So optimieren Sie Ihre Webseite
Gehen Sie gerne in Restaurants, die zwar gutes Essen zu moderaten Preisen bieten, deren Atmosphäre Ihnen aber nicht gefällt? Wohl kaum. Warum auch? Schließlich gibt es genug andere Lokale. Im Internet ist es ähnlich. Von Olaf Brandt

Um neue Kunden zu gewinnen und bestehende zu binden, muss der Online-Auftritt darüber hinaus ein optimales Nutzererlebnis bieten. Nur wenn sich die Nutzer auf einer Website wohlfühlen, sind sie auch bereit, sich lange dort aufzuhalten, ihre Warenkörbe reichlich zu füllen und regelmäßig wiederz...
Um neue Kunden zu gewinnen und bestehende zu binden, muss der Online-Auftritt darüber hinaus ein optimales Nutzererlebnis bieten. Nur wenn sich die Nutzer auf einer Website wohlfühlen, sind sie auch bereit, sich lange dort aufzuhalten, ihre Warenkörbe reichlich zu füllen und regelmäßig wiederzukommen. Website-Betreiber müssen ihre Onlinepräsenz deswegen kontinuierlich im Hinblick auf ein gutes Nutzererlebnis optimieren.
Dazu bedarf es neben Zeit und Geld vor allem einer Strategie für den Einsatz geeigneter Methoden und Werkzeuge. Wenn es um die Optimierung ihrer Onlinepräsenz geht, sind Website-Betreiber oft etwas ratlos, wie sie am sinnvollsten vorgehen und wo sie anfangen sollen. Das ist angesichts des riesigen Angebots an Methoden und Werkzeugen auch nicht verwunderlich. Als besonders effektiv hat sich in den letzten Jahren folgendes Vorgehen herauskristallisiert:
Schritt 1 - Schwachstellen identifizieren
Um die wesentlichen Schwachstellen der Website zu ermitteln, ist es heute die Pflicht jedes Website-Betreibers, eine Webanalysesoftware einzusetzen. Mit dieser erfahren Sie beispielsweise, welche Seiten typische Ausstiegsseiten sind oder eine sehr kurze Verweildauer aufweisen, welche Landeseiten hohe Bounce Rates verzeichnen oder in welchem Prozessschritt sich Abbrüche häufen. Kritische Bereiche einer Website werden so mit wenig Aufwand identifiziert. Gleichzeitig können Sie Schwachstellen aus Nutzersicht herausfiltern, indem sie beispielsweise Onsite-Zufriedenheitsbefragungen durchführen oder Feedback-Buttons auf Ihren Seiten anbieten.

