Fernsehsendungen online aufzeichnen leichtgemacht
Der Festplatten-Rekorder ist tot, es lebe die Cloud. Online-Videorekorder übernehmen für Sie die Aufnahme und Speicherung Ihrer Lieblingssendungen. In unserem Ratgeber erfahren Sie alles Wichtige zum Thema. (Von: Roland Freist)

Anstatt Sendungen zum Zeitpunkt ihrer Ausstrahlung zu sehen, verlangen immer mehr Zuschauer, dass sie sich ihr Programm selbst zusammenstellen können. Sie wollen selbst entscheiden, wann sie was sehen. Neben den Mediatheken der Fernsehsender, DVDs und Blu-Rays sowie Video-on-Demand-Diensten wie Max...
Anstatt Sendungen zum Zeitpunkt ihrer Ausstrahlung zu sehen, verlangen immer mehr Zuschauer, dass sie sich ihr Programm selbst zusammenstellen können. Sie wollen selbst entscheiden, wann sie was sehen. Neben den Mediatheken der Fernsehsender, DVDs und Blu-Rays sowie Video-on-Demand-Diensten wie Maxdome oder Watchever bilden Online-Videorekorder ein wichtiges Hilfsmittel für die Programmgestaltung. Sie ermöglichen die Aufzeichnung von Sendungen, auf die man entweder gerade keine Lust hat oder die man wegen anderer Verpflichtungen ansonsten verpassen würde. Gegenüber dem heimischen Videorekorder haben sie den Vorteil, dass man auch im Ausland, also etwa im Urlaub, die gewohnten deutschen Programme sehen und aufnehmen kann.
Fernsehen ohne Werbung als Download verfügbar
Das Funktionsprinzip der Dienste ist immer gleich: Über einen Electronic Program Guide (EPG) wählt man die gewünschten Sendungen aus, der Online-Videorekorder zeichnet sie auf seinem Cloud-Speicher auf, von wo man die Programme nach einigen Stunden als Stream oder Download beziehen kann. Teilweise schneiden die Anbieter auch gleich die Werbung heraus. Das ist einer der Gründe, warum insbesondere den Privatsendern die Online-Videorekorder ein Dorn im Auge sind (siehe Kasten Seite 45).

Bong.TV
Ursprünglich entstand Bong.TV in Italien, juristische Auseinandersetzungen haben den Dienst auf die Turks & Caicosinseln in der Karibik ausweichen lassen. Unter den 37 angebotenen Programmen fehlt RTL, das sich am intensivsten gegen die Online-Rekorder wehrt. Die anderen Programme der RTL-Gruppe, also RTL II, Vox und Super RTL, stehen in der Programmübersicht jedoch zur Verfügung.
Der Dienst bietet eine klar gegliederte Web-Oberfläche. Über den BongGuide erreicht man den EPG, der sich in der Standardansicht jedoch recht unübersichtlich präsentiert. Erst nach dem Umschalten auf eine Tabellen-Darstellung ist der Programmführer zu gebrauchen. Leider reicht er nur eine Woche in die Zukunft. Der zweite Bereich auf der Startseite ist der BongSpace, wo die aufgezeichneten Sendungen abrufbar sind. Man kann sie als Download oder Stream beziehen. Jede Aufzeichnung ist in zwei Formaten verfügbar: hoch- und niedrig auflösend für Smartphones.
Bong.TV bietet eine siebentägige, kostenlose Testphase an, die sich nicht automatisch verlängert. In dieser Zeit kann man bis zu 10 GByte Fernsehen herunterladen. Da eine Stunde Aufnahme komprimiert auf etwa 1,7 GByte kommt, reicht das, um ein wenig in das Angebot hineinzuschnuppern. Danach hat man die Wahl unter verschiedenen Abo-Modellen, von 4,99 Euro im Monat für ein Jahr Bong.TV mit 25 GByte Aufnahmevolumen bis hin zum BongPack+ mit 75 GByte für 6,25 Euro im Monat.

