Aufgewacht - So starten Sie Ihren Computer über das Internet
Schön wäre es, wenn sich der gewünschte PC oder Server allein durch Gedankenkraft einschaltet. Da es nicht so einfach geht, müssen andere Hilfsmittel her. PC Magazin Professional zeigt Ihnen welche.

Es gibt Menschen, die lassen aus purer Bequemlichkeit ihren Heim-PC jahrelang durchlaufen, ohne ihn jemals bewusst abzuschalten. Wie ein Büro-PC soll auch der heimische Rechner bei Bedarf sofort aktiv sein und verschiedene Hintergrundjobs,beispielsweise Datensicherungen oder kleinere Serverdienste,...
Es gibt Menschen, die lassen aus purer Bequemlichkeit ihren Heim-PC jahrelang durchlaufen, ohne ihn jemals bewusst abzuschalten. Wie ein Büro-PC soll auch der heimische Rechner bei Bedarf sofort aktiv sein und verschiedene Hintergrundjobs,beispielsweise Datensicherungen oder kleinere Serverdienste, laufend erledigen können. Und wer kennt sie nicht?
Die fürchterliche Verlangsamung, nachdem Microsoft die Menschheit mit neuen Updates und Hotfixes beglückt? Um all dieser Langsamkeit und den daraus resultierenden Einschränkungen zu entgehen, könnte man den PC einfach immer eingeschaltet lassen und auf Stromsparfunktionen verzichten. Im Sinne der Performance! Die Erkenntnis, dass das zwar sehr praktisch, aber nicht gerade ökonomisch sinnvoll ist, kommt nach einem Vergleich des durchschnittlichen Energieverbrauchs mit Freunden und Bekannten. Hier offenbarensich große Unterschiede, höchstwahrscheinlich eher sehr große Unterschiede.
Angenommen, der PC verbraucht im Betrieb rund 150 Watt Leistung. So bedeutet das, dass er in 06:36 Stunden 1 KW an Energie verbraucht. Grob gerundet kommt der Verbrauch auf 4 KW am Tag. Im Monat kostet ein rund um die Uhr betriebener PC bei 30 Tagen somit (4KW x 30 Tage x 0,265 Euro Stromkosten pro KW): 31,80 Euro. Viel Geld, wenn man die tatsächliche Netto-Nutzungszeit bedenkt.
Hinzu kommen noch viele Komponenten, die neben dem PC gleich mitlaufen. Monitor, Switches, Lautsprecher, möglicherweise der Drucker. Es summiert sich. Wer mehr als einen PC für seine Arbeit oder Hobby benötigt, wird sich über eine entsprechend hohe Stromrechnung "freuen" dürfen. Die Kosten für einen rund um die Uhr laufenden Computer summieren sich auf ein Jahr gesehen also auf einen beträchtlichen Betrag von knapp 400 Euro. Von den negativen Umweltauswirkungen eines sinnlos eingeschalteten PCs einmal ganz zu schweigen.
Es muss doch Möglichkeiten geben, die heimische PC-Anlage gezielt zu aktivieren, die Stromkosten im Auge zu behalten und gleichzeitig die Vorzüge einer vorbereiteten PC-Anlage zu genießen! Und ja, es gibt verschiedenste Möglichkeiten. Für ein ordentliches Zusammenspiel empfiehlt es sich immer, eine Master-Slave-Steckdosenleiste zu verwenden. Bei diesen Mehrfachsteckdosen schaltet ein Relais alle als Slave bezeichneten Schuko-Plätze aus, sofern der als Master benannte Steckplatz nicht mindestens eine frei einstellbare Größe an Energie bezieht.
Typischerweise wird der Computer an den Master-Steckplatz angeschlossen, Lautsprecher, Monitor, Drucker, Scanner und alle anderen Peripherie-Geräte an die Slave-Steckplätze. Wechselt das Betriebssystem in den Ruhe-Modus (im BIOS als S3, S4 oder S5 bezeichnet), so sinkt der Stromverbrauch so stark ab, dass der einstellbare Schwellenwert für die Slave-Steckplätze unterschritten wird und die Mehrfachsteckdosenleiste diese Geräte ausschaltet. Es bleibt somit der im Ruhezustand wartende PC mit sehr geringem Stromverbrauch.
