe Mikrophonanschluss verwendet werden.
Bildqualität
Im Vergleich zur Vorgängerin zeigt sich die EOS 5D Mark IV über den gesamten ISO-Bereich überlegen: Der Zugewinn der Auflösung beträgt bis ISO 1600 rund 300 LP /BH. Bei ISO 1600 erreicht sie noch immer gut 2000 LP/BH und kombiniert diese mit einer außerordentlich hohen Dynamik von 11 bis 12 Blenden, womit sie in der Summe bis ISO 1600 sogar eine noch bessere Qualität erreicht als eine EOS 1D X Mark II. Auch beim Rauschverhalten kann die Kamera überzeugen: Es tritt nur moderat auf (VN mit 0,7 bis 1,1 bei ISO 1600) und stört erst spät wirklich den Bildeindruck.

Dass Canon an der Abstimmung gearbeitet hat, zeigt sich auch am DL-Kurvenprofil. Die Kurven für hohe und niedrige Kontraste liegen nah beieinander, und DL-Direct- und DL-Cross-Kurven weichen wenig voneinander ab. In der von uns getesteten Einstellung Feindetail steigen zudem die DL-cross-Kurven nur bis 1,1, sind also fast ideal. Ähnlich moderat ist der Overshoot bei hohen Kontrasten. Der Undershoot sollte jedoch etwas moderater sein, was auch für den Overshoot bei niedrigen Kontrasten gilt. Zu Farbfehlern kommt es wenig und ausschließlich bei Rottönen.
Fazit
Mit der EOS 5D Mark IV liefert Canon eine konsequente Weiterentwicklung des Vorgängers. Äußerlich ist nicht viel passiert: Konzept und Tastenanordnung sind fast gleich geblieben, was den Umstieg erleichtert. Zugleich ist die Neue eine Spur kleiner und leichter geworden.
Den inneren Aufbau der Mark IV hat Canon jedoch komplett überholt. Auf der Ausstattungsseite gehören nun WLAN, GPS, 4K-Video und Touchscreen dazu. Technisch punktet die 5D Mark IV mit dem Top-Autofokus der EOS 1D X II und dem zweiten "Dual Pixel"-Sensor im KB-Format. So liefert der neue Sensor nicht nur 8 Megapixel mehr, sondern beherrscht dank Doppelpixelstruktur auch einen flüssigen Nachführ-Autofokus im Videobetrieb.
Bei der Bildqualität zieht die Neue am Profimodell 1D X Mark II im Bereich der niedrigeren Empfindlichkeiten sogar vorbei. Alleinstellungsmerkmal ist das "Dual Pixel RAW"-Format mit moderater nachträglicher Schärfe- und Bokeh-Verlagerung. Kauftipp Bildqualität.
Persönliche Einschätzung der Autorin
Das Fotografieren mit der neuen EOS 5D Mark IV macht wirklich Spaß: Die Kamera liegt klasse in der Hand, ist robust und der Witterungsschutz wurde nochmals verbessert. Das um 60 Gramm geringere Gewicht macht sich im Gebrauch zwar wenig bemerkbar, dafür profitiert man von der Touchfunk tion des neuen hochauflösenden Displays. Die ungewöhnlichste Entwicklung steckt hinter dem neuen RAW-Format. Klar, die Datenmengen sind hoch und der Nutzen in der Praxis wohl eher begrenzt. Aber das Format zeigt, dass neue Überlegungen möglich sind.
Acht Megapixel mehr Sensor-Auflösung sind nützlich, aber wohl weniger ein Kaufargument, als der verbesserte Autofokus, der sich nicht nur im Live-View, sondern vor allem beim Videobetrieb bemerkbar macht. 4K-Cinema und GPS sind klasse, keine Frage, und auch das WLAN ist ein Vorteil, etwa wenn es darum geht, die Kamera ohne teures Zubehör per App oder vom PC aus fernzusteuern.
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Wer also gerne viel filmt, für den kann sich der Kauf wirklich lohnen. Wer lieber nur fotografiert, kann aber getrost weiter zur Mark II greifen, die eine solide Bildqualität bietet und derzeit bereits um knapp 1800 Euro günstiger zu haben ist.