OnlineTVRecorder
Der OnlineTVRecoder bietet zwei Nutzergruppen. Beginner können bis zu 15 Aufnahmen pro Monat herunterladen, Premium-Benutzer für 60 Cent im Monat bis zu 120. Zwischen Mitternacht und acht Uhr morgens sind die Downloads für alle User kostenlos, ansonsten fallen zwölf Cent pro Gigabyte an. Die Bezahlung ist über mehrere Kanäle möglich. Da nahezu alle Dienste Mindestbeträge definiert haben, füllt man das Konto zwangsweise gleich für mehrere Monate auf. Und Vorsicht: Bei vielen Zahlungsarten fallen hohe Gebühren an.
Wie schaut's aus mit HDTV und Pay-TV?
Über Kabel und Satellit senden die Öffentlich-Rechtlichen schon lange kostenlos in HDTV. Gibt's das auch bei den Online-Rekordern?
Bezahlfernsehen nicht integriert:
Wer auf seinem Flachbild-Fernseher online aufgezeichnete HDTV-Sendungen genießen will, hat momentan noch keine große Auswahl. Lediglich OnlineTVRecorder stellt jeden Tag fünf ausgewählte, hochaufgelöste Sendungen bereit. Welche das sind, entscheiden zumindest teilweise die User: In die Auswahl kommen lediglich solche Programme, die mindestens unter den Top 100 der am häufigsten ausgewählten Sendungen stehen. Meist sind es Spielfilme oder Serien, die dann in einer Auflösung von 1280 x 720 oder 1920 x 1080 bereitgestellt werden. Allerdings zeichnet OnlineTVRecorder lediglich die kostenlosen HD-Programme der Öffentlich-Rechtlichen auf, nicht jedoch die kostenpflichtigen HD-Versionen von RTL & Co. Auch das hochauflösende Pay-TV von Sky ist nicht in der Senderliste enthalten. Der Grund für den eingeschränkten HD-Einsatz dürften der erheblich größere Aufwand und damit die höheren Kosten sein. Denn ein HD-Film benötigt etwa das Drei- bis Vierfache an Speicherplatz, gleichzeitig dauert die Kodierung erheblich länger.
Der Betreiber des Dienstes hat sich im Pazifikstaat Vanuatu niedergelassen und kann dort von deutschen und anderen TV-Sendern kaum belangt werden. Entsprechend üppig fällt das Programmangebot aus: Bei Redaktionsschluss standen 112 Sender in der Liste, davon 56 aus Deutschland. Der Rest stammt aus anderen europäischen Ländern. Für Premium-Benutzer stehen auch Sender aus Großbritannien und den USA im Angebot. Bei den Bildformaten gibt es starke Unterschiede, die sich unter anderem nach der Popularität einer Sendung richten. Beginner bekommen allerdings nur AVI-Dateien. Premium-User haben bei stark nachgefragten Programmen auch Zugriff auf die höherwertige H.264-Kodierung, außerdem können sie MP4-Dateien fürs Smartphone herunterladen. Der mobile Streaming-Zugriff kostet allerdings noch einmal 39 Cent im Monat zusätzlich. OnlineTVRecoder bietet kostenlose Apps für iOS, Android und Windows Mobile an.
Der Dienst zeichnet das gesamte Programm aller angebotenen Sender auf. Normalerweise werden die Sendungen nach etwa zehn Tagen gelöscht.
Premium-User haben die Auswahl unter Versionen in verschiedenen Auflösungen, die mit unterschiedlichen Codecs erzeugt wurden und können sich teilweise sogar noch zwischen den Original-Ausstrahlungen und Fassungen ohne Werbeblöcke entscheiden. Über eine Wishlist (Wunschliste) kann man gezielt nach bestimmten Sendungen suchen und so etwa Serien aufzeichnen.

