Was leisten intelligente Verbrauchszähler?
Seit 2010 sind intelligente Verbrauchszähler bei neuen und grundsanierten Gebäuden vorgeschrieben. So sollen der Stromverbrauch transparenter, die Abrechnung leichter und das Energiebewusstsein größer werden. Aber können die neuen Zähler das überhaupt leisten?

Die Kosten für Strom und Heizung stellen die beiden größten Posten im Haushaltsbudget einer deutschen Durchschnittsfamilie dar. Ohne Strom läuft nichts, selbst der Holzpellets-Ofen braucht ihn. Die Ressourcen zur Erzeugung von Strom und Wärme, also Gas, Öl und Kohle, werden knapper und damit a...
Die Kosten für Strom und Heizung stellen die beiden größten Posten im Haushaltsbudget einer deutschen Durchschnittsfamilie dar. Ohne Strom läuft nichts, selbst der Holzpellets-Ofen braucht ihn. Die Ressourcen zur Erzeugung von Strom und Wärme, also Gas, Öl und Kohle, werden knapper und damit auch immer teurer. Mit wertvollen Gütern muss man haushalten; dabei ist das exakte Messen entscheidend.
Eine "Strom-Flatrate" ist nicht sinnvoll. Vielmehr wäre es logisch, denjenigen zu belasten, der besonders viel verbraucht und vielleicht sogar sorglos Energie verschwendet, beispielsweise durch dauernd geöffnete Fenster bei laufender Heizung. Nicht nur die neuen Smart Meters, sondern bereits die weit verbreiteten Standardzähler zeigen mit einem Zählwerk in Echtzeit den aufgelaufenen Verbrauch an.
Leider befinden sich die Zähler irgendwo im Keller oder in einem Kasten im Hausflur und sind oft so angebracht, dass man sie nur mit Mühe ablesen kann. So lassen sie sich für die Steuerung des Energieverbrauchs im Haushalt nur schwer nutzen.
Das ist etwa in einem Auto etwas anders, wo man auf Knopfdruck den aktuellen und den Durchschnittsverbrauch angezeigt bekommt. Mit einem Blick auf den aktuellen Spritverbrauch kann jeder selbst entscheiden, ob er lieber schneller oder sparsamer unterwegs sein möchte.
Abschreckung durch Transparenz
Die Politik will erreichen, dass jeder automatisch sparsamer wird, wenn er die Konsequenzen des "Bleifußes" für sein Portemonnaie sofort sieht. Elektronische Zähler sind deswegen in der Lage, die gemessenen Verbrauchsdaten per Datenschnittstelle weiterzuleiten. Der Verbrauch wird vom Keller in die Wohnung geschickt, etwa auf das Smartphone als schöne und aussagekräftige Grafik.
Doch Pilotprojekte in allen Regionen Deutschlands und auch im Ausland haben gezeigt, dass sich nach spätestens vier Wochen niemand mehr für die Daten interessiert. Die Frustration darüber, mitanzusehen, wie die Kilowattstunden durch den Zähler rauschen und dass man nicht mehr weiß, wo Elektrogeräte noch ausgeschaltet werden können, kann leicht in Lethargie münden.
So macht Licht nur ca. zwei Prozent des Energieverbrauchs aus: Dort zu sparen ist relativ unergiebig. Dann lieber auf das Kaffeekochen verzichten? Sich nicht mehr mit warmem Wasser aus dem Durchlauferhitzer waschen, vielleicht kälter duschen? Solche Maßnahmen gehen stark zulasten der Lebensqualität. Und das kann nicht das Ziel von Smart Meters sein - und auch nicht das Ziel der Bundesregierung.