Büro-Variante
Die klassische Variante für den automatisiert aktiven PC ist das Büro. Wer typischerweise von Montag bis Freitag stets um 8 Uhr im Büro seinen Dienst antritt, der hat es recht leicht, seinen PC stets aktiv vorzufinden. Viele moderne BIOSe, beispielsweise in der Optiplex- oder Precision-Serie von Dell Computer, haben hierfür gleich die passende Funktion. Der Benutzer kann genau einstellen, wann sich der eigene PC automatisch einschalten soll. Die bereits erwähnte Master-Slave-Steckdose sorgt dafür, dass auch alle Komponenten und Peripheriegeräte ebenfalls einsatzbereit sind. Leider kennt das an sich schon recht mächtige BIOS von Dell nur die Einstellung Disable, Every Day und Weekdays.

Vernünftiger wäre eine pro Werktag unterscheidbare Regelung, um beispielsweise unterschiedliche Arbeitszeiten einzuplanen, oder dem Patch-Dienstag von Haus aus mehr Zeit einzuräumen. Nicht selten braucht der Update-Tag von Microsoft einen automatischen Neustart, den der Benutzer so, recht galant, gleich einplanen könnte. Das BIOS-Einschalten ist sehr praktisch, kostet kein Geld und benötigt keine weiteren Geräte. Dass sich die Kaffeemaschine über einen Slave-Steckplatz gleich miteinschaltet und auch das Heißgetränk pünktlich bereitsteht, ist jedoch eher was für die mutigen Computer-Geeks.
Hellwache Äpfel
Zeitgesteuertes Ein- beziehungsweise Ausschalten gehört für Mac-Rechner schon lange zum guten Ton. Seit der Einführung von OS X sind Apple-Benutzer in der Lage, in den Systemeinstellungen unter Energie sparen festzulegen, wann der Mac sich automatisch einschalten oder ausschalten soll. Geplante Neustarts sind ebenso möglich, wie die Auswahl eines Zeitfensters.
Leider bestehen auch beim Mac dieselben Einschränkungen, wie sie die BIOS-Möglichkeiten von Standard-PCs bieten: Unterschiedliche Startzeiten an verschiedenen Werktagen kann der Benutzer nicht anlegen. In demselben Einstellungsfenster, in dem der Benutzer definieren kann, nach welcher Zeit sich ein Ruhezustand einstellen möge, finden sich weitere, wichtige Anpassungsmöglichkeiten.

Unter Optionen legt der Mac-Besitzer fest, ob nach einem Stromausfall das Gerät angeschaltet werden soll und ob Bei administrativen Ethernet-Netzwerkzugriffen der Computer wieder aufwachen soll. Hinter dieser beinahe lyrischen Umschreibung verbirgt sich Wake On Lan (WOL) - die wohl wichtigste Technik, wenn es um automatisches Einschalten über das Netzwerk geht. Aber Vorsicht - der Mac startet, sofern er über WOL dazu aufgefordert wird, nur dann, wenn er sich im Ruhezustand befindet. Ausgeschaltet reagiert der Mac, wie die meisten anderen PCs, nicht auf das Aufweck-Signal.
Wake on LAN
Die Zeiten, in denen ein großer, klobiger Schalter auf der PC-Rückseite die Stromzufuhr mechanisch trennte, sind schon seit mehr als zwei Dekaden vorbei. Bereits im Jahr 1995 definierten die Firmen Hewlett Packard und AMD einen Vorschlag für einen Standard, der sicherstellen soll, dass ein ausgeschalteter Computer über die eingebaute Netzwerkkarte wieder eingeschaltet werden kann. Wie das genau funktioniert, beschreibt AMD in einem Whitepaper aus dem Jahr 1995 mit der Nummer 20213 auf sechs Seiten.
