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Grundlagen: Zuverlässige Verkehrsmeldungen mit TMC Pro

Gute Navigationsgeräte können aktuelle Verkehrsdaten wie TMC verarbeiten. Doch die Qualität dieser Daten war bislang nicht die beste. Mit dem neuen System TMC Pro soll sich das ändern.

Autor: Redaktion pcmagazin • 19.9.2007 • ca. 6:50 Min

Grundlagen: Zuverlässige Verkehrsmeldungen mit TMC Pro
Grundlagen: Zuverlässige Verkehrsmeldungen mit TMC Pro
© Udo Harbers

Die meisten Autofahrer können Geschichten davon erzählen, dass die Verkehrsmeldungen der Radiosender fehlerhaft sind. Oftmals ist ein Stau von angeblich zehn Kilometern nur halb so lang, manchmal existiert er gar nicht mehr. Angesichts von fünf Kilometern zäh fließendem Verkehr auf der Autob...

Die meisten Autofahrer können Geschichten davon erzählen, dass die Verkehrsmeldungen der Radiosender fehlerhaft sind. Oftmals ist ein Stau von angeblich zehn Kilometern nur halb so lang, manchmal existiert er gar nicht mehr. Angesichts von fünf Kilometern zäh fließendem Verkehr auf der Autobahn macht die Umleitungsempfehlung keinen Sinn, und bevor verlorene Gegenstände auf der Fahrbahn gemeldet werden, sind sie meist schon wieder fortgeräumt.

Solche und ähnliche Fehler liegen im System, da Verkehrsbehinderungen "von Hand", das heißt durch Polizisten, ADAC- Mitarbeiter und Autofahrer erfasst und durch Redakteure bearbeitet werden.

Auf den gleichen fehlerhaften Informationen, auf denen die Verkehrsmeldungen der Radiosender beruhen, basiert auch der so genannte Traffic Message Channel (TMC). Dabei handelt es sich um digitale Verkehrsdaten, die zusammen mit dem Hörfunksignal analog über UKW übertragen werden. Der Standard, der dies ermöglicht, wird mit Radio Data System (RDS) bezeichnet. RDS-fähige Autoradios zeigen in der Regel Sender- und Programm-Informationen auf ihrem Display an, die Verkehrsmeldungen des TMC sind dagegen für die Navigationsgeräte gedacht. Sie beziehen die aktuellen Verkehrsdaten in die Routenberechnung ein und schlagen bei Staus, Baustellen oder sonstigen Warnungen - auch während der Fahrt - alternative Routen vor.

SMS von der Autobahnbrücke

Da TMC-Daten auf den gleichen Informationen basieren wie die Radioansagen, leiden die Navigationsgeräte auch unter den gleichen Fehlern. Vor allem die Hersteller teurer Navigations-Software haben jedoch ein Interesse daran, dass die Verkehrswarnungen korrekt sind. Der Ärger der Kunden über falsch berechnete Routen fällt nämlich auf sie zurück.

Die Telekom-Tochter T-Systems arbeitet daher seit 2004 am kommerziellen Verfahren TMC Pro. Es führt unzählige Daten aus verschiedenen Quellen zusammen, bewertet und verarbeitet sie automatisch, so dass Verkehrsstörungen zuverlässiger gemessen und schneller weitergeleitet werden. Die Anbieter von KFZ-Einbaulösungen - wie Alpine, Clarion, BMW, VDO Dayton und Kenwood - gehören daher zu den Partnern von T-Systems.

Das neue kostenpflichtige TMC Pro soll Verkehrsinformationen schneller und zuverlässiger bereitstellen. Zu diesem Zweck werden Verkehrsdaten automatisch durch Sensoren, Induktionsschleifen und durch Fahrzeuge erhoben.

Entlang der Autobahnen sind rund 4000 solarbetriebene Sensoren montiert. Sie befinden sich mit einem mittleren Abstand von vier Kilometern vor allem an Autobahnbrücken. Die Sensoren messen die Geschwindigkeit der Fahrzeuge und trennen dabei die Fahrzeugklassen PKW und LKW. Nur wenn sich die normalen Werte verändern, senden die Sensoren ihre Daten als SMS über das Mobilfunknetz an eine Rechenzentrale.

Grundlagen: Zuverlässige Verkehrsmeldungen mit TMC Pro
Solarbetriebene Sensoren messen Anzahl, Art und Geschwindigkeit von Fahrzeugen
© Udo Harbers

An anderen Orten liefern rund 5500 Induktionsschleifen Informationen über Anzahl, Art und Geschwindigkeit von Fahrzeugen. Induktionsschleifen sind in die oberste Schicht des Asphalts eingelassene Drähte, die auf das Metall von Autos reagieren.