Bei Fernwärme und Gas lohnt sich ein fernablesbarer Zähler schon eher als bei Strom. Denn schon ein Grad weniger Temperatur kann am Jahresende eine Menge Geld und Kohlendioxid einsparen. Das optimale Heizen mit smarten Assistenten, die etwa nur dann für Wohlfühltemperatur sorgen, wenn man im Haus ist, spart also Geld und ist gut für die Umwelt. So wäre es sinnvoll, die Verbrauchszähler für Gas und Wärme intelligent und jederzeit ablesbar zu machen. Leider steht nach wie vor eher Strom im Fokus der Entwicklung.
Smart Meters sind wichtige Bausteine der Energiewende. Anders als große Kraftwerke stehen erneuerbare Energiequellen wie Photovoltaikanlagen und Windräder nicht mehr an wenigen zentralen Stellen im Stromnetzwerk, sondern sind über die gesamte Republik verteilt. Und ihre Leistung ist nicht von außen beeinflussbar. Wenn der Wind im Weserbergland nicht bläst, leisten die Windgeneratoren auch nichts.
Um das Stromnetz der (nahen) Zukunft zu kontrollieren, müssen die Stromnetzbetreiber sowohl den Verbrauch (über Smart Meters in den Haushalten) als auch die zentrale und dezentrale Stromerzeugung im Blick haben. Auch hierbei sind fernauslesbare Zähler notwendig. Mit ihren Daten lassen sich Erzeugung und Verbrauch hoffentlich perfekt koordinieren, sodass wir sicher vor Blackout-Situationen sind.
Datensicherheit ist gefragt
Ebenso wie die sogenannten Ferraris-Zähler messen elektronische Zählwerke den aktuell durchlaufenden Strom. Beim elektronischen Meter wird der Verbrauch auf einem kleinen Display angezeigt, beim Ferraris-Zähler durch ein mechanisches Zählwerk. Anders als dieanalogen lassen sich die digitalen Daten auch übertragen. Dafür wird der elektronische Zähler durch eine Datenübertragungseinheit ergänzt.
Über das lokale Netzwerk könnten nun diese Daten in Haus und Wohnung zum PC oder Gebäuderechner geschickt werden. Dort könnte man den aktuellen Verbrauch anzeigen und - wenn die Vorjahresdaten vorhanden sind - mit diesen vergleichen.

Allerdings ist dieses Verfahren anfällig für Manipulationen. Heerscharen von Hackern würden sich auf die Smart Meters stürzen. Was dann theoretisch möglich wäre, beschreibt der hervorragend recherchierte Kriminalroman "Blackout - Morgen ist es zu spät" von Marc Elsberg. Smart Meters sind deshalb für Datenschützer ein heißes Eisen.
Wenn Unberechtigte den aktuellen Stromverbrauch aus der Ferne mitlesen könnten, ließe sich daraus schließen, ob jemand zu Hause ist oder nicht. Bei einem Smart Home mit Anwesenheitssimulation trifft dieses Argument allerdings nicht zu, denn in diesem läuft auch dann der Strom, wenn das Haus leer ist.
Manche Spezialisten behaupten, dass Stromverbrauchsänderungen auch Rückschlüsse auf das laufende TV-Programm zulassen. Allerdings kann man sich fragen, wem eine solche Information nutzen würde. Von fern auslesbare Wasserzähler lassen schon eher kriminelle Möglichkeiten zu. Eine Smart-Home-Anwesenheitssimulation schließt die Dusche und die Toilettenspülung in der Regel nicht mit ein. Allerdings glauben Präventionsspezialisten der Polizei nicht, dass die meisten Einbrecher so viel Technik einsetzen. Ihre Erkenntnis: "Wer das kann, braucht nicht einzubrechen."
Datenschutz per Gesetz
Es geht den Datenschützern um mehr. Verbrauchsdaten haben einen persönlichen Wert und sollten deswegen geschützt werden. Es geht niemanden etwas an, ob oder wie oft man duscht, wann man aufsteht, und ob man es eher kuschelig warm oder erfrischend kühl mag.
Der Strom- oder Gas-Anbieter darf daher die Verbrauchsdaten nur zu der Abrechnungszwecken erheben. Die Regeln hierfür sind eindeutig und streng, und es kann davon ausgegangen werden, dass Verbraucher- und Datenschützer die entsprechenden Gesetze durchsetzen. Sie müssen also keine Angst vor dem Missbrauch Ihrer Zählerdaten haben.