Kurz zusammengefasst nutzt das BIOS über APM (Advanced Power Management) oder das Advanced Configuration and Power Interface (ACPI) über den Standby-Stromzweig des Netzteils, welcher auch bei ausgeschaltetem PC weiterhin aktiv ist, die Möglichkeit, ein besonderes Datenpaket der Netzwerkkarte als Einschaltbefehl zu interpretieren. Üblicherweise wird dieses Datenpaket als Magic Packet bezeichnet - eine Schutzmarke von AMD. Das Paket selbst besteht aus dem hexadezimalen Wert FF sechsmal in Folge, gefolgt von einer 16-maligen Wiederholung der MAC-Adresse der Netzwerkkarte. Gesendet wird das Magic Packet per UDP. WOL nutzt die MAC-Adresse und nicht etwa die IP-Adresse. Die IP-Adresse wäre auch, vor dem Hintergrund der Verbreitung von DHCP-Servern und der anstehenden Einführung der IPv6-Technik, eine schlechte Wahl.

Um WOL wirklich nutzen zu können, braucht der Anwender die passende Software. WOL-Tools gibt es in Hülle und Fülle, und zwar für alle möglichen Betriebssysteme. Gute Lösungen unterscheiden sich von den vielen eher einfachen Programmen dahingehend, dass sie die Auflösung der MAC-Adresse zu einem NetBIOS-Namen oder einer IP-Adresse erlauben. Ansonsten ist der IT-Profi gezwungen, die MACAdressen von Hand einzutippen. Das ist zwar an sich kein Hexenwerk, aber es ist eben umständlicher und weniger gewohnt als die Verwendung von IP-Adressen und Namen.
Exemplarisch möchten wir auf das Programm Wake On Lan 2, dem neuentwickelten Nachfolger des Wake On LAN Tool Classic, hinweisen. WOL2 wurde in C# programmiert und basiert auf dem .NET Framework beziehungsweise dem MONO 2.0-Framework. Durch diese technische Grundlage gibt es das kleine kostenfreie Programm von Marko Oette sowohl für Microsoft Windows als auch für Linux und OS X. WOL2 organisiert die Gerätelisten in speicherbaren Dateien und erlaubt die Suche nach den gewünschten Einstellungen. Wird im Dialogfenster Neuer Host ein bekannter Wert, beispielsweise der Hostname, die IP-Adresse oder die MAC-Adresse eingegeben, so ermittelt das Programm die anderen Werte über einen Klick auf die Schaltfläche Auflösen. Das Schöne an dem Programm sind die weiteren Funktionen, die der Autor mit auf den Weg gegeben hat. Ausgewählte Systeme kann der Benutzer auch per Paket herunterfahren, sofern die Ziele die Technik unterstützen.
RDP-, PING-, PuTTY- oder VNC-Zugriffe, direkt über die Listenauswahl, runden ein insgesamt positives Gesamtbild ab. Im Ruhezustand arbeiten die meisten aktuellen Computer mit WOL, im ausgeschalteten Zustand eine noch große Anzahl, aber nicht alle PCs. Ein Blick in das BIOS, aber auch die Einstellungen für die Netzwerkkarte geben Aufschluss darüber, ob alle Voraussetzungen für ein gezieltes Aufwecken erfüllt sind. Meistens findet sich der Eintrag unter Wake On LAN oder Power Up On PCI Card. Behält die Netzwerkkarte auch im ausgeschalteten Zustand den Link zum Switch, erkennbar an der LED auf der NIC, so sind die Chancen gut. Um sicherzustellen, dass ein zwischenzeitlicher Stromausfall nicht den Empfang des Pakets verhindert, empfiehlt sich die BIOS-Einstellung, dass der PC nach einem Stromausfall sich grundsätzlich einschalten soll.
WOL a la Internet

Wer seinen Computer per WOL über das Internet aufwecken möchte, steht vor dem Problem, dass ein ausgeschalteter Computer nicht mehr auf seine IPAdresse reagiert. Folglich bleibt nur die WOL-Funktionalität per Broadcast. Internetverbindungen leiten jedoch keinen Broadcast-Transfer in private Netzwerke.