Statt selbst die Informationen aus der Webanalyse und dem Nutzerfeedback zu interpretieren, können Sie aber auch ein Beratungsunternehmen engagieren. In diesem Fall nehmen Experten Ihre Website auf Basis ihrer Erfahrung unter die Lupe, stellen Vermutungen über Schwachpunkte an und fassen die Ergebnisse in einem Gutachten zusammen. Entweder gehen sie dabei rein kognitiv ohne Datenanalyse vor oder sie greifen auf Kennzahlen von Webanalyselösungen zurück. Auch mit dieser Herangehensweise werden die kritischen Bereiche oft zuverlässig und schnell identifiziert.
Tipp: Nutzen Sie zunächst Ihre Webanalyselösung, um die gröbsten Schwachstellen zu erkennen, bevor Sie teure Dienstleister engagieren. Erst wenn Sie per Software keine Probleme mehr identifizieren können, ziehen Sie Experten zu Rate.
Schritt 2 - Prioritäten setzen und Hypothesen aufstellen
Haben Sie die kritischen Stellen der Website identifiziert, müssen Sie Prioritäten setzen. Es macht keinen Sinn, mehrere Bereiche gleichzeitig detailliert zu analysieren und zu optimieren. Generell sollte als Erstes die Schwachstelle angegangen werden, die das Geschäftsmodell der Website am stärksten beeinträchtigt. Im Falle von Online-Shops sind dies beispielsweise die Seiten mit den höchsten Abbruchraten im Bestellprozess. Investieren Sie dagegen viel Geld in Online-Kampagnen, sollten Sie als Erstes die Kampagnen-Landeseiten mit den höchsten Bounce Rates unter die Lupe nehmen.
Auf Basis der ersten Schwachstellen, die aus der Webanalyse, dem Nutzerfeedback oder dem Expertengutachten hervorgegangen sind, müssen Sie dann Hypothesen über mögliche Ursachen aufstellen. Verlieren Sie beispielsweise besonders viele Besucher auf einer bestimmten Seite, könnte der Grund dafür sein, dass die Besucher einen Interaktionsbutton dort nicht als solchen erkennen oder ihn erst gar nicht wahrnehmen.
Tipp: Stellen Sie anhand der Wertschöpfungskette priorisierte Hypothesen auf, die zum analysierten Problem führen könnten.
Schritt 3 - Hypothesen überprüfen
Bei der Validierung der Hypothesen gibt es unterschiedliche Herangehensweisen. Um herauszufinden, wie die Nutzer die Website erleben und was sie tatsächlich wahrnehmen, bietet sich auf softwaretechnischer Ebene der Einsatz einer Mouse-Tracking-Lösung an. Denn wissenschaftliche Studien belegen, dass Maus- und Augenbewegungen stark miteinander korrelieren. Alleine anhand der Mausbewegung lässt sich auf die Augenbewegung und die Wahrnehmung der Nutzer schließen. Mouse-Tracking- Lösungen geben dabei nicht nur jede einzelne Besuchersitzung wie einen Film wieder und machen so das Nutzererlebnis transparent, sondern sind darüber hinaus in der Lage, die einzelnen Besuchersitzungen zu Overlay Maps zu verdichten und diese direkt auf der analysierten Website darzustellen.
So erkennt man auf einen Blick, welche Seitenabschnitte die Besucher wahrnehmen, bis wohin sie scrollen und wie lange sie welche Elemente betrachten. Die Hypothese, dass die Nutzer einen Interaktionsbutton übersehen haben, ist durch Mouse-Tracking schnell und kostengünstig überprüfbar. Identifizieren Sie auf einer Formularseite eine Schwachstelle, hilft die Formularanalyse, die häufig in Mouse-Tracking-Lösungen integriert ist. Diese ermöglicht eine detaillierte Untersuchung bis auf Formularfeldebene. Sie erfahren nicht nur, in welcher Reihenfolge welche Felder ausgefüllt werden und wie viel Zeit die Besucher jeweils dafür benötigen, sondern auch, in welchem konkreten Formularfeld die Besucher mit der Eingabe zögern oder gar die Seite verlassen.

Als Alternativen zur softwarebasierten Nutzeranalyse gibt es ein breites Spektrum an Methoden, bei denen Personen physisch bei der Website-Nutzung im Labor beobachtet werden. In der Regel müssen dazu Probanden eine Aufgabe lösen, mit der die Hypothesen überprüft werden. Beim Friendly User Test zum Beispiel laden Sie befreundete Personen ein, die bei der Bearbeitung der Aufgabe mittels Webcam beobachtet werden. Diese Methode ist kostengünstig, liefert aber - je nach Repräsentativität der Friendly User - nur bedingt valide Ergebnisse. Professioneller ist der Gang in ein Usability-Labor. Nach der Rekrutierung der passenden Probanden - für zielgruppenrepräsentative Ergebnisse üblicherweise um die 30 Personen der jeweiligen Zielgruppe - werden diese bei der Bearbeitung der Aufgabe gefilmt, Tonaufzeichnung inklusive. Welche weiteren Methoden eingesetzt werden - ob die Methode des lauten Denkens oder die zusätzliche Aufzeichnung der Mimik des Probanden mittels Frontalkamera -, hängt unter anderem von Ihrem Geldbeutel ab. Spielen Budgets keine große Rolle, kommt als Methode auch noch Eye Tracking in Betracht. Es liefert sehr valide Ergebnisse, welche Bildschirmelemente die Aufmerksamkeit des Nutzers auf sich ziehen, die in ihrer Genauigkeit die Analysen des Mouse-Trackings noch übertreffen können. Usability-Labore sind eine sehr gute Möglichkeit, um Hypothesen zuverlässig zu überprüfen.
Gegenüber dem Mouse-Tracking besitzen sie allerdings den Nachteil, dass es sich bei den Probanden nicht um echte Nutzer in ihrer natürlichen Umgebung handelt und dass sowohl die Anzahl der Probanden als auch die Anzahl der Aufgaben begrenzt sind. Hinzu kommen der hohe zeitliche und finanzielle Aufwand. Die Kosten für ein festgelegtes Testszenario belaufen sich auf rund 15.000 Euro für bis zu zehn Probanden und weit mehr als 30.000 Euro für größere Stichproben und umfangreiche Methoden. Das macht Labortests für viele unerschwinglich.