Save.TV
Gemeinsam mit shift TV führt Save.TV seit Jahren einen Rechtsstreit, in dem geklärt werden soll, ob Online-Videorekorder in Deutschland zulässig sind oder nicht. Momentan sieht es nicht schlecht aus für die Anbieter, trotzdem ist RTL derzeit bei Save.TV nicht auswählbar. Dafür stehen jedoch 44 andere Sender bereit, darunter auch RTL II, Vox und Super RTL.
Nach einer zweiwöchigen, kostenlosen Schnupperphase wird man automatisch in einen Jahresvertrag übernommen, wenn man nicht rechtzeitig gekündigt hat. Ansonsten stehen zwei Tarifarten zur Auswahl: Im Basis-Tarif ab 4,99 Euro im Monat gibt es bis zu 50 Stunden Aufnahmen, die allerdings nach 30 Tagen auf dem Server gelöscht werden. Erst im XL-Tarif ab 9,99 Euro im Monat ist die Speicherzeit unbegrenzt, außerdem hat man damit Zugriff auf einen mobilen Dienst, über den sich die Sendungen auch aufs Handy streamen lassen.
Die Auflösung ist in beiden Tarifen auf maximal 720 x 576 begrenzt. Der Basis-Tarif setzt auf Xvid und eine Video-Bitrate von 1100 kbps, mit XL gibt es H.264 und 1600 kbps. Weitere Vorteile des teureren Tarifs sind die Möglichkeit, über eine Schnittliste die Werbung aus den Sendungen herauszuschneiden, und das Angebot eines "Channelizers", über den sich automatische Aufzeichnungen etwa von Serien organisieren lassen.
Kostenlos nutzbar ist der EPG von Save.TV. Der Dienst arbeitet mit TV Spielfilm zusammen, sodass es zu allen Sendungen ausführliche Beschreibungen gibt. Für die Nutzung von Save.TV auf Smartphone und Tablet stehen Apps für iOS, Android und sogar den Kindle bereit.

shift TV
shift TV ist seit 2005 aktiv, und man gewinnt der Eindruck, dass ihm eine gründliche Überarbeitung gut tun würde. Gerade einmal 19 TV-Sender hat der Dienst im Angebot, RTL ist nicht dabei. Die Texte auf der Website sind so klein, dass sie kaum lesbar sind, das gilt auch für den ansonsten guten und ausführlichen EPG. Der Testaccount lässt lediglich zwei Stunden Aufzeichnungen zu. Und: Angeblich aus Gründen des Jugendschutzes sind keine Aufnahmen von Sendungen nach 20 Uhr möglich. Das muss auch bei den kostenpflichtigen Abos erst freigeschaltet werden, und zwar mit der Nummer des Personalausweises.
Auf der Website erfährt man, dass sich shift TV momentan in der Betatest Phase II befindet, in der es nur noch kostenpflichtige dreimonatige Testabos gibt. Dabei hat der Kunde die Wahl zwischen einem Modell für 4,99 Euro im Monat und zehn Stunden Aufzeichnungen und einem Jahresabo für 9,99 Euro im Monat mit 20 Stunden Kapazität. Als Format wird nach wie vor das veraltete WMV9 mit einer Auflösung von 512 x 384 Punkten angeboten. Parallel dazu stehen MP4-Dateien bereit, die mit dem H.264-Codec erzeugt wurden und eine Auflösung von 720 x 576 bieten. Apps oder spezielle Angebote für Mobilgeräte findet man bei shift TV nicht.
Fazit
Trotz des etwas chaotischen Auftritts hat OnlineTVRecorder unter den deutschen Diensten am meisten zu bieten - mehr Programme, mehr Auswahl bei den Formaten, mehr Funktionen. Das auf den ersten Blick schwer durchschaubare Bezahlmodell hat zudem den Vorteil, dass man Aufzeichnungen zu einem vernünftigen Preis abrufen kann. Save.TV und Bong.TV liegen etwa gleichauf. Save.TV hat das bessere Angebot, bei Bong.TV gefällt die gut gegliederte, klar strukturierte Bedienoberfläche der Website. Beim ältesten Angebot shift TV hingegen wünscht man sich eine generelle Überarbeitung des Dienstes.