Der Gesetzgeber hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationsverarbeitung (BSI) beauftragt, ein sogenanntes Schutzprofil für Smart Meters zu erarbeiten. Dieses liegt inzwischen vor. Auch wenn es noch Detaildiskussionen gibt, sind die Zielvorgaben für die Industrie klar. Das BSI verlangt eine qualifizierte Verschlüsselung der Zählerinformationen vor der Übertragung zu einem Stromanbieter.
Momentan arbeitet die Industrie an der Realisierung der Vorgaben, denn ohne BSI-Zertifikat können die Zähler in den Haushalten nicht installiert werden. Selbst bereits installierte Geräte müssten durch "stumme" Zähler ersetzt werden, wenn es das Eichgesetz verlangt.
Exakte Stromabrechnung
Den Verbrauch zu messen, anzuzeigen und zu übertragen ist die hauptsächliche Aufgabe des Smart Meter. Dazu sendet er Daten an den Stromanbieter. Er kann aber auch Anweisungen erhalten. Der Stromanbieter fordert etwa den Zähler auf, seine aktuellen Verbrauchsdaten zu melden. Dies ist in einem Abstand von einem Jahr, aber auch mit ca. 30.000 Datensätzen im Abstand von zehn Minuten möglich. Außerdem sind die Ablesungen mit dem Eichgesetz vereinbar, also für Abrechnungen geeignet. Aus der monatlichen Abschlagszahlung und der Endabrechnung zum Ende des Jahres könnte also eine exakte monatliche Rechnung werden.
Ein kommunikativer Smart Meter könnte vom Stromanbieter sogar aus der Ferne abgeschaltet werden, beispielsweise bei Nichtzahlung. Hier gibt es allerdings enge rechtliche Rahmenbedingungen zum Schutz der Verbraucher. Sinnvoller ist eine Wiedereinschaltung, wenn der säumige Kunde gezahlt hat.
Smart Meters sind im Gegensatz zu den herkömmlichen Geräten Mehrtarifzähler. Schwankt der Strompreis - und das wird künftig der Fall sein - wird der Stromanbieter den jeweils gültigen Tarif sekundengenau in den Zähler übertragen.
Technische Grenzen
Oft wird vereinfacht davon ausgegangen, dass der Smart Meter bei Stromüberschuss - weil im Allgäu die Sonne auf die Photovoltaikanlage scheint und gleichzeitig in der Nordsee eine steife Brise weht - die Waschmaschine und die Kühltruhe einschaltet. Das ist falsch: Ein Zähler ist und bleibt ein Zähler. Er kann nicht schalten. Stromanbieter werden künftig allerdings ihre Kundenhaushalte in Echtzeit per Internet informieren, wenn Strom aktuell teurer oder billiger wird, damit diese reagieren können.
Für das Zu- und Abschalten, Lastabwurf, Speicherung von Billigstrom als Heizenergie im Elektrospeicherofen oder als Kälte im Tiefkühlschrank ist nicht der Zähler, sondern ein Smart Home Controller zuständig. Dieser besorgt sich über das Internet die Tarifinformationen.

Wenn der Haushalt selbst Strom erzeugt
Viele moderne Gebäude verfügen heute bereits über eine Photovoltaikanlage, kleine Windräder oder Mikround Mini-Blockheizkraftwerke. Der Haushalt erzeugt also selbst Strom. Bisher speiste der private Stromerzeuger in das Stromnetz ein.
Ein spezieller Zähler registrierte die Kilowattstunden für eine Vergütung durch den Stromnetzbetreiber. Inzwischen hat man erkannt, dass es sinnvoller ist, den so erzeugten Strom nicht einfach einzuspeisen, sondern nach Möglichkeit auch vor Ort zu verbrauchen oder dort zu speichern. Seit Kurzem sind dafür erste Batterie-Stromspeicher im Handel erhältlich.
Bleibt etwas übrig, kann das Smart Home "eingreifen" und den Überschuss abgreifen. Mögliche sinnvolle Verbraucher sind bei einer Niedertemperatur-Fußbodenheizung der Brauchwasserspeicher, eine fernsteuerbare Tiefkühltruhe oder Elektrospeicheröfen, die mit Solarstrom-Überschuss geladen werden.
Fazit
Zwei-Wege-Smart-Meters zählen den aktuell erzeugten und den gerade verbrauchten Strom minutengenau. Doch ohne Smart Home sind sie lediglich Zähler. Sie sinnvoll zu nutzen liegt also in der Hand des Verbrauchers. Vor allem für private Stromerzeuger sind Smart Meters unverzichtbar.