Mouse-Tracking dagegen kostet je nach Umfang der Auswertungsmöglichkeiten zwischen 50 und 200 Euro im Monat, unabhängig davon wie viele Besucher man betrachtet oder wie viele Hypothesen und Schwachstellen man überprüft. Ein Vorteil des Usability-Labors ist, dass der Testleiter die Probanden direkt zu beobachteten Reaktionen und Emotionen befragen und mit ihnen in Interaktion treten kann. Und die Gefühlswelt ist im Hinblick auf die Optimierung des Nutzererlebnisses von großer Bedeutung.
Auf technischer Ebene haben Sie ähnliche Möglichkeiten durch Onsite-Befragungen und Feedback-Buttons, die Sie parallel zur Webanalyse und zum Mouse-Tracking einsetzen sollten. Mittels Onsite-Befragungen erfahren Sie, wie zufrieden die Besucher mit verschiedenen Aspekten des Webauftritts sind und was ihre Zufriedenheit antreibt. Dabei besteht die Möglichkeit, Nutzer abhängig von ihrem Verhalten zur Befragung einzuladen. Über Feedback-Buttons auf allen Seiten können Besucher direkt Emotionen, Verbesserungsvorschläge oder Kritik äußern. Das Feedback lässt sich seitenbezogen auswerten und ist oft schnell umsetzbar. Die Ergebnisse der unterschiedlichen Herangehensweisen sind bezüglich der Genauigkeit ähnlich. Der Vorteil des Usability-Labors ist die bessere Interaktionsmöglichkeit, während das Mouse-Tracking mit hoher Skalierbarkeit und einem sehr günstigen Preis punktet. Generell gilt: Sollen Hypothesen bezüglich Schwachstellen bei visuellen Komponenten überprüft werden, eignen sich beide Vorgehensweisen gut. Geht es jedoch um Interaktionselemente, die vom Nutzer Eingaben erfordern, empfiehlt sich in der Detailanalyse aufgrund der größeren Stichprobe und den umfassenderen Möglichkeiten der Formularanalyse das Mouse-Tracking.
Tipp: Reduzieren Sie die Anzahl der Hypothesen zur Website-Verbesserung zielgerichtet und beginnen Sie mit der Hypothese im Hinblick auf die größte Schwachstelle. Dabei können Usability-Labore eine wertvolle Hilfe sein. Stehen Ihnen dazu die finanziellen Mittel nicht zur Verfügung, greifen Sie auf Friendly User Tests oder preiswertes Mouse-Tracking zurück.
Schritt 4 - Verschiedene Varianten testen
Haben Sie nun eine Hypothese bestätigt, die zu einem Problem führt, gilt es Abhilfe zu schaffen. In einem ersten Schritt müssen Sie Ideen für mögliche Änderungen, so genannte Varianten, entwickeln. Haben Sie zum Beispiel herausgefunden, dass die Nutzer auf einer Seite tatsächlich einen Interaktionsbutton übersehen und deswegen vermehrt abbrechen, können Sie den Button etwa hinsichtlich Farbe, Position, Größe, Bezeichnung oder Form verändern. Die Varianten müssen dann getestet werden, um die beste zu ermitteln - mindestens jedoch eine neue Variante statt der bisherigen Lösung. Dafür gibt es spezielle Software. Man unterscheidet Lösungen für A/B/N-Testing, bei denen nur ein Element einer Website beziehungsweise eine ganze Seite in mehreren Varianten getestet werden, und Lösungen für multivariates Testen, bei denen mehrere Elemente in verschiedenen Varianten gleichzeitig getestet werden.

Wichtig ist, dass die Varianten stark differieren und sich an der Kernzielgruppe orientieren. Können Sie aufgrund des großen Aufwands nur eine Variante entwickeln, so können Sie statt einer speziellen Testsoftware auch seine Webanalyselösung verwenden. Wollen Sie Ihre Varianten dagegen auf Klick-Dummies testen, also mit simulierten Funktionen ohne aufwändige Implementierung in die echte Website, sind Labortests mit Probanden sehr hilfreich. Generell liefern spezielle Testlösungen und Labortests umfassendere Möglichkeiten als die Webanalyse. Allerdings erfordert beides zeitliche und finanzielle Ressourcen. Die Kosten für professionelle multivariate Tests beispielsweise beginnen in der Regel bei 50.000 Euro pro Jahr.