Autos einiger Hersteller, die mit bestimmten telematischen Geräten ausgestattet sind und deren Besitzer sich damit einverstanden erklären, dienen als Sender für Verkehrsdaten. Dabei werden die Daten anonymisiert und gebührenfrei wiederum per SMS gesendet. 50.000 bis 60.000 Wagen stehen in Deutschland als rollende Sensoren zur Verfügung.

Neben diesen automatischen Datenerhebungsstellen geben nach wie vor auch die Landesmeldestellen der Polizei und die Verkehrsinformationszentralen der einzelnen Bundesländer ihre Informationen in das System ein. Letztere haben zum Beispiel die Induktionsschleifen in ihren jeweiligen regionalen Zuständigkeitsbereichen installiert.

Bisher waren und sind nur die Informationen von Polizei und Verkehrsinformationszentralen die Grundlage für Verkehrsfunk und TMC. Es kommen vereinzelt Meldungen von Autofahrern hinzu, die unterwegs auf Verkehrsbehinderungen stoßen und per Handy bei der Polizei oder einem Radiosender anrufen. Die Informationszentralen der Länder und die Redaktionen der Sender werten diese Daten aus und bearbeiten sie.

Neben der Lückenhaftigkeit der Daten liegt hier eine weitere Fehlerquelle des bestehenden Systems, denn die Mitarbeiter der Informationszentralen und Redaktionen können nicht umgehend auf Änderungen der Verkehrslage reagieren. So bleibt ein Stau manchmal eine Stunde im System stehen, obwohl er sich längst aufgelöst hat. Die automatische Erhebung und Verarbeitung von Daten bei TMC Pro behebt dieses Problem.

Grundlagen: Zuverlässige Verkehrsmeldungen mit TMC Pro
Ob Handy-Navigation, PDA-System, mobile oder fest eingebaute Navigationslösung: Die Daten des Verkehrs-Channels TMC Pro erhöhen die Zuverlässigkeit der Verkehrsmeldungen
© Udo Harbers

Vom Sensor zum Sender

Die Daten von Sensoren, Induktionsschleifen und Fahrzeugen mit Telematik gelangen per Datenfunk zur ddg - Gesellschaft für Verkehrsdaten (www.ddg.de) -, einer Tochter von T-Systems. Dort fließen auch die per Internet übermittelten Informationen der Meldestellen in das System ein. Aus den Rohdaten gewinnt die ddg konkrete Hinweise, ob tatsächlich Verkehrsstörungen aufgetreten sind und in welchem Umfang Störungen vorliegen. Auf der Grundlage dieses Verfahrens entstehen eindeutige Verkehrsmeldungen, die beispielsweise zäh fließenden Verkehr auf der A1 zwischen Westhofener Kreuz und Hagen-West melden.

Darüber hinaus erstellt die ddg rund 3000 Verkehrsprognosen. Sie beruhen auf detaillierten Analysen von mehr als 10.000 Knotenpunkten und potenziellen Störungsursachen. Diese statistischen Werte fließen in die Bearbeitung der aktuellen Verkehrsdaten ein und sollen zu einer präzisen Beurteilung der Situation führen. So ist zum Beispiel von einer bestimmten Kreuzung bekannt, dass es regelmäßig zur Hauptberufszeit zwischen 7 und 9 Uhr ein erhöhtes Verkehrsaufkommen gibt, das öfters zu einem Stau auswächst. Erhalten die Rechner gegen 7:30 Uhr eine Meldung, dass sich der Verkehr ungewöhnlich verdichtet, geht das System der ddg davon aus, dass hier bald ein Stau entstehen wird, und veranlasst eine Verkehrsmeldung. Navigationsgeräte berechnen daraufhin eine alternative Route. Treffen die Daten jedoch erst um 8:30 Uhr ein, weiß das System der ddg, dass der Verkehr um diese Zeit stets abnimmt. Es markiert den Hinweis folglich als wenig dringlich und verzichtet auf eine Verkehrswarnung, da es sich nicht lohnen würde, die Autofahrer umzuleiten.

Indem die Daten zu relevanten Verkehrsinformationen verarbeitet werden, erhalten sie einen Code, der die Art des Ereignisses ausdrückt. So steht beispielsweise die Zahl 128 für einen Stau von einem Kilometer Länge, die Zahl 320 für zäh fließenden Verkehr auf zehn Kilometern. Mehrere Hundert Ereignisse sind definiert, darunter finden sich nicht nur Staus und Baustellen jeder Art, sondern auch umgestürzte Bäume, Geisterfahrer und sogar ein Sandsturm - der allerdings noch nie in Deutschland aufgetreten ist. Schließlich werden die Informationen verschlüsselt und an ein weiteres Tochterunternehmen der T-Systems weitergegeben.