Im Zusammenspiel mit einer Router-Portweiterleitung gibt es auf der Homepage der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der Otto von Guericke Universität in Magdeburg eine durchaus empfehlenswerte Anleitung und den dazu passenden Wake Up-Befehl. Ob sich diese Technik verwenden lässt, hängt jedoch ganz vom verwendeten Router ab. Natürlich hat auch AVM, der Platzhirsch auf dem deutschen DSL-Router-Markt, eine Wake-on-LAN Funktion in seine Fritzbox-Serie eingebaut. Sofern der PC, ein Server oder eines NAS WOL bietet, so kann die Fritzbox für ein Erwachen über das Internet sorgen, sofern die Verbindung zwischen WOL-Gerät und der Box über ein Ethernet-Kabel besteht.
Praktischerweise nutzen die Entwickler bei AVM die Variante für den Fall, dass auf Ressourcen auch über das Internet zugegriffen werden kann. Die Zielsysteme erwachen aus einem Ruhezustand, sobald die Box die ersten Datenpakete an sie richtet. Bedingungen für eine funktionierende Einrichtung sind ferner die aktuellste Firmware und die Vergabe einer öffentlichen IPv4-Adresse über den Provider. Befndet sich vor der Fritzbox noch ein weiterer Router, wird der Aufbau in aller Regel scheitern. Möchte der Benutzer beispielsweise den RDP-Zugriff auf einen Windows-PC über die Fritzbox einrichten, so wählt er auf der Box unter Portfreigabe den gewünschten Computer und Port 3389 aus.
In der Rubrik Heimnetz in der Unterkategorie Netzwerk in der Registerkarte Geräte und Benutzer muss nun der gewünschte Computer ausgewählt werden und die Option "Diesen Computer automatisch starten, sobald aus dem Internet darauf zugegriffen wird" ausgewählt werden.
Und ohne WOL?
WOL ist ja eine äußerst praktische Sache und daher ein Standard. Was jedoch wenn es darum geht über das Netzwerk Geräte ein- oder auszuschalten, die überhaupt nicht auf WOL reagieren? Teure Serversysteme, das dürften die meisten Leser wissen, verfügen hierfür über einen Remote Management Adapter. Serversysteme sind so auch dann erreichbar, sofern das auf ihnen befindliche Betriebssystem überhaupt nicht mehr auf Kommandos reagiert.

Für kleinere Umgebung oder das Heimnetzwerk sind derlei Techniken oft viel zu teuer und aufwändig. Zudem gibt es auch eine Vielzahl von Systemen, die man gerne schalten würde, die eigentlich gar keine Computer sind und folglich niemals mit WOL arbeiten können. Für diese Anwendungsfälle eignen sich kleine Netzwerksteckdosen, wie die ALL3073 von Allnet. Über einen integrierten Webserver, der per 10/100 MBit-Ethernet oder per 802.11 b/g/n vom Anwender angesprochen wird, besteht die Möglichkeit einen angeschlossenen Verbraucher zu schalten. Die Schaltvorgänge hinterlegt der Benutzer entweder manuell bei Bedarf oder zeitgesteuert programmiert.
Eine Art eingebauten Watchdog bringt die ALL3073 ebenfalls mit. Mit der Server Überwachungsfunktion sorgt der IT-Pro_ dafür, dass ein beliebiges IP-Gerät durch ein regelmäßiges PING-Kommando überwacht wird. Antwortet das System nicht in einer vorgegebenen Zeit, wird der Stromausgang für eine ebenfalls einstellbare Zeit ausgeschaltet und wieder eingeschaltet. Eine Zusammenfassung mit mehreren Netzwerksteckdosen vom Typ 3073 und 3075v2 ist über die Funktion der Aktoren realisierbar. Von diesen vielen Zusatzfunktionen einmal abgesehen, besteht das Webinterface in erster Linie aus einem großen Schalter, der die Stromzufuhr schaltet.
Was sich der Anwender jedoch merken muss: Stellt das Interface den Schuko-Anschluss symbolhaft in roter Farbe dar, so liegt Strom an. Bei grüner Darstellung fließt kein Strom. Möglicherweise wäre es sinnvoll gewesen, die Information zusätzlich als Text auf der Webseite einzubinden.