Die Media & Broadcast betreibt das so genannte Play-Out- Center. Hier werden die Weichen gestellt, dass die Autofahrer für die Region, in der sie im Moment unterwegs sind, ausführliche und regionale Verkehrsinformationen erhalten. Denn das Play-Out- Center trennt die Verkehrsmeldungen der ddg wiederum automatisch für die einzelnen Radiosender. Dabei handelt es sich um rund 100 private Sender, die mehr als 90 Prozent der Fläche in Deutschland abdecken. Für die Beschränkung auf private Sender sind vor allem technische Gründe verantwortlich. TMC und TMC Pro lassen sich nicht gleichzeitig übertragen. Die öffentlich-rechtlichen Sender sind jedoch dazu verpflichtet, im Sinne einer Grundversorgung TMC möglichst Flächen deckend, für jeden zugänglich und kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Was kostet der Fortschritt?

Navigationsgeräte, die TMC Pro empfangen sollen, müssen wie bisher mit einem TMCModul und einer Antenne ausgestattet sein. Die TMC-fähigen Geräte, die bisher verkauft wurden, können also auch TMC Pro empfangen. Die Software auf dem Navigationsgerät muss allerdings anderen Anforderungen genügen. Sie muss die kodierten TMCPro- Daten entschlüsseln können. Dazu kaufen die Hersteller eine Lizenz mit dem Entschlüsselungs-Code von der ddg. Außerdem muß die Software eine Liste mit den Frequenzen der privaten Sender enthalten, die TMC Pro ausstrahlen.

Bei den teuren, für den Einbau in die Konsole vorgesehenen Navigationsgeräten, geben die Hersteller die Lizenzkosten nicht an den Kunden weiter. Bei den günstigen, mobilen Navigationsgeräten für den Massenmarkt tauchen diese Kosten jedoch als Gebühr für den TMC-Pro-Empfang wieder auf.

Destinator Technologies ist in Deutschland der erste Hersteller, der TMC Pro für mobile Navigationsgeräte und Pocket PCs anbietet. Destinator nennt die Anwendung TrafficSam und verlangt dafür knapp 70 Euro. Damit erwirbt der Kunde eine Lizenz für die unbegrenzte Nutzung von TMC Pro, der Hersteller spricht von einer "Lifetime"-Lizenz. Wie die Übernahme der Lizenz auf ein anderes, neueres Destinator-System funktioniert, wird sich erweisen müssen.

Der Kunde erwirbt entweder die neue Programmversion Destinator 6 für 217,90 Euro oder ein Upgrade von früheren Destinator- Versionen für 172 Euro. Destinator 6 mit dem herkömmlichen TMC kostet 147,90 Euro als Vollversion bzw. 99 Euro als Upgrade. Im Laufe des Jahres wird es außerdem Bundles geben, in denen Destinator 6 mit TrafficSam bereits auf Navigationsgeräten und Pocket PCs installiert ist.

TMC Pro ist nicht nur in Deutschland, sondern auch bereits in Großbritannien und in Frankreich verfügbar. Kunden von Destinator und Besitzer von Festeinbauten können, wenn sie dort mit dem entsprechenden Kartenmaterial navigieren, Verkehrsinformationen empfangen.

In den nächsten Monaten wird sich zeigen, ob die Kunden bereit sind, für zuverlässige Verkehrsmeldungen extra zu bezahlen. Schließlich steht das kostenlose TMC weiterhin zur Verfügung. Die Qualität von TMC Pro wird sich erst unter den Autofahrern herumsprechen müssen. Doch wenn die Hersteller die TMC-Pro- Gebühren in Zukunft in den Preisen für Navigationsgeräte und -Software verstecken, dürften sie eine deutlich Hürde bei ihren Kunden überwinden.

Grundlagen: Zuverlässige Verkehrsmeldungen mit TMC Pro
Staus und zäh fließender Verkehr lassen sich mit den Daten von TMC Pro umgehen
© Udo Harbers

Ausblick: Ein Nachfolger für TMC Pro?

Mit TMC Pro gewinnen Verkehrsmeldungen und Navigationssysteme eine neue Qualität. Der neue Verkehrsfunk ist jedoch wie TMC auf den Übertragungsstandard Radio Data System (RDS) und damit auf UKW beschränkt. Sollte sich in den kommenden Jahren ein digitaler Sendestandard wie DAB durchsetzen, kann TMC Pro nicht mehr empfangen werden. Für diesen Fall hat eine Expertengruppe, die bereits 1997 gegründet wurde, ein DAB-taugliches Protokoll entwickelt. Es trägt die Bezeichnung TPEG nach dem Namen der Expertengruppe "Transport Protocol Experts Group". Mit TPEG sollen sich wiederum mehr Informationen übertragen lassen. Bereits Ende 2007 soll TPEG technisch verfügbar sein. Ob sich allerdings der Standard DAB durchsetzt, ist bislang ungewiss.

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